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Veröffentlicht am 06.01.2018

Gelungener Religionsthriller

Das Jesus-Experiment
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Inhalt: Stellen Sie sich vor, jedes Erlebnis ihres Lebens wird nicht nur als unmittelbare Erinnerung in ihrem Gedächtnis gespeichert sondern hinterlässt eine bleibende Änderung in der Hirnstruktur, die ...

Inhalt: Stellen Sie sich vor, jedes Erlebnis ihres Lebens wird nicht nur als unmittelbare Erinnerung in ihrem Gedächtnis gespeichert sondern hinterlässt eine bleibende Änderung in der Hirnstruktur, die an die Nachfahren vererbt wird. Der Hirnforscher Tom Jennings findet eine Möglichkeit, diese ererbten Erinnerungen nachzuweisen und was noch besser ist, sie als eine Art Filmsequenz auf den Computer übertragen zu können. Eine Technik, die unzählige Möglichkeiten und Vorteile bietet, die aber auch, in den falschen Händen, ein höchst zerstörerisches Potential hat. Jennings, der finanzielle Probleme hat, verkauft seine Technik, die er „Recalls“ nennt, an Lancette, einen Fernsehproduzenten, der in einer möglichst spektakulären Show Erinnerungen an bekannte, verstorbene Persönlichkeiten lebendig werden lassen will. Als Jennings durch einen Ahnenforscher auf eine mögliche bestehende direkte Erblinie von Pontius Pilatus aufmerksam gemacht wird, ergibt sich die Chance auf eine Sensation: Kann durch die Recall-Technik tatsächlich ein Bild von Jesus Christus aufgerufen werden?
Die Möglichkeit, Gedanken zu lesen und in Bilder zu verwandeln bietet aber auch kommerzielle Perspektiven und Jennings, der als Wissenschaftler zu sehr auf die Forschung fokussiert ist, um das Potential und die Gefahr zu erkennen, befindet sich in den Händen von Lancette und zwischen allen Fronten.

