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Veröffentlicht am 03.04.2023

Chaos im Seniorenheim

Sie haben Ihr Gebiss auf der Hüpfburg verloren
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Es hat sich viel geändert im Seniorenheim, seit Rüdiger Otterle die Nachfolge seines Vaters angetreten hat. Er hat zwar keine Ahnung von Pflege aber dennoch den ehrgeizigen Plan, dass das Haus Sonnenuntergang ...

Es hat sich viel geändert im Seniorenheim, seit Rüdiger Otterle die Nachfolge seines Vaters angetreten hat. Er hat zwar keine Ahnung von Pflege aber dennoch den ehrgeizigen Plan, dass das Haus Sonnenuntergang zum „Heim des Jahres“ gewählt wird. Nun hat das ohnehin überlastete Pflegeteam unter der Leitung von Sybille Bullatschek sich nicht nur um die Belange der Heimbewohner zu kümmern, sondern muss auch noch nebenbei die abstrusen Ideen ihres Chefs anhören und umsetzen. Dass Sybille bei dem Stress zwischen Pflege, Suche nach verlorenen Zähnen und ausgebüxten Senioren keine Zeit mehr für ihr Privatleben bleibt ist klar – außer man nimmt die Herrschaften samt Rollatoren mit ins Pinocchio zum Speed-Dating …

Sybille Bullatschek ist der Rollenname der deutschen Comedy-Darstellerin, Kabarettistin und Autorin Ramona Schukraft, geb. 1971 im baden-württembergischen Wertheim. Als Altenpflegerin Sybille tritt sie bei Comedy-Festivals, in Theatern, bei Kongressen und in Heimen auf. Ramona Schukraft lebt in Bergisch Gladbach.

Obwohl Humor und Comedy nicht mein bevorzugtes Genre ist, hat mich das eBook ausgezeichnet unterhalten. Mit scharfzüngigem Witz und ironischem Humor lässt Ramona Schukraft ihre Sybille über die Zustände im Seniorenheim, über Kolleginnen und Kollegen, über Heimbewohner und über ihren Chef schwätzen. Dass dabei ab und an die schwäbische Mundart durchblitzt, wenn sie z.B. von der „Pfläge“ redet, macht das Geschehen überaus authentisch. Missstände im Heim und Überlastung des Personals kommen ebenso zur Sprache, wie auch fröhliche Momente und glückliche Augenblicke mit zufriedenen Bewohnern – alles natürlich etwas überspitzt dargestellt.

Fazit: Ein heiterer, amüsant zu lesender Roman, der aber durchaus auch die aufopfernde Arbeit der Pflegekräfte würdigt.

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Veröffentlicht am 26.03.2023

Ein Segeltörn auf Leben und Tod

In blaukalter Tiefe
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Caroline irrt durch Conquet-sur-Mer, sie ist verwirrt und weiß nichts mit sich anzufangen. Immer wieder schweift ihr Blick ungewollt ab zum Hafen, zu den dort liegenden Segelyachten, während ihre Gedanken ...

Caroline irrt durch Conquet-sur-Mer, sie ist verwirrt und weiß nichts mit sich anzufangen. Immer wieder schweift ihr Blick ungewollt ab zum Hafen, zu den dort liegenden Segelyachten, während ihre Gedanken sechs Wochen zurück wandern und sie an das schreckliche Geschehen erinnern: Sie waren zu fünft an Bord der „Querelle“ auf einem Segeltörn in den schwedischen Schären, Caroline und ihr Mann Andreas, sein Arbeitskollege Daniel mit Freundin Tanja und Skipper Eric. Fünf Egozentriker gemeinsam auf engstem Raum, kann das gut gehen? Anfangs waren zwar alle um gute Laune bemüht, doch mit zunehmend schlechtem Wetter und rauer See änderte sich die Stimmung an Bord. Als dann ein gefährlicher Sturm aufkommt, eskalieren die bisher unterdrückten Konflikte …

Kristina Hauff ist das Pseudonym der erfolgreichen Kriminalschriftstellerin Susanne Kliem. Sie wurde am Niederrhein geboren und liebt besonders das Segeln auf der Ostsee. Dass sie ihren Ursprung am Theater hat und für Fernsehserien von ARD und ZDF arbeitete ist ihrem neuesten Roman „In blaukalter Tiefe“ (2023) anzumerken, da er wie ein raffiniertes Kammerspiel gestaltet ist. Die Autorin lebt mit ihrer Familie in Berlin.

