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Veröffentlicht am 13.10.2017

Eine große Liebesgeschichte

Wie der Wind und das Meer
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Das Ende des Zweiten Weltkrieges steht kurz bevor. Aber in den letzten Wochen bombadierten die Allierten die bayerische Landeshauptstadt München mit allem, was die Kriegsmaschinerie hergab. 90 % der Altstadt ...

Das Ende des Zweiten Weltkrieges steht kurz bevor. Aber in den letzten Wochen bombadierten die Allierten die bayerische Landeshauptstadt München mit allem, was die Kriegsmaschinerie hergab. 90 % der Altstadt wurden dabei zerstört. Zu den Opfern zählen auch die Familien von Paul und Sarah, die sich in den Trümmern auf der Suche nach Nahrung und Hilfe zum ersten Mal begegnen. Das gemeinsame Leid schweißt die Kinder zusammen und aus Furcht, man könnte sie wieder trennen, geben die beiden sich als Geschwister aus. Die Behörden stecken die beiden in eines der überfüllten Kinderheime, die zur damaligen Zeit eher an Straflager erinnerten und in denen es nicht um das Wohlergehen der Kinder ging, sondern wohl mehr um das kostengünstige Wegsperren der vielen Waisen.

Aber endlich haben die beiden Glück und ein liebevolles Ehepaar adoptiert das vermeindliche Geschwisterpaar. Eine Weile geht alles gut. Bis die beiden sich in der Pubertät heftig ineinander verlieben und diese Liebe dann auch heimlich zu Leben beginnen. Die Lüge über ihre Verwandtschaft lässt sich aber nicht mehr so einfach aus der Welt schaffen und schließlich kommt es zum Eklat und Sarah verlässt München.
Vor allem das erste Drittel des Buches hat mich sehr berührt. Die traumatischen Kriegserlebnisse und die Schikanen im Waisenhaus sind erschütternd und man freut sich, dass die beiden es trotz allem schaffen, eisern und unerschütterlich aneinander festzuhalten. Auch die junge Liebe kann man gut nachvollziehen und ihre Verzweiflung und die Angst vor Bestrafung, wenn die Lüge herauskommen würde.

Später, als die Jahre vergehen, und die beiden erwachsen sind, machen sie sich aber gegenseitig das Leben schwer und vor allem Sarah verhindert durch neue Lügen immer wieder, dass es zu einem Happy-End kommen könnte. Über den Schluss möchte ich aber nichts verraten. Der Leser begleitet Paul und Sarah über 40 Jahre. So nebenbei erfährt man auch einiges über die Entwicklung Deutschlands nach dem zweiten Weltkrieg. Das gibt der Geschichte einen authentischen Rahmen.

Es ist mein erstes Buch von Lilli Beck und hat mir gut gefallen. Als Münchner Kindl habe ich vieles wiedererkannt und die Zeit nach dem Krieg ist lebhaft und realistisch geschildert. Mir hat auch der Schreibstil sehr gefallen.

Veröffentlicht am 13.09.2017

Unterhaltsam

Das blaue Medaillon
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Alessa hat ihre Eltern bereits vor Jahren verloren und wird von ihrem Großvater aufgezogen. Der hat etwas ungewöhnliche Methoden. Sie erlernt bei ihm Dinge, die keine junge Dame eigentlich lernen möchte. ...

Alessa hat ihre Eltern bereits vor Jahren verloren und wird von ihrem Großvater aufgezogen. Der hat etwas ungewöhnliche Methoden. Sie erlernt bei ihm Dinge, die keine junge Dame eigentlich lernen möchte. Wie sie in Häuser einbricht, Türen heimlich öffnet, anderer Leute Eigentum entwendet, über Dächer vor den Häschern entfliehen kann. Und sie ist sehr begabt darin das Handwerk der Diebe zu erlernen. Aber dann wird ihr Großvater ermordet und die Täter verfolgen auch Alessa. Was wollen sie von der jungen Frau? Welches Geheimnis ist um den Tod der Eltern und des Großvaters? Wohin soll sie fliehen und wem kann sie noch trauen?
Es ist nicht mein erstes Buch von Martha Sophie Marcus. Die Autorin versteht es, immer wieder sehr unterschiedliche Themen des historischen Romans aufzugreifen und recherchiert die geschichtlichen Zusammenhänge und die jeweiligen Verhältnisse sehr ausführlich, so dass sie ihre Geschichten solide unterfüttern kann. Nicht jedes Buch hat mir gleich gut gefallen. Ich lasse mich aber jedes MaL wieder gerne auf ihre Bücher ein, da ihr Schreibstil angenehm lesbar und ihre Heldinnen stets liebenswert sind. So auch hier in „Das blaue Medaillon“. Die Geschichte ist eine Mischung aus Krimi, Historoman und Liebesgeschichte. Dementsprechend rasant und spannend folgen wir Alessa auf ihrer Flucht und der Suche nach der Wahrheit über die Morde an ihrer Familie. Qualitativ kommt die Geschichte nicht ganz an „Herrin des Nordens“ heran. Die ein oder andere Stelle war mir etwas zu unrealistisch und der ein oder andere Zufall hilft der Handlung schon mal auf die Sprünge. Es war für meinen Geschmack auch fast ein bisschen kurz gehalten. Dennoch habe ich das Buch gerne gelesen und kann es mit 4 Sternen weiterempfehlen.

