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Veröffentlicht am 14.06.2023

Spannender, amüsanter Einzelband

Wie man einen Prinzen tötet
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Marra ist die jüngste Prinzessin eines kleinen Hafenkönigsreichs; ihre beide älteren Schwestern werden nacheinander dem Prinzen Vorling verheiratet. Nach dem mysteriösen Tod der Ältesten (Damia) muss die ...

Marra ist die jüngste Prinzessin eines kleinen Hafenkönigsreichs; ihre beide älteren Schwestern werden nacheinander dem Prinzen Vorling verheiratet. Nach dem mysteriösen Tod der Ältesten (Damia) muss die 2. Schwester Kania ihr nachfolgen und Marra wird ins Kloster geschickt. Als sie immer mehr über Vorling und das Schicksal von Damia und Kania herausfindet, fasst sie einen Entschluss: Sie muss den Prinzen töten.

T. Kingfisher ist das Pseudonym der Autorin Ursula Vernon, welches sie für ihre Romane für Jugendliche und Erwachsene verwendet. Sie schreibt ebenfalls Kinderbücher und ist in den unterschiedlichsten Genres zuhause. „Wie man einen Prinzen tötet“ wird aus Marras Perspektive in der dritten Person und der Vergangenheitsform erzählt. Besonders spannend fand ich hierbei, dass diese in der Gegenwart der Handlung 30 Jahre alt ist und somit nicht die klassische, junge Fantasy-Protagonistin darstellt – eine wirklich erfrischende Perspektive, auch wenn Marra durch ihr Aufwachsen als Prinzessin und im Kloster manchmal etwas naiv wirkt.

Ursprünglich wurde ich auf das Buch aufmerksam, weil es von einer meiner liebsten Autorinnen, Jasmin Schreiber, übersetzt wurde. Dann war ich aber von der Geschichte wirklich angenehm überrascht. Die Autorin erschafft eine interessante Welt, die von klassischen Märchen inspiriert ist, aber auch durchaus moderne Themen anspricht. So präsentiert sich Marra als eine Frau, die sich den Regeln ihres Königreichs eben nicht beugen will. Dennoch versucht sie auf ihre Weise, ihre Familie zu unterstützen und das obwohl Kania und sie sich nicht einmal gut verstehen.

Bei ihrem Plan zur Ermordung des Prinzen wird unsere Heldin von drei interessanten Charakteren, einem Dämonenhuhn und einem Küken unterstützt. Allein diese Konstellation führt immer wieder zu witzigen Situationen und Dialogen, was mir gut gefallen hat, da Humor in klassischer Fantasy oft zu kurz kommt. Zudem hat jede Person aus der bunten Reisegruppe ganz eigene Stärken und Schwächen, aber nur gemeinsam können sie bestehen.

Fazit: Ein spannender, amüsanter Einzelband, nachdem ich unbedingt mehr von T. Kingfisher lesen möchte.

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Veröffentlicht am 02.06.2023

Bewegender Roman

All die ungesagten Dinge
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Ky's Verhältnis zu ihren Eltern war schon immer schwierig. Als nun ihr jüngerer Bruder Denny auf brutale Weise ums Leben kommt, sieht sie sich nicht nur mit alten Konflikten konfrontiert, sondern auch ...

Ky's Verhältnis zu ihren Eltern war schon immer schwierig. Als nun ihr jüngerer Bruder Denny auf brutale Weise ums Leben kommt, sieht sie sich nicht nur mit alten Konflikten konfrontiert, sondern auch mit den mysteriösen Umständen seines Todes. Er war ein guter Schüler, stets freundlich – warum also musste er sterben? Und warum will niemand der anwesenden Zeugen etwas gesehen haben? Ky stürzt sich selbst in die Ermittlungen und muss sich bald fragen, ob sie die Antwort auf bestimmte Fragen überhaupt kennen will.

„All die ungesagten Dinge“ ist der Debütroman der australischen Schriftstellerin Tracey Lien. Erzählt wird hauptsächlich aus der Perspektive der Protagonistin Ky in der dritten Person und der Vergangenheitsform. Hin und wieder kommen aber auch andere Personen zu Wort, die für die Ermittlung von Bedeutung sind und liefern zusätzliche Informationen. Ein Stück weit wird die junge Frau also zur Ermittlerin, der Roman ist aber so viel mehr als ein Krimi.

Ky und ihre Eltern kamen als Flüchtlinge aus Vietnam nach Cabramatta an, einem Vorort von Sydney, in dem viele Einwanderer aus Asien und Europa leben. Denny hingegen wurde schon in Australien geboren und trägt die gesamte Hoffnung der Eltern auf ein neues Leben in sich. Obwohl diese nur das Beste für ihre Kinder wollen, standen beide unter großem Druck, entweder Jura oder Medizin zu studieren. Während Ky rebellierte und Journalistin wurde, versuchte Denny bis zuletzt die Erwartungen seiner Eltern zu erfüllen. In ihrer Trauer scheinen die zu übersehen, dass auch Ky jemanden verloren hat und dass es nicht hilft, wieder auf alte Streitthemen zurückzukommen.

