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Veröffentlicht am 03.10.2022

Warum wurde Susanna von Hohenmarschen-Klamroth ermordet?

Todeslied – Kira Lunds zweite Reportage
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Nach „Haie unter dem Eis“ war „Todeslied“ mein zweiter Krimi von H. Dieter Neumann um die TV-Journalistin Kira Lund. Beide Bände sind unabhängig voneinander zu lesen, wobei ich bei Serien immer empfehle, ...

Nach „Haie unter dem Eis“ war „Todeslied“ mein zweiter Krimi von H. Dieter Neumann um die TV-Journalistin Kira Lund. Beide Bände sind unabhängig voneinander zu lesen, wobei ich bei Serien immer empfehle, nach Möglichkeit die Reihenfolge einzuhalten – mir bringt es Spaß, die Entwicklungen der Protagonisten zu verfolgen.
Die im Titel der Rezension erwähnte Susanna von Hohenmarschen-Klamroth (ich finde den Namen so imposant, ich muss ihn einfach noch einmal erwähnen!) ist der „strahlende Stern des Chores (…), eine Siebenunddreißigjährige mit langjähriger klassischer Gesangsausbildung“ (S. 15), die vor der Generalprobe eines wichtigen Konzertes in Sonderburg/Dänemark spurlos verschwindet. Zwei Wochen später wird ihre Leiche gefunden.
Auf Wunsch ihres Chefs bricht Kira Lund ihren Segelurlaub ab (wie praktisch, da sie sowieso gerade in Dänemark ist...), um gemeinsam mit ihrem Kollegen Tim Scholler (Scholli genannt) über die Ermittlungen im TV-Magazin „Unser Land am Abend“ zu berichten. Dabei kommt ihr sicherlich zugute, dass sie die ermittelnde Polizistin Helene Christ kennt und sich zwischen beiden langsam eine Freundschaft entwickelt.
Verdächtige gibt es in Hülle und Fülle: der Kammerchor entpuppt sich als wahres Wespennest der Eifersüchteleien, Neid, wilden Spekulationen, Intrigen, Denunziationen...Auch erfahren wir – vor Kira und der Polizei – einiges über den Ehemann, dass ihn in gar keinem guten Licht erscheinen lässt...
Ja, als Leser*innen sind wir echt gefordert, den Spreu vom Weizen zu trennen – aber mehr wird hier nicht verraten! Nur als Abschluss: ich konnte das Buch befriedigt zuklappen, alle losen Enden wurden zu einem festen Tau zusammen gespleißt (um mich auch mal in der Segler-Sprache auszudrücken – hoffentlich richtig!)), alle Puzzleteile waren logisch und ordentlich an ihren Platz gerutscht!
Zwischen der Spannung gönnt uns der Autor aber auch immer wieder schöne Entspannungsmomente (Entschleunigen und Luft holen ist angesagt), z.B. „Kein Land in Sicht. Kein Laut zu hören außer dem stetigen Zischen des Wassers am Rumpf und dem Gurgeln der Hecksee. (....) Auch hinter dem Boot sah sie nur blaugrünes Wasser, gesprenkelt mit einigen weißen Segeln.“ (S. 26). Kira liebt „Nordfriesland, dass im äußersten Nordwesten Schleswig-Holsteins lag und direkt an die Nordsee mit ihrem einzigartigen Wattenmeer grenzte.“ (S. 123)
Und noch eine Besonderheit aus Schleswig-Holstein erfahren wir quasi „nebenbei“: wir bekommen einen Einblick über die historische Entstehungsgeschichte der dänischen Minderheit („dänische Südschleswiger“). Für den Südschleswigschen Wählerverband -SSW- gilt ja auch als einzige Partei in Deutschland nicht die Fünfprozentklausel, deshalb haben sie aktuell (2021) auch wieder einen Abgeordneten in Berlin.
Also: außer einem guten, logischen und nachvollziehbaren Krimi wieder etwas dazugelernt... Schon „Haie unter dem Eis“ hat mir gut gefallen, aber „Todeslied“ fand ich sogar noch besser, eine klare Steigerung – deshalb für diejenigen Menschen, die gute Krimis mit norddeutschem Flair lieben: eine absolute Empfehlung!

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Veröffentlicht am 29.09.2022

Anita Berber, ganz anders als ihr Ruf...