Meinung: Zunächst einmal muss man sich auf das Thema einlassen. Zunächst fiel es mir erstaunlich schwer, die postulierte Tatsache der vererbbaren Erinnerungen soweit zu akzeptieren, dass ich die Geschichte als das Lesen konnte, was sie ist: Science Fiction auf Basis bekannter biologisch-genetischer Grundlagen. Roßbach schafft es äußerst geschickt, diese Grundlagen einzuweben: Gleich zu Beginn verweist er auf existierende Studien zu vererbbarem Angstverhalten bei Ratten, dann wieder lässt er seinen Protagonisten eine der Koryphäen der frühen Hirnforschung erwähnen. So habe ich mich nach den ersten Seiten, auf denen ich es noch kategorisch abgelehnt habe, dass so etwas tatsächlich möglich sein könnte, plötzlich gefragt: was wäre wenn…? Und spätestens ab da hatte mich die Geschichte gefesselt. Der Roman hat alles, was ein guter Thriller braucht: Er schafft es, den Leser in die Geschichte hineinzuziehen, sorgt für zahlreiche, oft schwer greifbare Gefahren und Bedrohungen und wächst sich zu einer atemlosen Spannung aus, in der man als Leser jederzeit mit einem neuen Angriff, mit einem neuen Täter rechnet, ohne vorher die „alten“ Bedrohungen richtig verstanden zu haben. Man ist, zusammen mit Jennings dauernd beschäftigt, Verknüpfungen zwischen einzelnen Tätern und Fällen herzustellen um diese Theorien im nächsten Moment wieder zu verwerfen, da sich dauernd ein neues Bild ergibt. Währenddessen begleitet man Jennings zu verschiedenen Fachleuten ihres jeweiligen Gebiets, die zugleich auch dem Leser die nötigen Hintergrundinformationen liefern, eine Technik, mit der es Roßbach mustergültig gelingt, seine sauber recherchierten Fakten zu verweben ohne langatmige Belehrungen und Abhandlungen zu schreiben.
Einige Kritikpunkte gibt es dennoch:
Jennings als Protagonist bleibt leider etwas eindimensional: Er ist stereotyper Forscher. Ein anderer Forscher, der allerdings nur als Nebenperson auftritt, ist da sehr viel plastischer gezeichnet: Der Bibelforscher Pelagrini, der die Ambivalenz zwischen tatsächlichen historischen Fakten und Wissen einerseits und dem Glauben und der christlichen Hoffnung andererseits bewerkstelligen zu scheint und daher auch irgendwie dem Schluss des Romans einen Charakter gibt. Insgesamt ist die Charakterbeschreibung durchwachsen: Es gibt sehr klar gezeichnete Personen (wie zB Pelagrini und auch den Ahnenforscher Casalini), dann wiederum bedient sich Roßbach typischer Klischees: Forschersterotypen, mordende Mönche und geldgierige Investoren, die vor Menschen- und Persönlichkeitsrechten nicht zurückschrecken.
Ein bisschen zu unübersichtlich waren die verschiedenen Verschwörungsstränge: zuerst tauchten FBI und Secret Service auf, um dann für so lange Zeit aus der Geschichte zu verschwinden, dass man sie als Leser schon fast vergessen hat dann wieder Mönche, die alte Papiere studierten und sich gegenseitig niederschlugen. Diese Mönche, die dem Jesuitenorden angehören, stellen mit ihren Riten und uralten Geheimnissen ein absolutes Gegenbild zum wissenschaftlich agierenden Jennings dar. Van Hoogstraat, ein Konkurrent von Jennings, beansprucht die Forschungsergebnisse für sich und paktiert mit einem einflussreichen Medienmogul, um seinerseits Kapital schlagen zu können. Ein Angriff also von allen Seiten, der Leser weiß nicht mehr wem er trauen kann. So weit ganz schön aufgebaut, aber in der Auflösung werden dann einige Stränge scheinbar vergessen oder sehr verkürzt aufgelöst.
Alles in allem ein sehr gelungener Religionsthriller, der unglaublich spannend ist und ein rasantes Thema vorlegt. Die Idee ist wahnsinnig gut und bietet Stoff für so viel, vielleicht ist gerade das das Problem des Romans: Zu viele Themen auf einmal, sodass einiges ein bisschen zu kurz kommt.

Veröffentlicht am 02.06.2023

Ruhiger Krimi, bei dem sich nach und nach Risse in der Fasade aller handelnden Personen zeigen

Die Wahrheit
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Gleich zu Beginn wird der Leser mit dem Ausgang des Ganzen konfrontiert: Es werden zwei Leichen gefunden, die beide offensichtlich ermordet wurden. Von da aus springt man dann in der Zeit zurück und bekommt ...

Gleich zu Beginn wird der Leser mit dem Ausgang des Ganzen konfrontiert: Es werden zwei Leichen gefunden, die beide offensichtlich ermordet wurden. Von da aus springt man dann in der Zeit zurück und bekommt einen ersten Einblick in das Leben unterschiedlichster Personen, bei denen am Anfang noch nicht mal klar wird, wie sie mit den Leichen zusammenhängen könnten. Der interessanteste Aspekt diese Buches ist die Erzählperspektive: Ermittler treten gar nicht auf, die einzigen Einblicke in die Ermittlungen bekommt der Leser durch kurze Verhörprotokolle, die schon sehr früh zeigen, dass keiner der Personen das ist, was er/sie vorgibt zu sein.

Spannung kommt irgendwie nicht so richtig aus, die Plottwists werden auch nicht durch Handlungen oder Vorkommnisse erzeugt sondern durch ein sich ständig änderndes Bild der Protagonisten: Am Ende wusste ich nicht mehr, wen ich sympathisch finden sollte und wen nicht.

Eindeutiges Highlight war für mich der Schreibstil des Autors, dem es gelungen ist, mir die verschiedensten Personen vor Augen zu führen und die Entscheidungen, die zu diesem Ende geführt haben anschaulich beschrieben hat.

