Profilbild von SofiaMa

SofiaMa

Lesejury Star
offline

SofiaMa ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit SofiaMa über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 17.06.2023

Das ist jetzt meine Lieblings-RomCom! ♥

Royal Blue
1

Vielen lieben Dank an den Knaur-Verlag für die Bereitstellung dieses Rezensionsexemplars!
Meine Rezension spiegelt selbstverständlich trotzdem meine ehrliche Meinung wider.

Aufmachung:
Ich habe die blaue ...

Vielen lieben Dank an den Knaur-Verlag für die Bereitstellung dieses Rezensionsexemplars!
Meine Rezension spiegelt selbstverständlich trotzdem meine ehrliche Meinung wider.

Aufmachung:
Ich habe die blaue Sonderausgabe mit Farbschnitt und Artwork in den Innenklappen und muss sagen: Ich bin verliebt!
Besonders gut gefällt mir natürlich das Artwork, das viele verschiedene Szenen zwischen Alex und Henry zeigt; in der vorderen Klappe auf blauem Untergrund alle Schlüsselszenen zwischen den beiden, die in den USA passieren, und in der hinteren Klappe auf rosa Untergrund die Szenen in England. Beim Lesen habe ich immer wieder nachgeschaut, ob von der jeweiligen Szene auch eine Zeichnung vorhanden ist und welche Szenen ich davon schon gelesen habe. Das kann man sich also nicht nur vorher und hinterher schön angucken, sondern auch, während man der Handlung folgt.
Es hat sich also definitiv gelohnt, auf diese hübsche Schmuckausgabe zu warten!


Meine Meinung:
Durch die durchweg positiven Meinungen online bin ich mit relativ hohen Erwartungen an die Geschichte herangegangen und ich kann jetzt nur sagen: Die wurden weit übertroffen!
Allzu lang wird die Rezension vermutlich nicht ausfallen, da ich rein gar nichts auszusetzen habe.

Das fängt bereits mit dem leichten, jugendlichen Schreibstil der Autorin an, den ich bereits aus „I Kissed Shara Wheeler“ kenne und der hier noch einmal besonders gut zur Geltung kommt. Die Geschichte wird (mit Ausnahme des Bonuskapitels) ausschließlich aus Alex´ Perspektive erzählt, und zu seiner frechen, vorlauten, aber doch grundehrlichen Art passt der kecke, frische Stil der Autorin hervorragend. Dadurch ließe sich das Buch prima auch in einem Rutsch durchlesen, trotz seiner doch nicht unbeachtlichen Länge von 500 Seiten.
Aufgelockert wird das Ganze durch den fröhlichen, lockeren Humor, der die Figuren abrundet und mich mehr als nur einmal sehr zum Lachen gebracht hat.


Die größte Stärke von „Royal Blue“ sind seine Figuren. Vor allem die beiden Hauptfiguren Alex und Henry, die – der eine laut, extrovertiert, der andere eher ruhig und zurückhaltend – auf den ersten Blick unterschiedlicher nicht sein könnten, die sich aber doch wunderbar ergänzen. Ich habe es sehr genossen, wie sie sich von anfänglicher „Antipathie“ – hier in Anführungsstrichen, weil jeder außer Alex selbst direkt erkennt, dass er Henry eigentlich doch mag; das macht auch einen wesentlichen Teil des Charmes dieses Buches aus – immer mehr annähern und wie sich dadurch nicht nur eine starke Freundschaft entwickelt, sondern natürlich auch die Gefühle der beiden füreinander immer stärker und immer deutlicher werden.

„Er weiß jetzt mehr über Henry, versteht ihn besser, und er kann die Seltenheit eines echten Lächelns auf dem gleichen, für seine Schönheit berühmten Gesicht würdigen.
Es erzeugt eine merkwürdige kognitive Dissonanz – der Henry jetzt und der Henry von damals. Bestimmt fühlt sich der Bereich unter seinem Brustbein deshalb so unruhig und heiß an. Deshalb und wegen des Whiskeys.“ (S. 112/496)

Ich fand es sehr schön, wie Alex und Henry sich aufeinander verlassen konnten und füreinander da waren, wenn der andere sie gebraucht hat. Beide können wirklich gut zuhören, und das tiefe Vertrauen, das sie dem jeweils anderen entgegenbringen, ist förmlich greifbar.
Das schafft die Autorin nicht nur dadurch, dass sie ein tiefes Verständnis für ihre Figuren aufbringt, und sie so wunderbar rund und mehrdimensional charakterisiert hat, dass sie sich praktisch von alleine weiterentwickeln, sondern auch mit ihrem ehrlichen Schreibstil, der vor allem auch in den E-Mails, die Alex und Henry sich einander schicken, wieder deutlich wird.
Bemerkenswert ist dabei im Übrigen, dass anhand des erzählerischen Untertons stets deutlich wird, wer gerade spricht oder von wem die Mails bzw. Textnachrichten sind, da jeder der beiden Figuren (und auch einiger Nebenfiguren) eine eigene sprachliche Einfärbung bekommt, die so subtil ist, dass sie einem zunächst gar nicht bewusst ist.

