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Veröffentlicht am 01.03.2023

Schöne Liebesgeschichte vor der Kulisse der Inseln Kroatiens

Die kleine Bucht in Kroatien
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Maddie hat Kunstgeschichte studiert und träumt davon, ihre eigenen Bilder in einer Galerie auszustellen, doch bislang hat das nicht geklappt. Als sie von ihrer Freundin Nina das Angebot erhält, zweieinhalb ...

Maddie hat Kunstgeschichte studiert und träumt davon, ihre eigenen Bilder in einer Galerie auszustellen, doch bislang hat das nicht geklappt. Als sie von ihrer Freundin Nina das Angebot erhält, zweieinhalb Wochen auf einem Boot in Kroatien als Haushälterin zu arbeiten, sagt sie begeistert zu. Besonders neugierig ist sie auf Ninas Bruder, der mit seiner Model-Freundin zu den Gästen gehört, doch der fällt gleich bei der ersten Begegnung mit seiner Überheblichkeit bei ihr durch. Die traumhafte Kulisse der kroatischen Inseln bietet Maddie reichlich Entschädigung, während die Gäste ihr einiges an Drama bieten, in das sie mit hineingezogen wird.

Ich habe mich sehr darüber gefreut, dass der Rowohlt Verlag sich entschieden hat, dieses Buch zu übersetzen, denn es ist im Original ein früherer Teil der Reihe, der in den deutschen Veröffentlichungen bislang übersprungen wurde. Im ersten Kapitel lernte ich Nick kennen, der in Schottland als Schafzüchter arbeitet und bei einem Shooting auf den Ländereien seiner Familie das Model Tara kennenlernt. Danach springt die Geschichte zu Maddie, die schon nach wenigen Seiten in Kroatien das Boot besteigt, auf dem sie als Haushälterin arbeiten soll.

Mit Maddie an Bord ist der sympathische Skipper Ivan, der sie vor der Abfahrt noch mit zu seiner Familie nimmt, sowie sechs Gäste, die ein Luxusleben gewöhnt sind. Die beiden Models Tara und Cory sind von sich selbst eingenommen und behandeln Maddie herablassend, während Douglas als Sponsor der Reise ebenso wie Siri freundlich und gelassen ist und Simon beginnt, mit ihr zu flirten. Nick, ist anfangs ziemlich arrogant, im Laufe der Geschichte lernt man ihn aber besser kennen und er erweist sich als charmanter und liebenswerter Charakter.

Der Schreibstil der Autorin ist flüssig und leicht zu lesen, so dass ich schnell in die Geschichte eintauchen konnte. Als Leserin wurde ich mitgenommen auf die Reise durch eine malerische Landschaft, die zum Wegträumen einlud. Die Konflikte, in die Maddie hineingezogen wird, geben der Geschichte zusätzliche Tiefe und sorgen dafür, dass ich bis zum Ende mitfieberte. Im Hinblick auf die Übersetzung hat mich leider erneut wie auch schon bei den vorherigen Teilen der Reihe gestört, dass sich die Charaktere aus meiner Sicht viel zu lange Siezen. Vor allem die Kombination aus Vorname + Sie ist für Charaktere diesen Alters nicht üblich.

Insgesamt ist "Die kleine Bucht in Kroatien" von Julie Caplin eine schöne Liebesgeschichte, die eine Auszeit vom Alltag bietet. Wer nach einer leichten und unterhaltsamen Lektüre vor der malerischen Kulisse der kroatischen Inseln sucht, der wird dieses Buch sicherlich genießen.

Veröffentlicht am 24.02.2023

Widerstand und Mitgefühl im Angesicht von Gewalt und Tod

Das dritte Land
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Angustias Romero flieht gemeinsam mit ihrem Mann und ihren sieben Monate alten Zwillingen vor einer mysteriösen Seuche, die Körper und Geist befällt. Die Reise aus den östlichen in Richtung der westlichen ...

Angustias Romero flieht gemeinsam mit ihrem Mann und ihren sieben Monate alten Zwillingen vor einer mysteriösen Seuche, die Körper und Geist befällt. Die Reise aus den östlichen in Richtung der westlichen Berge ist beschwerlich und weit, die hygenischen Verhältnisse katastrophal. Die Zwillinge sterben auf der Reise. Schließlich gelangen Angustias und ihr Mann wie viele andere in die Grenzregion. Ihre Vorräte sind aufgebraucht, ihr letztes Geld und die Papiere wurden gestohlen. Im Dorf Mezquite hören sie erstmals von Visitación Salazar, die in der Nähe ein Stück Land besetzt hat, den Friedhof "Das dritte Land", wo sie Tote in Würde bestattet. Angustina findet dort ein Grab für ihre Zwillinge und beschließt, zu bleiben. Doch der Friedhof ist Alcides Abundio, dem reichsten und mächtigsten Mann der Grenzregion, ein Dorn im Auge. Und seine Mittel, um seinen Willen durchzusetzen, sind tödlich...

