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Veröffentlicht am 24.07.2022

Tee aus Japan

Der Duft der Kirschblüten
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„Der Tee in ihrer Schale wurde zu einem jadegrünen Meer, und sie tauchte in seine Tiefe, bis an den Grund, wo von den Wellenbewegungen an der Oberfläche nichts mehr zu spüren war und vollkommene Stille ...

„Der Tee in ihrer Schale wurde zu einem jadegrünen Meer, und sie tauchte in seine Tiefe, bis an den Grund, wo von den Wellenbewegungen an der Oberfläche nichts mehr zu spüren war und vollkommene Stille und Frieden herrschten.“ (kindle, Pos. 2668)

Clara Winterfeld ist vierundzwanzig, als ihr Vater aufgrund gesundheitlicher Probleme sein Teehaus nicht mehr uneingeschränkt leiten kann. Da es im Berlin der 1870er Jahre nicht anders möglich ist, bleibt der Schein nach außen gewahrt, während Clara sich im Hintergrund um Rechnungen und Bestellungen kümmert. Um das Familienunternehmen auch längerfristig abzusichern, willigt sie in die Heirat mit ihrem Freund Franz aus Kindertagen ein. Er ist als Ziegelfabrikant eine „gute Partie“ und Claras Familie seit vielen Jahren verbunden. In Wirklichkeit jedoch empfindet Clara keine Liebe, ja nicht einmal mehr Zuneigung für ihn, sondern schwärmt für den Japaner Akeno, der auf seiner Handelsreise durch Europa auch im Hause Winterfeld seine fremdartigen Teesorten vorgestellt hat.

Mit einer sehr angenehm zu lesenden, warmherzigen Schreibweise erzählt Rosalie Schmidt diese Geschichte aus Claras Sicht. Schnell ist man als Leser angekommen in Berlin und im neunzehnten Jahrhundert. Die Wohn- und Arbeitsverhältnisse werden ebenso bildhaft vorgestellt wie die sozialen Normen und die Stellung der Frau. Die Industrialisierung im Gegensatz zur Armut zeigt sich deutlich. Die Winterfelds haben Glück gehabt und sich mit ihrem Teesalon etabliert. Mit dem Ziegelfabrikanten Franz Casper oder dem Großhändler Hannes Stargard können sie dennoch bei Weitem nicht mithalten. So sieht sich Clara gezwungen, im Sinne des Unternehmens zu heiraten, obwohl sie immer schon nach Freiheit und nach Wissen dürstet.

Liebevoll beschriebene Charaktere, manchmal vielleicht ein wenig zu schwarz-weiss gezeichnet, begleiten Clara auf ihrem spannenden Weg und bezaubern beim Lesen. Man spürt, wie sie schwankt zwischen Konventionen und persönlichen Vorstellungen, zwischen dem Wohl der Familie und ihren eigenen Wünschen. Was ist richtig, was ist falsch, was gehört sich, wie weit darf man abweichen? Zwischen den Szenen dieses großartigen Sittenbildes finden sich ausführliche Beschreibungen unterschiedlichster Teesorten samt Zubereitung und interessante Einzelheiten zu Japans Öffnung, was Handelsbeziehungen betrifft. Das elterliche Teehaus der Autorin hat hier wohl einen prägenden Eindruck hinterlassen. Der Duft von frisch gebrühten Blättern steigt fast wohltuend aus den Seiten auf.

Fazit: Die Idee, eine geschäftstüchtige junge Frau voller Träume und Ideen gegen die Konventionen ihrer Zeit ankämpfen zu lassen, vermischt mit neuen Teesorten aus Japan und einer ungewöhnlichen Liebesgeschichte, ist überaus gut gelungen. Ich freue mich jedenfalls schon auf den nächsten Band, der hoffentlich alle offenen Fragen beantwortet und möglicherweise ein wenig mehr über Japan erzählt.