Zunächst überrascht das Buch mit einem lebendigen flüssigen Schreibstil, der den Einstieg in das Geschehen leicht macht. Die Handlung spielt überwiegend, bis auf einige Ausnahmen, an Bord der Segelyacht. Fünf von der Autorin sehr gut ausgearbeitete gegensätzliche Charaktere beherrschen die Geschichte: Das sind der erfolgreiche Anwalt Andreas der sich weltgewandt und unnahbar gibt, seine Frau Caroline die ihre Probleme selbstsicher zu überdecken vermag, Andreas‘ junger Kollege Daniel der alles versucht ihm zu gefallen, Daniels Freundin Tanja mit ihrer anfänglichen Unsicherheit und natürlich der Eigner des Bootes, der schweigsame Skipper Eric, der sich unnahbar gibt und eine unerschütterliche Ruhe vortäuscht.

Wir erfahren die Ereignisse aus verschiedenen Perspektiven. Wunderschöne, atmosphärisch dichte Naturschilderungen wechseln sich ab mit Einblicken in das alltägliche Leben an Bord und Erlebnissen an Land. Spannende Wendungen und interessante psychologische Erkenntnisse erinnern beinahe an einen Krimi. Der Name der Yacht „Querelle“ (Streit, Zank) wird bald zum bösen Omen, die Konflikte brechen offen aus und aus dem idyllischen Segeltörn wird ein verhängnisvoller Kampf ums Überleben.

Fazit: Spannende Handlung, interessante Charaktere und der authentische Einblick ins Leben auf einem Segelboot überzeugen nicht nur Segelfans. Meine Empfehlung!

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Veröffentlicht am 19.03.2023

Ein leidenschaftliches Leben

Violeta
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„Unser Leben währet siebzig Jahre, und wenn's hoch kommt sind es achtzig Jahre“ (Psalm 90, Vers 10) – Violeta ist bereits einhundert Jahre alt als sie die Briefe an ihren Enkel Camilo, einem katholischen ...

„Unser Leben währet siebzig Jahre, und wenn's hoch kommt sind es achtzig Jahre“ (Psalm 90, Vers 10) – Violeta ist bereits einhundert Jahre alt als sie die Briefe an ihren Enkel Camilo, einem katholischen Priester, über ihr Leben verfasst: Im Jahre 1920, als sie geboren wurde, herrschte Pandemie, die Spanische Grippe ging um – 2020, im Jahr in dem sie sterben wird, herrscht wieder Pandemie, Corona. Zunächst in der Hauptstadt in begütertem Elternhaus mit englischem Kindermädchen aufgewachsen, musste sie bereits als Kind in ihrer südamerikanischen Heimat viel erleben. Weltwirtschaftskrise, Umsturz und Diktatur zwangen die Familie zur Flucht ins Exil nach Nahuel, einer entlegenen Gegend im kalten Süden des Landes. Sie schreibt über ihre frühe Ehe mit Fabian, einem deutschen Einwanderer, berichtet ohne Scheu über ihre exzessive Leidenschaft zu Julián, von dem sie zwei Kinder bekam, erzählt von anderen kurzen oder längeren Affären und von ihrem ehrgeizigen Aufstieg zur erfolgreichen Geschäftsfrau. Sie schildert den Tod ihrer drogenabhängigen Tochter und wie sie sich danach um ihn, ihren Enkel, kümmerte …

Isabel Allende, 1942 in Lima, Peru, geboren, verbrachte nach der Trennung ihrer Eltern 1945 den größten Teil ihrer Kindheit bei ihrer Mutter in Santiago de Chile. Von ihrem 18. Lebensjahr an arbeitete sie als Journalistin. Isabel Allende ist die Nichte des ehemaligen chilenischen Präsidenten Salvador Allende, der 1973 bei Pinochets Militärputsch erschossen wurde. 1975 ging Isabel Allende ins Exil und schlug sich mit verschiedenen Tätigkeiten durch, bis sie 1982 ihren ersten Roman, den Welterfolg "Das Geisterhaus" herausbrachte. Isabel Allende lebt heute in Kalifornien.

Etliche der in „Violeta“ behandelten Themen kennen wir bereits aus anderen Romanen der Autorin. Politische Umbrüche, Militärputsch, Diktatur, verschwundene und vermisste Menschen und die Entdeckung von Massengräbern - um nur einige zu nennen. Gescheiterte Ehe, leidenschaftliche Liebe, Tod der Tochter, Leben in Kalifornien und eine Stiftung um in Not geratene Frauen zu unterstützen sind vermutlich an Allendes eigenes Leben angelehnt. Die Familiensaga über vier Generationen ist packend und mitreißend geschrieben, etliche der Schicksale gehen unter die Haut und wechseln sich mit oft unfreiwillig komischen Szenen ab – ein leichter, plaudernder Erzählstil ist vorherrschend, sowohl Landschaft als auch die Protagonisten sind bildhaft und lebendig beschrieben.