Die Geschichte beginnt mit der Ankunft von Angustias und ihrem Mann auf dem Friedhof "Das dritte Land". Es folgt ein Rückblick, in welchem ich erfuhr, warum sie geflohen sind und wie sie bis dort gelangt sind. Von Beginn ist es eine schwere Lektüre, in der ein Leben nicht viel wert und der Tod allgegenwärtig ist. Im fiktiven Grenzland zwischen den östlichen und den westlichen Bergen regiert die Gewalt. Hier stranden Menschen, die vor der Pest geflohen sind, nur um festzustellen, dass sie nun der Willkür der bewaffneten Guerilla, den Irregulären, ausgesetzt sind.

Neben der Geschichte von Angustias erfuhr ich mehr über Aurelio Ortiz, den Bürgermeister von Mezquite. Er wird von dem einflussreichen Alcides Abundio kontrolliert, der von ihm verlagt, Visitación Salazar von dem besetzten Land zu vertreiben, das ihm gehört. Abundio arbeitet auch mit den Irregulären zusammen, denen er unter falschen Versprechungen neue Männer schickt, die nach Arbeit suchen. Gespannt verfolgte ich, ob Visitación und Angustias sich den Versuchen, den Friedhof zu schließen, wiedersetzen können. So unterschiedlich die leidenschaftliche Visitación und die eher zurückhaltende Angustias charakterlich sind, sie haben gemein, dass sie unabhängige Frauen sind, die bereit sind, für das zu kämpfen, was ihnen wichtig ist.

Diese Lektüre über Entwurzelung, Schmerz, Gewalt und Tod ist keine einfache, doch dem wird Widerstand, Zusammenhalt, Mitgefühl und Freundschaft entgegengesetzt. Das Buch vermittelt damit eine wichtige Botschaft, die zu lesen sich lohnt.

Veröffentlicht am 05.12.2022

Ein Neuanfang an der Woodford Academy

Dark Ivy – Wenn ich falle
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Eden hat es geschafft: Dank eines Stipendiums kann sie ein Studium an der Woodford Academy beginnen. Sie ist fest entschlossen, diese Chance für einen Neuanfang zu nutzen, denn nach dem Tod eines ihr nahe ...

Eden hat es geschafft: Dank eines Stipendiums kann sie ein Studium an der Woodford Academy beginnen. Sie ist fest entschlossen, diese Chance für einen Neuanfang zu nutzen, denn nach dem Tod eines ihr nahe stehenden Menschen hat sie schwere Monate hinter sich. Schon bei ihrer Ankunft lernt sie die sympathische Kendra kennen, die sie sich zur Freundin wünscht. Diese stellt Eden ihrem Bruder Devin und seinem Kumpel William vor, welche bei ihr jedoch keinen guten ersten Eindruck hinterlassen. Dennoch übt William eine Faszination auf Eden aus. Verbirgt sich hinter der Fassade des verschlossenen Millionenerben vielleicht doch mehr?

Das Buch beginnt mit einem kurzen Prolog, den ich nicht recht einordnen konnte und in welchem sich die Ich-Erzählerin wünscht, zu Tode zu erfrieren. Ich fragte mich, was es damit wohl auf sich hat. Danach begleitete ich Edens Ankunft an der Woodford Academy, die auf einer Insel liegt. Die meisten Studenten werden von ihren Eltern bis zur Anlegestelle der Fähre gebracht, William Grantham III. wird gar von seinem Chauffeur in einer Limousine vorgefahren. Eden hingegen kommt mit dem Bus, weil sie sich das Studium nur dank eines Stipendiums leisten kann und ihr Vater, der sie allein groß gezogen hat, arbeiten muss.

Die sozialen Unterschiede zwischen Eden und den anderen Studenten sind ein Thema, das im Laufe der Geschichte immer wieder aufgegriffen wird. Eden kann es sich nicht leisten, ständig essen zu gehen oder sich ein neues Handy zu kaufen. William hingegen wünscht sich, dass die Leute in ihm etwas anderes sehen als den Erben eines riesigen Vermögens. Nach einer eher unglücklichen ersten Begegnung nähern sich die beiden vorsichtig einander an und ich war gespannt, was daraus entstehen wird. Die beiden senden sich Botschaften als Blackout Poetry, welche im Buch abgedruckt ist und die dem Buch eine besondere Note gibt.