Im Zentrum der Handlung steht aber vor allem das Schicksal vieler Einwandererfamilien: Eltern, die nur die Muttersprache beherrschen und schwer arbeiten müssen, um die Familie zu ernähren. Kinder, die einfach nur dazu gehören wollen, aber immer anders aussehen werden, als ihre Mitschüler. Was diese schwierige Situation und die traumatischen Erfahrungen (Flüchtlingscamps, Alltagsrassismus) bei Menschen anrichten können, zeigt dieser Roman sehr eindrucksvoll.

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Veröffentlicht am 27.05.2023

Einer meiner liebsten Klassiker

Louisa Mary Alcott, Little Women. Betty und ihre Schwestern - Erster und zweiter Teil. Schmuckausgabe mit Goldprägung
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Louisa M. Alcotts „Little Women“ habe ich schon in meiner Jugend geliebt und auch heute gehört die Geschichte immer noch zu meinen absoluten Lieblingsklassikern. Da ist es nur konsequent, dass auch die ...

Louisa M. Alcotts „Little Women“ habe ich schon in meiner Jugend geliebt und auch heute gehört die Geschichte immer noch zu meinen absoluten Lieblingsklassikern. Da ist es nur konsequent, dass auch die wunderschöne neue Ausgabe des Anaconda Verlags bei mir einziehen musste. Diese besticht als gebundene Version und mit Goldverzierungen auf dem Cover. Enthalten ist auf über 600 Seiten sowohl der erste Teil der Reihe („Little Women“), als auch der zweite („Good Wives“).

Im ersten Teil verfolgen wir die Kindheit und Jugend der vier March-Schwestern. Meg, die älteste, ist ernst und verantwortungsvoll; sie steht der Mutter bei der Erziehung der jüngeren Schwestern zur Seite. Jo, die nächste in der Reihe, ist mein persönlicher Liebling: wild, unangepasst, wenig damenhaft und mit dem großen Wunsch, Schriftstellerin zu werden. Amy hat ein großes Talent für die Malerei, wirkt nach außen hin aber sehr verwöhnt und selbstverliebt. Beth, die jüngste, wird von allen als lieb und sanft beschrieben; sie liebt die Musik und opfert sich für andere auf.

Ein großer Teil der Handlung befasst sich damit, wie die Familie sich durchschlagen muss, nachdem der Vater als Pastor in den amerikanischen Bürgerkrieg gezogen ist. Die Mädchen müssen von nun an mit wenig Geld auskommen, ein wenig Unterstützung erhalten sie jedoch von Mr. Laurence, der mit seinem Enkel Theodore nebenan wohnt. Darüber hinaus spielen auch erste Liebesgeschichten und generell die Träume der Mädchen eine große Rolle. Der zweite Teil setzt schließlich 3 Jahre nach dem Ende des ersten ein und zeigt die Schwestern als inzwischen junge Erwachsene.

„Little Women“ basiert auf dem Leben der Autorin und ihrem Aufwachsen mit drei Schwestern. Obwohl vieles altmodisch anmutet und die Mädchen zu aufopfernden Christinnen und treu sorgenden Ehefrauen erzogen werden sollen, ist das Buch doch feministischer als gedacht. Alcott selbst schloss sich verschiedenen Frauenrechtsbewegungen an und kämpfte für die Abschaffung der Sklaverei. Vor allem in Jo March zeigt sie ihre eigenen Ansichten zur die Rolle der Frau und den Wunsch, mit ihrer Literatur etwas ganz eigenes zu schaffen. Für mich ein absolut lesenswerter Klassiker.

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Veröffentlicht am 16.04.2023

Kinderkriegen in der Klimakrise?

Eva
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Ist es in einer Welt mit all den Herausforderungen und Ängsten, die die Klimakrise mit sich bringt, eigentlich noch verantwortungsvoll, Kinder in die Welt zu setzen? Diese Frage beleuchtet Verena Keßler ...

Ist es in einer Welt mit all den Herausforderungen und Ängsten, die die Klimakrise mit sich bringt, eigentlich noch verantwortungsvoll, Kinder in die Welt zu setzen? Diese Frage beleuchtet Verena Keßler in ihrem zweiten Roman „Eva“ und zeigt uns ganz unterschiedliche Perspektiven von vier ganz unterschiedlichen Frauen. Je Abschnitt folgen wir somit einer Figur, aus deren Sicht die Handlung erzählt wird. Dabei sind, interessanterweise, drei davon in der Ich-Form geschrieben, nur das Kapitel über die Titel gebende Eva ist in der Sie-Form verfasst, was eine gewisse Distanz zu ihr schafft.