Neben Alex und Henry sind mir aber auch die Nebenfiguren allesamt ans Herz gewachsen, insbesondere Alex´ Mutter, deren direkte, aber dennoch herzliche Art ich sofort liebgewonnen habe. Auch June, Nora und Bea sind hier mehr als nur Nebenfiguren; sie sind starke Präsenzen, nehmen eigenständige Rollen innerhalb der Geschichte ein und sind ebenso greifbar wie die Protagonisten.

„‚Schatz, ich kann dir gar nicht sagen, wie gleichgültig es den Medien ist, wer hier mit was angefangen hat‘, sagt Ellen. ‚Als deine Mutter kann ich anerkennen, dass es vielleicht nicht deine Schuld war, aber als Präsidentin wünsche ich mir nur, dass die CIA deinen Tod vortäuscht und ich das Mitgefühl wegen meines toten Kindes ausnutzen kann, um für eine zweite Amtszeit gewählt zu werden.‘“ (S. 30/496)


Zu guter Letzt hat mir auch der Plot ausnahmslos gefallen – von der ersten Seite an war ich gefesselt und konnte mich nicht mehr vom Buch losreißen.
Im Vordergrund steht natürlich die geheime (verbotene) Beziehung à la Pyramus und Thysbe zwischen Henry und Alex; alleine schon deshalb, weil man die beiden aufgrund ihrer Positionen in ihren jeweiligen Heimatländern sowie natürlich auch innerhalb der Weltpolitik, nicht zusammen erwischen durfte. Das sorgt für eine gewisse Grundspannung, die stets spürbar ist, wenn sie sich wieder einmal zusammen verstecken.
Aber auch darüber hinaus ist die Entwicklung ihrer Beziehung so aufgebaut, dass man zwar seine Vorstellungen davon hat, worauf es am besten hinausläuft (auf ein Happy End selbstverständlich), aber die Autorin es gleichzeitig versteht, wie sie den Leser auf raffinierte Weise stets im Ungewissen lässt.
Was Alex´ und Henrys Beziehung weiterhin so besonders macht, sind die Vergleiche und Parallelen, die sie selbst immer wieder zu berühmten fiktiven oder realen Paaren ziehen.

Daneben steht aber auch der Wahlkampf von Alex´ Mutter, der, ganz im US-amerikanischen Stil natürlich sehr dramatisch verläuft, sowie Henrys Leben im britischen Königshaus. Der starke Kontrast zwischen der freien, lauten, fast schon vulgären Kultur Amerikas zu den vornehmen Traditionen des britischen Königshauses, die besonders penibel auf eine feine Außenwirkung bedacht ist, wird hier besonders deutlich.
Beide haben aber eines gemeinsam: Alex´ Bisexualität und Henrys Schwulsein passt in beiden Ländern nicht zum traditionellen Familienbild. Das ist hier selbstverständlich ein großes Thema, und die Sensibilität, aber auch Ehrlichkeit und Bestimmtheit, mit der McQuiston die damit einhergehenden Probleme und Konflikte angesprochen hat, die hier zutage treten, hat mir sehr gefallen.
Im Prinzip ist „Royal Blue“ in der Hinsicht ein großes Gedankenexperiment: Was wäre, wenn eine der führenden Personen von zwei der mächtigsten Länder der Welt queer wäre? Das Ergebnis, zu dem die Autorin hier im Laufe der Handlung kommt, kommt dem, wie man es sich vorstellt, dass es in der Realität aussehen würde, sehr nahe und ernüchtert erst einmal sehr und macht auch traurig.
Gleichzeitig schafft sie es mit ihrer Erzählung – auch im Hinblick auf Ellen Claremont, die erste weibliche US-Präsidentin, sowie der Einwanderer-Hintergrund ihrer Familie –, ein hoffnungsvolles Bild zu malen, und das berührt.


Das Bonuskapitel ist im Übrigen supersüß, wenn auch nicht wirklich notwendig – es ist eben ein Bonuskapitel. Es ist eindeutig für Fans geschrieben, aber ich habe mich sehr darüber gefreut!


Fazit:
„Royal Blue“ ist ein großes Highlight und kann ich jedem von euch nur ans Herz legen!
Die Beziehung zwischen Henry und Alex ist ehrlich, frisch und zuckersüß und vor allem die Dynamik zwischen dem frechen, vorlauten Alex und dem zurückhaltenden Henry kann begeistern.
Aber nicht nur die Hauptfiguren, auch die Nebenfiguren, allen voran Alex´ Mutter Ellen, June, Nora und Bea wachsen einem sofort ans Herz.
Neben einer mitreißenden Liebesgeschichte à la Pyramus und Thisbe kann „Royal Blue“ aber auch mit dem politischen Subplot, der Kritik an die US-amerikanische Regierung, das britische Königshaus und auch an den Rest der Welt und die Schwierigkeiten und Konflikte, denen sich queere Menschen stellen müssen, überzeugen.
Das Buch sollte jeder gelesen haben, spätestens, wenn im August der Film auf Prime Video erscheint!
5/5 Lesehasen.



  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 16.06.2023

Würdige Fortsetzung einer raffinierten Hexengeschichte

Der Hexenzirkel Ihrer Majestät. Die falsche Schwester
1

Vielen lieben Dank an den Knaur-Verlag für die Bereitstellung dieses Rezensionsexemplars!
Meine Rezension spiegelt selbstverständlich trotzdem meine ehrliche Meinung wider.