Fazit: Das Leben einer interessanten Frau und ein Stück Zeitgeschichte – lesenswert!

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Veröffentlicht am 18.02.2023

„Eine Liebeserklärung an die Welt der Bücher“

Sunwise Turn
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Im Jahr 1916 eine moderne Buchhandlung mitten in New York zu eröffnen war gewiss nicht einfach, dennoch wagte es die Autorin Madge Jenison (1874-1960) gemeinsam mit ihrer Freundin Mary Mowbray-Clarke (1874-1962). ...

Im Jahr 1916 eine moderne Buchhandlung mitten in New York zu eröffnen war gewiss nicht einfach, dennoch wagte es die Autorin Madge Jenison (1874-1960) gemeinsam mit ihrer Freundin Mary Mowbray-Clarke (1874-1962). Beide waren keine Buchhändlerinnen und hatten vom Handel und Verkauf keine Ahnung, jedoch liebten sie Bücher und wollten diese einer breiten Öffentlichkeit zugänglich machen.

Mit viel Humor schildert die Autorin ihre anfänglichen Bemühungen und ihr zunächst grandioses Scheitern. Doch der ungeheure Fleiß und die Liebe der beiden Damen zu Büchern zahlte sich nach und nach aus, „Sunwise Turn“, wie sie ihren Laden liebevoll nannten, wurde bald zu einer Institution in Manhattan. Millionäre verkehrten dort ebenso wie Intellektuelle, und manch einfacher, bedürftige Mensch bekam auch dann und wann ein Buch geschenkt. Im Laden wurden Lesungen abgehalten und fanden Veranstaltungen statt und für Kunden wurden eigens auf sie abgestimmte Literaturlisten erstellt.

In einem lebendigen humorvollen Erzählstil berichtet Madge Jenison ihre eigenen Erlebnisse. Wir erfahren wie z. B. wie Peggy Guggenheim ehrenamtlich Bücher für den Laden auslieferte, oder wie ihr völlig fremde Menschen ihre Lebensgeschichten anvertrauten. Als autobiografisches Werk der Autorin ist das Buch somit auch ein Stück Zeitgeschichte und zeugt davon, dass es auch damals schon für Frauen möglich war, mit viel Energie und zähem Fleiß ihren Traum zu verwirklichen.

Fazit: Ein Buch nur für Buchliebhaber und Bücherbesessene – alle anderen lassen es lieber!

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Veröffentlicht am 02.02.2023

Die Macht der Gedanken

Macht
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Liv führt ein Leben wie Tausende andere auch. Sie ist verheiratet, liebt ihren Mann und ihre beiden kleinen Kinder und arbeitet als Pflegerin. Doch eines Tages wird alles anders. Eine neue Patientin kommt ...

Liv führt ein Leben wie Tausende andere auch. Sie ist verheiratet, liebt ihren Mann und ihre beiden kleinen Kinder und arbeitet als Pflegerin. Doch eines Tages wird alles anders. Eine neue Patientin kommt ins Pflegeheim, deren Bruder vor Jahren als Vergewaltiger angeklagt wurde. Mit Macht kommen die alten Erinnerungen zurück, kreisen um das Schreckliche, das ihr vor 15 Jahren geschehen ist und von dem bisher keiner weiß. Sie will nicht mehr daran denken, versucht sich abzulenken, nimmt Pillen zur Beruhigung – bis sie sich endlich einer Freundin anvertraut …

Heidi Furre, geb. 1985, hat bereits mehrere Romane veröffentlicht. „Macht“ ist der erste, der ins Deutsche übersetzt wurde. Die Autorin arbeitet als Fotografin und lebt in Oslo.

In relativ nüchternen und emotionslosen, meist nur kurze Sätze umfassenden Schreibstil, tauchen wir ein in Livs Gedankenwelt und fühlen ihre innere Zerrissenheit. Sie weiß nicht mehr was sie tun soll, will das Geschehene vergessen und geht doch heimlich zum Haus des Täters. Ihre Gedanken schweifen ständig ab, drehen sich im Kreis und lassen sie nicht zur Ruhe kommen. Sie fragt sich stets nach einer gewissen Mitschuld und kommt nicht umhin, sich diese teilweise selbst einzugestehen. Die Tat selbst steht nicht im Vordergrund, sondern das, was sie aus dem Leben der Frau gemacht hat und wie sie deren Entscheidungen beeinflusst.

Trotz der Schwere des Themas und der vorherrschenden bedrückenden Stimmung konnte mich das Buch nicht voll überzeugen. Ich konnte die Handlungen der Protagonistin oft nicht nachvollziehen, da sie mir manchmal doch ziemlich unrealistisch und überzogen vorkamen.

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