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Venatrix

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 09.07.2022

Eine gelungene Fortsetzung

Venezianische Feindschaft
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In seinem 7. Fall bekommt es Commissario Luca Brassoni mit einem verzwickten Kriminalfall zu tun: Der Juwelier Fabio Caliano wird bei einem Raubüberfall schwer verletzt, einer der beiden Wachmänner sogar ...

In seinem 7. Fall bekommt es Commissario Luca Brassoni mit einem verzwickten Kriminalfall zu tun: Der Juwelier Fabio Caliano wird bei einem Raubüberfall schwer verletzt, einer der beiden Wachmänner sogar getötet und der zweite Wachmann ist verschwunden. Alles sieht so aus, als ob der Flüchtige der Täter ist. Doch dann wird der von einem Baugerüst gestoßen und kann, bevor er stirbt einer Passantin noch die Worte „Mord“ und „Feinde“ zuflüstern.

Nun heißt es für Brassoni & Co die Ermittlungen in eine weitere Richtung aus zu dehnen, denn vor einigen Jahren ist auch Caliano sen. ermordet worden. Nimmt hier jemand Rache an der eingesessenen Juweliersfamilie? Und wenn ja, wer?

Meine Meinung:

Dieser Krimi ist trotz dreier Todesopfer und mehrerer Verletzten kein brutaler Krimi. Die Gewalt wird durch die Einblicke in die Familien der Ermittler abgemildert. So erfahren wir, dass Brassoni und seine Frau Carla Sorrenti an ein zweites Kind denken, Kollege Maurizio Goldini erstmals Vater wird und entsprechend nervös ist sowie, dass an Carlas Arbeitsstätte Veränderungen anstehen. Auch Lucas Cousin, Stefan Mayer, genannt Caruso, darf wieder mitmischen. Diesmal ist seine Rolle ein wenig kleiner ausgefallen, denn neben Brassoni spielt der werdende Vater Goldini eine größere Rolle.

Ach ja, Picco, der kleine Hund der Familie Brassoni-Sorrenti darf durch die Seiten wuseln und erhält auch in der Questura einige Aufmerksamkeit.

Fazit:

Eine gelungene Fortsetzung, die diesmal ein Venedig im Winter zeigt, und der ich gerne 5 Sterne gebe.

Veröffentlicht am 01.07.2022

Messerscharfe Analysen zum aktuellen Weltgeschehen

Was für ein Jahrhundert
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„Warum passiert, was passiert?“

In mehr als zwanzig kurzen Kapiteln geleitet Kurt Seinitz seine Leser durch das Jahrhundert des Chaos.

Er geht der Frage nach, wie und warum sich die Welt in der Form ...

„Warum passiert, was passiert?“

In mehr als zwanzig kurzen Kapiteln geleitet Kurt Seinitz seine Leser durch das Jahrhundert des Chaos.

Er geht der Frage nach, wie und warum sich die Welt in der Form verändert. Als Berichterstatter des ORF ist Kurt Seinitz an vielen Brennpunkten der Welt gewesen und kennt die meisten der politischen Akteure persönlich. Von Putin bis Dalai Lama, von Gadafi bis Lech Walesa: Kurt Seinitz hat sie alle getroffen.

In seinem Vorwort gesteht er freimütig ein, dass er bis zum 23. Februar 2022 gedacht hat, nichts könne ihn mehr überraschen. Doch dann marschierte Putin in der Ukraine ein und Kurt Seinitz überrascht.

„Die Welt ist aus den Fugen geraten. Sie ist aus dem Zeitalter der Aufklärung, das sich als vernunftgeleitet hielt, in ein Zeitalter der Wirrnis gestürzt.“


Fazit:

Diesen messerscharfen Analysen des aktuellen Weltgeschehens gebe ich gerne 5 Sterne.

Veröffentlicht am 01.07.2022

Ein dramatisches Ende einer Trilogier

Diabolischer Engel
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Mit diesem Krimi beschließt Autorin Petra K. Gungl ihre Trilogie rund um Agnes Feder.

Juristin Agnes Feder nimmt über Pfingsten an einem Meditationsseminar in Reichenau an der Rax teil. Die Teilnehmenden ...

Mit diesem Krimi beschließt Autorin Petra K. Gungl ihre Trilogie rund um Agnes Feder.