Titel Der Duft der Kirschblüten

Autor Rosalie Schmidt

ISBN 978-3-423-22016-3

Sprache Deutsch

Ausgabe Flexibler Einband, 448 Seiten

ebenfalls erhältlich als ebook und Hörbuch

Erscheinungsdatum 20. Juli 2022

Verlag dtv

Reihe Die Kirschblüten-Saga, Band 1

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Veröffentlicht am 09.07.2022

Der Hausmeister ist unersetzlich

Mord im Watt vor St. Peter-Ording
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Vor den Hotelbungalows der Weißen Düne findet Hausmeister Torge Trulsen eine angeschwemmte Leiche, es ist der Wattführer Schwertberg, der anscheinend keine Feinde hatte. Was also führte zu seinem Mord? ...

Vor den Hotelbungalows der Weißen Düne findet Hausmeister Torge Trulsen eine angeschwemmte Leiche, es ist der Wattführer Schwertberg, der anscheinend keine Feinde hatte. Was also führte zu seinem Mord? Denn der Schlag auf seinen Hinterkopf verrät, dass es kein Unfall gewesen sein kann.

Geheimnisvolles Watt mit oftmals unbekannten Lebewesen und das gehobene Resort Weiße Düne verleihen diesem Regionalkrimi ein ganz besonderes Flair. Dazu kommen ein uriger Hausmeister, ein einheimischer Ermittler und eine strafversetzte Kommissarin aus Hamburg. Alle, samt etlichen Nebenfiguren, sind liebevoll entworfen und gut vorstellbar skizziert. Auch die Landschaft mit ihren typischen Eigenheiten des Wattenmeeres ist ausgezeichnet dargestellt. So fühlt man sich von der ersten Seite weg wohl in diesem Krimi und schlägt gerne noch ein weiteres Kapitel auf. Jeder Abschnitt ist durch Personennamen und Ort gekennzeichnet, sodass zu jedem Zeitpunkt der Überblick bewahrt wird. Interessant für den Leser ist jedenfalls die Tatsache, dass einzelne Szenen aus unterschiedlichen Perspektiven geschildert werden und sich somit ein vielfältiges Bild aufs Geschehen ergibt. Sympathisch kommen die Personen herüber, wodurch man sich umso mehr fragt, wie es in dieser freundlichen Umgebung zu solch einem Verbrechen kommen kann. Warum also liegt Schwertfeger ohne Feind und ohne Grund tot im Watt?

Ich kann nur sagen: lest selber und findet es heraus. Inspiriert durch einen Kurzkrimi in der Anthologie „Tatort Nord“ bin ich bei Stefanie Schreiber gelandet und freue mich nun auf weitere Begegnungen mit Torge Trulsen …



Titel Mord im Watt vor St. Peter Ording

Autor Stefanie Schreiber

ISBN 978-3-947738-82-3

Sprache Deutsch

Ausgabe Taschenbuch, 350 Seiten

ebenfalls erhältlich als ebook und Hörbuch

Erscheinungsdatum 14. September 2021

Verlag Kampenwand

Reihe Torge Trulsen und Charlotte Wiesinger - Kriminalroman 1

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Veröffentlicht am 07.07.2022

Der Mensch ändert sich (nie)

Die Schwimmerin
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Betty lebt in Essen, verdient ihren Unterhalt in einer Bäckerei. Als sie Martin heiratet, beziehen sie gemeinsam eine neue Wohnung und da es das Jahr 1962 ist, gibt Betty ihre Stelle auf, um ihr Glück ...

Betty lebt in Essen, verdient ihren Unterhalt in einer Bäckerei. Als sie Martin heiratet, beziehen sie gemeinsam eine neue Wohnung und da es das Jahr 1962 ist, gibt Betty ihre Stelle auf, um ihr Glück als fürsorgliche Hausfrau zu finden. Nach einer Jugend im Krieg scheint das nur fair zu sein, aber beim Schwimmen, ihrem Halt im Leben, begegnet ihr ein sonderbares, aufdringliches Mädchen. Verbindet Betty und Claudia vielleicht etwas von früher?

Mit einer ausgesprochen angenehmen und ruhigen Schreibweise schildert Gina Mayer einige Jahre aus Bettys Leben, wobei sie zwischen Weilerbach, Düsseldorf und Essen und den Jahren 1942 – 1946 und 1962 immer wieder hin und her wechselt. Was dann noch fehlt, kommt aus Bettys Gedankenwelt hinzu. Somit erschließt sich dem Leser nach und nach das Schicksal der jungen Frau, das geprägt ist von Krieg und Entbehrungen. 1962 scheint endlich alles gut zu sein, aber ist es das tatsächlich?

