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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 16.03.2024

Überzeugendes Debüt

Das Schweigen des Wassers
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Inspiriert von einem wahren Fall erzählt "Das Schweigen des Wassers" von einer Leiche, die in einem See gefunden wird. Schnell wird das Ganze als Unfall abgetan. Doch für Hauptkomissar Groth ist die Sache ...

Inspiriert von einem wahren Fall erzählt "Das Schweigen des Wassers" von einer Leiche, die in einem See gefunden wird. Schnell wird das Ganze als Unfall abgetan. Doch für Hauptkomissar Groth ist die Sache nicht so eindeutig: Denn der Tote war nur zwei Tage vorher bei ihm, weil er sich verfolgt fühlte.
Und was hat die Kellnerin Regine damit zu tun, die Groth immer wieder bei seinen Ermittlungen begegnet?

Susanne Tägder ist mit ihrem Roman ein spannendes Debüt gelungen.
Die Geschichte spielt 1991, kurz nach der Wende. Neben Hauptkomissar Groth, der als Aufbauhelfer Ost aus dem Westen kam, hat die Autorin eine Vielzahl weiterer interessanter Charaktere geschaffen; und jeder einzelne scheint seine Geheimnisse zu haben. Dies trägt maßgeblich zur Spannung bei, denn mit jeder neuen Figur, die man als Leser*in kennenlernt, eröffnen sich auch neue Fragen.
Schnell wird auch klar, dass der aktuelle Fall mit einem ungeklärten Mordfall von vor zehn Jahren zusammenhängt. So gilt es, nicht nur die Lösung für den einen, sondern gleich für zwei Fälle zu finden.
Ich liebe es, wie Tägder einem nach und nach Informationshappen zuwirft und man so ganz langsam die Fäden verbinden kann - immer im von der Autorin vorgegebenen Tempo.

Insgesamt ist "Das Schweigen des Wassers" zwar ein ruhiger, aber dennoch sehr spannender Kriminalroman, der ganz ohne reißerische Floskeln auskommt. Ich konnte ihn kaum aus der Hand legen, daher bekommt er von mir 4,5 Sterne und ich freue mich schon auf weitere Veröffentlichungen der Autorin.

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Veröffentlicht am 29.01.2024

Ein Roman über Musik und so viel mehr

Becks letzter Sommer
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Lehrer Robert Beck führt ein tristes Leben, bis er beinahe gleichzeitig auf seine erste große Liebe Lara und auf den musikalisch hochbegabten Schüler Rauli trifft. Dieser weckt Erinnerungen an seine eigene ...

Lehrer Robert Beck führt ein tristes Leben, bis er beinahe gleichzeitig auf seine erste große Liebe Lara und auf den musikalisch hochbegabten Schüler Rauli trifft. Dieser weckt Erinnerungen an seine eigene Karriere als gescheiterter Musiker und den Traum, diese wieder aufleben zu lassen.

Benedict Wells überrascht in jedem seiner Romane mit einem anderen Stil: In "Becks letzter Sommer" schreibt er humorvoll, sarkastisch und trotzdem todernst.
Die ganze Geschichte ist sehr dynamisch, lebendig, gleichzeitig tiefgründig und melancholisch. Sie nimmt einen als Leser*in einfach mit, man kann gar nicht anders als ihr zu folgen.
Jeder Charakter überzeugt durch seinen Charme und seine Eigenheiten und obwohl es manchmal ins Absurde geht, nimmt man dem Autor alles ab.

Es geht um Musik, um das Streben nach Glück, um Liebe und um grundlegende Fragen des Daseins. Die Story ist ein Auf und Ab, ebenso wie das reale Leben.

Ich habe mich wieder einmal gern auf Benedict Wells' Charaktere und Geschichte eingelassen, es ist kaum zu glauben, dass er das Buch schon mit Anfang 20 geschrieben hat.

Zur Hörbuchversion: Ich hatte zuerst meine Zweifel, ob Christian Ulmen und Benedict Wells zusammenpassen, sobald ich losgehört habe, wurde mir allerdings bewusst, dass es keine bessere Besetzung hätte geben können. Ulmen inszeniert Beck so perfekt, haucht aber auch allen anderen Figuren so viel Leben ein, dass es ein wahres Vergnügen war, dem Hörbuch zu folgen.

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Veröffentlicht am 05.04.2023

Nicht nur fast genial

Fast genial
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Der siebzehnjährige Francis lebt mit seiner psychisch erkrankten Mutter in einem Trailerpark. Als er eines Tages erfährt, dass sein ihm unbekannter Vater ein Genie ist, macht er sich gemeinsam mit zwei ...

Der siebzehnjährige Francis lebt mit seiner psychisch erkrankten Mutter in einem Trailerpark. Als er eines Tages erfährt, dass sein ihm unbekannter Vater ein Genie ist, macht er sich gemeinsam mit zwei Freunden auf die Suche nach ihm - quer durch die USA.

"Fast genial" ist mein zweites Buch von Benedict Wells und ich wurde auch diesmal nicht enttäuscht.
Der Schreibstil ist etwas schnörkelloser als ich es von ihm kannte, die Sprache ist klar und verständlich und daher ließ sich das Buch angenehm leicht und flüssig lesen.
Dennoch ist es nicht weniger tiefgründig, im Gegenteil: Es behandelt existenzielle Themen rund um (genetische) Herkunft, Fremd- und Eigenverantwortung für das Leben, die eigene Persönlichkeitsentwicklung.

