Profilbild von biancaneve66

biancaneve66

Lesejury Profi
offline

biancaneve66 ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit biancaneve66 über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 18.05.2023

Von einem, der auszog, die Freiheit zu finden

So viele Paradiese
2

Antonio Grillo träumt mit seinen 20 Jahren in seinem sizilianischen Heimatdorf Gesso von der Freiheit, die er in nur Amerika vermutet. Er will dorthin, wo sogar eine Statue für seine Sehnsucht errichtet ...

Antonio Grillo träumt mit seinen 20 Jahren in seinem sizilianischen Heimatdorf Gesso von der Freiheit, die er in nur Amerika vermutet. Er will dorthin, wo sogar eine Statue für seine Sehnsucht errichtet wurde. 1923 macht er sich daher auf zu einer Schiffsreise in die Neue Welt. Die Überfahrt entwickelt sich aber zu einer wahren Odyssee; Antonio begegnet den unterschiedlichsten Personen und erlebt ein fantastisches Abenteuer nach dem anderen.
Die Farben des Covers sind augenfreundlich; hinterlegt mit einer Landkarte, umrahmt von Orangenzweigen und Philodendronblättern, verweist – ganz klein – ein Segelschiff auf die Reise des Protagonisten. Wie unglaublich diese Fahrt allerdings wirklich verläuft, darauf bereitet einen dieses ruhige Bild nicht vor.
Die Kapitel weisen eine angenehme Länge auf und sind mit aussagekräftigen Überschriften versehen. Die Geschichte wird von der Großnichte des Protagonisten erzählt, die ihr Wissen um Antonio mit dessen Briefen an die Familie belegt. Einige dieser Briefe baut sie direkt in die Geschichte ein. Das soll sicher authentischer wirken, bei all den unglaublichen Geschehnissen, die dem Protagonisten widerfahren. Ich hätte die Korrespondenz des Großonkels gesammelt am Ende des Buches vorgezogen. In der Handlung verpackt wiederholen sie lediglich das zuvor schon Gelesene.
Die Sprache der Geschichte nimmt einen sofort mit auf die abwechslungsreiche Reise; teils sehr poetisch, mit Weisheiten und Metaphern versehen, und gespickt mit einigen Neuschöpfungen von Wörtern, für die es bisher noch keine Bezeichnungen zu geben schien. In den Dialogen sind ab und zu auch ganze Sätze in Umgangssprache untergebracht, die meines Erachtens nicht notwendig gewesen wären. Sicherlich ist es in einer Übersetzung schwierig, Dialekte verschiedener Regionen Italiens einzubauen, allerdings sprechen in der deutschen Ausgabe Menschen aus Palermo, Neapel und Genua ein und denselben Dialekt, um dann im nächsten Satz zur Standardsprache zu wechseln. Abgesehen davon ist die Übersetzung von Elisa Harnischmacher sehr gelungen.
Die Geschichte um den naiven Protagonisten ist ungewöhnlich und erfrischend – aber schwer in ein Genre einzuordnen. Die Autorin greift darin Themen aus Märchen, der Mythologie, der Bibel und insgesamt aus verschiedensten Quellen der Weltliteratur auf. Die detaillierten Beschreibungen der Schauplätze, aber auch der Aromen, Düfte und Speisen nehmen den Leser sofort mit in die Atmosphäre dieser außergewöhnlichen Erlebnisse von Antonio. Man könnte das Buch als Entwicklungsroman sehen, mit einem unerfahrenen Protagonisten, dem die Gesellschaft von Tieren mehr zusagt als zwischenmenschliche Beziehungen, der andererseits immer wieder aufs Neue begeistert ist von schönen Frauen, und der verschiedenste Aufgaben meistern muss. Ob er tatsächlich eine wirkliche Entwicklung durchmacht, bleibt dem Leser überlassen, der sich auf dieses Buch voller Bilder einlässt. Und es zahlt sich aus, sich auf diesen ungewöhnlichen Roman einzulassen – für jene, die noch träumen können und die sich ein kleines bisschen ihrer kindlichen Unbefangenheit bewahren konnten.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 26.03.2023

Milla sucht das Glück

Die Modiglianifrau
0

Milla führt ein recht chaotisches Leben. Da sollte es sie nicht überraschen, dass sie plötzlich von der Modiglianifrau verfolgt wird. Diese ist für andere Menschen allerdings unsichtbar. Und obendrein ...