Die rote Tänzerin
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Ich kenne bereits einige Bücher von Joan Weng, aber mit ihrem Roman „Die rote Tänzerin“ hat sie einen vollkommen neuen Weg eingeschlagen: es ist ein Roman - keine Roman-Biografie, denn die intensive Recherche ...

Ich kenne bereits einige Bücher von Joan Weng, aber mit ihrem Roman „Die rote Tänzerin“ hat sie einen vollkommen neuen Weg eingeschlagen: es ist ein Roman - keine Roman-Biografie, denn die intensive Recherche ist zwar deutlich spürbar, aber Autorin vermischt die historischen Fakten mit Fiktion „Wie es hätte sein können“ und überlässt es uns Leser/innen, unsere eigenen Schlüsse zu ziehen. Das Buch ist zwar fokussiert auf die Tage, die Anita Berber mit Otto Dix verbracht hat, der ihr (und auch sich) mit dem Bild „Bildnis der Tänzerin Anita Berber“ ein Denkmal setzte, aber wir erfahren auch viel über das Leben, die Gedanken, die Gefühle, Sorgen usw. der „Femme Fatale“ der 1920-er Jahre.
Ich lese gern historische (Kriminal-)Romane und hatte immer den Eindruck, dass in jedem Buch, dass in dieser Zeit spielt, Anita Berber mit mindestens einem Satz erwähnt wird, ich bin förmlich über sie „gestolpert“, meist als skandalumwitterte Nackttänzerin, exzessiv drogenabhängig, die keinerlei Hemmungen kannte.
Joan Weng nimmt einen anderen Weg: sie zeigt uns eine sehr verletzliche und einsame Frau. Sie schreibt im ausgezeichneten und informativen Nachwort: “Und je mehr Monographien ich über die Berber las, desto mehr faszinierte sie mich - ihr wilder Lebenshunger, ihre Verletzlichkeit und auch ihr früher Tod waren für mich immer sinnbildlich für die junge Weimarer Republik.“ (S. 247). Sie beschreibt Anita Berber als sehr intelligente Frau, die zumindest zeitweise – wenn sie keine Drogen konsumiert hatte – einen klaren Blick auf sich und ihre Handlungsweisen hatte.
Eigentlich träumte „die Berber“ von einem bürgerlichen Leben, mit Mann, Kindern und einem Garten voller Tulpen – obwohl sie realistisch reflektiert, dass ihr das wohl nie gelungen wäre. Sondern „Tanzen wollte sie, tanzen und fliegen und fallen und taumeln, um die Qual ihrer Seele zu heilen oder wenigstens zu lindern.“ (S. 196). Oder auch „Sie war die Inflationsprinzessin, und die Inflation war vorbei, jetzt war sie wertlos wie ein Hunderttausendmarkschein.“ (S. 205)
Joan Wengs Roman ist sehr eindrücklich und empathisch, der mich in seinen Bann gezogen hat und nachhaltig beeindruckt hat. Sie lässt vieles offen, so z.B. die Art der Beziehung zwischen Anita Berber und Susi Warnowski oder was „wirklich“ zwischen Anita und Otto Dix geschah...Darüber müssen wir Leser/innen uns selbst eine Meinung bilden... wie bei einem Blumenstrauß: wir bekommen Anhaltspunkte präsentiert - besonders im oben erwähnten Nachwort – aber die Wahl müssen wir selbst treffen!
Auch von Otto Dix, seinen Hintergründen, seinen Dämonen, seiner Lebensgeschichte erfahren wir „nebenbei“ viel – und ich muss gestehen, am Ende des Buches war er mir sympathischer als zu Beginn, aber ich werde wohl nie ein Fan seiner Bilder... Aber durch ihn lernen wir die Düsseldorfer Galeristin Johanna Ey kennen, von ihr hatte ich noch nie gehört – und sie hat mich neugierig gemacht...
Es ist kein Buch, dass ich gut hintereinander „weg-lesen“ konnte (wie sonst die Bücher von Joan Weng), aber die Faszination der Autorin für diese Frau hat mich in die Geschichte einbezogen. Ich habe den Menschen hinter der „skandalösen Berber“ erlebt, eine einsame und verletzliche junge Frau. Ein vollkommen anderer Blickwinkel – und aus diesem Grund kann und will ich diesem Buch einen großen Erfolg wünschen und spreche ausdrücklich eine Leseempfehlung aus!

