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Veröffentlicht am 15.09.2016

Wundervoll

Der Distelfink
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Theodore Decker ist gerade einmal 13 Jahre alt, als seine Mutter bei einem gemeinsamen Museumsbesuch durch einen Terroranschlag ums Leben kommt. Völlig verwirrt irrt Theo durch die Museumstrümmer und nimmt ...

Theodore Decker ist gerade einmal 13 Jahre alt, als seine Mutter bei einem gemeinsamen Museumsbesuch durch einen Terroranschlag ums Leben kommt. Völlig verwirrt irrt Theo durch die Museumstrümmer und nimmt aus einem Impuls heraus ihr liebstes Bild mit: Ein kleines Gemälde des Künstlers Carel Fabritius namens Der Distelfink. Es war das erste Gemälde in das sich seine Mutter verliebt hat und Theo muss es einfach „retten“. Und irgendwie gelingt es ihm nicht es wieder zurückzugeben, denn sein Leben verläuft nach Mutters Tod sehr turbulent; der Distelfink scheint da die einzige Konstante zu sein.

Wundervoll. Dieses eine Wort hätte als Rezension völlig ausgereicht. Ich war begeistert von Theos Geschichte und absolut verzaubert von Tartts Art diese zu erzählen. Selten habe ich ein Buch gelesen, bei dem jedes Wort so gut durchdacht ist, Kleinigkeiten so liebevoll ausgearbeitet sind und so manche Weisheit geschickt eingearbeitet wurde. Donna Tartt zeichnet Theos Leben nach, die Höhen und (leider häufiger vorkommenden) Tiefen. Schonungslos, ausdrucksstark, feinsinnig. Gerade im ersten Teil des Buchs kommt sie auch immer wieder auf verschiedene Kunstwerke zu sprechen und beschreibt diese so, dass man sie direkt vor dem geistigen Auge sehen kann; jeden einzelnen Pinselstrich. Ich denke man muss ihre Art zu erzählen mögen, mich aber hat sie mit dem Distelfink völlig gefangen genommen und so manchen Satz hätte ich mir gerne eingerahmt.

Fazit: Für mich ein absolutes Lesehighlight, denn ich habe jede einzelne Seite genossen.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Literarische Perle über ein großartiges Stück Musik

Der Dirigent
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1941: Deutschland bereitet sich auf die Belagerung von Leningrad vor und schneidet die Stadt systematisch von jeglicher Versorgung ab. Da treffen in der belagerten Stadt zwei völlig unterschiedliche Menschen ...

1941: Deutschland bereitet sich auf die Belagerung von Leningrad vor und schneidet die Stadt systematisch von jeglicher Versorgung ab. Da treffen in der belagerten Stadt zwei völlig unterschiedliche Menschen aufeinander. Der eine ist der große Komponist Dmitri Schostakowitsch, Mitglied der musikalischen Elite Leningrads. Der andere, Karl Eliasberg, Dirigent des Radioorchesters, stand bisher immer außerhalb dieses elitären Zirkels. Doch während ein Großteil der wichtigen Künstler auf Befehl von oben nach Sibirien evakuiert wird, bleiben beide in der Stadt. Schostakowitsch schreibt in den Trümmern und unter ständiger Bombardierung seine berühmte siebente Sinfonie, genannt „Leningrader Sinfonie“.

Sarah Quigley hat hier die Entstehungsgeschichte eines der berühmtesten Stücke seiner Zeit aufgezeichnet. Es ist wirklich eine bewegende und mutige Geschichte, inmitten des Chaos und der Verzweiflung, des Hunger und Tod. Schostakowitsch und Eliasberg könnten nicht unterschiedlicher sein, egal ob das Persönlichkeit oder Ansehen in der Gesellschaft betrifft. Quigley charakterisiert ihre Protagonisten sehr gut, man lebt und fühlt mit ihnen mit. Selbst der unmusikalische Leser kann den Schaffensprozess des Komponisten sehr gut nachvollziehen, auch wenn mancher Fachterminus vielleicht einer Erklärung bedürft hätte. Ich würde jedem empfehlen sich die Sinfonie einmal anzuhören, denn Musik lässt sich nun einmal nicht wirklich perfekt in Worte fassen, auch wenn Quigley ihren Job sehr gut gemacht hat.