Milla führt ein recht chaotisches Leben. Da sollte es sie nicht überraschen, dass sie plötzlich von der Modiglianifrau verfolgt wird. Diese ist für andere Menschen allerdings unsichtbar. Und obendrein kommt Milla noch in den Besitz eines geheimnisvollen Koffers. Damit startet ein Roadtrip, der für Milla den Beginn eines neuen Lebens bedeuten könnte, inklusive Begegnung mit ihrer leiblichen Mutter und der Freundin Rosalie aus Kindertagen.
Am Cover prangt unverkennbar das Portrait der Modiglianifrau mit langem Hals. Daneben, fast unscheinbar, ein Scherenschnitt von Millas Gesicht, inklusive Haube. Die Kapitel sind übersichtlich und schlicht mit Zahlen betitelt. Die Dialoge sind sehr lebhaft – vor allem auch jene, die Milla mit der Modiglianifrau führt. Der Ausgangspunkt der Geschichte, der die Protagonistin auf ihre Reise zu sich selbst schickt, ist mit einem alten Koffer aus einer Versteigerung hervorragend gewählt. Milla begegnet auf ihrem Roadtrip den verschiedensten Charakteren, auch recht skurrilen Persönlichkeiten, und man wünscht der jungen Frau nicht nur einmal, dass sie endlich bei sich selbst angekommen ist. Doch nicht nur die Anwesenheit der Modiglianifrau, die Milla immer und überall ihre Fehler unter die Nase hält, verzögert die Auflösung der Geschichte. Die junge Frau steht sich oft genug selbst im Weg oder wird durch unerwartete Begebenheiten von ihrem Weg abgelenkt. Stellenweise wirken Wendungen als zu viel des Guten – bei näherer Betrachtung fügen sie sich aber recht passend ins Geschehen ein.
Insgesamt ist der Autorin hier ein recht ansprechender und zeitgemäßer Entwicklungsroman gelungen, in dem immer wieder der Zufall als Antriebsfeder dient. Ein Vergnügen, dem eine Leseempfehlung gebührt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 22.01.2023

Mit Hausverstand in die Küche

Zuhause kochen
0

Das Cover ist sehr farbenfroh und macht beim Hinschauen schon Lust aufs Kochen und natürlich neugierig auf den Inhalt. Die Buntheit des Umschlagbildes setzt sich im Innern des umfangreichen – und auch ...

Das Cover ist sehr farbenfroh und macht beim Hinschauen schon Lust aufs Kochen und natürlich neugierig auf den Inhalt. Die Buntheit des Umschlagbildes setzt sich im Innern des umfangreichen – und auch an Gewicht schweren – Buches fort. Ganze Seiten sind mit farbigem Hintergrund versehen, dennoch ist das Schriftbild sehr angenehm und durch große Buchstaben augenschonend gestaltet. Auf die Vorstellung der beiden Autoren folgt eine kurze Gebrauchsanweisung zur Verwendung des Kochbuchs, das eigentlich ganz ohne Rezepte auskommt. Es gibt einen hilfreichen Überblick über Zutaten, Lebensmittelsicherheit, Küchengeräte und Grundwissen zum Thema Kochen. Zusammen mit den zahlreichen Fotos nimmt es dem Anfänger die Angst - und auch den teils gar nicht angebrachten Respekt - vor dem selbständigen Zubereiten von Speisen und ermuntert auch den routinierten Hobbykoch zu mehr Experimentierfähigkeit und Freiheit. Im Grunde erinnert es an „Rezepte“ von Familienmitgliedern oder Freunden, die auch nicht mit genauen Mengenangaben aufwarten, sondern nur ungefähre Vorschläge machen. Einfach ausprobieren ist das Motto.
Die Gestaltung dieses Kochbuchs ist so gelungen, dass es sogar jene unterhalten kann, die immer noch vor dem Kochen zurückschrecken. Wissen über Fleisch-, Fisch- oder Gemüsearten schadet auch jenen nicht, die sich nur dem Endprodukt widmen, und den Aufenthalt in der Küche überspringen. Zusammen mit den bunten Abbildungen und hilfreichen Fotos vermittelt es nicht nur Wissenswertes rund ums Kochen, sondern macht das Buch zu einer abwechslungsreichen Unterhaltungslektüre.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 09.12.2022

Loslassen und Akzeptieren

Der Junge im Fluss
0

Ben würde sein Leben am liebsten auf einer Insel weit draußen im Meer weiterführen und nichts daran ändern. Nach Jahren kehrt aber sein Bruder zurück, und als dieser eine alte Geschichte erzählt, entschließt ...