Juristin Agnes Feder nimmt über Pfingsten an einem Meditationsseminar in Reichenau an der Rax teil. Die Teilnehmenden sind höchst unterschiedlich und kleinere Sticheleien sind an der Tagesordnung. Die werden nicht weniger, als sich eine zweite Meditationsgruppe eintrifft und sich die beiden Gruppen konkurrieren. Als Carla, die Leiterin ihrer Gruppe plötzlich vor aller Augen stirbt, tritt Agnes‘ Gabe, Verbrechen zu spüren, wieder in den Vordergrund. Diese Gabe, das Auftauchen ihres früheren Freundes Siebert und die Tatsache, dass ein Unwetter Reichenau von der Umwelt abgeschnitten hat, bringt Agnes, die ihre Medikamente zur Unterdrückung der Visionen vergessen hat, zusehends aus dem Gleichgewicht.

Wenig später verschwindet Ursula, jene Teilnehmerin, die den Verdacht geäußert hat, Carla wäre vergiftet worden. Nun sitzen die Seminarteilnehmer gemeinsam mit dem Mörder im Hotel fest. Nur, wer ist der Täter?

Diese Frage stellt sich auch Ramona, eine Polizeijuristin, die eigentlich mit Freundinnen in diesem Hotel feiern wollte. In Ermangelung von Internet und Kollegen übernimmt Ramona die Ermittlungen, dabei sind sich Agnes und Ramona gar nicht grün, denn die beiden kennen sich vom Studium.

Die gemeinsame Suche nach dem Täter eskaliert und Agnes sowie Siebert befinden sich in akuter Lebensgefahr.

Meine Meinung:

Autorin Petra K. Gungl versteht es, Mystery-Elemente und Detektivarbeit gut zu verbinden.
Wie in den beiden Vorgängern „Diabolische List“ und „Diabolisches Spiel“ wird Agnes von Visionen geplagt, die ihr Sequenzen von Verbrechen aus der Vergangenheit anzeigen. Diesmal ist es die Gesellschaft rund um Nathaniel von Rothschild, in der gemordet wird. In welcher Beziehung stehen die Toten der Vergangenheit mit jenen in der Gegenwart?

Durch die Abgeschiedenheit nach dem Murenabgang sind ja alle, inklusive Mörder an einem Ort. Ach, ich mag diese "Agatha-Christie-Situationen": Jeder verdächtigt jeden.

Lange Zeit war ich unschlüssig, wer der Täter/die Täterin sein konnte. Ein leiser Verdacht, der sich herauskristallisiert hat, hat sich dann verdichtet. Nein, ich verrate jetzt nichts!

Die Stimmung der Seminarteilnehmer ist gut beschrieben. Es gibt ja immer welche, die nur die eigene Meinung gelten lassen. Gerade bei Meditationsgruppen ist das Interesse breit gefächert: vom Hardcore-Guru bis hin zum Zweifler.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem dramatischen Abschluss dieser Trilogie 5 Sterne.

Veröffentlicht am 29.06.2022

Fesselnd und komplex - Ein Kunstkrimi

Das neunte Gemälde
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Kunsthistoriker Lennard Lomberg erhält im April 2016 auf dem Flughafen Bonn einen rätselhaften Anruf: Er soll die Rückgabe eines kubistischen Gemäldes organisieren, dass sich zu Unrecht jahrzehntelang ...

Kunsthistoriker Lennard Lomberg erhält im April 2016 auf dem Flughafen Bonn einen rätselhaften Anruf: Er soll die Rückgabe eines kubistischen Gemäldes organisieren, dass sich zu Unrecht jahrzehntelang in einer renommierten Stiftung befunden haben soll. Noch bevor ein Treffen mit dem Mann, der sich Dupret nennt, zustande kommt, wird dieser tot in einem Bonner Hotel aufgefunden. Vom zu überprüfenden Gemälde fehlt jede Spur.

Dennoch ist Lombergs Neugier geweckt und er beginnt zu recherchieren. Dabei gerät er in den Fokus der Polizeirätin Sina Röhm, die mit einigen interessanten Details aus Lombergs Familiengeschichte aufwarten kann. Lomberg muss erkennen, dass sein verstorbener Vater, der Generalbundesanwalt, nicht so war, wie er von allen gesehen wurde.

Je tiefer er in die Geschichte des Vaters eintaucht, desto klarer ist, dass dieses Bild eine explosive kunsthistorische Sensation darstellt und Lennard Lomberg nicht der einzige ist, der diesem Gemälde nachjagt.

Meine Meinung:

Andreas Storm ist mit diesem auf gleich drei Zeitebenen, nämlich 1943, 1966 und 2016, spielendem Krimi eine fesselnde Geschichte rund um Raubkunst gelungen.
Die Idee hatte der Autor, wie er in einem Interview sagt, als er im Jahr 2016 über einen Artikel über die Vernichtung von „entarteter Kunst“ durch die Nazis gestolpert ist. Bei der Bilderverbrennung am Jeu de Paume im Paris des Jahres 1943 soll statt wertvoller Bilder wie jene von Picasso & Co. nur minderwertiger Plunder verbrannt worden sein. Darüber streiten Kunsthistoriker seit Jahrzehnten.

