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Veröffentlicht am 19.12.2022

Unterhaltsam

Pünktlich wie die Maurer
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„Umgekehrt wird ein Schuh draus.“ (S. 105)

In diesem Buch finden sich viele Sprichwörter, unterteilt nach Handwerksbereichen, z.B. Maurer, Steinmetze, Bildhauer, oder Zimmerer, Schreiner, Tischler, Drechsler, ...

„Umgekehrt wird ein Schuh draus.“ (S. 105)

In diesem Buch finden sich viele Sprichwörter, unterteilt nach Handwerksbereichen, z.B. Maurer, Steinmetze, Bildhauer, oder Zimmerer, Schreiner, Tischler, Drechsler, oder Weber, Färber und Schneider, um nur drei Kapitel zu nennen. Zu Beginn gibt es ein rotes Deckblatt und daneben eine Einführung auf rosa Grund. In dieser Einführung gibt es eine kleine geschichtliche Einordnung und einige eindeutige oder gängige Sprichwörter. Anschließend folgen die zum Handwerk passenden Sprichwörter, ihre Bedeutung und ein ausführlicherer Hintergrund.
Im Hintergrund sind Informationen erwähnt, wie es zu dem Sprichwort kommt, wie es sich entwickelt hat, woher es ursprünglich stammt und häufig auch geschichtliche Daten. Manchmal ist der Hintergrund jedoch auch nur eine erweiterte Ausführung der Bedeutung, was weder unterhaltsam noch besonders spannend ist (zum Beispiel „ein Rohr verlegen“ auf S. 176). Eins der unnötigeren Sprichwörter.
Zu Beginn wird Gott häufig als Handwerker bezeichnet und erklärt, in wie fern er ebenfalls in die einzelnen Sparten gehört, z.B. weil er die Menschen aus Lehm geformt hat. Nach dem dritten göttlichen Bezug hatte ich schon keine wirkliche Lust mehr weiterzulesen, da der christliche Glaube kein bestehender Bestandteil dieser Sprichwörter ist.
Obwohl es vor allem um ältere und bekannte Sprichwörter geht, gibt es durchaus auch Erwähnung von modernen oder auch englischen Varianten, die nicht explizit übersetzt wurden. Das war schade, denn dies setzt voraus, daß alle Leser Englisch lesen und verstehen können.

Es gibt viele Sprichwörter, die ich sehr interessant fand und auch, woher sie eigentlich kommen. Zum Beispiel wenn etwas für die Katz ist (S. 51), Nägel mit Köpfen machen (S. 53), oder woher der Begriff des billigen Abklatsches (s. 141) stammt.
Doch gab es auch viele, die ich gar nicht kannte, nicht verwende und daher nur grob überflogen habe. Ich kann mir aber vorstellen, wenn jemand großes Interesse an der deutschen Sprache hat, wird er Freude an diesem kleinen Büchlein haben. Wenn diese Person dann noch über den inflationären Gebrauch von „sprichwörtlich“ hinwegsehen kann, umso besser.

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Veröffentlicht am 03.12.2022

Seltsam

Zirkus der Wunder
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„Ihre Schüchternheit ist entwaffnend. Er weiß nicht, wie er sie kontrollieren soll.“ (S. 197)

„Als Victors Geschöpf zu mächtig wurde, musste er es vernichten.“ (S.358, Anspielung auf Victor Frankenstein)

Im ...

„Ihre Schüchternheit ist entwaffnend. Er weiß nicht, wie er sie kontrollieren soll.“ (S. 197)

„Als Victors Geschöpf zu mächtig wurde, musste er es vernichten.“ (S.358, Anspielung auf Victor Frankenstein)

Im Zirkus der Wunder dreht sich nicht alles um Nell, wie es der Klappentext andeutet. Es ist eher eine Dreiecksbeziehung zwischen Nell, dem Impresario Jasper Jupiter und seinem ständig im Schatten stehenden Bruder Toby Brown. Wer eine romantische Zirkusgeschichte mit dem „sensiblen Toby“ erwartet, wird enttäuscht werden. Es ist viel mehr ein großes Drama um Ausgrenzung, anders sein, Schuld, Ehrgeiz und Erinnerungen an einen längst vergangenen Krieg.

