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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 27.03.2024

Facettenreicher Roman

Das Diamantenmädchen
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Berlin in den 1920ern: Diamantenschleifer Paul van der Laan erhält von der deutschen Regierung einen Geheimauftrag. Fast zeitgleich wird die Leiche eines Schwarzen zusammen mit einem Rohdiamanten aufgefunden.
Die ...

Berlin in den 1920ern: Diamantenschleifer Paul van der Laan erhält von der deutschen Regierung einen Geheimauftrag. Fast zeitgleich wird die Leiche eines Schwarzen zusammen mit einem Rohdiamanten aufgefunden.
Die Verbindung zwischen den beiden Ereignissen scheint das Diamantenmädchen Lili Kornfeld zu sein.

"Das Diamantenmädchen" lässt sich nur schwer einem Genre zuordnen: Es umfasst Elemente einer Liebesgeschichte, eines historischen Romanes und natürlich eines Krimis.
Ewald Arenz verbindet diese drei Gattungen wunderbar zu einer vielschichtigen Geschichte. Er entführt seine Leser*innen mit Leichtigkeit in das betriebsame und glanzvolle Berlin der 1920er Jahre, schafft vollends ohne Kitsch große Gefühle und lässt einen ganz nebenbei die spannende Suche nach einem Mörder begleiten.
Eine große Rolle spielt außerdem der erste Weltkrieg mit seinen (emotionalen) Folgen für die Soldaten an der Front. Und ganz unterschwellig werden einem noch Informationen über Diamanten vermittelt, ohne dabei zu sehr ins Fachliche abzuschweifen.

Meiner Meinung nach ist Ewald Arenz ein Meister der Stimmungen: Wie er es schafft, einen die Geschichte geradezu miterleben zu lassen, ist unvergleichlich.
Seine Charaktere haben Tiefe und sind lebendig, was unter anderem daran liegt, dass der Autor mit Rückblicken arbeitet und ihnen so eine Vergangenheit gibt. Die Szenen aus der Kindheit von Lili, Paul und Wilhelm fand ich besonders berührend.

Ich könnte noch ewig von diesem facettenreichen Roman weiterschwärmen, stattdessen gebe ich einfach eine klare Leseempfehlung.

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Veröffentlicht am 16.03.2024

Überzeugendes Debüt

Das Schweigen des Wassers
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Inspiriert von einem wahren Fall erzählt "Das Schweigen des Wassers" von einer Leiche, die in einem See gefunden wird. Schnell wird das Ganze als Unfall abgetan. Doch für Hauptkomissar Groth ist die Sache ...

Inspiriert von einem wahren Fall erzählt "Das Schweigen des Wassers" von einer Leiche, die in einem See gefunden wird. Schnell wird das Ganze als Unfall abgetan. Doch für Hauptkomissar Groth ist die Sache nicht so eindeutig: Denn der Tote war nur zwei Tage vorher bei ihm, weil er sich verfolgt fühlte.
Und was hat die Kellnerin Regine damit zu tun, die Groth immer wieder bei seinen Ermittlungen begegnet?

Susanne Tägder ist mit ihrem Roman ein spannendes Debüt gelungen.
Die Geschichte spielt 1991, kurz nach der Wende. Neben Hauptkomissar Groth, der als Aufbauhelfer Ost aus dem Westen kam, hat die Autorin eine Vielzahl weiterer interessanter Charaktere geschaffen; und jeder einzelne scheint seine Geheimnisse zu haben. Dies trägt maßgeblich zur Spannung bei, denn mit jeder neuen Figur, die man als Leser*in kennenlernt, eröffnen sich auch neue Fragen.
Schnell wird auch klar, dass der aktuelle Fall mit einem ungeklärten Mordfall von vor zehn Jahren zusammenhängt. So gilt es, nicht nur die Lösung für den einen, sondern gleich für zwei Fälle zu finden.
Ich liebe es, wie Tägder einem nach und nach Informationshappen zuwirft und man so ganz langsam die Fäden verbinden kann - immer im von der Autorin vorgegebenen Tempo.

Insgesamt ist "Das Schweigen des Wassers" zwar ein ruhiger, aber dennoch sehr spannender Kriminalroman, der ganz ohne reißerische Floskeln auskommt. Ich konnte ihn kaum aus der Hand legen, daher bekommt er von mir 4,5 Sterne und ich freue mich schon auf weitere Veröffentlichungen der Autorin.

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Veröffentlicht am 29.01.2024

Ein Roman über Musik und so viel mehr

Becks letzter Sommer
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Lehrer Robert Beck führt ein tristes Leben, bis er beinahe gleichzeitig auf seine erste große Liebe Lara und auf den musikalisch hochbegabten Schüler Rauli trifft. Dieser weckt Erinnerungen an seine eigene ...

Lehrer Robert Beck führt ein tristes Leben, bis er beinahe gleichzeitig auf seine erste große Liebe Lara und auf den musikalisch hochbegabten Schüler Rauli trifft. Dieser weckt Erinnerungen an seine eigene Karriere als gescheiterter Musiker und den Traum, diese wieder aufleben zu lassen.

Benedict Wells überrascht in jedem seiner Romane mit einem anderen Stil: In "Becks letzter Sommer" schreibt er humorvoll, sarkastisch und trotzdem todernst.
Die ganze Geschichte ist sehr dynamisch, lebendig, gleichzeitig tiefgründig und melancholisch. Sie nimmt einen als Leser*in einfach mit, man kann gar nicht anders als ihr zu folgen.
Jeder Charakter überzeugt durch seinen Charme und seine Eigenheiten und obwohl es manchmal ins Absurde geht, nimmt man dem Autor alles ab.