Für mich war „Der Dirigent“ eine wirklich außergewöhnliche Geschichte über die Menschen Leningrads, die knapp 900 Tage Belagerung mit eisernem Willen durchstehen mussten. Und über zwei Menschen, die die klassische Musik auch in diesen harten Zeiten am Leben gehalten haben und so vielleicht manchem etwas Hoffnung geben konnten.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Absolut zu empfehlen

Die letzte Jüdin von Würzburg
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An ihrem siebzehnten Geburtstag ändert sich das Leben der jungen Jüdin Jaelle völlig: sie lebte bisher recht behütet in Straßburg, doch an diesem Tag fallen alle Barrieren und die jüdische Gemeinde wird ...

An ihrem siebzehnten Geburtstag ändert sich das Leben der jungen Jüdin Jaelle völlig: sie lebte bisher recht behütet in Straßburg, doch an diesem Tag fallen alle Barrieren und die jüdische Gemeinde wird von einem hasserfüllten Mob regelrecht abgeschlachtet. Jaelle entkommt knapp und wird von ihrem sterbenden Vater nach Würzburg geschickt; denn dort leben die Juden in Sicherheit unter dem persönlichen Schutz des Bischofs. Als Mann getarnt macht sich Jaelle auf den Weg…

Wer hier eine seichte Frau-verkleidet-als-Mann-Story mit viel Herzschmerz und wenig historischem Input erwartet, der irrt. Roman Rausch schildert hier die Ereignisse um den Pogrom der jüdischen Gemeinde Würzburgs Mitte des 14. Jahrhunderts und würzt das Ganze mit einer fiktiven Handlung, die erfreulicherweise nie ins Kitschige oder Klischeehafte abzurutschen droht. Die Charaktere sind sehr gut ausgearbeitet, egal ob es sich dabei um Jaelle handelt, mit der man mitfiebert und –bangt oder um Michael de Leone, die rechte Hand des Würzburger Bischofs, der in Jaelles Leben eine immer wichtigere Rolle spielt.

Der Erzählstil hat mir sehr gut gefallen, die oft sehr dramatischen und grausamen Ereignisse wurden sehr authentisch dargestellt ohne übertrieben zu wirken. Die Willkür, mit der die jüdischen Mitbürger zum Sündenbock sämtlichen Übels gemacht werden, von der Pest bis hin zum Wetter (!), ist manchmal schwer zu ertragen; zu glauben fast noch weniger, aber die jüngere deutsche Geschichte zeigt ja leider, dass sich Geschichte gerne mal wiederholt.

Neigen andere Autoren historischer Romane ja gerne mal dazu ein ellenlanges Nachwort zu erstellen, gibt es hier zusätzlich alle paar Kapitel einen kurzen historischen Einschub, der das nötige Hintergrundwissen für das Fortkommen der Geschichte liefert. Ich fand diese Minikapitel sehr hilfreich und sie haben in keiner Weise den Lesefluss gestört.

Fazit:

Für mich hat dieses Buch die perfekte Mischung von fiktiver Handlung und historischen Fakten geboten, ich wurde durchweg gut unterhalten und weiß jetzt Einiges mehr über die Stadtgeschichte meiner Würzburger Nachbarn.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Irre, böse und wahnsinnig lustig

Schneller als der Tod
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Dr. Peter Brown lebt den ganz normalen Wahnsinn, den man als Assistenzarzt in einem großen Krankenhaus so mitmacht. Jetzt ist sein Job also Leben zu retten; früher hat er Menschen entgeltlich ins Jenseits ...