Veröffentlicht am 30.08.2017

eine unterhaltsame Zeitreise

Zeitkurier
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Bei Zeitreise-Romanen kann ich ganz selten nein sagen. Ich liebe es, den Autoren durch die Zeit zu folgen und die Gedankenschleifen nachzuvollziehen, die so eine Zeitreise zwangsläufig mit sich zieht. ...

Bei Zeitreise-Romanen kann ich ganz selten nein sagen. Ich liebe es, den Autoren durch die Zeit zu folgen und die Gedankenschleifen nachzuvollziehen, die so eine Zeitreise zwangsläufig mit sich zieht. Auch Wesley Chus Roman „Zeitkurier“ hat mich hier nicht enttäuscht. Im Gegensatz zu vielen andere Büchern, die in ausgehend von unserer Gegenwart in die Vergangenheit oder Zukunft reisen, ist hier die Ausgangslage, dass wir uns in einer dystophisch-verwüsteten Zukunft der Erde befinden und die Menschen versuchen durch Zeitreisen in die Vergangenheit – also unsere Gegenwart in etwas – ihre zur Neige gehenden Ressourcen aufzustocken. Um aber möglichst wenig in den Verlauf der Geschichte einzugreifen und um Himmels Willen nicht etwas unwiederbringlich zu verändern oder durcheinander zu bringen, schicken sie die Zeitreisenden nur dorthin, wo bekanntermaßen große Naturkatastrophen oder andere Unglücke sowieso zur Zerstörung der betreffenden Ressourcen geführt hatte. Es wird also etwas in die Zukunft transportiert, was nicht mehr fehlen kann im Weltgefüge, da es so oder so zerstört worden wäre.

Soweit alles klar? Gut, dann muss man jetzt noch wissen, dass Zeitreisen auch für die Menschen nicht ganz ohne sind. Allein schon die psychologische Komponente ist gewaltig, denn die Zeitkuriere treffen auf sehr viele Menschen, von denen sie ja wissen, dass sie demnächst zu Tode kommen werden. Diese Begegnungen sind für den Hauptakteur James eine ständig wachsende Belastung, die ihn immer mehr aus dem Tritt bringt. Schließlich beschließt er, jemanden zu retten. Damit löst er natürlich eine dramatische Kettenreaktion aus. Genau das, was ja eigentlich vermieden werden sollte.

Der Autor nimmt sich erst mal viel Zeit, den Leser in diese Welt einzuführen, deren Regeln und Konstruktionen zu erklären, die Charaktere zum Leben zu erwecken. Dabei gibt er sich große Mühe, seine Idee der Zeitreise auch mit technischen und wissenschaftlichen Methoden zu beschreiben. So etwas mag ich sehr gerne. Erst dann, nach etwa einem Viertel des Buches, zieht er das Tempo langsam an. Nein, Mr. Chu erfindet das Zeitreiserad nicht neu. Aber mir macht es einfach immer wieder großen Spaß, einem klugen Autor auf so einer Zeitreise zu folgen. Nachdem ich erst mit „Dark matter“ vor ein paar Wochen vergnügliche Stunden in diesem Genre verbracht habe, konnte mich auch „Zeitkurier“ gut unterhalten. Zur vollen Punktzahl fehlt ein bisschen, da das Ende etwas überstürzt daherkommt aber ich kann das Buch durchaus empfehlen.

Ach ja, auch ich möchte das tolle Cover noch einmal extra erwähnen.

Veröffentlicht am 30.08.2017

gehaltvoller Geschichtsroman

Das Ohr des Kapitäns
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Der ungewöhnliche Titel des Buches „Das Ohr des Kapitäns“ erklärt sich bereits nach 60 Seiten.
Nachdem die Engländer das Handelsrecht für Sklaven erhalten, die in spanische Hoheitsgebiete verkauft werden, ...