Aufmachung:
Die Buchgestaltung ...

Vielen lieben Dank an den Knaur-Verlag für die Bereitstellung dieses Rezensionsexemplars!
Meine Rezension spiegelt selbstverständlich trotzdem meine ehrliche Meinung wider.

Aufmachung:
Die Buchgestaltung ist, wie immer beim Knaur-Verlag, einfach nur toll. Wie beim ersten Band fällt hier auf den ersten Blick der – dieses Mal dunkelblau – folierte Reihentitel im Zentrum und der Untertitel am unteren Bildrand auf. Wenn man sich das Cover dann genauer ansieht, erkennt man auch hier, dass die hellblauen Schnörkeleien auf dem dunkelblauen Hintergrund um den Titel herum wieder nicht bloß Schnörkeleien sind, sondern man findet erneut ein Symbol, das stark an ein Auge erinnert und das auch an jedem Kapitelanfang wieder auftaucht – dieses Auge sieht aber um Einiges anders aus als das, das auf dem Cover des ersten Bandes abgebildet ist, alleine schon wegen des Sterns in der Mitte. Ich denke mal, das ist ein Hinweis auf die etwas „andere“ Protagonistin dieses Teils. ;)
Auch hier findet man Monde, Schlangen und eine Sonne – alles „witchy“ Symbole, die damit hervorragend zum Buch passen. Die Monde sehen dieses Mal aber ein klein wenig anders aus und zusätzlich findet man auf dem Cover noch eine Krone, was ebenfalls ein Hinweis auf einen Aspekt des Inhalts ist.
Insgesamt kann ich nur sagen, dass ich diese Detailverliebtheit des Covers liebe – wenn man weiß, was passiert, erkennt man sofort, dass hier jemand am Werk war, der sich gut mit dem Inhalt auskennt. Und wenn man den Inhalt noch nicht kennt, ist das Cover trotzdem ein Hingucker – genau diese Anforderungen sollte ein Cover (v. a. im Fantasybereich) erfüllen!


Meine Meinung:
Der Auftaktband „Das begabte Kind“ hatte mir ja bereits super gefallen, auch wenn ich zu Beginn Einstiegsschwierigkeiten hatte. Obwohl es nun mittlerweile ein gutes halbes Jahr her ist, dass ich Band eins gelesen habe, und ich mich, bevor ich „Die falsche Schwester“ geöffnet hatte, eigentlich auch nur noch an das extrem fiese Ende des Auftaktes erinnern konnte, der Rest also in den Untiefen meines Gedächtnisses erstmal verschüttet war, habe ich dieses Mal sehr gut in die Geschichte gefunden.
Zwar verzichtet die Autorin auf einen Rückblick am Anfang (davon bin ich bei Fantasy immer ein großer Fan), aber trotzdem webt sie kleine Gedächtnisstützen so geschickt in die Handlung ein, dass sie einem im Prinzip doch einen Rückblick gibt, ohne dass der Leser das aber merkt. Das fand ich super und das hat definitiv einen Großteil dazu beigetragen, dass ich mich sofort wieder in der Geschichte verlieren konnte und das Gefühl hatte, Band eins gerade erst zur Seite gelegt zu haben.


Ein anderer Grund dafür ist aber natürlich auch die Tatsache, dass die Autorin nun nicht mehr in die Welt einführen muss, sondern inhaltlich genau da anknüpfen kann, wo der Vorgänger aufgehört hat. Das gelingt ihr hier, wie gesagt, hervorragend. Ich war sofort wieder in der Geschichte drin, es geht auch gleich weiter, und so hatte ich mir nichts, dir nichts bereits gut die Hälfte nach der ersten Lesesession inhaliert.

Die Plotdichte ist hier aber auch wieder sehr hoch! Man begleitet die vier Hexen, die man bereits im ersten Band kennengelernt hat, dabei, die Nachwehen von Helenas Taten zu glätten. Nebenher müssen sie sich aber auch nicht nur neuen Problemen stellen, sondern natürlich auch denjenigen, die sich bereits im Auftakt angedeutet haben.
Dabei verfolgt man zusammen mit Elle, Leonie, Elles Tochter Holly und Theo zusätzlich zu Ciaras Weg, der sich im Ende von Band eins überraschenderweise abgezeichnet hat, vier verschiedene Plots gleichzeitig – es passiert also ständig irgendetwas.
Trotzdem hat man dabei nicht das Gefühl, dass man von Informationen überladen würde oder dass die Autorin sich hier zu viel aufgebürdet hätte.
Stattdessen gewichtet sie die unterschiedlichen Handlungsstränge in genau der richtigen Weise, dass man stets am Ball bleibt und sich gespannt fragt, was als nächstes passiert. Man hat zu keinem Zeitpunkt Probleme damit, der Handlung zu folgen. Zwar fragt man sich zwischendurch, wo das alles denn am Ende hinführen wird, aber zum Schluss – vor allem durch die letzten beiden Kapitel – ergibt wieder alles einen Sinn und man erkennt erneut, dass Dawson hier alles gut durchdacht ist und ein ganz großes Bild vor Augen hat. Alles greift wie Zahnräder ineinander und man kann nur staunen.