Zu Beginn lernt der Leser Nells Leben kennen; die schüchterne 19jährige pflückt Veilchen und kandiert sie für den Weiterverkauf. Ihr ein Jahr älterer Bruder ist ihr liebster Mensch und er verteidigt sie gegen die Dorfbewohner und den Rest der Welt. Zunächst dachte ich, Nell wäre geistig zurückgeblieben, bis wenige Seiten später klar wird, daß etwas mit ihrer Haut nicht stimmt. „Sein Blick gleitet über ihre Hände, ihre Wangen.“ (S. 11) Nell hat sehr auffällige Leberflecken, einen besonders großen im Gesicht. Deswegen hält ihr Vater sie für ein Wechselbalg: „Sie bringt uns Unglück, das habe ich schon am Tag ihrer Geburt gesagt.“ (S.11); deswegen meiden die anderen Dorfbewohner sie, und andere Kinder machen sich über sie lustig.
Als Jasper Jupiters Zirkus der Wunder in Nells kleines Dorf kommt, sieht ihr Vater darin die Chance, sie endlich los zu werden. „Da begreift sie, dass sie nie wieder nach Hause kann. Ihr Leben hat sich unwiderruflich verändert. Ihr Vater hat sie verkauft – wie könnte sie jemals wieder mit ihm unter einem Dach leben?“ (S. 108)

Jasper hat schon als Kind von einem gemeinsamen Zirkus mit seinem Bruder Toby geträumt. Doch der Krieg an der Krim hat alles verändert und Toby steht tief in seiner Schuld. So ist aus Jasper Brown der Impresario Jasper Jupiter geworden, mit dem aufregendsten Zirkus voller Wunder, während Toby körperlich hart arbeitet und manchmal die Künstler photographiert. „Seit er denken kann, hat er es darauf angelegt, seinen Bruder neidisch zu machen.“ (S. 259)

Toby ist sehr in sich gekehrt, der schweigsame, körperlich hart arbeitende Bruder, der immer im Schatten steht. Doch als er Nell zum ersten Mal sieht, löst das etwas in ihm aus. „Irgendwie fühlt sich der Moment intim an, es ist, als hätte Toby hier nichts zu suchen. Aber er ist von der ruhigen Ekstase ihrer Bewegungen gefesselt.“ (S. 15) Er gerät in einen Zwiespalt, ob er Japser von dem Mädchen mit den Leberflecken erzählen soll, oder sie sein Geheimnis bleibt.

Es entsteht eine Energie zwischen diesen drei Protagonisten, die nicht immer leicht zu verfolgen ist. Müßte ich das Buch in einem Wort zusammen faßen, wäre es „seltsam“. Nicht unbedingt, weil die Zirkuskünstler sogenannte Launen der Natur sind, denn menschlich gesehen sind sie sehr viel angenehmer als zum Beispiel Nells Vater. Aber die Bilder, die durch die Wortwahl der Autorin entstehen, haben zuweilen einen Knick. „Auf einmal merkt sie, dass sie zittert, und der Horizont ist so schief wie ein umgekipptes Glas.“ (S. 266)
Spannend war die wechselnde Perspektive zwischen Nell, Jasper und Toby, mit Erinnerungen der beiden Brüder gespickt, war ein roter Faden durchgängig zu erkennen. Und dann haben sie alle eine Eigendynamik entwickelt und alles lief schief.

Ein Satz hat das Buch ziemlich gut zusammengefaßt, da es aber ein dicker Spoiler ist, seid hiermit gewarnt!
„Als das Zelt abbrannte, fing Nells Leben an, und das von Jasper war zu Ende. Und Toby – Toby war irgendwo dazwischen gefangen.“ (S. 420)

Zirkus der Wunder ist ein ganz eigenartiges Buch, spannend, aber irgendwie auch langatmig. Die Charakterentwicklungen sind anschaulich dargestellt und nachvollziehbar. Trotzdem war ich froh, als das Buch endlich zu Ende war.

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Veröffentlicht am 08.05.2022

bestimmt hilfreich für Suchende

Macht des geschriebenen Wortes
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Macht des geschriebenen Wortes ist ein Ratgeber, um Ziele und Wünsche im Leben zu erreichten, und benutzt die Tagebuch-Methode. Er umfasst 12 Wochen mit unterschiedlichen Schreibaufgaben, die von persönlichen ...

