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Veröffentlicht am 15.07.2021

Auszeit von diesem Roman

Auszeit
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Henrietta braucht eine Auszeit. Von ihrer Dissertation, die nicht vorangeht, von der Abtreibung ihres Kindes, von ihrem Leben. Also zieht sie vorübergehend mit ihrer besten Freundin Paula in eine Waldhütte, ...

Henrietta braucht eine Auszeit. Von ihrer Dissertation, die nicht vorangeht, von der Abtreibung ihres Kindes, von ihrem Leben. Also zieht sie vorübergehend mit ihrer besten Freundin Paula in eine Waldhütte, um ihr Leben zu ordnen und Abstand zu gewinnen. Ein Roman, welcher die „Träume und Ängste einer Generation“ (Zitat vom Klappentext) thematisieren soll und sich doch vollständig nur um Henrietta dreht und ihre verkorkste Weltsicht. Es wird sogar im Roman selbst angesprochen, dass jeder andere sein Leben in sinnvolle Bahnen lenken kann, nur sie nicht. Das wundert mich auch gar nicht, denn Henrietta ist so entscheidungsunfähig, so wenig eigentlich überhaupt eine Persönlichkeit, dass natürlich nichts sich so entwickeln kann, wie sie es vielleicht irgendwann einmal erhofft hat. Mir ist natürlich bewusst, dass einiges davon von der Autorin als Stilmittel eingesetzt wird. Aber gelungen finde ich das Ergebnis nicht. Alleine schon die Protagonistin Henrietta war mir recht egal. Nicht direkt unsympathisch, aber so unscheinbar und uninteressant, dass es mich nicht besonders berührt hat, was ihr passiert ist. Vor allem, weil sie weiß, dass sie falsche Entscheidungen trifft, es dann aber doch tut. An vielen Stellen konnte ich nur ungläubig den Kopf schütteln über ihr Verhalten.
Es kommen nur wenige andere Charaktere im Buch vor und auch die sind mir nicht besonders nahe gegangen. Paula ist so überzeichnet esoterisch, dass man keinen wirklichen Charakter dahinter sieht und sie ist noch eine der am besten ausgearbeiteten Figuren.
Ich finde es gut, wenn auch einmal das Thema Abtreibung in einem Buch thematisiert wird, aber in der Art, wie das hier geschieht, kann man es sich meiner Meinung nach schenken. Das hat keinen Mehrwert. Ich sehe auch absolut keine Übertragbarkeit der Empfindungen Henriettas auf eine gesamte Generation. Schon alleine die Tatsache, dass die ehemaligen Kommilitonen von Henrietta allesamt an anderen Hochschulen oder Einrichtungen arbeiten und ihre Promotion abgeschlossen haben, ist vielleicht ein schönes Klischee, entspricht aber mit Sicherheit nicht der Realität ‒ mit einem geisteswissenschaftlichen Abschluss zieht es einen in alle möglichen beruflichen Richtungen, aber mit Sicherheit nicht ausschließlich an Forschungseinrichtungen.
Für den Debütroman einer Journalisten finde ich die Hintergründe des Buchs insgesamt an mehreren Stellen viel zu schlecht recherchiert. Zum einen was die Generationenproblematik betrifft, zum anderen was das Thema Abtreibung angeht.
Zwei Dinge haben mir gefallen: die sehr schöne, passende Coverillustration und Henriettas Promotionsthema (Werwölfe). Das reicht aber nicht für einen guten Roman.

Fazit: Mir hat das Buch leider überhaupt nicht gefallen. Der Schreibstil ist gut lesbar, aber unspektakulär, genau wie der Inhalt. Die Figuren kamen mir wie sprechende Klischees mit wenig individuellen Merkmalen vor. Vor allem diese Ich-Zentriertheit einer vollkommen uninteressanten Person, in Verbindung mit der durchschnittlichen sprachlichen Umsetzung, hat mir schon gereicht. Dass die Handlung dann auch nicht wirklich in Fahrt kommt und das Ende dann auch noch so lasch, unbefriedigend und klischeebeladen ist, lässt das Buch für mich vollkommen durchfallen.
Das ist vielleicht der Blick auf die Generation der 30-Jährigen, wie ihn die Autorin hat, aber mit Sicherheit kein objektiver oder zumindest vielfältiger Einblick in die tatsächlichen Generationenprobleme. Man hat den Eindruck, dass die Autorin sehr in ihrer eigenen, subjektiven Blase gefangen ist und nicht wirklich über den Tellerrand der eigenen Erfahrungen hinausschauen kann. Ich kann das Buch wirklich niemandem empfehlen.