Schwachpunkt war für mich die etwas konstruierten Verknüpfungen der Personen untereinander und ein paar ungeklärte Fragen am Schluss. Zusammen mit der Tatsache, dass ich mir einen Krimi erwartet habe und "nur" eine Charakterstudie bekommen habe macht das für mich 3/5 Sternen

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Veröffentlicht am 23.04.2023

ein paar gute Ansätze und ist witzig geschrieben

Sieben Männer später
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Nachdem Esther beim Daten wieder nur Pech hatte und sie beim day-drinking mit Freundinnen einen alten Life-Style-Artikel findet, der sieben Arten von Beziehungen zusammenfasst, in denen Esther ihre Ex-Freunde ...

Nachdem Esther beim Daten wieder nur Pech hatte und sie beim day-drinking mit Freundinnen einen alten Life-Style-Artikel findet, der sieben Arten von Beziehungen zusammenfasst, in denen Esther ihre Ex-Freunde erkennt, ist sie sich sicher, dass bei diesen sieben Männern der richtige schon mit dabei gewesen sein muss und sie keine weitere Chance bekommt. Deshalb macht sie sich auf, diese ausfindig zu machen, um herauszufinden, welcher der 7 der Richtige für sie (gewesen) ist. Was als eine betrunkene Idee beginnt, entwickelt sich im Laufe des Buchs beinahe in eine Obsession.
Das Buch hat insgesamt ein paar gute Ansätze und ist witzig geschrieben, aber es gibt auch relativ viele Logikfehler, die die Geschichte etwas unrund machen. Da der Schreibstil sehr leicht verständlich ist, und es sich um eine locker-leichte Liebesgeschichte a-la „Bridget-Jones“ handelt, lässt sich der Roman gut nebenher lesen, gehört aber nicht unbedingt auf meine Highlight-Liste.
Die Protagonistin und ihre Freundinnen wirken etwas zu unreif für das Alter, in dem sie sein sollten, zumindest in Hinblick auf ihre Jobs und auch ihre Freundschaft, die eher ein bisschen teenie-haft wirkt, andererseits spürt gerade Esther den Druck „endlich“ einen Freund finden zu müssen. Das hätte ein bisschen konsistenter gehandhabt werden können. Auch das Frauenbild, dass der Roman zu vermittelten versucht, ist (was vielleicht auch dem Genre geschuldet ist) etwas ambivalent dargestellt: Auf der einen Seite moderne, selbstbewusste Frauen, die me-too-Überlegungen einbeziehen, auf der anderen Seite scheint nichts zu zählen als endlich den Richtigen zu finden – wenn auch darüber zumindest am Ende ein bisschen reflektiert wird.
Die Darstellung und der Umgang mit extensivem Alkoholgenuss waren für mich auch grenzwertig. Vielleicht bin ich da zu empfindlich und es ist ja auch kein Jugendbuch, aber die Implikation, dass die Protagonisten scheinbar nur mit Alkohol Spaß haben können und auch der Stellenwert, den das gemeinsame Trinken in der Freundschaft einnimmt, fand ich bedenklich.

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Veröffentlicht am 29.01.2023

Interessante Perspektive, pathetische sprache

Schatten der Vergangenheit
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Nachdem der Liebhaber seiner Frau umgebracht wurde, fällt der Verdacht aus allzu offensichtlichen Gründen auf Casabona. Selbst Teil der Polizei weiß er genau, was auf ihn zukommen wird und versucht zunächst, ...