Macht des geschriebenen Wortes ist ein Ratgeber, um Ziele und Wünsche im Leben zu erreichten, und benutzt die Tagebuch-Methode. Er umfasst 12 Wochen mit unterschiedlichen Schreibaufgaben, die von persönlichen Geschichten der Autorin näher erklärt werden. Am Ende eines jeden Kapitels für jede Woche gibt es eine Liste mit den Aufgaben der Woche und eine positive Beteuerung.

Woche 1 gilt den Vorbereitungen; die Aufgabe besteht aus dem Kauf eines Notizbuches und das Unterbringen des ersten bejahenden Satzes auf oder in diesem. Außerdem soll man sich überlegen, wann man täglich 15 Minuten zum Schreiben in seine Routine einbringen will. Es werden Vorschläge angeführt, wie diese Verabredung mit sich selbst gestaltet werden könnte, z.B. mit ruhiger Musik, Kerzen, in der Natur oder in einem Café.
In der zweiten Woche gibt es als Aufgabe, alles niederzuschreiben, was man möchte. Und wenn nichts einfällt, kann man auch die Tasse vor einem, die Umgebung oder Menschen beschreiben.
Für jede weitere Woche gibt es neue Aufgaben, mit dem Ziel sich selbst (besser) kennen zu lernen und das Positive in sein Leben zu bringen. Dabei werden Methoden wie Glaubenssätze umwandeln, Dankbarkeit und Perspektivwechsel in Streitgesprächen angewandt.

Es gibt verschiedene Typen von Menschen und dementsprechend auch Schreibern. Es gibt die ausschweifenden, die schwafelnden, die blumig schreibenden und die, die auf den Punkt kommen. Ich gehöre zu den letzten und konnte in der zweiten Woche gut alles aufschreiben, was mir eingefallen ist.
In der dritten Woche sollte man so richtig negativ sein, alles aufschreiben, was einen nervt, aufwühlt, belastet. Das fiel mir recht schwer, weil ich mich eher an „globaleren Problemen“ störe, als an Situationen mit Menschen, zumal ich in dieser Woche gar nicht draußen war und dementsprechend gar keine Reibepunkte hatte. Was ich einmal aufgeschrieben habe, muss nicht wieder durchgekaut werden. Die Autorin hat empfohlen, in dieser Woche ausfallend zu werden und zu fluchen was das Zeug hält, doch das liegt mir einfach überhaupt nicht. Wie soll man schöne Dinge in sein Leben lassen, wenn die eigene Sprache schon nicht schön ist.
Selbst in der fünften Woche, in der wir den perfekten Tag in fünf Jahren wünschen sollten, wurde mein Schreibfluss eher gehemmt. Meine gewünschte Zukunft ist nicht so viel anders als mein Leben jetzt. Jeden Tag das Gleiche aufschreiben, ist langweilig. Auch wenn Wiederholungen durchaus den Wunsch festigen können.
Ab der siebten Woche habe ich die Schreibwochen entweder abgekürzt oder übersprungen, weil ich keine Konflikte habe, in denen ich die Perspektive wechseln könnte, meine Glaubenssätze schon gewandelt sind und ich Komplimente und kleine Dinge im Leben meistens gut annehmen kann.

Dieses Buch ist für Menschen, die etwas an ihrem Leben ändern wollen: schlechte Gewohnheiten ablegen, Geld oder Zeit sparen, den Job und/ oder Partner wechseln, Selbstbewusstsein aufbauen und sich mehr lieben lernen. Es gibt einen Impuls, Zeit mit sich selbst zu verbringen, sich genau zu beobachten und klar zu werden, was man ändern möchte.
Ich bin mir sicher, daß es vielen helfen wird, für mich ist es jedoch nichts. Die Beispiele aus dem Leben der Autorin fand ich für die jeweiligen Wochen hilfreich, die Erzählungen waren mir jedoch teilweise zu umgangssprachlich für einen Ratgeber.

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Veröffentlicht am 07.03.2022

Ohne Wurzel wäre alles doof

Assassin's Wood
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„»Du hast ernsthaft einen Stempel deiner Gilde bei dir? […] Wofür?«
»Für genau solche Notfälle. Man weiß ja nie. Der gutes Todesreiter ist vorbereitet. Auf jede Art von Notfallstempelung«, sagte er nicht ...