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Veröffentlicht am 13.07.2021

Enttäuschend

Was fehlt dir
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Von der Autorin hatte ich schon öfter gehört, aber noch kein Buch von ihr gelesen. Obwohl mich der Roman inhaltlich gar nicht so sehr angesprochen hat, als ich den Klapentext las, wollte ich ihn lesen, ...

Von der Autorin hatte ich schon öfter gehört, aber noch kein Buch von ihr gelesen. Obwohl mich der Roman inhaltlich gar nicht so sehr angesprochen hat, als ich den Klapentext las, wollte ich ihn lesen, weil Nunez ja auch schon für ihren Vorgängerroman viel Lob bekommen hat. (Das Cover hat mich übrigens - obwohl ganz anders - doch auch an ihren Vorgängerroman erinnert).
Mir hat der Roman nicht gefallen. Der Text lässt sich gut lesen, aber der Inhalt erschien mir mehr oder weniger beliebig. Oberflächliche Charaktere, ausschnitthaftes Erzählen, das nirgends hinführt, letztlich eine langweilige und langwierige Handlung, trotz der Kürze des Buchs.
Erwartet hatte ich einen Roman wie die von Anne Tyler: Die Erzählung einer an sich nicht sehr spannenden Handlung, die vor allem von ihrer detaillierten Beschreibung der Charaktere, der messerschafen Beobachtung und der sprachlichen Ausdrucksfähigkeit lebt. Wenn ich mir Kritiken von Nunez' Romanen durchlese, entsteht bei mir der Eindruck, genau das hier auch zu bekommen. Das ist leider nicht der Fall und daher für mich enttäuschend. Und von dem Vergleich mit Tyler mal abgesehen ist das definitiv kein Buch, welches mir lange im Gedächtnis bleiben wird. Ich war auch froh, als ich es fertig gelesen hatte und kann es leider nicht weiterempfehlen.

Veröffentlicht am 28.01.2021

Ein Jahr in Kamtschatka

Das Verschwinden der Erde
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Das Verschwinden zweier kleiner Mädchen mitten am Tag in Kamtschatka steht am Anfang des Buches. Die Frage danach, was aus ihnen geworden ist, wird immer wieder aufgegriffen aber erst am Ende des Buches ...