Nachdem der Liebhaber seiner Frau umgebracht wurde, fällt der Verdacht aus allzu offensichtlichen Gründen auf Casabona. Selbst Teil der Polizei weiß er genau, was auf ihn zukommen wird und versucht zunächst, den Fall alleine zu lösen, um sich reinzuwaschen.
Anders als in typischen kriminalromanen folgt man hier dem Ermittler nicht beim lösen eines Falles sondern wird als Leser direkt mit hineingenommen in die Gedankenwelt dieses Ermittlers. Da es sich bei dem Fall um einen sehr persönlichen handelt, weil er selbst unter Verdacht steht, wird so natürlich ein sehr direkter und unmittelbarer Blick auf die Dinge geworfen. Zu Beginn haben mir diese Kapitel aus der Sicht von Casabona sehr gut gefallen, später wurden mir seine zum Teil doch sehr melodramatischen Gedanken fast zu viel. Dazwischen gibt es auch Kapitel, die aus der Außensicht geschrieben sind und die Umstände besser erklären sollen. Irgendwie hätte es mir besser gefallen, diese Infos wären auch nur durch die Augen Casabobas geliefert worden.
Der Schreibstil ist etwas pathetisch und die sprachlichen Bilder und Vergleiche sind sehr dick aufgetragen. Da es sich aber um einen Mafiafall handelt, ist das vielleicht sogar passend und bloß nicht so mein Geschmack.
Ein Problem hatte ich mit den vielen gleichklingenden Namen und die wiederholte Erwähnung von Polizeititeln ohne dass es dazu irgendwelche Erklärungen geben hätte. So konnte ich mir darunter nichts vorstellen, was nur noch mehr dazu beigetragen hat, das ich die handelnden Personen dauernd vertauscht habe.

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Veröffentlicht am 29.09.2022

Guter Historien-teil, eher schlechter Krimi-teil

Fräulein vom Amt – Die Nachricht des Mörders
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Alma ist eine selbstbewusste Frau die ganz passen zu dem Zeitgeist der 20er Jahre mit dem neuerwachten Selbstbewusstsein der Frauen als „Fräulein vom Amt“ arbeitet und sich dadurch einige Freiheiten verdient. ...

Alma ist eine selbstbewusste Frau die ganz passen zu dem Zeitgeist der 20er Jahre mit dem neuerwachten Selbstbewusstsein der Frauen als „Fräulein vom Amt“ arbeitet und sich dadurch einige Freiheiten verdient. Als sie im Zuge dieser Tätigkeit zufällig ein Gespräch mitbekommt, das ihr höchst verdächtig scheint, sich aber niemand um ihre Einwände zu scheren scheint, beginnt sie selbst, Ermittlungen anzustellen.
Der Charme dieses Buches besteht darin, dass es sich nicht komplett einem Genre zuordnen lässt: es ist sowohl historischer Roman wie auch Krimi und auch Fans von Liebesromanen kommen auf ihre Kosten. Dieser Mix ist mal mehr mal weniger gut gelungen: Die Beschreibung des Zeitgeistes und von Baden-Baden zu der Zeit konnten mich überzeugen, der Krimi leider weniger. Alma stellt weniger wirkliche Ermittlungen an, sondern stolpert von Zufall zu Zufall, vieles fällt ihr auch so einfach in den Schoß, dass das Ganze nicht wirklich glaubhaft ist. Der Fall wirkt an vielen Stellen arg konstruiert, genauso wie Almas Involvement darin: weder hat sich mir so richtig erschlossen, warum sie sich so darin verwickeln lässt, noch sind ihre Gedanken einem roten Faden gefolgt.
Die Charaktere von sowohl Alma wie auch der der wenigen Nebencharaktere sind durchweg sympathisch, bleiben aber etwas blass. Oft sind sie sehr eindimensional dargestellt. Vielleicht kam daher auch mein Problem, ihre Motivation für die Ermittlungen so ganz zu verstehen. Auf jeden Fall hat es dafür gesorgt, dass ich den Fall zwar ganz gern nebenher gelesen habe, aber so richtig mitgefiebert habe ich leider zu keiner Zeit.
Der Schreibstil ist flüssig (auch wenn das Buch von 2 Autorinnen geschrieben ist – Übergänge oder Brüche merkt man gar nicht!) und durchsetzt von Begriffen, die typisch für die damalige Zeit sind, was mir sehr gut gefallen hat. Die Atmosphäre, die die Autorinnen kreieren, die gründliche Recherche, die man beim Lesen an vielen Kleinigkeiten merkt und die Wahl eines besonderen, weil eher unbekannten Schauplatz waren die Aspekte, bei denen das Buch Pluspunkte bei mir sammeln konnte.

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