„»Du hast ernsthaft einen Stempel deiner Gilde bei dir? […] Wofür?«
»Für genau solche Notfälle. Man weiß ja nie. Der gutes Todesreiter ist vorbereitet. Auf jede Art von Notfallstempelung«, sagte er nicht ohne Stolz und steckte den kleinen Holzstempel gleich darauf in ein Fach im Topf von Wurzel.“ (S. 300f.)

„Mit einem Namen wie Penta Colt hätte er sich in der Unterwelt von Ulmenstadt vermutlich ein Imperium bauen können.“ (S. 9) Stattdessen ist Penta ein Bürokrat in der Todesgilde, der nicht nur lange sitzen und Formulare ausfüllen kann, sondern seine Statistiken immer pünktlich abgibt und das StaGB auswendig kann.
Um Zugang zu allen alten Akten zu haben, besitzt er einen sogenannten Dunkelnetzschnüffler, genannt Wurzel. Er ist ein etwas älterer Bonsai und bringt Penta mit seinen Allüren um den Verstand. Vor allem, wenn er Statistiken im Stabreim aufsagt.
Penta lebt am Rand vom Allesmarkt in Ulmenstadt auf der Insel Madera. Diese Insel schwimmt durch alle Ozeane und ist voll mit Bäumen, sodass es nicht verwunderlich ist, daß Bäume eine essentielle Rolle spielen. Sie spenden den Menschen Schatten, aus ihnen wird alles zum Leben hergestellt und selbst das Reisen findet über einen Holzweg in den Baumwipfeln statt. Es gibt sogar Theorien, daß gewisse Bäume ein Bewusstsein entwickelt haben und mit den Menschen reden. Die Sekte der Borkenkäfer geht sogar so weit, daß sie an einen Erlöserbaum glauben. Aber wir wissen alle, daß das Quatsch ist. Nicht wahr, Wurzel?
Tonia Fill ist keine typische Tochter eines reichen Unternehmers, wie es nach außen hin den Anschein hat. Als Kind hat sie den Mord an ihrer Mutter beobachtet und versucht seitdem die Menschen auf die geheimen Assassinen hinzuweisen. So gilt sie allgemein als verrückt und hat schon das eine oder andere Mal im Gefängnis gesessen. Während Penta durch seine Schreibtischarbeit eher verweichlicht wirkt, ist Tonia stark und aufmüpfig und weiß, was sie will. Und sie tut alles, um ihre Ziele zu erreichen, selbst wenn sie durch Wände gehen muss.

Der Kontrast zwischen Penta und Tonia könnte auffälliger kaum sein. Penta ist im Umgang mit Menschen und Situationen eher unbeholfen, während Tonia einfach darauf los marschiert. Trotzdem kennt Penta sich in der Unterwelt bestens aus, denn das Verborgene gehört zu seinem Beruf. Diese offensichtlichen Gegensätze, starke Frau, schwacher Mann, sind ermüdend. Nur weil eine Frau selbstständig ist, vielleicht sogar Kampftraining hatte und weiß, was sie will, muss ihr Gegenpart nicht gleich übermäßig unmännlich und weich sein, um hervorzuheben, wie krass die Frau ist. Starke Protagonistinnen sollten so etwas nicht nötig haben.

Wurzel tritt zwar nur als Nebencharakter auf und verbringt die meiste Zeit unter Pentas Umhang, trotzdem ist er eindeutig das Goldstück der Geschichte. Er ist sehr eigensinnig und hat einen trockenen Humor. Allerdings kann er mit Wissen brillieren, wenn er denn möchte.
Obwohl die Idee der Todesgilde und ihrer Formularwirtschaft ansprechend ist, und die Welt von Madera und ihren Bäumen sehr spannend, wäre Assassin`s Wood ohne Wurzel nicht sehr aufregend.

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Veröffentlicht am 16.05.2021

Und wir sind selten reich im Seltenreich.

Traumschrott
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„Wir verspüren alle Hasse, Sehnsucht, Liebe oder Schmerz. Doch eher gleicht ein Fingerabdruck einem anderen, bevor die Perspektive zweier Menschen auch nur im Groben übereinstimmt.“ (S. 137)

Traumschrott ...