Eva und ihre Haltung zum Kinderkriegen in der Klimakrise sind der Dreh- und Angelpunkt der Geschichte. Für ihre sachlich-wissenschaftliche Betrachtung wird sie (hauptsächlich anonym im Internet) angefeindet, bedroht und muss sogar ihren Job als Lehrerin aufgeben. Denn wer darüber spricht, dass in all den Debatten über Emissionen und globale Erwärmung nie das Thema Kinder vorkommt, der muss doch Kinder hassen, oder? Dabei zeigt sich in ihrem Abschnitt der Handlung, dass sie ganz vorzüglich mit Kindern umgehen kann, aber eben auch in der Lage ist, ein emotionale Sache von allen Seiten zu betrachten.

Die weiteren Charaktere gruppieren sich alle um Eva herum. Da ist zunächst Sina, die sie als Journalistin interviewt und mit einem unfairen Aufhänger (Evas Hund) dafür sorgt, dass der Shitstorm gegen sie befeuert wird. Im Privaten versuchen Sina und ihr Freund schon seit Jahren, ein Kind zu bekommen, aber inzwischen weiß sie nicht mehr, ob sie das eigentlich noch will. Ihre Schwester Mona ist hingegen bereits Mutter dreier Kinder. Auf ihr lastet der gesamte Alltagsdruck, der sich in einem gemeinsamen Urlaub auf fatale Weise entlädt. Die Identität der vierten Figur klärt sich nur langsam auf, hier beleuchtet die Autorin gekonnt das Thema Verlust.

Verena Keßler zeigt in vier emotionalen Abschnitten, welche Lebenswege und welche Sichtweisen es rund um den (nicht vorhandenen) Kinderwunsch gibt. Geschickt verwebt sie alle vier Handlungsstränge miteinander, ohne zu bewerten oder zu verurteilen. Unbedingt lesen!

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Veröffentlicht am 12.04.2023

Eine gefundene Familie

Das dritte Licht
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Irland in den 80er Jahren. An einem Sonntagmorgen wird ein junges Mädchen zu entfernten Verwandten gebracht. Ihre Mutter steht kurz vor der Geburt, weitere Geschwister warten zuhause. Die kinderlosen Kinsellas ...

Irland in den 80er Jahren. An einem Sonntagmorgen wird ein junges Mädchen zu entfernten Verwandten gebracht. Ihre Mutter steht kurz vor der Geburt, weitere Geschwister warten zuhause. Die kinderlosen Kinsellas sollen die Kleine bei sich behalten, „so lange sie wollen“ und sie bei der Arbeit auf dem Hof einsetzen. Zunächst bleibt das Mädchen schüchtern und zurückhaltend; sie weiß nicht, was sie von diesen neuen Menschen zu erwarten hat. Doch dann erlebt sie so glückliche und unbeschwerte Tage wie noch nie zuvor – aber auch diese Familie hat ein trauriges Geheimnis.

„Das dritte Licht“ ist eine Erzählung (oder ein kurzer Roman) der Irin Claire Keegan. Ursprünglich im Jahr 2013 auf Deutsch erschienen, handelt es sich hier um eine von der Autorin überarbeitete Neuausgabe, übersetzt wurden beide Versionen von Hans-Christian Oeser. Die Geschichte wird von der namenlosen Protagonistin in der Ich-Perspektive und der Gegenwartsform erzählt. Dem Alter des Mädchens entsprechend erhalten wir so einen naiven, aber ungetrübten Blick auf die Ereignisse.

Im Verlauf der Handlung geben die Figuren immer mehr über sich preis. Die Familie der Protagonistin hat kaum Geld, da der Vater es stets verspielt. Um ihre vielen Kinder kümmert die Mutter sich nur notdürftig und mit wenig Geduld. Es ist traurig, mitanzusehen, wie das Mädchen bei den Kinsellas zu Beginn jeden Moment damit rechnet, für irgendetwas bestraft zu werden. Das Ehepaar hingegen präsentiert sich bodenständig und ruhig, beide bringen der Kleinen echte Zuneigung entgegen. So entsteht ein starker Kontrast zwischen einer Familie, die ihre Kinder nicht zu schätzen weiß und einer anderen, die sich wünscht, sie hätte eigene.

„Das dritte Licht“ umfasst nur etwa 100 Seiten, aber auf diesen findet sich so viel Schmerz und gleichzeitig Hoffnung auf ein anderes, ein besseres, ein weniger einsames Leben. Und auch, wenn an sich nicht viel geschieht, entschädigt hierfür die wunderbare Sprache. Bei einem Spaziergang mit Kinsella am Meer sagt dieser zu seiner Pflegetochter: „Sieh mal, wo vorher nur zwei Lichter waren, sind jetzt drei.“ Eine tolle Metapher für diese gefundene Familie.

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