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Veröffentlicht am 24.09.2022

Dunkle Schatten der Vergangenheit erreichen die Gegenwart...

Raue Havel
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Ich glaube, ich kenne alle Bücher der Havel-Reihe von Tim Pieper – und bin immer wieder aufs Neue begeistert! Jedes Mal denke ich: nun ist aber keine Steigerung mehr möglich – doch der Autor kann stets ...

Ich glaube, ich kenne alle Bücher der Havel-Reihe von Tim Pieper – und bin immer wieder aufs Neue begeistert! Jedes Mal denke ich: nun ist aber keine Steigerung mehr möglich – doch der Autor kann stets noch einen „draufsetzen“...
Man kann die Bücher auch sehr gut einzeln lesen, die Fälle sind in sich abgeschlossen. Aber ich persönlich finde immer, bei Reihen lohnt es sich, sie möglichst nacheinander zu lesen, da man die Entwicklung der Protagonisten dadurch besser nachvollziehen kann.
Aber „Raue Havel“ hat mir besonders gut gefallen: Herr Pieper greift einerseits einen alten (historisch belegten) Spionagefall aus dem Jahr 1949 auf, vermischt ihn gekonnt mit einer wahren Begebenheit aus dem Jahr 1946, bei der einige 15-/16-jährige Schüler von der sowjetischen Besatzungsmacht zum Tode verurteilt wurden, weil sie den Russisch-Unterricht „geschwänzt“ hatten. Ein fiktiver Roman aus der Gegenwart, aber nach historischen Vorbildern... Deshalb spielt die sog. „verbotene Stadt“ der sowjetischen Geheimdienste in Potsdam eine wichtige Rolle.
Ein Fall, der Toni Sanftleben (berechtigterweise) persönlich sehr mitnimmt und ihn an seine Grenzen bringt. Wir lernen Tonis Mutter Vera kennen und wissen nun, warum sie so ein distanziertes Verhältnis (um es mal vorsichtig auszudrücken) zu ihrem Sohn und Enkelsohn gehabt hat. Aber weitere inhaltliche Details sollen hier nicht verraten werden...
Geschrieben ist die Geschichte in zwei Zeitebenen: 1949 und Gegenwart, beides ist aber durch Kapitelüberschriften gut erkennbar.
Nach dem Lesen des Nachworts wird deutlich, welche Ereignisse wann, wo und warum stattgefunden haben, so dass wir Leser*innen eine gute Grundlage haben, evtl. selbst noch weitere Informationen einzuholen (z.B. werde ich – wenn ich mal wieder nach Potsdam komme – die Gedenkstätte in der Leistikowstraße besuchen).
In der Gegenwart hat mir Tonis Kriminalkommissar Nguyen Duc Phong (Phong genannt) besonders gut gefallen. Ich kannte ihn schon (er gehört ja quasi zur „Familie“), aber ich fand, diesmal ist er arbeitstechnisch und persönlich über sich selbst hinausgewachsen. Er hat Toni mehrmals besonnen „geerdet“ und ihn vor dienstlichen „Dummheiten“ bewahrt.
Meiner Meinung nach ist es hier dem Autor perfekt gelungen, beide Handlungsstränge miteinander zu verzahnen, d.h. Toni und seine Kollegen hatten zu einem gegenwärtigen Mordfall noch die Mordfälle aus dem Jahr 1949 aufzuklären – und einige „böse“ Menschen waren sehr interessiert, sie zu vertuschen – und schreckten vor Mordversuchen nicht zurück, um ihre Geheimnisse zu schützen!
An manchen Stellen habe ich regelrecht mitgefiebert (und nachts einige Male zu lange gelesen), aber es hat sich gelohnt! Ich hoffe sehr auf weitere Bände mit Toni, habe mich aber selbst erstmal mit „Mord unter den Linden“ getröstet, einem historischen Krimi, in dem Tonis Großvater ermittelt…
Ich kann die gesamte Havel-Reihe nur wärmstens weiterempfehlen; Menschen mit Interesse für die deutsche Geschichte nach dem 2. Weltkrieg sei die „Raue Havel“ besonders ans Herz gelegt!
Dunkle Schatten der Vergangenheit erreichen

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Veröffentlicht am 11.09.2022

Ein Leben im Spagat...