Auch das Magiesystem, das ich in meiner Rezension zum ersten Band bereits in höchsten Tönen gelobt habe, wird hier weiter fortentwickelt. Man denkt, man hätte nun vollständig begriffen, wie die Kräfte der Hexen hier funktionieren, und dann überrascht Dawson einen mit weiteren Informationen, unerwarteten Wendungen und subtil angesprochenen Fragen, deren Antworten hier nicht vollständig gegeben werden, über die man sich jedoch unentwegt Gedanken macht, und die mit Sicherheit eine Rolle im Abschluss der Reihe spielen werden. Auch hier sieht man also wieder die Zahnräder drehen, obwohl man noch nicht absehen kann, wo sie letztlich einrasten werden.


Darüber hinaus spricht die Autorin wie auch im Auftakt hier nebenbei wieder wichtige Themen an, die immer noch brandaktuell sind, wie Sexismus und female rage, Transsexualität und Transfeindlichkeit, Rassismus und white privilege, und zwar auf eine Art und Weise, die der Sensibilität und Relevanz dieser Themen mehr als gerecht wird. Wieder einmal schneidet sie politische Diskussionen an, teilt dem Leser ihre eigene Meinung mit und gibt Betroffenen gleichzeitig eine Stimme, die jeder hören kann, der sich diesem Buch widmet. Das gibt nicht nur dem Buch Substanz, sondern verleiht auch ihren Figuren Authentizität und trägt wesentlich dazu bei, dass man sich so gut in sie hineinversetzen kann.


Denn auch hier gibt Dawson jeder ihrer Protagonistinnen ihre eigene Stimme, versteht sie und gibt ihnen den Raum zur Entwicklung, den sie brauchen, um zu greifbaren, lebensnahen Protagonisten zu werden. Wieder einmal ist dabei keine ihrer Figuren einfach nur „gut“ oder „böse“ ist. Stattdessen folgt jede Figur einfach nur den eigenen Überzeugungen, die dem Leser so plausibel gemacht werden, dass er sich mit Leichtigkeit in jede Figur hineinversetzen kann und versteht, weshalb die Figur sich so entwickelt, wie sie es eben tut.
Vielleicht ist das auch der Grund, weshalb sich Ciara mittlerweile zu meiner Lieblingshexe entwickelt hat, auch wenn sie am Ende vom ersten Band ihre Schwester Niamh tötet, die bis dahin mein Liebling war. Jede der Protagonistinnen, aber vor allem Ciara begeht teils unverzeihliche Fehler, ohne dass diese dann entschuldigt oder relativiert werden. Die Taten, die die Hexen begehen, werden genauso schlimm dargestellt, wie sie sind, und trotzdem kommt man nicht umhin, mit ihnen mitzufühlen und mit ihnen zu sympathisieren, einfach, weil man sie – unabhängig davon, ob man ihnen zustimmt oder nicht – einfach versteht. Das ist ganz großartiges Characterbuilding, das Dawson bereits im Auftakt gezeigt und hier nur fortgeführt hat!


Zusammenfassend kann ich nur sagen: „Die falsche Schwester“ ist eine ganz großartige Fortsetzung eines bereits gelungenen Auftaktes, der – nicht zuletzt auch wegen eines erneut sehr fiesen Cliffhangers – ungemein neugierig auf den Reihenabschluss macht!


Fazit:
Habe ich in meiner Rezension zu Band eins bereits das Magiesystem und das Characterbuilding gelobt, kann ich das hier wieder nur unterstreichen. Auch wenn man denkt, man hätte nun alles über die Magie im Hexenzirkel begriffen, merkt man schnell, dass Dawson noch viel mehr in petto hat, als es zunächst den Anschein hat. Zahnrädchen greift in Zahnrädchen, bis sich ein immer größeres Bild zeigt. Dabei begleitet man fünf wahnsinnig vielschichtige Hexen und ebenso interessante Nebenfiguren, von denen keine nur „gut“ oder „böse“ ist, sondern jede einfach nur ihren eigenen Überzeugungen folgt, und als i-Tüpfelchen wichtige Themen wie Feminismus, Transsexualität und Akzeptanz auf sensible, emotionale und vor allem lautstarke Weise praktisch nebenbei an.
Wie auch schon beim ersten Band muss man sich aber auch hier auf ein wahnsinnig fieses Ende einstellen. Mein Tipp, wenn ihr die Reihe noch nicht begonnen habt: Wartet jetzt einfach noch ein wenig den Erscheinungstermin des letzten Teils ab, denn ihr werdet nach Band eins und auch nach Band zwei unbedingt weiterlesen wollen.
5/5 Lesehasen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 03.05.2023

Grandiose Fortsetzung einer fantastischen SciFi-Reihe

Cytonic - Unendlich weit von Zuhause
1

Vielen lieben Dank an den Knaur-Verlag für die Bereitstellung dieses Rezensionsexemplars!
Meine Rezension spiegelt selbstverständlich trotzdem meine ehrliche Meinung wider.


Aufmachung:
Ich habe bereits ...

Vielen lieben Dank an den Knaur-Verlag für die Bereitstellung dieses Rezensionsexemplars!
Meine Rezension spiegelt selbstverständlich trotzdem meine ehrliche Meinung wider.


Aufmachung:
Ich habe bereits in meinen Rezensionen zu den beiden Vorgängerbänden die Gestaltung des Verlags gelobt, und kann auch hier nichts Neues sagen. Mir gefällt der Stil der Reihe unheimlich gut, mit dem Augenpaar, das den Betrachter jedes Mal aus einem unterschiedlichen Blickwinkel aus dem Sternenhimmel heraus ansieht. Man erkennt sofort, dass es sich hierbei um SciFi handeln muss und dass der Inhalt wohl im All spielt.
Die Innenklappen sind im gleichen Stil gehalten wie das Cover, nur zieren die vordere und hintere Klappe jeweils ein gut gewähltes Zitat aus dem Buch.
Der Untertitel – den Titel hat der Verlag auch dieses Mal aus dem Original übernommen – passt ebenfalls wunderbar auf den Inhalt.


Meine Meinung:
Wieder einmal sitze ich vor einer Rezension, bei der ich nicht wirklich weiß, was ich groß schreiben soll, außer dass das Buch wirklich von der ersten bis zur letzten Seite absolut genial war.

Hauptsächlich liegt das natürlich einfach an Brandon Sanderson. „Cytonic“ ist mein sechstes Buch von ihm, und von jedem einzigen war ich bisher restlos begeistert, so auch von diesem. Er schafft es einfach jedes Mal, genau die richtige Mischung aus Humor, Spannung, Character- und Worldbuilding und Dialogen zu treffen, und damit von Anfang bis Ende zu fesseln.
Auch wenn „Cytonic“ wie seine Vorgänger zwischendurch durchaus düster und auch ein bisschen brutal ist, lockert er durch wahnwitzige, sarkastische Kommentare der Protagonistin Spensa oder etwa die Versuche der KI M-Bot, mit seinen neu gewonnenen Gefühlen umzugehen, die Situation wieder auf, ohne, dass dem Geschehen dadurch etwas an Ernsthaftigkeit verloren geht.
Dadurch ist das Lesen nicht nur unheimlich mitreißend, sondern macht auch noch riesig viel Spaß.

Bereits in meiner Rezension zum ersten Band habe ich das Worldbuilding des Autors ja gelobt, und in der Rezension zur Fortsetzung kam ich gar nicht mehr aus dem Schwärmen heraus. Hier müsste ich mich eigentlich noch steigern, aber ich wüsste gar nicht, wie!
Spensa befindet sich hier zusammen mit M-Bot im Nirgendwo, dem Reich der Delver, das sie erkunden muss, um die Gefahr für ihre Heimat abzuwenden und wieder nach Hause zu finden. Dabei ist sie zu Beginn ähnlich ahnungslos wie der Leser, aber ihre Furchtlosigkeit, Intelligenz und ihr Witz sorgen dafür, dass sie sich schnell zurechtzufinden weiß. Dadurch lichtet sich auch für den Leser der Nebel nach und nach und es werden viele Fragen beantwortet, die man sich schon lange gestellt hat.
Endlich bekommt man eine Ahnung davon, was es mit den Delvern und den Cytonikern auf sich hat, und welche Rolle Spensa in zukünftigen Bänden noch spielen wird.
In „Cytonic“ lernt man nicht nur praktisch im Schnelldurchlauf weite Teile der Galaxie kennen, es ist auch noch beeindruckend, wie es Sanderson gelingt, innerhalb einer bereits fortgeschrittenen Reihe auf fast 500 Seiten immer noch Neues zu gelingen, ohne, dass man jemals das Gefühl hätte, dass das, was man gerade liest, zu viel oder zu „abgespaced“ (pun intended) wird. Er schafft es einfach, dass alles, was er schreibt, sich auf so natürliche Weise in die Geschichte einzufügen, dass man gar nichts hinterfragt von dem, was man liest. Man nimmt einfach alles an und lässt sich, ohne es zu merken, vollständig in die Geschichte fallen.


Wie schon in den Vorgängerbänden ist auch hier die Plotdichte unglaublich hoch. Ein Gefecht jagt das nächste, ständig ist Spensa in Gefahr und man weiß zu keinem Zeitpunkt, was als nächstes auf einen zukommt. Trotzdem hat man auf den fast 500 Seiten nicht einmal das Gefühl, dass eine kurze Atempause nötig wäre; Sanderson schafft es eben, wie gesagt, den Leser dauerhaft mit Informationen zu versorgen und bei der Stange zu halten, da er immer den richtigen Ton trifft.

Das Ende ist dieses Mal nicht ganz so fies und mittendrin, wie bei „Starsight“, aber es lässt natürlich trotzdem viele Fragen offen. Dabei hat sich die Geschichte im Verlauf von „Cytonic“ in eine völlig neue Richtung entwickelt, die ich so niemals vorhergesehen hätte, die rückblickend betrachtet aber jetzt als einzig logische Entwicklung erscheint. Zum Ende dieses Bandes werden dabei Dinge angedeutet, die die gesamte Geschichte noch interessanter werden lassen könnten. Ich bin unfassbar gespannt auf alles, was noch kommt!


Das bezieht sich auch auf die Figuren.
Vor allem Spensa und M-Bot sind mir mittlerweile sehr ans Herz gewachsen. Was mich vor allem an der Protagonistin so begeistert, ist, dass sie an jeder ihrer Aufgaben wächst und sich weiterentwickelt. Zu Beginn von „Skyward“ war sie ein junges, lautes Mädchen, das in jeden Kampf stürzt, um sich zu beweisen. Jetzt ist sie zwar immer noch sehr laut und frech, aber sie kennt ihre Stärken und Schwächen und weiß, dass sie sich nicht mehr beweisen muss. Innerhalb der letzten drei Bücher hat sie sich so stark entwickelt, aber ihren Hang zur Dramatik, ihre Liebe zu Geschichten und den großartigen trockenen Humor behalten. Obwohl sie so eine starke Wandlung durchlaufen hat, ist sie immer noch dieselbe Figur; sie bleibt sich trotz allem stets treu, und das macht sie zu einer tollen, greifbaren und nahbaren Protagonistin.

„‚[…] Geschichten erzählen uns etwas über uns und woher wir stammen. Sie erinnern uns daran, dass wir eine Vergangenheit haben, eine eigene Geschichte. Und eine Zukunft.‘“ (S. 103/480)

Aber auch M-Bot macht hier eine spannende Entwicklung durch. Am Ende des zweiten Bandes ist es ihm gelungen, seine Programmierung zu umgehen und Gefühle zu entwickeln. Damit klarzukommen, fällt ihm allerdings verständlicherweise alles andere als leicht, und das sorgt für viele unterhaltsame, aber auch einige herzerwärmende Momente. Es ist verrückt, wie lieb man diese Künstliche Intelligenz gewinnt!

„‚Vielleicht könnte ich diese Drohne ja mit mechanischen Tränendrüsen ausstatten. Dann könnte ich auslaufen, so wie du. Du hast deine Körpersekrete immer schlecht im Griff, wenn du emotional wirst.‘“ (S. 37/480)


Wie auch schon in „Starsight“ spielen hier ansonsten so gut wie keine altbekannten Figuren eine Rolle. Einzig Jorgen begegnet man ab und an auf besondere Weise, wodurch man einen – wenn auch sehr verschwommenen – Blick darauf bekommt, was in Spensas Heimat während ihrer Abwesenheit geschieht.
Ansonsten trifft Spensa auch hier wieder auf viele neue Figuren. Dabei sollte man zunächst vermuten, dass man aufgrund der schieren Menge an Figuren, die einem in dieser Reihe mittlerweile begegnet sind, völlig den Überblick verloren hat, aber das Gegenteil ist der Fall. Obwohl ich „Starsight“ vor ziemlich genau einem Jahr gelesen habe, und mich, bevor ich „Cytonic“ begonnen hatte, an kaum noch etwas erinnern konnte, kamen die Erinnerungen in kürzester Zeit zurück. Ich wusste nicht nur wieder, was inhaltlich alles so geschehen ist (was ja auch nicht gerade wenig ist), sondern auch die Figuren und ihre Rollen innerhalb der Geschichte kamen wieder zurück – und das, obwohl ich mir sonst nie irgendwelche Namen merken kann. Das kann ich mir nur dadurch erklären, dass es Sanderson gelingt, selbst jeder noch so unbedeutend erscheinenden Nebenfigur einen einzigartigen, mehrdimensionalen Charakter zu geben, der sie so lebensecht wirken lässt, dass man sie nur schwer vergessen kann.
So auch hier! Ohne zu spoilern kann ich nicht allzu viel über die neuen Figuren verraten, aber jede einzelne von ihnen hat mich direkt von Beginn an in ihren Bann gezogen und ich war begierig darauf, mehr über sie zu erfahren.


Fazit:
Wie auch schon seine Vorgängerbände ist „Cytonic“ einfach nur grandios.
Brandon Sanderson erzählt hier Spensas Geschichte auf eine Art weiter, die nur logisch erscheint, mit der ich so zu Beginn der Reihe aber niemals gerechnet hätte.
Dabei ist der Input, den man hier, sowohl was neue Welten als auch neue Figuren angeht, riesig, aber man hat trotzdem nie das Gefühl, dass es einem zu viel wird oder überfordern würde. Das ist wohl auch Sandersons Genie geschuldet, der es jedes Mal mit Leichtigkeit schafft, seinen hervorragenden Humor in die actiongeladene Geschichte einfließen zu lassen und damit ein grandioses Universum zu kreieren, das nicht nur die Science Fiction-Fans unter euch kennenlernen sollten!
5/5 Lesehasen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 03.05.2023

Ein Buch, das sprachlos zurücklässt

Die Mitternachtsbibliothek
1

Vielen lieben Dank an den Droemer-Verlag für die Bereitstellung dieses Rezensionsexemplars!
Meine Rezension spiegelt selbstverständlich trotzdem meine ehrliche Meinung wider.


Aufmachung:
Das Taschenbuch ...

Vielen lieben Dank an den Droemer-Verlag für die Bereitstellung dieses Rezensionsexemplars!
Meine Rezension spiegelt selbstverständlich trotzdem meine ehrliche Meinung wider.


Aufmachung:
Das Taschenbuch hat das gleiche Cover wie das Hardcover und das wiederum hat der deutsche Verlag von Canongate Books übernommen. Das finde ich ja immer schön!
Man sieht ein weißes Gebäude, das nach oben hin offen ist und das von innen mit Regenbogenfarben beleuchtet zu sein scheint, links daneben läuft eine kleine weiße Katze. All das spielt sich vor einem dunkelblauen Hintergrund ab, der in den oberen zwei Dritteln mit weißen Punkten gesprenkelt ist, von denen einige Glitzern. Das Ganze soll eindeutig einen Nachthimmel darstellen, was zur Mitternachtsbibliothek natürlich sehr gut passt.
Dass die Bibliothek oben offen ist, und auch die Katze finden sich im Inhalt wieder.
Das Cover ist definitiv ein Hingucker!


Meine Meinung:
Nur anhand des Klappentextes hätte ich das Buch wohl nicht ausgewählt, da es im ersten Moment dadurch, dass erwähnt wird, dass die Protagonistin sich bereits zu Anfang der Geschichte das Leben nimmt, ja doch sehr düster klingt. Aufgrund der vielen begeisterten Stimmen habe ich mich dann aber trotzdem dazu entschieden, „Die Mitternachtsbibliothek“ zu lesen. Und darüber bin ich sehr froh, denn sonst hätte ich jetzt nicht ein neues Lieblingsbuch!
So ganz, was ich hier in dieser Rezension schreiben soll, weiß ich noch gar nicht. Ich habe jetzt einfach angefangen, in der Hoffnung, dass mir im Schreibprozess einfällt, was ich zu dem Buch sagen soll. Am liebsten würde ich euch einfach dieses Gefühl übertragen, das mir dieses Buch beim und auch nach dem Lesen vermittelt hat, da ich schlicht nicht weiß, wie ich es beschreiben soll, aber das geht natürlich nicht.


„Die Mitternachtsbibliothek“ ist ein Buch, das im ersten Moment so unscheinbar wirkt, dann aber mit jedem Wort mehr berührt und tiefer geht. Matt Haig schreibt hier mit so einer unfassbar puren, reinen Wahrheit, dass man sich gar nicht dagegen wehren kann, dass das Buch ins Herz geht.
Das liegt zum einen ganz klar an dem poetischen, bildhaften Schreibstil des Autors, der so viel zwischen den Zeilen aussagt und mit so wenigen leisen Worten so viele laute Wahrheiten erzeugt.
Er schafft es, dem Leser völlig neue Perspektiven auf die einfachsten, aber auch auf die schwierigsten Aspekte im Leben zu eröffnen. Man denkt über Dinge, über die man sich auch sonst den Kopf zerbricht, intensiv nach, aber aus einem anderen Blickwinkel, und gelangt so zu anderen Schlüssen und neuen Wegen. Zugleich bringt einem Matt Haig dazu, über die Aspekte nachzudenken, die einem so vorher noch gar nicht in den Sinn gekommen sind. Das führt dann wiederum zu neuen Fragen, neuen Antworten und neuen Sichtweisen.

Was „Die Mitternachtsbibliothek“ aber gerade so besonders macht, ist, dass man auf das Leben im Ganzen einen ganz anderen Blick bekommt. Das, was man vorher vielleicht für selbstverständlich oder alltäglich gehalten hat, bekommt beim Lesen dieses Buches einen besonderen Glanz. Man lernt, die Dinge anders wertzuschätzen.
Gleichzeitig betrachtet man die Dinge weniger persönlich, die einem vorher sehr nahegingen und die einen vielleicht sogar eingeengt oder blockiert haben, sondern sieht sie aus der Vogelperspektive mit etwas mehr Distanz.

„An der Natur teilzuhaben, bedeutete, auch am Überlebenswillen teilzuhaben.
Wer zu lange an einem Ort verweilt, vergisst die riesige Ausdehnung der Erde. Er verliert das Gefühl für die Dimension dieser Längen- und Breitengrade. So wie es wohl auch schwierig ist, ein Gefühl für die ungeheuren Dimensionen innerhalb des menschlichen Bewusstseins zu entwickeln.
Spürt man diese Dimensionen jedoch, nachdem sie einem offenbart wurden, keimt Hoffnung auf, ob man will oder nicht, und haftet so hartnäckig am Menschen wie Flechten an einem Felsen.“ (S. 156/320)

Der Autor schafft es, das Einfache schön aussehen zu lassen, und das Schwierige weniger beängstigend. Dass ihm das mit ein paar Tausend Worten auf 320 Seiten gelungen ist, ist einfach nur bemerkenswert.


Dabei hilft ihm auch die Protagonistin Nora Seed. Man lernt sie anfangs als verzweifelte junge Frau kennen, die keinen anderen Ausweg mehr sieht, als ihrem Leben ein Ende zu bereiten. In der Mitternachtsbibliothek trifft sie dann auf Mrs Elm, eine Bibliothekarin, die ihr als Kind bereits durch eine sehr schwierige Zeit geholfen hat, und die ihr jetzt erneut Anstöße gibt, zu sich selbst zurückzufinden und in Bezug auf die Perspektiven auf das Leben den gleichen Prozess zu durchlaufen, wie der Leser.