„Wir verspüren alle Hasse, Sehnsucht, Liebe oder Schmerz. Doch eher gleicht ein Fingerabdruck einem anderen, bevor die Perspektive zweier Menschen auch nur im Groben übereinstimmt.“ (S. 137)

Traumschrott ist eine Kurzgeschichtensammlung verpackt in einem Wettbewerb, an dem der Leser als Jurymitglied teilnimmt, indem er direkt als Teil des Gremiums angesprochen wird. „Mit einer weltmännischen Handbewegung zeigt der Vorsitzende auf Dich, da Du rechts neben ihm sitzt.“ (S. 7) In dem Gremium wird sowohl über das Cover, „Es steckt viel aktueller Bezug drin, die Müllproblematik zum Beispiel.“ (S. 12), als auch die einzelnen Geschichten kurz diskutiert, was dem Ganzen einen passenden Rahmen gibt. „Also, ich denke, man kann insgesamt sagen, dass die Geschichten sehr heterogen sind. Vielleicht sollten wir zunächst, diskutieren, inwiefern die einzelnen das vorgegebene Thema ´Traum` getroffen haben. Meiner Auffassung nach trifft das auf einige zu.“ (S. 170)

Der Prinz ist der Titel der ersten Kurzgeschichte, in dem es um Idealismus und Realismus geht. Es ist eine Geschichte über einen jungen Unternehmer, der sich für wohltätige Zwecke einsetzt und die Dame seines Herzens heiraten möchte. Doch der Vater der Braut ist ebenfalls Unternehmer und Realist. Die Ideale des jungen Unternehmers sind ihm zuwider. „Seh’n Sie. Sie haben sich immer Illusionen gemacht und machen es bis heute.“ (S. 26)
In der zweiten Geschichte Das Idol geht es um einen Künstler, dessen Kunst endlich in einer Ausstellung der Welt gezeigt werden soll und diese nachhaltig verändern wird. „»Aber was kann Kunst da schon bewirken?« »Viel! Sie kann die Menschen wachrütteln. Die meisten lassen sich von den Strömen der Gegenwart mitreißen, glauben das, was alle erzählen. Und wie schnell glaubt ein Mensch, dass eine Meinung, die ihm ein Anderer eingeflüstert hat, seine eigene ist.“ (S. 36)
Sonntagskuchen ist eine Kritik an der Gesellschaft und dem Journalismus.
Bei der vierten Geschichte Sveta blieb ich ratlos zurück, was sie mit dem Thema zu tun hat. In diesem Fall hat mir die Diskussion im Gremium darüber geholfen, sie besser zu verstehen.
Es folgen Geschichten über einen Herr König, der Angst vor den Leuten im Hauptquartier hat (Der Ausflug), über ein Gedankenexperiment (An der Ecke), Religionen (Der Eremit, Dämonen) und die Bildung der Kinder (Das Museum).
Zwei Geschichten sind besonders aufgefallen. In Sandbank lässt eine Möwe ihren Blick über die Menschen in ihrer Umgebung streifen, die sich für Menschen seltsam verhalten.
Das Seltenreich hält einen Spiegel vor unsere Gesellschaft auf kuriose Art und Weise. So sind in diesem Land die Idioten und Dummen die reichsten, denn davon gibt es dort sehr wenige. „Dort wohnt einer der Idioten. Es gibt nicht viele im Seltenreich.“ (S. 163)
Autoren der Trivialliteratur sind hoch angesehen, denn Literatur von Weltrang wird im Seltenreich reichlich geschrieben. „Wir sind sehr viele, kaum überschaubar. So ist das nun einmal hier. Und wir sind selten reich im Seltenreich. Wir gehören sozusagen zur breiten Masse. Die wenigen von uns, die die hohe Kunst der trivialen Literatur beherrschen, sind so etwas wie die Könige unter den Schriftstellern.“ (S. 159)

Traumschrott ist eine unterhaltsame Kurzgeschichtensammlung, deren Krönung Seltenreich ist. Dabei wurde das Thema „Traum“ in den verschiedensten Varianten ausgelegt. Zusammengehalten werden diese Geschichten durch das Gremium, in dem der Leser selbst sitzt.

„Von nun an besteht diese Geschichte aus Deinem Lesen. […] Du lebst sie und sie umgibt Dich, bis Du am Ende des Buches angekommen bist, dann schreiben wir sie gemeinsam zu Ende.“ (S. 14)

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