Ben würde sein Leben am liebsten auf einer Insel weit draußen im Meer weiterführen und nichts daran ändern. Nach Jahren kehrt aber sein Bruder zurück, und als dieser eine alte Geschichte erzählt, entschließt sich Ben zum Aufbruch, der gleich von einem Schicksalsschlag eingeleitet wird. Daraufhin lässt der junge Mann Veränderungen zu und macht sich zusammen mit einem Kolibri auf die Suche nach Damai, dem Ort ohne Zeit. Er macht dabei Bekanntschaft mit verschiedenen Menschentypen, begegnet deren guten und schlechten Seiten. Am Ende seiner Reise steht die Lösung eines Rätsels, das Ben klarmachen soll, dass Verändern und Bewahren keine Gegensätze sind.
Das Titelbild zeigt einen Jungen an einem Flussufer in diffuser Landschaft. Wie auch die einfarbigen Illustrationen innerhalb des Buches stammt es von Katharina Netolitzky. Mich erinnern diese Bilder an Abbildungen der Religionsbücher meiner Kindheit. Man mag die Geschichte selber als Gleichnis, als mystische Erzählung ansehen. Die Kapitel sind kurz, die Sprache an einigen Stellen recht poetisch, sonst eher einfach. Einzelne Passagen mit ausdrucksstarken Sätzen sind kursiv gedruckt, um sich besser vom Text abzuheben.
Es gibt mehrere Erzählstränge. Sie behandeln Bens Geschichte, die seines Bruders und die Geschehnisse im Kloster, in dem die Priesterin auf die Rückkehr eines Mönches wartet. Das fließende Wasser wird mit dem Vergehen der Zeit verglichen, und so taucht immer wieder das Bild des Flusses auf. Die Charaktere sind lebensnah gezeichnet, dennoch wirkt das Buch an einigen Stellen recht abstrakt und konstruiert. Bis die verschiedenen Fäden der Geschichte zueinanderfinden, kommt es zu einiger – auch zeitlicher - Verwirrung.
Ich habe dieses Buch als einen recht ruhigen, aber sicher auch schönen Roman gelesen, als eine Art Märchen, in dem man den Helden auf seiner Selbstfindung begleitet. Inwieweit man etwas für sein eigenes Leben aus der Geschichte mitnehmen kann, sei jedem selber überlassen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 05.11.2022

Wandern zwischen verschiedenen Welten

Die Welt durch Wörter sehen
0

Federica de Cesco verfasste mit »Der rote Seidenschal« im Alter von fünfzehn Jahren ihren ersten Roman und hat seither auch nicht mit dem Schreiben aufgehört. 65 Jahre nach Veröffentlichung ihres Jugendromans ...

Federica de Cesco verfasste mit »Der rote Seidenschal« im Alter von fünfzehn Jahren ihren ersten Roman und hat seither auch nicht mit dem Schreiben aufgehört. 65 Jahre nach Veröffentlichung ihres Jugendromans hat sie einige ihrer Arbeiten - Vorworte, Vorträge, Lieblingsgeschichten, Anekdoten – in diesem Buch gesammelt.
Am Cover trägt die lebenserfahrene Autorin einen roten Seidenschal um ihren Hals. Die Sprache ist einfach Geschichten stammen aus verschiedenen Zeitabschnitten, die letzte Erzählung der Sammlung ist ein Nachwort, das de Cesco selbst verfasst hat.
Die Anekdoten greifen verschiedene Themen auf, die aus den Erfahrungen und Eindrücken der Autorin entstanden sind; in einigen wird auf die Freiheit der Menschen hingewiesen, andere beschäftigen sich mit der Stellung der Mädchen und Frauen, welche die Autorin zu mehr Egoismus und Mut animieren möchte; in allen herrscht eine einfache Sprache vor, die Tatsachen mit klaren Worten beschreiben.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere