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Veröffentlicht am 07.05.2023

Wenn das Glück vom Himmel fällt

Die Kinder der Luftbrücke
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Es ist 1948. Der Krieg ist zu Ende, doch die Not der Menschen noch lange nicht. Noras Mann ist bisher aus dem Krieg nicht zurückgekehrt. Niemand weiß, ob er jemals wiederkommt. Nora trägt allein die Verantwortung, ...

Es ist 1948. Der Krieg ist zu Ende, doch die Not der Menschen noch lange nicht. Noras Mann ist bisher aus dem Krieg nicht zurückgekehrt. Niemand weiß, ob er jemals wiederkommt. Nora trägt allein die Verantwortung, ihre Familie durchzubringen. Zusammen mit ihrer Mutter, ihrer Schwester und ihren zwei Kindern lebt sie in einem Mietshaus mitten in Berlin. Das Essen ist knapp und Rationen werden nicht in der Menge rausgegeben, wie sie es sollten. Da ist es ein Segen, als Nora eine Stelle als Übersetzerin bei den US-Alliierten am Flughafen Tempelhof annehmen kann. Dort begegnet sie dem Piloten Matthew. Obwohl Nora es nicht, wie viele andere der jungen Frauen, darauf anlegt, einen Mann kennenzulernen, verguckt sie sich in den jungen Piloten. Doch zu schwer wiegt ihr schlechtes Gewissen ihrem verlorenen Mann gegenüber. So einfach kann sie ihren Gefühlen nicht freien Lauf lassen. Schließlich warten ihre beiden Kinder zu Hause noch immer auf ihren vermissten Vater.

Wer den Klappentext dieses Buches liest, kann erahnen, dass es sich hier um eine sehr dramatische und emotionale Geschichte handelt. Genau so habe ich diesen Roman auch empfunden. Die Nöte, die die Menschen in der Nachkriegszeit auf sich nehmen mussten, waren deutlich spürbar. Mein größter Respekt gilt all jenen, die dieser furchtbaren Zeit ausgesetzt waren. Doch für die Protagonistin Nora waren nicht nur die mangelnden Lebensmittel und der Verlust ihres Mannes eine Bürde, sondern besonders ihre ungünstige Lebenssituation. Der Mann kehrt aus dem Krieg nicht zurück, die Frauen müssen allein für die Familie und ums Überleben kämpfen und plötzlich schleicht sich eine neue und verbotene Liebe dazwischen. Eine Beziehung zu den Amerikanern war nicht gern gesehen, erst recht dann nicht, wenn die Frau bereits verheiratet war. Zwar galt Noras Mann im Krieg als verschollen, doch für tot erklärt wurde er bisher nicht. Er konnte also jederzeit zurückkehren. Was für ein furchtbarer Gedanke, wenn der vermisste Ehemann, geschunden vom Krieg, plötzlich wieder vor der Tür steht und die Frau, die er liebt, jemand anderen hat. Hinzu kam, dass auch in Noras Umfeld nicht jeder von einer neuen Liebe angetan war. Zwar wusste niemand, wie viele Jahre sie noch auf eine Rückkehr warten sollte, doch gleich einen neuen Mann an Noras Seite zu akzeptieren, schien einigen Menschen aufzustoßen. Nora saß praktisch in einer Zwickmühle und konnte nur dabei zusehen, wie sich um sie herum alles veränderte. Sie aber musste hilflos in ihrer Situation ausharren. Auch wenn ihr Herz sich noch so sehr nach der Liebe dieses Piloten sehnte, Nora passte sich ihrem Pflichtbewusstsein an, setzte stets das Wohl aller, insbesondere ihrer Kinder, an erster Stelle und verzichtete auf ihr eigenes Glück. Dieses Drama zu verfolgen, tat mir in der Seele weh. Nicht nur einmal war ich den Tränen nahe. Von Herzen hätte ich Nora eine glückliche und erfüllte Liebe gegönnt. So manches Mal hätte ich auch gern ihre Tochter in die Schranken gewiesen, die mit kindlicher Unwissenheit das Glück der Mutter nicht zuließ.
Die Geschichte um die Berliner Luftbrücke habe ich bisher noch in keinem Roman gelesen. Ich war gefesselt von den geschichtlichen Entwicklungen im Zusammenspiel mit den großen Gefühlen. Für mich ein wunderbares und spannendes historisches Nachkriegsdrama.

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Veröffentlicht am 01.05.2023

Spürst du es, wenn es Liebe ist?

Need your Touch
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Um ihr Studium in Sozialer Arbeit anzugehen, zieht Mila in eine WG nach Potsdam. Weit weg von ihrer Freundin Karen, die zeitgleich in Frankfurt am Main zu studieren beginnt.
Die erste Begegnung in ihrem ...

Um ihr Studium in Sozialer Arbeit anzugehen, zieht Mila in eine WG nach Potsdam. Weit weg von ihrer Freundin Karen, die zeitgleich in Frankfurt am Main zu studieren beginnt.
Die erste Begegnung in ihrem neuen Zuhause läuft leider alles andere als sympathisch ab. Der Typ, der ihr die Tür öffnet, könnte unfreundlicher nicht sein. Außerdem kommt er ihr irgendwie bekannt vor. Als Mila endlich begreift, wer ihr so unverschämt gegenüberstand, würde sie am liebsten gleich wieder ihre Koffer packen und flüchten. Der Typ heißt Joris und ist ihr vor drei Monaten zusammen mit seinen Freunden schon einmal in Leipzig begegnet. Dieses Zusammentreffen war mehr als unangenehm, nämlich äußerst beängstigend. Mila und Karen hatten Glück, dass sie diesen Typen entkommen konnten. Aber vergessen werden sie diesen Abend niemals wieder.
Auch bei Joris dauert es eine Weile, bis er Mila einzuordnen weiß. Ständig begegnet er Frauen und nimmt auch gern mal eine mit nach Hause. Doch der Abend in Leipzig ist ihm äußerst unangenehm in Erinnerung geblieben. Eigentlich hatte er keine Lust auf eine neue Mitbewohnerin. Deshalb fiel seine Begrüßung auch ziemlich abweisend aus. Wenn er nur sofort geschnallt hätte, wer da vor ihm steht. Denn diese Begegnung in Leipzig kann er so nicht stehen lassen. Er wird sich bei Mila dafür entschuldigen müssen.

Ich habe mir viel von dieser Geschichte versprochen, weil mich sowohl der Klappentext als auch der Trailer zum Buch unfassbar neugierig gemacht haben. Das war genau so eine Geschichte, wie ich sie liebe und am besten gleich lesen wollte. Wenn man mit solch hohen Erwartungen in ein Buch startet, kann man schnell enttäuscht werden, oder aber man wird positiv überrascht, weil das Buch noch besser ist, als man es erwartet hatte. Erst gerade hatte ich ein Highlight beendet und schon stürze ich mich direkt ins nächste. Denn dieses Buch hat für mich wahrlich wieder den Titel eines Highlights verdient. Ich hatte es in kürzester Zeit gelesen, weil ich es einfach nicht aus der Hand legen wollte und konnte. Ab der Hälfte des Buches habe ich mich schon auf Band 2 gefreut. Welch eine Erleichterung, wenn man weiß, dass eine Fortsetzung bereits in den Startlöchern steht. Vor allem bei diesem Ende. Ich liebe, liebe, liebe diese Geschichte, auch wenn sie zwischendurch noch so schmerzhaft ist.
Diese Ungewissheit, die Mila ständig umgab, weil sie sich nie sicher sein konnte, was gerade in Joris vorging. War er nun einer der Guten oder genauso ein Monster, wie seine Freunde? Steckt hinter seiner freundlichen Art nun mehr dahinter, oder ist es nur eine seiner Maschen? Mich hat diese Spannung über die gesamte Buchlänge nicht losgelassen. Jede Begegnung zwischen Mila und Joris war ein reines Feuerwerk aus Emotionen. Ein Knistern und eine Spannung, die immer wieder von neuem aufloderte und kaum auszuhalten war. Es gab unglaublich schöne Momente zwischen ihnen und es gab traurige und herzzerreißende. Immer wieder wurde ich angespornt tiefer in die Geschichte abzutauchen und mehr zu erfahren. Außerdem wurden Mila und Joris von lieben und bösen Nebencharakteren begleitet, die mit ihrer eigenen Geschichte ebenfalls eine Story wert wären. Ich bin gespannt, was mich dazu im zweiten Band erwartet. Wiedertreffen werde ich die meisten von ihnen mit Sicherheit.
Zudem wühlt das Buch allein durch einige gravierende Szenen enorm auf. Darunter gehören einige äußerst unangenehme Begegnungen, die von Mobbing bis hin zur sexuellen Belästigung führen. Auch toxische Freundschaften und Angstzustände nehmen einen Platz in der Geschichte ein. Mich haben diese ernstzunehmenden Themen nur noch mehr an die Seiten gefesselt und auf ein gutes Ende hoffen lassen.
Was soll ich sagen, ich bin restlos begeistert von dieser WG-Story und freue mich wahnsinnig auf die Fortsetzung.

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Veröffentlicht am 26.04.2023

Berührende Geschichte über unsere Mütter und Omis

Hanne. Die Leute gucken schon
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Hanne wächst in den 50er Jahren bei ihrer Mutter in Minden auf. Allein, denn Hannes Vater hat eine andere Frau und ihre kleine Schwester ist schon früh gestorben. Als alleinerziehende Mutter ist es in ...

Hanne wächst in den 50er Jahren bei ihrer Mutter in Minden auf. Allein, denn Hannes Vater hat eine andere Frau und ihre kleine Schwester ist schon früh gestorben. Als alleinerziehende Mutter ist es in dieser Zeit nicht leicht, aber Hannes Mutter Minna beißt sich durch. Bis zu dem Tag an dem sie an Tuberkulose erkrankt. Eine schwere Lungenkrankheit, die eine Menge Veränderungen mit sich bringt. Minna muss in eine Lungenheilstätte nach Bad Lippspringe und ihre Tochter Hanne kommt derzeit bei ihrer Freundin Fanni unter. Monate vergehen, bis Minna zurückkehrt. Ihren Schneiderladen musste sie aufgeben, denn bei einer Tuberkulose Erkrankten kehrt niemand mehr ein. Trotzdem findet Minna immer wieder Mittel und Wege, um mit Hanne allein zurechtzukommen. Das Kind ist ein sehr folgsames Mädchen, und bereitet keinen Ärger. Doch auch für sie hat das Schicksal eine schwere Zeit vorgesehen. Auch Hanne erkrankt an Tuberkulose und muss fort von zu Hause. Selbst eine Operation scheint ihr nicht zu helfen. Für das Mädchen wird es bei der Rückkehr schwer wieder Anschluss zu finden. Zum Glück hat ihre Mutter Minna gute Freunde, die ihnen immer wieder zur Seite stehen.
Mich hat der zweite Band dieser Mütter-Trilogie sehr gepackt. Leider habe ich den ersten Teil im Vorfeld nicht gelesen, möchte das aber unbedingt nachholen. Gerade zu Beginn der Geschichte hatte ich den Eindruck, ich hätte mich besser eingefunden, wenn ich die Vorgeschichte, also die Geschichte der Mutter, bereits gekannt hätte. Trotzdem war es nicht schwer die Zusammenhänge zu verstehen und ich habe mich schnell von der damaligen Zeit fesseln lassen.
Ich komme selbst aus NRW, deshalb waren mir die Orte, die in der Geschichte zur Sprache kamen, größtenteils bekannt. Viele Ausdrücke kannte ich auch aus Erzählungen meiner Oma. Ein Erlebnis war es aber allemal, wie anders doch diese Zeit war und welch eine Bürde die Menschen in der Nachkriegszeit auf sich nehmen mussten. Welche Werte an die jungen Frauen vermittelt wurden und welche Einstellungen die Menschen teilten. Gut und Böse gab es sowohl vor als auch nach dem Krieg. Ich finde es immer wieder erschreckend, was die vielen Menschen auf sich nehmen mussten. In diesem Buch werden gleich mehrere unterschiedliche Menschengruppen ausgegrenzt, diskriminiert und auf schlimmste Weise behandelt. Die Juden, die Zigeuner und auch die Kranken hatten es alles andere als einfach. Der Krieg war auch lange nach dem offiziellen Ende noch zugegen. Auch die Frauen kamen noch Jahre später nicht gut davon. Ich saß teilweise kopfschüttelnd vor den Zeilen und konnte nicht fassen, was sich so mancher Ehemann alles rausnehmen durfte.
Mein liebster Protagonist dieser Geschichte, und auch ein Mann mit guten Zügen, war eindeutig Minnas Bruder Karl. Ich bewunderte ihn für seine Geduld besonders seiner Frau Wilhelmine gegenüber, die an jedem und allem etwas auszusetzen hatte. Sie sorgte für so manches Schmunzeln in meinem Gesicht. Einer guten Unterhaltung hat sie definitiv beigetragen. Überhaupt waren mir alle Protagonisten sehr sympathisch. Minna beeindruckte mich mit ihrem unermüdlichen Ehrgeiz und ihrer Kämpfernatur. Auch Fannie war eine sehr sympathische und lockere Persönlichkeit. Die Autorin hat es gut gemeistert, alle Personengruppen, ob nun reich oder arm, unter einen Hut zu bringen und gut darzustellen. Ich fand es unglaublich interessant, welchen Weg jeder einzelne aus Minnas Umfeld gegangen ist und zu welchem Wohlstand sie es teilweise nach dem Krieg gebracht haben. Beeindruckend fand ich auch, dass die Freundschaften in den meisten Fällen überwogen und nur selten Neid aufkam.
Auch Hannes Entwicklungen im Erwachsenenalter waren spannend zu verfolgen. Gerade bei ihr wurde deutlich, welche unglücklichen Folgen ein einziger Fehltritt in jungen Jahren mit sich ziehen konnte und wie sehr er zur damaligen Zeit die Zukunftspläne einer jungen Frau beeinflusste.
Kaum hatte ich das Buch beendet, fehlten mir die Protagonisten schon. Für mich auf jeden Fall eine Geschichte, die ich unbedingt weiterverfolgen möchte! Außerdem hat sie mich sehr berührt und auch im Nachhinein einschneidend beschäftigt. Ich freue mich auf den neuen Band, der bereits im Juli erscheinen soll und werde mir so bald wie möglich den ersten Teil gönnen. Eine sehr schöne Erzählung, der es an nichts fehlt, die kein Detail auslässt und einen perfekten Blick in die Vergangenheit möglich macht.

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Veröffentlicht am 21.04.2023

Coffee and Cake – Tritt ein und spür das Glück

Vielleicht für immer mit dir
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Völlig überraschend bekommt Caro die Kündigung von ihrem Chef. Nun steht sie nicht nur als Single, sondern plötzlich auch ohne Arbeit da. Zum Glück hat sie ihre beste Freundin Mira, die immer für gute ...

Völlig überraschend bekommt Caro die Kündigung von ihrem Chef. Nun steht sie nicht nur als Single, sondern plötzlich auch ohne Arbeit da. Zum Glück hat sie ihre beste Freundin Mira, die immer für gute Laune und Leichtigkeit zu haben ist. Schnell hilft sie Caro aus ihrem Tief und schmiedet gemeinsam mit ihr einen neuen Plan. Es heißt, einen langersehnten Traum zu erfüllen. Schon immer haben die beiden Freundinnen von einem eigenen Café geträumt. Als Caro eine geeignete Lokation entdeckt, ist Mira sofort zur Stelle. Ein völlig neues Leben steht für die Zwei an und sie begehen es voller Tatendrang, bis eines Tages eine furchtbare Nachricht ihr neues Werk zu zerstören droht.
Man schlägt die erste Seite von Barbara Dells neuem Roman auf und fühlt sich direkt zu Hause. Mit wunderbarer Leichtigkeit, wie eine liebe Freundin, erzählt sie ihre Geschichte von Caro und Mira. Ich habe die Zukunftspläne und den Aufbau des eigenen Cafés sehr genossen, denn sie zauberten eine hundertprozentige Wohlfühlatmosphäre. Ich konnte mir sehr gut vorstellen, wie für die beiden Freundinnen Stück für Stück ein kleines Lebenswerk entstand, bis eines Tages durch eine schlimme Krankheit alles ins Wanken gerät. Mira fällt aus und Caro steht allein im Café. Zum Glück hat Caro eine reizende Familie und viele liebe Menschen in ihrer Umgebung, die sofort bereit sind, ihr zu helfen und sie zu unterstützen. Einzig Mr. Vollidiot bringt Caro regelmäßig auf die Palme. Ein Mann, der sie bei jeder Begegnung völlig aus der Fassung bringt und bei dem sie sich selbst kaum wiedererkennt. Ich habe jede einzelne Begegnung geliebt und nur darauf gewartet, bis die Zwei endlich erkennen, wie gut sie doch zueinander passen.
Trotz der Tragik habe ich die Geschichte als ein vollkommenes Wohlfühlerlebnis empfunden. Jede Zeile zauberte mir ein gutes Gefühl und ließ mich in eine herzliche Atmosphäre abtauchen. Es hat Spaß gemacht, den Zusammenhalt unter Freunden und Familie mitzuerleben. Hier hat jeder sofort mit angepackt und war zu helfen bereit. Außerdem hat die Geschichte in mir eine unbändige Lust aufs Backen geweckt. Die liebe Caro zauberte der Reihe nach Köstlichkeiten, bei dem einem das Wasser nur so im Mund zusammenlief. Wenn gewisse Szenen auch hin und wieder mit einer rosaroten Brille geschildert wurden und die Realität leider oft anders aussieht, so hat das mein Lesegefühl nicht beeinträchtigt. Für eine Geschichte zum Wegträumen und Wohlfühlen war es genau richtig.
Barbara Dells erstes Buch hat mir schon sehr gefallen, hier hat sie wieder einen wunderschönen Roman gezaubert. Er geht mitten ins Herz, rührt zu Tränen, lässt es Knistern und versprüht jede Menge Glücksgefühle.

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Veröffentlicht am 26.03.2023

Schau doch mal genauer hin!

Die Grenze zwischen Licht und Dunkelheit
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Als Rieke eines Morgens auf dem Weg zur Arbeit vor die Füße eines Obdachlosen stürzt, ahnt sie noch nicht, was diese Begegnung für ihre Zukunft bedeuten wird. Eigentlich wollte sie einen großen Bogen um ...

Als Rieke eines Morgens auf dem Weg zur Arbeit vor die Füße eines Obdachlosen stürzt, ahnt sie noch nicht, was diese Begegnung für ihre Zukunft bedeuten wird. Eigentlich wollte sie einen großen Bogen um den Mann am Boden machen, doch dann ging alles plötzlich sehr schnell und ehe sie sich versah, saß sie gemeinsam mit ihm auf seiner Decke. Denn dieser einsame Mann, war der Erste und der Einzige, der ihr im Moment des Sturzes zur Hilfe kam.
Die Situation war für Rieke mehr als unangenehm. Selbst einige Zeit später, nachdem sie längst in den Händen der Rettungssanitäter und anschließender ärztlichen Behandlung war, ließen Rieke die Gedanken an diesen Mann nicht los. Nicht einmal richtig bedankt hatte sie sich bei ihm. Und jetzt ist es zu spät. Denn aufgrund ihres Unfalls ist sie für die nächsten Wochen erst einmal an ihre Wohnung und ihr Sofa gefesselt. Nicht daran zu denken, einfach loszulaufen und ihm ihren Dank auszusprechen. Also bleibt ihr nichts anderes übrig, als ihren Freund zu bitten, das für sie zu übernehmen. Schnell wird aber deutlich, dass dieser alles andere als erfreut darüber ist und mit dem „Penner“ keinen Kontakt haben will. Und schon gar nicht will er, dass seine Freundin Umgang mit diesem dahergelaufenen Taugenichts hat.
Rieke aber lässt der Vorfall nicht los. Immer wieder kreisen ihre Gedanken um diesen Mann. Bis das Schicksal eines Tages erneut zugreift und er plötzlich vor ihr steht. Tom, der Obdachlose aus der Unterführung, der ihr am besagten Morgen zur Hilfe eilte. Endlich hat Rieke die Möglichkeit, sich bei ihm zu bedanken und vielleicht sogar ein Stück zu helfen. Doch will Tom das überhaupt? Er macht es ihr nicht leicht, als sie versucht, Zugang zu ihm zu finden. Ist es Toms Stolz, der keine Nähe zulässt und eine Mauer aufzieht? Rieke lässt nicht locker, bis sich Tom ganz langsam öffnet und auf Riekes Angebote einlässt. Das Leben beider wird durch dieses zarte Band, das gerade entsteht, mächtig durcheinander gewirbelt und auf eine harte Probe gestellt. Von nun an müssen sie sich entscheiden, für was es sich lohnt zu kämpfen und von wem oder was man sich besser verabschiedet.
Als ich das erste Buch von Petra Bunte gelesen habe, war ich beeindruckt davon, wieviel Werte sie in eine Geschichte hineinpackt. Sie schafft es auf sensible und einfühlsame Art unsere Verhaltensweisen zu hinterfragen und unser Handeln in eine gute Richtung zu lenken. Ich wusste sofort, als ich von einer neuen Geschichte hörte, dass sie uns auch diesmal wieder im Herzen berührt und uns eine wichtige Botschaft mit auf den Weg geben will. Ich habe mich nicht geirrt. Ihr neuer Roman hat mich von der ersten Seite an gepackt und berührt. Die Geschichte von Tom und Rieke wird aus den Perspektiven beider Protagonisten erzählt und lässt uns wunderbar in die Gefühlswelt der Zwei abttauchen, was auch dringend nötig ist. Denn sie beide haben mit jeder Menge Problemen zu kämpfen. Wie sie langsam Anschuss zueinander finden, wird einfühlsam und lebensecht rübergebracht. Wir haben es hier mit zwei sehr sensiblen Charakteren zu tun und ich fand es angenehm zu beobachten, wie verständnisvoll sie aufeinander reagierten. Wieviel davon der Realität entspricht, kann ich nicht beurteilen, weil ich selbst bisher keine Erfahrung mit Obdachlosen gemacht habe. Ich habe mir aber während des Lesens oft gedacht, dass Toms teilweise sehr sturköpfigen Reaktionen ziemlich echt und nachvollziehbar rüberkommen. Zu Beginn versucht er immer wieder Gesprächen auszuweichen und lässt zu seinem Schutz kaum Nähe zu. Für mich wirkte sein Verhalten und das der anderen Obdachlosen sehr lebensecht. Ich habe in dieser Art noch keine Geschichte gelesen und fand sie daher auch sehr fesselnd. Zudem habe ich den Eindruck, dass die Autorin eine wahre Freude daran hat, uns Leser mit klitzekleinen Andeutungen auf die Folter zu spannen. Es ist ihr jedenfalls ausgezeichnet gelungen, mich mit ihren Worten auf den weiteren Verlauf der Geschichte neugierig zu machen. Was mir auch besonders gut gefallen hat, waren die vielen knisternde Momente zwischen Rieke und Tom, die sich ganz zart entwickelten und dann immer weiter steigerten. Für mich eine besonders wertvolle und bedeutende Liebesgeschichte und ein absoluter Lesegenuss!

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