Edens Gedanken- und Gefühlswelt wird von dem Verlust dominiert, den sie elf Moante zuvor erlitten hat. Sowohl Kendra als auch William reagieren verständnisvoll und helfen ihr, nach vorne zu Blicken. In dem Zusammenhang gibt es einige bittersüße, emotionale Szenen, die mir sehr gefallen haben. Etwas gewundert habe ich mich, dass es am Anfang des Buches kurz um den Fund von Pillen ging, die dann die ganze Zeit gar kein Thema mehr sind. Stattdessen erlebt Eden typische erste Uniwochen - erste Freundschaften, Vorlesungen, Partys - und beginnt, sich zu verlieben. Es gibt viele schöne Entwicklungen, bis mir als Leserin auf den letzten Seiten des Buches komplett der Boden unter den Füßen weggezogen wird und die Geschichte mit einem fiesen Cliffhanger endet. Insofern bin ich jetzt schon mehr als gespannt auf den zweiten Teil dieser Dilogie, der im April erscheinen wird!

Veröffentlicht am 01.11.2022

Ein epischer generationenübergreifender und feministischer Roman

Die Liebeslieder von W.E.B. Du Bois
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Ailey Pearl Garfield wird 1973 als drittes Kind geboren. Ihr Vater ist Arzt, ihre Mutter hat ihre akademische Ausbildung zugunsten des Nachwuchses abgebrochen. Aileys Vorfahren sind vor allem Schwarze ...

Ailey Pearl Garfield wird 1973 als drittes Kind geboren. Ihr Vater ist Arzt, ihre Mutter hat ihre akademische Ausbildung zugunsten des Nachwuchses abgebrochen. Aileys Vorfahren sind vor allem Schwarze mit afrikanischen Wurzeln, aber auch Weiße und Indigene. Gemeinsam mit ihren älteren Schwestern Lydia und Coco wächst sie im Norden der USA auf, verbringt ihre Sommer jedoch bei der Familie ihrer Mutter in der kleinen Stadt Chicasetta in Georgia. Diese lebt dort auf dem Land der ehemaligen Baumwollplantage, auf der ihre Vorfahren einst Sklaven waren. In einer Zeit, in der Weiße und Schwarze in Amerika offiziell dieselben Rechte haben, erfährt sie, was es heißt, eine ambitionierte schwarze Frau zu sein. Sie entwickelt zunehmend Interesse für die Geschichte ihrer Vorfahren, die sie verstehen will, um ihren eigenen Platz zu finden.

Mit seinen fast 1000 Seiten ist dieses Buch ein echter Schinken, der mich auf eine Reise durch die Jahrhunderte mitnahm. Auf einer Erzählebene begleitete ich Aileys Aufwachsen von ihrer Kindheit in den 1970er Jahren bis ins Jahr 2007. Auf der anderen Erzählebenen lauschte ich dem Flüstern der Ahnen der Creek, jener indigenen Ureinwohner, die einst auf dem Land lebten, das später zu Georgia erklärt und im Rahmen einer Landlotterie Weißen zugesprochen wurde. Sie beginnen ihre Geschichte bei Micco, der 1764 vor der Zeit der Sklaverei in einem Dorf der Creek aufwuchs. Seine Mutter war die Tochter einer Creek und eines Negroes, sein Vater ein Weißer. Von jenen Ahnen erfuhr ich, was im Laufe der Jahrhunderte auf ihrem Land geschah.

Das Themenspektrum dieser Geschichte ist enorm. Ich las mich durch über 250 Jahre und seine gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen. Dabei sind die Abschnitte aus der Perspektive der Ahnen sehr dicht erzählt und ich musste mich bemühen, einen Überblick über die Vielzahl an charakteren und ihre verwandtschaftlichen Verhältnisse zu bewahren. Ein hinten im Buch abgedruckter Stammbaum kann als Unterstützung genutzt werden, deckt aber auch nicht alles ab. Der Schwerpunkt liegt auf den Erlebnissen der Sklaven auf der Plantage und was es heißt, der Besitz eines weißen Mannes zu sein. Aileys Geschichte hat ein deutlich langsameres Erzähltempo. Ich sah sie aufwachsen und erlebte Sommer um Sommer in Chicasetta. Sie verehrt ihre beiden Schwestern, die gänzlich verschiedene Lebenswege einschlagen und sich allmählich von ihr entfernen. Welchen Weg wird sie letztlich selbst einschlagen?