Detaillierte Schilderungen lassen Bettys Wohnung in Essen farbenfroh vor dem geistigen Auge des Lesers entstehen. Hellgelbe Fliesen und eine Küche in Zartorange und Hellblau geben das Flair der 1960er-Jahre ausgezeichnet wider, das gesellschaftliche Leben, die Rolle von Mann und Frau, wird ebenfalls sehr klar dargestellt. Dazwischen gibt es Szenen aus dem Krieg, zerbombte Häuser, Flüchtlinge, die am Land unterkommen, Not und Entbehrungen. Aber Betty, damals noch Elisabeth genannt, hat einen starken Willen und kämpft sich durch alle Ungemach. Spannend, fesselnd, berührend und erschütternd zugleich sind die Stationen, an die man sie Betty als Leser begleiten darf; schockierend realistisch die Recherche der Autorin, sodass man auch viele Jahre danach den Atem anhält. Schließlich kommt ein Thema zur Sprache, dem sich kaum wer stellen mag … an dieser Stelle sei nicht zu viel verraten, außer, dass „Die Schwimmerin“ ein bemerkenswerter Roman ist.

Ich bin jedenfalls beeindruckt und gebe eine hundertprozentige Leseempfehlung ab!



Titel Die Schwimmerin

Autor Gina Mayer

ISBN 978-3-365-00115-8

Sprache Deutsch

Ausgabe Taschenbuch, 352 Seiten

ebenfalls erhältlich als ebook und Hörbuch

Erscheinungsdatum 28. Juni 2022

Verlag HarperCollins

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Veröffentlicht am 01.07.2022

Von Sylt bis Fehmarn

Tatort Nord
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23 Kurzkrimis zeigen den Norden Deutschlands von seiner verbrecherischen Seite. Da, wo andere urlauben, treiben zwielichtige Gestalten ihr Unwesen und Kriminalisten ihre Ermittlungen voran.

Die Herausgeberinnen ...

23 Kurzkrimis zeigen den Norden Deutschlands von seiner verbrecherischen Seite. Da, wo andere urlauben, treiben zwielichtige Gestalten ihr Unwesen und Kriminalisten ihre Ermittlungen voran.

Die Herausgeberinnen haben eine ausgezeichnete Sammlung an Kriminalgeschichten zusammengestellt und dafür hervorragende Autorinnen gewinnen können, die in ihren charakteristischen Schreibstilen recht unterschiedlich, aber durchwegs sehr ansprechend erzählen. Jede Episode ist auf ihre Weise unterhaltsam, egal, ob es um klassische Ermittlungen geht, gefinkelte Lösungen von Eheproblemen, ein aufregendes Klassentreffen, verschwundene Kinder oder um mystisch-historische Rahmenhandlungen. Spannung, schwarzer Humor, Verblüffung und Überraschungen sind garantiert. So unterschiedlich die einzelnen Krimis sind, so fesselnd sind sie zu lesen.

Schön, auf einige bekannte Autorinnen zu treffen, ebenso anregend, neue Schriftstellerinnen kennenzulernen. Genauso verhält es sich mit so manchem Ermittler – einige Figuren, welche man hier wieder trifft, spielen eine Rolle in namhaften Krimi-Reihen, in anderen Geschichten wiederum geht es um Unbekannte, die wir in ihrem Schicksal, ihrem Recht oder Unrecht begleiten. Klug komponiert, findet der Leser hier ein ausgesprochen vielfältiges und abwechslungsreiches Potpourri an Krimis, die durch ihre jeweils überschaubare Seitenzahl die eine oder andere Wartezeit verkürzen oder ganz einfach einen gemütlichen Urlaubstag vervollkommnen können.

Ich bin jedenfalls begeistert von dieser Anthologie und gebe voll Überzeugung fünf Sterne!