Neben Details über die offiziellen Raubzüge der Nazis erfahren wir über persönliche Bereicherung daran beteiligter Offiziere und wie sie ihnen gelang, beinahe unbehelligt nach dem Krieg wieder einflussreiche Positionen einzunehmen. Skrupellose Machtmenschen also, die ihre Seilschaften bis zu ihrem Tod (und manchmal auch darüber hinaus) pflegen.

Geschickt sind die technischen Möglichkeiten, Übermalungen und/oder Fälschungen aufzudecken, in die Story eingebunden. So lernt der Leser etwas Neues, ohne zu merken, das er etwas lernt. So mag ich das! Unterschwellige Wissensvermittlung!

Mir hat dieser Krimi, der in die Kunst eintaucht sehr gut gefallen. Provenienzforschung ist Detektivarbeit und so manches Kunstwerk, das sich heute noch in Familienbesitz befindet, könnte auf unrechtmäßige Art dorthin gekommen sein. Will man das eigentlich wissen?

Der Schreibstil ist fesselnd und ich konnte gar nicht aufhören zu lesen. Ich wollte unbedingt wissen, wie das Buch endet. Ich freue mich schon auf den nächsten Fall für Kunsthistoriker Lennard Lomberg.

Fazit:

Ein fesselnder, komplexer Krimi, dem ich gerne eine Leseempfehlung und 5 Sterne gebe.

Veröffentlicht am 29.06.2022

Kindheitserinnerungen

Bretonisches Lied
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Der Literaturnobelpreisträger von 2008 Jean-Marie Gustave Le Clézio bringt in zwei Essays, nämlich „Bretonisches Lied“ und „Das Kind und der Krieg“ seine Kindheitserlebnisse zu Papier. Geboren am 13. April ...

Der Literaturnobelpreisträger von 2008 Jean-Marie Gustave Le Clézio bringt in zwei Essays, nämlich „Bretonisches Lied“ und „Das Kind und der Krieg“ seine Kindheitserlebnisse zu Papier. Geboren am 13. April 1940 erlebt er als Kind, ohne recht zu verstehen, was um ihn herum passiert, den Zweiten Weltkrieg. Aufgrund von bürokratischen Schikanen erhält die Familie, die aus Mauritius wieder nach Frankreich zurückgekehrt ist, statt der französischen die britische Staatsbürgerschaft. Deshalb werden sie scheel angesehen und müssen als „Nicht-Ansässige“ Paris verlassen und landen in der Bretagne. Dieser rauen Landschaft ist der erste Teil seiner Erinnerungen gewidmet. Dabei beschreibt er in kunstvollen Worten die sozialen Spannungen und das karge Leben der Bretonen.

Im zweiten Teil „Das Kind und der Krieg“ berichtet er über seine Erinnerung an die Kriegsjahre. Wobei er einräumt, vieles davon durch häufige wiederholte Erzählungen verinnerlicht, aber vermutlich nicht selbst erlebt zu haben. So dürfen wir an seiner Kindheit teilhaben. Er erzählt ohne Chronologie von der Besatzung durch die Truppen Mussolinis, die anders als die Deutschen, von weniger Grausamkeit geprägt waren. Als britische Staatsangehörige sitzt die Familie Le Clézio, zumal der Vater in Afrika festsitzt, zwischen allen Stühlen. Von den Deutschen als Feinde klassifiziert und von den Franzosen auch nicht gewollt, sieht sich die Mutter Le Clézios gezwungen, mit den beiden Söhnen und den betagten Eltern mehrmals zu fliehen, bis ihnen in einem kleinen Dorf in den Bergen rund um Nizza selbstlos Zuflucht gewährt wird.

Meine Meinung:

Le Clézios Ausspruch „Kindheitserinnerungen sind langweilig und Kinder haben keinen Sinn für Chronologie“ möchte ich widersprechen. Mag sein, dass die Chronologie von Kindheitserinnerungen fehlt oder sich anders darstellt, aber langweilig sind sie nicht.

Die geschilderten Ereignisse und Eindrücke in beiden Essays haben erstaunliche Aktualität. Zum einen, der Wandel der dörflichen Strukturen in der Bretagne und zum anderen die traumatischen Erlebnisse eines Kindes im Krieg.

Die wunderbare bildhafte Sprache Le Clézios ist ein wahrer Lesegenuss, der durch die Übersetzung von Uli Wittmann sehr gut gelungen ist.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem schmalen Buch, das mit seiner wunderbaren Sprache besticht, 5 Sterne.