Die Aufrechte
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„Die Aufrechte“ von Claudius Crönert war für mich der erste Roman dieses Autors – und von Felicitas (Fee) von Reznicek hatte ich vorher auch noch nie gehört... Aber nun freue ich mich sehr, beide „kennengelernt“ ...

„Die Aufrechte“ von Claudius Crönert war für mich der erste Roman dieses Autors – und von Felicitas (Fee) von Reznicek hatte ich vorher auch noch nie gehört... Aber nun freue ich mich sehr, beide „kennengelernt“ zu haben!
Ich erwähne selten die Gestaltung von Büchern (ich bin nicht so der „Cover-Typ“), aber hier muss ich es erwähnen: erschienen im Gmeiner-Verlag als Hardcover und schon die äußere Aufmachung empfand ich als ungemein ansprechend und edel gestaltet (eine Lesebändchen hätte mein Glück vollkommen gemacht!), ein schwarz-weißes Foto von Fee auf dem Cover, schlicht, aber auf jeden Fall ein echter „Hingucker“!
Im Prolog lernen wir Fee und ihre Gedankenwelt im zerbombten Berlin der Nachkriegszeit kennen. Sie grübelt über das Entnazifizierungsverfahren nach, dass sie angestrebt hat, um als „unbelastet“ eingestuft zu werden. Sie hatte alle 131 Fragen sorgfältig ausgefüllt und für die Zahlung der Gebühren (1.206 Reichsmark) muss sie sich wohl von der Schmetterlingssammlung ihres Vaters trennen, aber wie konnte das auf dem Schwarzmarkt funktionieren?
Das 1. Kapitel beginnt mit dem 30.Januar 1933 und wir nehmen die nächsten 12 Jahre teil an Fees Leben. Aber was hier berichten, um nicht die Spannung zu verderben? Sie erfährt an diesem Abend nicht nur, dass ihre Großmutter mütterlicherseits von den Nationalsozialisten als „Volljüdin“ eingestuft werden wird, sondern auch, dass ihr Bruder Emil bereits seit 1931 Mitglied der NSDAP ist...
Ich denke, diese gegensätzlichen „Geständnisse“ bestimmen Fees Leben: sie arbeitet einerseits aktiv für den Widerstand, wird aber als Journalistin auch Mitglied in der Reichsschrifttumskammer, später sogar selbst Mitglied der NSDAP (aber eigentlich eher ein Versehen, wenn es nicht gerade diese Mitgliedschaft gewesen wäre, hätte ich geschmunzelt), tritt aber einige Jahre später wieder aus (ohne Konsequenzen, ich hatte schon die schlimmsten Befürchtungen). Sie bringt wichtige Informationen ins Ausland, trifft sich konspirativ mit Agenten der „feindlichen“ Mächte, schreibt provokante Leserbriefe, wird gewarnt: „Bedenken Sie, wenn Sie das nächste Mal etwas schreiben, ein KZ ist kein Erholungsort“ (S. 242) Gleichzeitig verliebt sie sich in Fritz Wiedemann, einen Adjutanten von Adolf Hitler, der allerdings verheiratet ist…
Ich habe verstanden, dass ihr Leben von zwischen 1933 bis 1945 eine ständige Gratwanderung war, quasi ein Spagat zwischen äußerlicher Angepasstheit und Widerstand, zwischen Sorge um ihre betagten (und gefährdeten) Eltern und Fritz, der Liebe ihres Lebens... Sie geht hohe Risiken ein, aber ist immer ihren Überzeugungen treu, sie bleibt „aufrecht“, deshalb finde ich den Titel des Buches auch exzellent gewählt.
Der Schreibstil ist fesselnd, spannend und hat mich teilweise regelrecht in Fees Geschichte „eingesogen“, wobei ich nicht verheimlichen will, dass mir der zweite Teil noch besser gefallen hat. Ich konnte nicht alle Handlungen, Ansichten und Entscheidungen von Fee teilen, fand sie manchmal auch naiv, aber vermutlich liegt es daran, weil ich – im Gegensatz zur „damaligen“ Fee - weiß, wie sich die weitere Entwicklung fortsetzte – während Fee „mittendrin“ lebte.
Man merkt, dass der Autor sorgfältig und umfangreich recherchiert hat, so dass ich aus diesem Buch viele neue Erkenntnisse ziehen konnte. Ein Nachwort rundet das Buch perfekt ab, der letzte Satz lautet: „Ihre Tätigkeit für den deutschen Widerstand ist bislang nicht gewürdigt worden.“ (S. 508). Ich finde, Claudius Crönert hat für diese Würdigung einen äußerst stabilen und ausgezeichneten Grundstein gelegt!