Die Sprache des Buches erlebte ich als zugänglich, sodass ich dieses seitenstarke Werk verhältnismäßig zügig lesen konnte. Die Arbeit der beiden Übersetzerinnen ist hervorragend und ihre Nachbemerkung zum Umgang mit African American Vernacular English las ich mit großem Interesse. Immer wieder benötigte ich jedoch Zeit, das Gelesene zu verarbeiten. Sklaverei und Rassismus sind zentrale Themen und auf beiden Ebenen gibt es viele Szenen, die einen allgemeinen Eindruck des Lebensrealität der Charaktere vermitteln. Hinzu kommt ebenfalls auf beiden Ebenen das Thema des Kindesmissbrauchs und wie diese traumatischen Erfahrungen die Betroffenen ihr Leben lang prägten. Das Thema dominiert die Geschichte über weitere Strecken, nach denen es mir schwer fiel, es wieder hinter mir zu lassen. Eine tiefere Aufarbeitung dieser Vorfälle bleibt aus.

Für mich war "Die Liebeslieder von W.E.B. Du Bois" eine eindrückliche, emotionale und immer wieder heftige Leseerfahrung. Ein epischer generationenübergreifender und feministischer Roman, dessen Lektüre ich als bereichernd empfunden habe.

Veröffentlicht am 01.11.2022

Wenn die Körperkritik des Vaters an der Mutter die Familie prägt

Lügen über meine Mutter
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Ela wächst in den 1980er Jahren im Hunsrück auf. Ihre Kindheit wird von einem Thema dominiert: Dem Körpergewicht der Mutter. Für ihren Vater ist klar, dass seine Frau dringend abnehmen muss, ob mit einer ...

Ela wächst in den 1980er Jahren im Hunsrück auf. Ihre Kindheit wird von einem Thema dominiert: Dem Körpergewicht der Mutter. Für ihren Vater ist klar, dass seine Frau dringend abnehmen muss, ob mit einer Kur, Diäten oder den Weight Watchers. Er schämt sich für ihr Aussehen und möchte mit ihr in der Öffentlichkeit so nicht gesehen werden. Stets ist er bestrebt, nach außen hin einen guten Eindruck zu machen und beruflich erfolgreich zu sein. Elas Mutter zieht sich immer weiter zurück, während sie sich zu Hause um zunehmend mehr Personen kümmern muss. Daniela Dröscher schildert in diesem Buch eine fiktionalisierte Version ihrer eigenen Kindheit.

Das Buch beginnt mit einem Dialog in der Gegenwart. In diesem merkt die Erzählerin gegenüber ihrer Mutter an, dass sie bis heute vieles über sie nicht genau wisse und etwas erfinden müsse, wenn sie über sie schreiben will. Ihre Mutter ermuntert sie dazu. Sie ist sich sicher, dass ihre Tochter ihre Geschichte so erzählen kann, dass sie geschützt wird.

In der Vergangenheit begegente ich Ela erstmals im Jahr 1983 kurz vor ihrem siebtem Geburtstag und begleitete ihr Leben über vier Jahre hinweg. Ich tauchte ein in ihren Familienalltag, in dem die Kritik ihres Vaters am Gewicht ihrer Mutter das Dauerthema ist. Dabei ist auffällig, dass Elas Mutter selbst kein Problem mit ihrem Körpergewicht hat und Diäten und weitere Maßnahmen nur ergreift, um ihren Mann zu besänftigen. Auch Elas Blick auf ihre Mutter wird durch das Agieren ihres Vaters zunehmend geprägt. 

Der Kampf um Selbstbestimmung ist in diesem Buch ein zentrales Thema, und zwar nicht nur im Hinblick auf Gewicht, sondern auch im Zusammenhang mit fianziellen und beruflichen Entscheidungen. In den Augen von Elas Vater kennt seine Frau grundsätzlich kein Maß. Dabei stellt man beim Lesen schnell fest, dass er selbst es ist, der immer wieder irrationale Entscheidungen trifft, um sich selbst und seine Wahrnehmung durch andere aufzuwerten. 

Zwischen den einzelnen Kapiteln sind immer wieder kurze Passagen eingefügt, in welchen die Erzählerin das Geschehene aus der heutigen Perspektive reflektiert und einen erwachsenen Blick auf ihr kindliches Erleben gibt. Dadurch gibt sie in der Deutung eine Richtung vor, lässt aber auch Platz für eigene Überlegungen. Es gibt auch weitere Dialoge mit ihrer Mutter, hingegen keine mit ihrem Vater, was aus meiner Sicht eine deutliche Positionierung ist.

Immer wieder schildert Ela Momente, in denen ihre Mutter sich gegen den goldenen Käfig auflehnt, in dem sie lebt. Ich war neugierig, inwiefern ihr ein Ausbruch gelingen wird. Für mich war "Lügen über meine Mutter" eine sehr intensive und eindrückliche Lektüre, die ich gerne weiterempfehle.