Das Verschwinden zweier kleiner Mädchen mitten am Tag in Kamtschatka steht am Anfang des Buches. Die Frage danach, was aus ihnen geworden ist, wird immer wieder aufgegriffen aber erst am Ende des Buches aufgelöst. Ich bin leicht in die Geschichte rein gekommen und konnte mir trotz der (für mich) fremden Szenerie von Kamtschatka direkt ein Bild von der Hauptstadt Petropawlowsk-Kamtschatski machen. Aber das erste Kapitel war zu kurz um einen wirkliche Verbindung zu den beiden verschwundenen Schwestern aufzubauen und im nächsten Kapitel geht es schon um ganz andere Menschen. Und immer so weiter. Das Buch ist in Abschnitte aufgeteilt, die Monatbezeichnungen haben; also gibt es für jeden Monat eines Jahres einen eigenen Abschnitt. In jedem Abschnitt geht es um andere Bewohner von Kamtschatka mit ihren eigenen Problemen. Die beiden Kinder werden zwar in jedem Abschnitt erwähnt, spielen aber nur eine kleine Nebenrolle. Auch Figuren, die schon in vorherigen Abschnitten als Hauptperson eingeführt wurden, kommen immer mal wieder in den nachfolgenden Abschnitten vor. Das ist ganz interessant, da man diese Personen dann aus anderer Perspektive wahrnehmen kann und sich ein umfassenderes Bild von ihnen macht.
Zwei Dinge haben mich aber an dem Buch gestört. Erstens, dass ich den „literarischen Thriller“, wie es auf dem Klappentext heißt, nicht als solchen gesehen haben. Zwar steht das Verschwinden der Mädchen im Mittelpunkt des Buches, bei mir hat sich aber in keinster Weise Spannung aufgebaut. Man hat von Anfang an so viele Anhaltspunkte, dass die Möglichkeiten, was denn konkret passiert sein könnte, sehr begrenzt sind und mich in den Details nicht Besonders interessieren. Es gibt kein Rätsel, das zu lösen ist. Und zweitens haben mir die einzelnen Abschnitte nicht gut gefallen. Die meisten verlaufen nach einem ähnlichen Muster und obwohl sich die Protagonistinnen unterscheiden (denn es stehen immer Frauen im Mittelpunkt), machen sie fast alle die selben Fehler und lassen sich von ihren Männern/ Freunden/ Familien unterdrücken und klein halten und finden das gegen Ende meistens auch noch richtig. Das kann man einmal lesen, aber nicht ein ganzes Buch über, das ist ermüdend.
Ich hatte lange darauf gewartet, dass da noch mehr kommt, dass die einzelnen Protagonisten wieder auftauchen, dass man eine stärkere Verknüpfung hat. Spätestens ab der Hälfte des Buches war es für mich langweilig und ich war froh, es dann irgendwann beenden zu können. Auch die Auflösung hat mich nicht überrascht.
Gut gefallen haben mir die „Extras“ im Buch: eine Karte von Kamtschatka, um die Schauplätze besser verorten zu können, eine Übersicht der Hauptfiguren, denn das wird irgendwann richtig verwirrend und ein Interview mit der Autorin. Auch wenn die einzelnen Abschnitte des Buches gut zu lesen sind habe ich jeden Abschnitt mit einem unbefriedigenden Gefühl beendet. Die Autorin schafft es meiner Meinung nach nicht, die Figuren ausreichend zu beschreiben und letztlich bleibt bei mir als Leser ein Bild von Kamtschatka zurück, dass nicht besonders schmeichelhaft ist, mich aber auch nicht wirklich beschäftigt. Der Roman hätte aus meiner Sicht wesentlich mehr Potenzial gehabt, so kann ich aber leider nur zwei Sterne geben. Ich habe sehr viel mehr und auch einfach etwas ganz anderes erwartet und finde nicht, dass Klappentext und Buch zueinander passen. Aber selbst wenn man das außer Acht lässt, kann mich auch der Roman an sich nicht mitreißen.

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Veröffentlicht am 27.08.2020

Unnormale Menschen

Normale Menschen
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Ich habe das Buch nur gelesen, weil es mehrere Buchpreise gewonnen hat und ich mir davon einen gewissen Qualitätsanspruch erwartet habe. Die Beziehung der beiden Hauptfiguren ist aber grundlos kompliziert ...

Ich habe das Buch nur gelesen, weil es mehrere Buchpreise gewonnen hat und ich mir davon einen gewissen Qualitätsanspruch erwartet habe. Die Beziehung der beiden Hauptfiguren ist aber grundlos kompliziert und unverständlich. Der ganze Roman schlingert genauso wie die Beziehung der beiden immer hin und her und man weiß zum Schluss immer noch nicht wirklich wo das Ganze hinführen soll.
Gefallen hat mir der Schreibstil an sich und einige Passagen fand ich auch sehr gut, aber insgesamt bin ich enttäuscht von dem Roman, von dem ich mir einfach sehr viel mehr erwartet habe.

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Veröffentlicht am 15.04.2023

Anstregend und veraltet

Die Sturmfluten des Frühlings
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Ein junger Hemingway - das merkt man. Vielleicht waren diese Anspielungen und Witze früher einmal lustig, jetzt sind sie auf jeden Fall nur noch anstrengend und verwirrend. Viel Handlung gibt es eigentlich ...

Ein junger Hemingway - das merkt man. Vielleicht waren diese Anspielungen und Witze früher einmal lustig, jetzt sind sie auf jeden Fall nur noch anstrengend und verwirrend. Viel Handlung gibt es eigentlich nicht und logisch aufgebaut ist das Buch auch nicht.
Aber sehr selbstreflektierend, der Leser wird auch immer wieder direkt angesprochen.
Es ist ein kurzes Buch, das ist auch gut so, viel länger hätte ich nicht weiter lesen wollen. Ich kann es daher auch nicht empfehlen, außer man ist wirklich ein ganz großer Fan von Hemingway und muss einfach alles lesen, was er geschrieben hat.

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