Der ungewöhnliche Titel des Buches „Das Ohr des Kapitäns“ erklärt sich bereits nach 60 Seiten.
Nachdem die Engländer das Handelsrecht für Sklaven erhalten, die in spanische Hoheitsgebiete verkauft werden, patrouillieren die Spanier vor der Küste und kontrollieren jedes Schiff und dessen Fracht. Einer der Händler, Jenkins, versucht sich aber zu weigern und die Spanier zu hintergehen. Deshalb schneidet ihm der Anführer im Eifer ein Ohr ab. Jenkins sorgt dafür, dass die Britische Regierung davon Kenntnis erhält, dass ein spanischer Küstenwach-Kapitänen einem englischen Handelskapitän seiner Meinung nach grundlos Gewalt angetan hat. Das löst einen erbitterten Streit der beiden Länder aus der in einem Kolonialkrieg endet.

Das Buch ist sehr hochwertig gestaltet. Da ist zum einen das herausragend schöne Cover. Ich liebe diese Form der Malerei, in der die Schifffahrt zentrales Thema ist. Zum anderen gibt es zwei Seekarten im Inneren, die den Ort der Geschehnisse großräumig darstellen und ein Gefühl für die damalige Zeit hervorrufen.

Ich hatte erst ein Buch von Gisbert Haefs gelesen und das liegt schon ziemlich lange zurück. Mir war nicht mehr in Erinnerung, wie anspruchsvoll und fast zeitgenössisch zur Geschichte sein Erzählstil ist. Es erfordert ein hohes Maß an Aufmerksamkeit und man darf keinen Roman erwarten, den man so einfach mal herunter liest. Auch sind nicht die Charaktere im Mittelpunkt des Geschehens sondern mehr der historisch belegte Konflikt, der auf interessante Weise den Konflikten gleicht, die es auch heute gibt, wenn zwei Nationen sich um Handelsrechte streiten und ein kleiner Vorfall eine internationale Krise auslösen kann. Also im eigentlichen Sinne ein Lehrstück über den Menschen und die Mechanismen der politischen Auseinandersetzung.
Es war sicherlich teilweise ein bisschen zäh zu lesen aber auch wieder gehaltvoll. Deshalb vier Sterne von mir.

Veröffentlicht am 07.08.2017

Urlaubs-Zwischendurch-Lektüre

Kopf aus, Herz an
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Man möchte nicht in Lillys Haut stecken. 500 geladene Gäste sitzen in der Kirche. Und Michael, der Bräutigam, lässt sie vor dem Altar sitzen und erscheint nicht. Am Boden zerstört setzt Lilly sich am nächsten ...

Man möchte nicht in Lillys Haut stecken. 500 geladene Gäste sitzen in der Kirche. Und Michael, der Bräutigam, lässt sie vor dem Altar sitzen und erscheint nicht. Am Boden zerstört setzt Lilly sich am nächsten Tag in den Flieger und tritt die Hochzeitsreise alleine an. Nur weg, denkt sie und ahnt doch nicht, dass sie sich damit auf die Reise ihres Lebens begibt. Denn nicht nur, dass erst mal alles schiefläuft, was schief laufen kann. Nein, im Flugzeug begegnet sie Damien, einem tätowierten gutgelaunten Luftikus, der ihr zeigt, dass es im Leben mehr gibt als Hochzeit und Beständigkeit und dass andere Mütter auch nette Söhne haben.

Bei „Kopf aus, Herz an“ bekommt man genau dass, was man landläufig als Unterhaltungsroman bezeichnet würde. Unterhaltung. Die Autorin, Jo Watson, hat einen flotten Stil und erzählt eine Geschichte, wie man sie aus Hollywood bereist zu kennen glaubt. Dementsprechend ist die Story etwas vorhersehbar und spart nicht mit Slapstickeinlagen und einer Aneinanderreihung an abenteuerlichen Erlebnissen, die Lilly alle mit Hilfe von Damien überstehen muss. Angefangen von Peinlichkeiten ohnegleichen, die bereits im Flugzeug beginnen, über Verhaftung am Flughafen, bis zu einer Nacht als eine Art Schiffbrüchige, romantischen Candlelight-Dinners, Stiptease-Show und anderer Unwägbarkeiten hat Lilly einen Urlaub, den sie ihr Leben lang nicht mehr vergessen wird.

Damien ist dabei das unterhaltsame und helfende Sahneschnittchen, dass sie den faden Michael bald vergessen lässt.
Was bekommt man für sein Geld? Eine nette Geschichte mit einer etwas verpeilten Heldin und einem tollen Typen, der auf wohltuende Weise feiheitsliebend und ungebunden ist. Lustige Dialoge, rasante Wendungen in phantastischer Idylle.

Was man weniger bekommt ist freilich Tiefgang und Ernsthaftigkeit. Aber wer will das schon immer. Als Urlaubs-Zwischendurch-Lektüre kann ich das Buch empfehlen. Nur bitte nicht zu viel erwarten.

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