Es geht um Musik, um das Streben nach Glück, um Liebe und um grundlegende Fragen des Daseins. Die Story ist ein Auf und Ab, ebenso wie das reale Leben.

Ich habe mich wieder einmal gern auf Benedict Wells' Charaktere und Geschichte eingelassen, es ist kaum zu glauben, dass er das Buch schon mit Anfang 20 geschrieben hat.

Zur Hörbuchversion: Ich hatte zuerst meine Zweifel, ob Christian Ulmen und Benedict Wells zusammenpassen, sobald ich losgehört habe, wurde mir allerdings bewusst, dass es keine bessere Besetzung hätte geben können. Ulmen inszeniert Beck so perfekt, haucht aber auch allen anderen Figuren so viel Leben ein, dass es ein wahres Vergnügen war, dem Hörbuch zu folgen.

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Veröffentlicht am 05.04.2023

Nicht nur fast genial

Fast genial
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Der siebzehnjährige Francis lebt mit seiner psychisch erkrankten Mutter in einem Trailerpark. Als er eines Tages erfährt, dass sein ihm unbekannter Vater ein Genie ist, macht er sich gemeinsam mit zwei ...

Der siebzehnjährige Francis lebt mit seiner psychisch erkrankten Mutter in einem Trailerpark. Als er eines Tages erfährt, dass sein ihm unbekannter Vater ein Genie ist, macht er sich gemeinsam mit zwei Freunden auf die Suche nach ihm - quer durch die USA.

"Fast genial" ist mein zweites Buch von Benedict Wells und ich wurde auch diesmal nicht enttäuscht.
Der Schreibstil ist etwas schnörkelloser als ich es von ihm kannte, die Sprache ist klar und verständlich und daher ließ sich das Buch angenehm leicht und flüssig lesen.
Dennoch ist es nicht weniger tiefgründig, im Gegenteil: Es behandelt existenzielle Themen rund um (genetische) Herkunft, Fremd- und Eigenverantwortung für das Leben, die eigene Persönlichkeitsentwicklung.

Gut gefallen hat mir der Aufbau des Buches, der den Inhalt geschickt unterstreicht: Während die drei Freunde auf der Suche nach Francis' Vater sind, ist die Storyline geradlinig und zielgerichtet. Nachdem dieses Ziel erreicht wurde, verläuft die weitere Handlung genauso orientierungslos und wirr wie Francis sich gerade fühlt.

Wells lässt die Lesenden gekonnt die ganze Geschichte hindurch Francis' Emotionen mitspüren, sei es Liebe, Wut, Trauer, Enttäuschung oder zu guter letzt die Desillusionierung.
Spannend waren die daraus relsutierenden unerwarteten Handlungen und Francis' gesamte charakterliche Entwicklung.
Das Ende ist meiner Meinung nach genial - auch wenn ich es auf eine gewisse Weise hasse.

Für mich war es ein sehr kurzweiliger, flüssig zu lesender Roman über einen Roadtrip, der einerseits die Leichtigkeit und Naivität der Jugend widergibt, andererseits auch tiefgründige Themen aufgreift.

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Veröffentlicht am 01.06.2024

Authentisch und sensibel

Nie, nie, nie
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Die Protagonistin in Linn Strømsborgs “Nie, nie, nie” ist Mitte dreißig und wusste schon immer, dass sie keine Kinder haben möchte. Der Roman befasst sich damit, wie ihr Umfeld auf ihre Entscheidung reagiert ...

Die Protagonistin in Linn Strømsborgs “Nie, nie, nie” ist Mitte dreißig und wusste schon immer, dass sie keine Kinder haben möchte. Der Roman befasst sich damit, wie ihr Umfeld auf ihre Entscheidung reagiert und behandelt damit ein wichtiges feministisches Thema.


Noch heute werden Frauen ohne Kinderwunsch gesellschaftlich unter Druck gesetzt, müssen sich absurde Vorwürfe anhören oder werden nicht ernstgenommen (“Du hast nur noch nicht den richtigen Mann getroffen.”). Dabei sprechen rational gesehen mindestens genauso viele Gründe gegen Kinder wie dafür - wahrscheinlich sogar mehr.


“Nie, nie, nie” beschreibt die Themen Muttersein und Nicht-Muttersein sehr authentisch, ungeschönt und sensibel, ist dabei aber angenehm wertfrei.

Die Protagonistin ist anderen Entscheidungen gegenüber tolerant, eine warmherzige und liebevolle Freundin, Partnerin und Tante (man muss keine Kinderhasserin sein, um sich gegen Kinder zu entscheiden) und ich mochte es, ihren Gedanken und Erzählungen zu folgen.


Der Roman folgt dabei nicht dem klassischen geradlinigen Aufbau einer Geschichte, sondern erinnert mehr an ein Journal, bestehend aus Gedanken der Protagonistin und dem Umgang ihres Umfeldes mit ihrer Kinderlosigkeit.


Der Schreibstil ist sehr einfach und die Abschnitte kurz gehalten, sodass man das Buch am liebsten in einem Stück weglesen möchte. Obwohl ich selbst Mutter bin und glücklich mit meiner Entscheidung, konnte ich alle Gedanken und Argumente dagegen gut verstehen und nachvollziehen. Es zeigt einem noch einmal auf, wie absolut selbstverständlich es für viele Außenstehende ist, das intime Thema Kinderwunsch anzusprechen und zu bewerten. ⭐️4/5⭐️


*Aus dem Norwegischen von Stefan Pluschkat

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