Gut gefallen hat mir der Aufbau des Buches, der den Inhalt geschickt unterstreicht: Während die drei Freunde auf der Suche nach Francis' Vater sind, ist die Storyline geradlinig und zielgerichtet. Nachdem dieses Ziel erreicht wurde, verläuft die weitere Handlung genauso orientierungslos und wirr wie Francis sich gerade fühlt.

Wells lässt die Lesenden gekonnt die ganze Geschichte hindurch Francis' Emotionen mitspüren, sei es Liebe, Wut, Trauer, Enttäuschung oder zu guter letzt die Desillusionierung.
Spannend waren die daraus relsutierenden unerwarteten Handlungen und Francis' gesamte charakterliche Entwicklung.
Das Ende ist meiner Meinung nach genial - auch wenn ich es auf eine gewisse Weise hasse.

Für mich war es ein sehr kurzweiliger, flüssig zu lesender Roman über einen Roadtrip, der einerseits die Leichtigkeit und Naivität der Jugend widergibt, andererseits auch tiefgründige Themen aufgreift.

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Veröffentlicht am 08.05.2024

Interessante Debatte

GOTT
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Der knapp 80-jährige Richard Gärtner möchte Suizid begehen. Er ist geistig und körperlich kerngesund, nach dem Tod seiner Frau aber des Lebens müde.
Er bittet seine Hausärztin, ihm ein tödliches Medikament ...

Der knapp 80-jährige Richard Gärtner möchte Suizid begehen. Er ist geistig und körperlich kerngesund, nach dem Tod seiner Frau aber des Lebens müde.
Er bittet seine Hausärztin, ihm ein tödliches Medikament zu verschreiben - diese lehnt jedoch ab.
Sein Fall wird vor dem Ethikrat verhandelt, es geht um die Frage, ob nicht jeder das Recht haben sollte, selbst über seinen Tod zu bestimmen.

Das gesamte Theaterstück spielt vor dem Ethikrat. Zunächst wird der Fall vorgestellt, danach kommen verschiedene Personen zu Wort, die ihre jeweilige Ansichten zu der Diskussion vortragen. Darunter sind Juristen, Mediziner, aber auch ein Bischof.
So wird einem vereinfacht die Rechtslage zur Debatte der ärztlichen Beihilfe zum Suizid erklärt und darüber hinaus Pro und Contra besprochen. Ich habe hier viele neue Argumente kennengelernt. Die Risiken, die daraus resultieren könnten, waren mir zum Beispiel gar nicht bewusst.
Zuletzt wird das Publikum mit eingebunden und zur Entscheidung aufgefordert, ob Gärtner das Mittel bekommen sollte oder nicht.
Wieder einmal macht von Schirach deutlich, dass es nicht auf alle Fragen ein klares Ja oder Nein als Antwort gibt und es immer eine Einzelfallentscheidung ist.

Der Autor schafft es jedes Mal aufs Neue, dass Leserinnen bzw. Zuschauerinnen sich mit Fragen beschäftigen, die sie sich sonst nicht gestellt hätten. Dabei legt er alle Fakten offen und drängt nicht in die eine oder andere Richtung. Am Ende muss jeder selbst entscheiden.

Im Anhang finden wir drei Essays von namhaften Wissenschaftler*innen, die sich ebenfalls mit der Debatte auseinandergesetzt haben. Ich persönlich habe es nicht gebraucht, denn im Grunde vermittelten sie nur die Informationen, die man schon aus dem Stück ziehen konnte - nur etwas ausformulierter.

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Veröffentlicht am 09.04.2024

Authentisches Portrait

Mit den Jahren
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In ihrem Roman "Mit den Jahren" entführt uns Janna Steenfatt nach Leipzig und stellt drei Personen in ihren Vierzigern vor: Jette, die gerade aus Hamburg hergezogen ist; glückliche Single und gewollt kinderlos.
Lukas ...

In ihrem Roman "Mit den Jahren" entführt uns Janna Steenfatt nach Leipzig und stellt drei Personen in ihren Vierzigern vor: Jette, die gerade aus Hamburg hergezogen ist; glückliche Single und gewollt kinderlos.
Lukas und Eva, seit zwanzig Jahren ein Paar, zwei kleine Kinder, eine Eigentumswohnung.
Als die drei durch verschiedene Zufälle aufeinandertreffen, stellt sich jede einzelne die Frage, ob sie mit ihrem Leben glücklich und mit der Wahl ihres Lebensentwurfes zufrieden ist.

Der Roman hat nicht wirklich viel Handlung, es geht vielmehr darum, diese drei Protagonistinnen zu porträtieren - und das ist der Autorin außerordentlich gut gelungen.
Mir sind selten so authentische und gut gezeichnete Romanfiguren begegnet, ich konnte mich zwischendurch immer wieder mit jeder einzelnen identifizieren und ihre Gedanken nachvollziehen.
Die Geschichte kommt mit wenigen Dialogen aus, dafür mit umso mehr Gedanken. Hauptsächlich mit der Frage "Was wäre, wenn ...?" und "Was fehlt mir, um glücklich zu sein?"
Ich denke, jede
r hat sich schon einmal mit der Frage auseinandergesetzt, ob nicht ein anderer Lebensentwurf besser wäre, eine andere Entscheidung einen glücklicher gemacht hätte usw. und ich mochte es sehr, den drei Figuren auf ihren jeweiligen Wegen zu der Beantwortung dieser zu folgen.
Zu guter Letzt muss ich den herausragenden und für mich sehr ansprechenden Schreibstil erwähnen: schnörkellos und doch so schön mit einer sehr gezielten, treffsicheren Wortwahl.

Insgesamt überzeugt dieser Roman also durch seine Figuren, den Schreibstil und das Grundthema, die Handlung hingegen fand ich gerade am Anfang und Ende nur mittelmäßig.

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