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Veröffentlicht am 25.08.2022

"Heiße" Ermittlungen im Schwarzwald...

Hundstage
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Mit „(Schwarzwälder) Hundstage“ hat Sonja Kindler nach „Im Schwarzwald geht der Tod um“ ihren 2. Kriminalroman um die Villinger Kriminalhauptkommissarin Ines Sandner vorgelegt – und wieder konnte sie mich ...

Mit „(Schwarzwälder) Hundstage“ hat Sonja Kindler nach „Im Schwarzwald geht der Tod um“ ihren 2. Kriminalroman um die Villinger Kriminalhauptkommissarin Ines Sandner vorgelegt – und wieder konnte sie mich restlos überzeugen! Beide Krimis sind unabhängig voneinander zu lesen, die Fälle in sich abgeschlossen.
Der Prolog ist eindrucksvoll geschrieben, mir ist er die ganze Zeit während des Lesens nicht aus dem Kopf gegangen – mehr noch: auch nach Beendigung des Buches muss ich immer mal wieder an ihn denken...
30 Jahre später: Süddeutschland leidet unter einer Hitzeperiode, auch Ines: „Das Top, wie alles andere auch, klebte an ihrem Körper, wie ein Streifen Tesafilm auf einem Blatt Papier.“ (S. 17) Da wird in einem Wald bei Blumberg eine weibliche Leiche gefunden und Ines soll die Leitung der Ermittlungen übernehmen, sie wurde dafür extra angefordert. Dieser Mord wirft viele Frage auf, es findet sich keinerlei Motiv, die zweifache Mutter hatte keine Feinde, ihr bisheriges Leben verlief vollkommen „normal“...
Aber ich glaube, zum Fall selbst will ich hier gar nicht ausführlicher schreiben, denn sonst könnte ich aus Versehen Zuviel verraten – nur so viel sei gesagt: ein gelungenes, überzeugendes Ende, alle losen Fäden fein säuberlich verknüpft – ein Buch, dass man als Leser*in befriedigt zuklappen kann!
Der Schreibstil ist angenehm flüssig, die Dialoge z.T. mit einem feinen Humor gespickt, die Polizeiarbeit wird mit Vor- und Nachteilen geschildert. Ines ist nicht „Super Woman“, aber steht auch nicht kurz vor dem „Burnout“, sie und ihre Kollegen sind halt Menschen wie „Du und ich“ mit Freuden. Leiden, Enttäuschungen usw. Und dass sich bei Ines eine kleine Liebelei anbahnt (mal sehen, was daraus wird...) ist wie ein zusätzlicher Sahnetupfer auf der berühmten Schwarzwälder Kirschtorte...
Die Autorin hat ihre Schwarzwälder Heimat so anschaulich geschildert, dass ich zwischendurch immer mal wieder Lust bekam, meine Koffer zu packen und in den Schwarzwald zu reisen!
Aber es ist insgesamt ein Buch, dass mich auch lange nach Beendigung zum Nachdenken anregt, denn es beschäftigt sich „nebenbei“ mit der Frage: ist man durch seine Kindheit hilflos seinem Schicksal ausgeliefert? Nein (und so interpretiere ich auch Sonja Kindler), wir dürfen nicht immer den Umständen die Schuld geben. Ines Mutter Monika fasst es gut zusammen: „Man kann nicht immer nur den anderen die Schuld zuweisen. Wir Menschen, und damit meine ich alle Menschen, sind eben auch zu einem großen Teil auch selbstverantwortlich dafür, was wir am Ende aus unserem Leben machen.“ (S.264)
Also neben der spannenden Krimihandlung auch ein Spritzer Philosophisches – mir hat es sehr gut gefallen. Ich kann dieses Buch nur wärmstens weiterempfehlen – und selbst auf eine baldige Fortsetzung hoffen!

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