Irrgäste – Sabine Weiß

Mit leisem Summen kommt der Tod – Joyce Summer

Föhrflixt – Heike Denzau

Glanzklar – Franziska Henze

Alte Schuld – Susanne Pohl

Kopfsache – Alexa Lewrenz

Silberlinge im Brunnen der Weißen Düne – Stefanie Schreiber

Eine Beretta für Björn – Anke Küpper

Gomorrhas Geheimnis – Maja Schendel

Sieben Schritte Niemandsland – Ricarda Oertel

Ostseeman – Elin Seidel

Tödliche Täuschung – Monika Buttler

Mord im Schatten der Langen Anna – Bettina Mittelacher

Schlussakkord – Svea Jensen

Tod unter Palmen – Carolyn Srugies

Die Rückkehr des Schimmelreiters – Anja Marschall

Der Katzenkönig – Regine Seemann

Mörderische Zuckerpuppen – Regina Müller-Ehlbeck

Fatale Heimkehr – Carola Christiansen

Alsterblut – Kathrin Hanke

Der untalentierte Thomas – Anette Schwohl

Göttergabe – Eva Jensen

Die Sterne über Hermannshöhe – Alex Roller



Titel Tatort Nord

Autor Anke Küppers, Franziska Henze, Yvonne Wüstel (Hrsg.)

ISBN 978-3-7499-0323-8

Sprache Deutsch

Ausgabe Taschenbuch, 384 Seiten

ebenfalls erhältlich als ebook

Erscheinungsdatum 24. Mai 2022

Verlag HarperCollins

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Veröffentlicht am 27.06.2022

Ausstellung der Toten

Kalte Körper
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Eine kunstvoll als Ballerina ausgestellte, tiefgefrorene Leiche erregt in Konstanz Aufsehen. Hagedorn zeigt sich zwar anfangs zögerlich, willigt aber schlussendlich ein, seine Expertise als Fallanalytiker ...

Eine kunstvoll als Ballerina ausgestellte, tiefgefrorene Leiche erregt in Konstanz Aufsehen. Hagedorn zeigt sich zwar anfangs zögerlich, willigt aber schlussendlich ein, seine Expertise als Fallanalytiker beizusteuern. Und er soll Recht behalten, bald darauf taucht eine weitere Leiche auf.

Ruhig und nicht besonders spektakulär beginnt dieser Thriller. Aber der Leser darf sich nicht täuschen lassen. Die Spannung steigt, die ins Geschehen verwobenen Themen sind großartig gewählt und bewegen sich weitab von durchschnittlichen Büchern dieses Genres, Kunst und Tod werfen Fragen auf, denen sich die Protagonisten stellen müssen.

Flott im Schreibstil, detailliert in allen Recherchen, reiht sich auch Band Drei perfekt in die empfehlenswerte Serie ein. Der Kenner trifft – wobei das Lesen der vorherigen Bücher nicht unbedingt erforderlich ist – wieder auf den knorrigen Analytiker Hagedorn, welcher Bannert und Adler unter die Arme greift bei diesem ungewöhnlichen Fall. Gewitzte Dialoge wechseln mit genauen Beschreibungen und Erklärungen zu diversen Fachbegriffen ab und bilden, verknüpft mit einigen Details aus dem Privatleben der Ermittler, eine ausgewogene Mischung an spannender Unterhaltung. Viele Zwischentöne schwingen bei den Dialogen mit, sodass man sich unausgesprochene Gedanken und Gefühle lebhaft vorstellen kann, die Figuren sind außerordentlich gut getroffen und wie aus dem echten Leben gegriffen. Und dann, als ob die Geschichte nicht ohnehin schon fesselnd genug wäre, kommt am Ende eine völlig unerwartete Überraschung, die den Leser verblüfft zurücklässt. Mit dem ungewöhnlichen Epilog ist schlussendlich der Gipfel der Auflösung aller Zweifel erreicht.

Geniale Komposition – Kunst? Jedenfalls bürgt Bürgel für Qualität und ich empfehle „Kalte Körper“ daher uneingeschränkt weiter!



Titel Kalte Körper

Autor Matthias Bürgel

ISBN 978-3-7413-0325-8

Sprache Deutsch

Ausgabe Taschenbuch, 387 Seiten

ebenfalls erhältlich als ebook

Erscheinungsdatum 22. Juni 2022

Verlag Bastei Lübbe / beTHRILLED

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