Dr. Peter Brown lebt den ganz normalen Wahnsinn, den man als Assistenzarzt in einem großen Krankenhaus so mitmacht. Jetzt ist sein Job also Leben zu retten; früher hat er Menschen entgeltlich ins Jenseits befördert, als Auftragskiller „Pietro“ nämlich. Doch das Versteckspiel hat bald ein Ende…

Zugegeben, das Buch ist vielleicht nichts für die ganz zart Besaiteten, die sich gerne der Illusion hingeben, dass die Halbgötter in Weiß immer ohne Fehl und Tadel sind. Teilweise recht derb und immer sehr ausführlich schildert der Autor, der übrigens Medizin studiert hat und somit weiß wovon er spricht, den Alltag in der stressigen Assistenzzeit und verknüpft diesen mit einer abstrusen Story aus dem Mafiamilieu. Diese Mischung wird in einem herrlich schwarzen Humor gewürzt mit einer Prise Sarkasmus erzählt, unterbrochen und ergänzt von ironischen, neckischen Fußnoten. Obwohl Peter ja nun wirklich kein unbeschriebenes Blatt ist, lernt man ihn lieben und begleitet ihn durch diesen Wahnsinn, immer haarscharf an der Katastrophe vorbei. Dieses Buch ist wirklich ein echter Pageturner, nicht unbedingt was für Leser mit schwachem Magen, aber auf jeden Fall ein Garant für viele Lacher und manch ungläubigen Blick.

Fazit: Mir hat diese Mischung aus Mafia- und gestresster Arztstory sehr, sehr gut gefallen und ich freue mich schon auf die Fortsetzung „Einmal durch die Hölle und zurück“.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Duffy is back

Die Sirenen von Belfast
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Detective Sergeant Duffy stößt bei einem Routineeinsatz auf einen Koffer mit delikatem Inhalt, einer zerstückelten Leiche nämlich. In Zeiten der Unruhen in Nordirland ist es ja traurige Tatsache, dass ...

Detective Sergeant Duffy stößt bei einem Routineeinsatz auf einen Koffer mit delikatem Inhalt, einer zerstückelten Leiche nämlich. In Zeiten der Unruhen in Nordirland ist es ja traurige Tatsache, dass immer wieder Menschen „verschwinden“, doch dieser Fall scheint anders zu sein. Als wäre die Lage nicht schon prekär genug, bricht der Falklandkrieg aus und es werden dringend benötigte Soldaten abgezogen.

Dieses Buch spielt etwa ein Jahr nach seinem Vorgänger „Der katholische Bulle“; zwar baut es nicht unmittelbar darauf auf, ich würde trotzdem jedem empfehlen zuerst Band 1 zu lesen, da dort viel mehr auf die politischen und gesellschaftlichen Zusammenhänge in Nordirland eingegangen wird. Duffy hat sich in seiner neuen Truppe gut eingewöhnt, auch in der zunächst feindseligen Nachbarschaft wird er inzwischen halbwegs akzeptiert, doch wirklich ruhig wird der Alltag zu diesen Zeiten einfach nie sein.

McKinty beschreibt auch diesmal den beklemmenden Alltag sehr eindrucksvoll, mal nüchtern, mal mit schwarzem Humor. Diese dichte und düstere Atmosphäre zieht den Leser förmlich in die Geschichte und man verfolgt atemlos Duffys Bemühungen in all dem Chaos den Mordfall zu lösen. Das Buch gipfelt in einem Finale, das ich so nicht habe kommen sehen und das mich schlichtweg umgehauen hat.

Fazit: wieder ein unglaublich gelungenes Buch von McKinty, das ich jedem ans Herz legen möchte, der in Krimis nicht nur einen interessanten Fall, sondern auch eine starke Atmosphäre zu schätzen weiß.