Profilbild von Thora

Thora

Lesejury-Mitglied
offline

Thora ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Thora über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 23.07.2022

Ich werde alt...

Walking Disaster
0

Dieses Buch ist der endgültige Beweis.
Die Inhaltsangabe liest sich nicht so schlecht. Irgendwie hatte ich eine nette, unterhaltsame Liebesgeschichte erwartet. In meiner Jugend habe ich leichte Liebesromane ...

Dieses Buch ist der endgültige Beweis.
Die Inhaltsangabe liest sich nicht so schlecht. Irgendwie hatte ich eine nette, unterhaltsame Liebesgeschichte erwartet. In meiner Jugend habe ich leichte Liebesromane (Historical, falls das noch jemandem etwas sagt) wöchentlich verschlungen. Schon damals gab es diesen Bad Boy-Typen, der allerdings im Highlander-Outfit, Cowboy-Stiefeln oder in aristokratischer Garderobe, manchmal auch in Ritterrüstung, daherkam. Gerne verliebten sich diese Romanhelden in junge Frauen, die allesamt eine Version von Aschenputtel hätten sein können. Weil die Helden durchwegs gute Schwertkämpfer oder Revolverhelden waren, gelang es ihnen „immer“, die widerspenstige Holde aus den Fängen irgendwelcher skrupellosen Bösewichte zu befreien. Nun also, so etwas in der Art hatte ich erwartet, nur eben als moderne Version.
Warum habe ich nur dem Titel nicht mehr Beachtung zukommen lassen? Disaster heißt auf Italienisch disastro, also wörtlich: Unstern. Gerade bei mir als Hobbyastrologin hätten alle Alarmglocken läuten müssen. Im Deutschen ist ein Desaster ein verhängnisvolles Unglück oder schweres Missgeschick. Sinnverwandte Wörter sind: Debakel, Fiasko, Flop, Reinfall. So gesehen hat das Buch einen wirklich treffenden Titel. Wir alle kennen ja den Begriff Bildungs-Desaster. Nichts anderes, vermute ich, kann der Grund für die mehrheitlich positiven Kritiken dieses Romans sein. Bei meinen Recherchen musste ich feststellen, dass es einen Vorgänger-Band mit dem Titel „Beautiful Disaster“ gab. Der schildert wohl haargenau dieselbe Nerv tötende Handlung nur aus der Sicht eines anderen Protagonisten. Generell eine witzige Idee, die mir das erste Mal in der Fernsehserie „The Affair“ untergekommen ist. Allerdings wechselten sich dort die Blickwinkel immer wieder ab. Selbst wenn die Autorin Jamie McGuire das auf dieselbe Weise in einem Buch gelöst hätte, wäre das Ergebnis in meinen Augen trotzdem noch ein Desaster geblieben. Die Figuren verhielten sich zwar ihrer Herkunft nach psychologisch sehr nachvollziehbar, aber ihre Denkweise und Argumentation war für mich einfach nur quälend und langatmig. War ich nach den ersten fünfzig Seiten noch geduldig auf den Beginn der eigentlichen Handlung gespannt, so musste ich nach etlichen weiteren todlangweiligen Kapiteln zum Querleser-Modus übergehen. Auf eine interessante Wendung bin ich allerdings bis zum Epilog nicht gestoßen. (Nicht das dieser die erwartete Wendung gebracht hätte.) Die Handlung hier komprimiert zusammengefasst: Ein gewaltbereiter Bad Boy verliebt sich in eine auf den ersten Blick unnahbare Schönheit (man könnte auch „Dummchen“ sagen), die wie er selbst keine leichte Kindheit hatte. Ja, leider gelang es mir beim besten Willen nicht, sonst etwas Erwähnenswertes herauszufiltern.
Spätestens nach der Lektüre dieses Buches müssten sich tausende junge Leserinnen vor ihre Laptops setzen und anfangen, sich selbst spannendere Geschichten auszudenken und sie aufzuschreiben. Bei mir hat der Konsum der Historical-Romane das immerhin bewirkt, obwohl in diesen zumindest ein halbwegs nachvollziehbarer, authentischer geschichtlicher Rahmen vorhanden war und auch eine entsprechende Handlung.
Werde ich die anderen beiden Bände der Buchreihe lesen? Sorry, dafür gibt es viel zu viele wirklich gute Bücher, die darauf warten gelesen zu werden.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere