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Veröffentlicht am 04.06.2023

Erfreuliche Gefühle weckt nur das Cover

Die unglaubliche Grace Adams
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Wir erleben den Roman aus der Sicht von Grace Adams und ihrem Ex-Mann Ben. Die Geschichte findet innerhalb drei verschiedenen Zeitebenen statt. Auf den beiden Vergangenheitsebenen erleben wir einerseits ...

Wir erleben den Roman aus der Sicht von Grace Adams und ihrem Ex-Mann Ben. Die Geschichte findet innerhalb drei verschiedenen Zeitebenen statt. Auf den beiden Vergangenheitsebenen erleben wir einerseits die Anfänge der Beziehung von Grace und Ben und andererseits das Zerwürfnis der Mutter-Tochter-Beziehung. In der Gegenwart versucht Grace Adams ihr Verhältnis zu ihrer Tochter Lotte wieder auf den richtigen Weg zu bringen und möchte unbedingt rechtzeitig zu ihrem 16. Geburtstag da sein.

Das Cover und auch der Klappentext hatten mich auf einen Roman eingestimmt, der sommerliche Gefühle erweckt während ich die warmherzige Grace Adams begleiten darf. Bekommen habe ich allerdings ein Buch, das vor allem die toxische Mutter-Tochter-Beziehung darstellt und die Wut von Grace Adams zum Vorschein bringt.

Diese unerwartete Geschichte hat es mir schwer gemacht, das Buch zu mögen. Ich mochte den Aufbau, dass wir in der Gegenwart nur einen Tag erleben, während die Vergangenheit deutlich mehr über die Charaktere preisgibt. Dieses Stilmittel hat mir sehr gut gefallen. So konnten sich die Charaktere im Schneeballsystem entwickeln und gewannen an Tiefe. Das führt auch dazu, dass wir viele Gedanken/Graces Handeln, erst im Nachgang verstehen bzw. nachvollziehen können.

Doch das war für mich schon das Beste an der Geschichte, ansonsten war leider alles anders als gedacht. Ich hätte nicht zu dem Buch gegriffen, wenn mir bewusst gewesen wäre, dass hier eher negative Gefühle aufgerüttelt werden und Themen wie Tod, Verlust und Missbrauch überwiegen.

Wer auf der Suche nach einem leichten Sommerroman ist, der sollte nicht zu Die unglaubliche Grace Adams greifen. Wer jedoch Interesse am wahren Leben hat, das durch Höhen und Tiefen, durch gute/s und schlechte/s Gedanken, Emotionen und Handeln geprägt ist, der kann hier bedenkenlos zugreifen.

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  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 25.05.2023

Gefühlskaltes Sprachwunder

Babel
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Babel ist wohl das Buch, dass in diesem Jahr bisher die größten Vorschusslorbeeren genießen konnte. Manche sprechen gar vom „neuen Harry Potter“ und um einiges vorweg zu nehmen: die Erwartungen können ...

Babel ist wohl das Buch, dass in diesem Jahr bisher die größten Vorschusslorbeeren genießen konnte. Manche sprechen gar vom „neuen Harry Potter“ und um einiges vorweg zu nehmen: die Erwartungen können nicht erfüllt werden.

Generell mache ich mir wenig aus Marketing, dennoch bin ich der Meinung, dass man dem Buch mit solchen Vergleichen keinen Gefallen macht. Ich hatte deswegen zwar keine erhöhten Erwartungen, diese waren jedoch aufgrund des Klappentexts und der Leseprobe vorhanden.

Wir lernen auf den ersten Seiten (Leseprobe) den jungen Robin Swift kennen, der in Kanton (China) geboren wurde und von Professor Lovell eine Zukunft in England geboten bekommt. In diesem Abschnitt konnte ich mich Robin so stark mitfühlen, wie auf den folgenden 700 Seiten nicht mehr.

Wir erleben die komplette Geschichte aus Robins Sicht, doch anstatt seine Gefühlswelt glaubhaft darzustellen und mich als Leserin zu packen, wirkt Robin marionettenhaft und grau. Seine Entscheidungen sind für mich bereits zu Beginn nicht erklärbar, Gefühle können nicht transportiert werden und so erlebte ich die Geschichte nicht mit Emotionen, sondern war gelangweilt von Robins Erlebnissen.

Neben Robin sind auch Ramy, Victoire und Letty sehr präsent und vor allem Ramy empfand ich einen interessanteren Charakter als Robin ihn darstellte. Im Gegensatz zu Robin hatte Ramy klare Meinungen, seine Aktionen wirkten nicht aus dem nichts kommend und konnten nachvollzogen werden (wenn auch nicht immer verstanden). Dennoch wirkten alle vier Charaktere nicht authentisch für die damalige Zeit, im Verbund mit den gesellschafkritischen Aspekten muss man sich einfach bewusstwerden, dass dieses Buch knapp 200 Jahre zurückliegt und dafür waren sie mir zu modern gestaltet oder anders gesagt: ich hatte nicht das Gefühl, dass ich im Jahre ~1830 bin.

Die Zeit war für mich auch ein weiteres Problem. Wir lernen Robin als kleines Kind kennen, irgendwann fängt er an zu studieren und die Jahre vergehen. Doch wie viele? Ich konnte mir zu keiner Zeit ein Bild darüber machen, wie alt die vier Freunde sind oder wie viele Tage/Wochen/Monate zwischen Absätzen vergangen sein mögen. Darin habe ich mich teilweise verloren gefühlt. Denn auch dieser Aspekt ist für mich wichtig, um mit den Charakteren mitfühlen zu können und sie authentisch zu finden, da man ihre Aktionen natürlich immer in Beziehung zu ihrem Alter setzt.

Diese fehlende Tiefe auf einigen Ebenen sorgt dafür, dass ich den Roman als oberflächlich empfand. Ich hatte das Gefühl, dass ich hier eine gefühlslose Zusammenfassung einer Trilogie lese. Die Grundidee des Buches hätte durchaus eine Reihe an Büchern verdient gehabt, um den Charakteren leben zu erwecken und die Leser:innen mit ins Abenteuer zu nehmen, anstatt nur von diesen zu berichten.

Spannung konnte sich auch nie aufbauen, stattdessen plätschert die Geschichte inhaltlich nur so dahin, um dann aus dem Nichts tragische Szenen darzustellen, die nicht ins Szenario passen.

Die Thematik der Silberbarren, der Sprache und der Verbund mit Geschichte war durchaus interessant und sowohl sprachlich als auch historisch hat die Autorin einiges zu bieten, was sie auch gerne durch ellenlange Fußnoten zeigt, doch an Gefühl und Authentizität fehlte es dafür an einigen Ecken.

Für mich war Babel daher leider eine Enttäuschung.

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  • Atmosphäre
Veröffentlicht am 09.05.2023

Emotionslos

Am Ende sterben wir sowieso
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Am Ende sterben wir sowieso heißt es für Mateo und Rufus, die sich am 04. September noch nicht kennen und doch teilen sie einen Tag später das gleiche Schicksal. Die Todesboten haben ihnen mitgeteilt, ...

Am Ende sterben wir sowieso heißt es für Mateo und Rufus, die sich am 04. September noch nicht kennen und doch teilen sie einen Tag später das gleiche Schicksal. Die Todesboten haben ihnen mitgeteilt, dass ihr letzter Tag anbricht. Die beiden Todgeweihten lernen sich kennen und erleben einen gemeinsamen Tag.

Der Klappentext und die Grundidee des Buches empfand ich als sehr spannend, weswegen das Buch den Weg in den Einkaufswagen gefunden hat. Leider konnte mich der Inhalt nicht überzeugen. Bei zwei todgeweihten Jugendlichen ging ich von einem hochemotionalen Buch aus, mich konnte es jedoch emotional nicht packen. Den Protagonisten fehlte es an Tiefe, die Dialoge waren mir zu oberflächlich und das Grundgerüst war zu stark konstruiert. Auch die Idee der „Todesboten“ konnte sein großes Potenzial nicht ausschöpfen. Zudem war mir einer der beiden Jungs nicht sinnhaft gezeichnet, seine Verhaltensweise passt nicht in die Welt, in der er lebt.

Das Ende war vorhersehbar und genau da hätte ich mir nochmal einen ganz bestimmten Plottwist gewünscht, der das Konzept des „Todesboten“ hinterfragt und einem zum nachdenken anregen könnte. Der blieb leider aus und so konnte Am Ende sterben wir sowieso meine Erwartungen zu keinem Zeitpunkt erfüllen. Aspekte zum Nachdenken wurden mir zu oft eingeworfen, ohne dem ganzen einen Tiefgang zu verleihen und den Themen ihren (berechtigten) Platz zu geben. So wirkte es, als würde man lediglich so viele Dinge wie möglich ansprechen wollen. An dieser Stelle ist weniger manchmal mehr. So plätscherte das Buch nur vor sich hin und konnte keinerlei Spannung oder Emotionen aufbauen, am interessantesten waren dabei die Kapitel der Nebencharaktere.

Inhaltlich und sprachlich war mir das Buch zu flach gehalten, weswegen ich nicht mehr als 2* vergeben kann. Schade, denn die Grundidee finde ich weiterhin super, jedoch haperte es an der Umsetzung.

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Veröffentlicht am 04.04.2023

Das Schiff nimmt Fahrt auf, die Geschichte nicht.

Das Bücherschiff des Monsieur Perdu
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Der Klappentext versprach eine urige Geschichte, die durch Atmosphäre und die Liebe zu Büchern ein tolles Leseerlebnis verspricht.
Allein anhand dessen, und was ich mir darunter vorgestellt hatte, wollte ...

Der Klappentext versprach eine urige Geschichte, die durch Atmosphäre und die Liebe zu Büchern ein tolles Leseerlebnis verspricht.
Allein anhand dessen, und was ich mir darunter vorgestellt hatte, wollte ich die Geschichte mögen, aber es kam anders…

Vorab, Das Bücherschiff des Monsieur Perdu ist der Folgeband von Das Lavendelzimmer. Ein Fakt, der mir zuvor nicht bewusst war. Während des Lesens hatte ich jedoch zu keiner Zeit das Gefühl, etwas verpasst zu haben und kann daher behaupten, dass sich dieses Buch als Einzelband lesen lässt.

Die ersten Seiten hatten mir noch Hoffnung gemacht, Monsieur Perdu, der kauzig sympathisch wirkte, vor allem in seinem ersten Telefongespräch, das mich einige Male zum Schmunzeln brachte.

Dann nimmt das Schiff Fahrt auf und nimmt dabei die Geschichte nicht mit. Perdu lernt auf der Fahrt nach Paris mehrere Menschen, mit kleinen und größeren Problemen kennen. Diese Personen sorgen dafür, dass jedes Weltleid ihren Platz in diesem Buch findet und von Perdus Apotheke geheilt werden möchte. Für mich war schon das zu viel, weil dieses Leid für meinen Geschmack zu stark pauschalisiert wurde und auf diesem Schiff einer Wunderheilung unterlag. Dazu wurden manche Dinge stark empörend dargestellt und andere Dinge einfach so hingenommen, die ich doch kritischer sehe.

Die Kapitel der „Großen Enzyklopädie der kleinen Gefühle“ empfand ich irgendwann als nervig. Einerseits weil Autoren und Bücher lieblos aneinandergereiht wurden, aber auch weil ich das Gefühl hatte, dass hier Autoren ab- bzw. aufgewertet wurden. Explizite Erwähnungen von Werken, wirken teilweise nicht authentisch, weil Perdu als Franzose wohl eher andere Werke empfiehlt als deutschsprachige Leser.
Die Erwähnung des Autoren Jean Bagnol setzt dem ganzen noch ein Krönchen auf. Denn das ist ein Pseudonym der Autorin und ihres Partners. Diese Eigenwerbung ist dann doch eher abschreckend.

Nach beenden dieses Buches bleibt für mich das Gefühl, dass weniger manchmal mehr ist. Weniger Probleme, mehr Tiefgang bei den Einzelnen. Weniger Welt, mehr Bücherschiff. Weniger pauschalisieren, mehr konkretisieren.

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Veröffentlicht am 23.03.2023

Spannung kommt zum Schluss

Die Zentrale
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Die Zentrale von Veit Etzold ist der zweite Teil um die Bankerin Laura Jacobs und aus meiner Sicht sollte der erste Teil vorab gelesen werden. Ich habe dies nicht getan und hatte das Gefühl, dass mir etwas ...

Die Zentrale von Veit Etzold ist der zweite Teil um die Bankerin Laura Jacobs und aus meiner Sicht sollte der erste Teil vorab gelesen werden. Ich habe dies nicht getan und hatte das Gefühl, dass mir etwas fehlt und das obwohl sehr viel aus dem ersten Band ständig wiederholt wurde.

Der Einstieg gelang mir dabei noch außerordentlich gut und der Autor hatte mich direkt am Haken. Das hat dann leider mit jeder Seite immer mehr nachgelassen. Das lag einerseits an den häufigen Einschüben aus Band Eins, aber auch an unzähligen Erläuterungen, die für mich weder erklärend noch spannend waren.

Zudem empfand ich es phasenweise sprachlich sehr ernüchternd. Dialoge die ständig mit „…und so weiter“ endeten oder häufig wiederholte Wörter zu Beginn eines Satzes wirken irgendwann ungeschmeidig. Störend fand ich ebenso die Erwähnung der Abkürzung des Berliner Flughafens, die laut Buch BRA lautet und mir so noch nie über den Weg gelaufen ist. Geläufiger ist eher BER.

Auch die Beziehung zwischen Laura und Timo konnte mich so gar nicht abholen, sondern hat viel mehr beide Parteien sehr unsympathisch wirken lassen. Laura, die Timo als dummen Handwerker sieht und ihn doch mit teuren Geschenken ruhig hält und Timo, der Lauras Job ständig unterbuttert und sie umbiegen möchte. Vielleicht fehlt mir hier das Vorwissen aus Band Eins, das diese Beziehung erklärt.

Dennoch hat mich Die Zentrale im letzten Drittel doch noch packen können. Hier hat die Spannung extrem angezogen und ich flog plötzlich durch die Seiten. Dann die Ernüchterung am Ende, denn das Buch schließt nicht ab. Zwar wird manches aufgelöst, jedoch eben nicht abgeschlossen und einiges bleibt offen oder wird gar nicht mehr angesprochen.

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