„‚[…] Und selbst wenn du selber ein Bauer wärst – vielleicht sind wir das ja alle –, solltest du nie vergessen, dass ein Bauer die magischste aller Figuren ist. Er mag klein und gewöhnlich wirken, ist es aber nicht. Denn ein Bauer ist niemals nur ein Bauer. Ein Bauer ist eine Königin im Wartestand. Du musst nur eine Möglichkeit finden, weiter vorzurücken. Feld um Feld. So kannst du auf die andere Seite gelangen und großen Einfluss gewinnen.‘“ (S. 211/320)

Die Entwicklung, die Nora dabei im Laufe der Geschichte durchmacht, zeigen sich dabei vor allem in der Art und Weise, wie ihre Gespräche mit Mrs Elm verlaufen. Aber natürlich tragen auch die Erfahrungen, die sie in ihren unterschiedlichen Leben macht, dazu bei. Bei jedem neuen Leben merkt man anhand dessen, wie sie auf ungewohnte Situationen reagiert, wie schnell sie aufgibt oder wie intensiv sie kämpft, dass sie einen Lernprozess durchläuft und ihr Charakter sich entwickelt.
Als Figur wird sie dadurch besonders greifbar. Selbst wenn der Leser sich nicht in der gleichen Situation befindet wie Nora, kann man ihre Situation dennoch gut nachempfinden und sich hervorragend in sie hineinversetzen. Matt Haig erzählt von ihr aus der dritten Person, trotzdem kreiert er eine so intensive Nähe zu seiner Protagonistin, dass es fast so ist, als würde man sich selbst in der Mitternachtsbibliothek befinden und als würde man selbst in die unterschiedlichen Leben der Nora Seed schlüpfen.


Das Buch spricht die sehr philosophische Frage nach dem Sinn des Lebens an. Wie der Autor das in seiner Geschichte mit der Idee der Mitternachtsbibliothek verwoben hat, hat mir sehr gut gefallen! Ursache und Wirkung spielen hier eine Rolle; es wird immer wieder deutlich, dass die kleinste, am unwichtigsten erscheinende Entscheidung große Auswirkungen haben kann, nicht nur auf das eigene Leben, sondern auch auf die Leben der Mitmenschen. Gleichzeitig wird auch hervorgehoben, dass man Manches einfach nicht beeinflussen kann, dass man Manches hinnehmen muss, wie es ist, und dass einen Reue dann im eigenen Leben aufhalten kann.

Neben dem philosophischen Aspekt integriert Matt Haig auch eine wissenschaftliche Komponente in seine Geschichte. Er spricht von Quantenphysik, von Universen, die parallel gleichzeitig bestehen, in denen zugleich alles möglich ist – wie Schrödingers Katze, die in der Schachtel, solange sie zu ist, gleichzeitig tot und lebendig ist.
Neben der Mitternachtsbibliothek, die nach eigenen Regeln spielt und in der Zeit niemals vergeht, neben der Möglichkeit für Nora, alle ihrer möglichen Leben auszuprobieren, stellt der Autor mit diesem Aspekt einen starken Kontrast her. Er stellt Transzendenz und Wissenschaft, Traumwelten und Realismus gegenüber, wobei er beides als wahr darstellt und es dem Leser überlässt, wie die Geschichte zu interpretieren ist.
Bemerkenswert ist, dass man als Leser dabei nicht groß darüber nachdenken muss. Der Autor entführt einen in seine Geschichte, spielt mit Metaphern, sprachlichen Bildern und Kontrasten, und diese Gedanken über den Sinn dahinter kommen einem ganz natürlich.
Matt Haig erzeugt mit seiner „Mitternachtsbibliothek“ vor allem eins: Hoffnung.

„Interessant, dachte sie, was für völlig neue Perspektiven einem das Leben manchmal schenkt, wenn man nur lange genug wartet.“ (S. 311/320)


Fazit:
„Die Mitternachtsbibliothek“ ist ein großartiges, philosophisches, poetisches Werk, das einen mit einer Natürlichkeit, die man gar nicht bemerkt, zum Nachdenken anregt, und dabei tief berührt und lange nachhallt.
Die Gefühle, die ich beim und nach dem Lesen hatte, kann ich nicht beschreiben. „Die Mitternachtsbibliothek“ ist ein Buch, das im ersten Moment so unscheinbar wirkt, dann aber mit jedem Wort mehr berührt und tiefer geht. Matt Haig schreibt hier mit so einer unfassbar puren, reinen Wahrheit, dass man sich gar nicht dagegen wehren kann, dass das Buch ins Herz geht. Dabei schafft er es, die eigene Perspektive auf das Leben so zu verrücken, dass das Einfache schön aussieht und das Schwierige weniger beängstigend.
Ganz große Leseempfehlung!
5/5 Lesehasen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 15.02.2023

Lebendige Figuren, gefühlvolle Erzählung und traumhaftes Setting

With you I heal
1

Vielen lieben Dank an den Knaur-Verlag für die Bereitstellung dieses Rezensionsexemplars!
Meine ehrliche Meinung wird davon selbstverständlich nicht beeinflusst.

Aufmachung:
Wie auch schon bei den beiden ...

Vielen lieben Dank an den Knaur-Verlag für die Bereitstellung dieses Rezensionsexemplars!
Meine ehrliche Meinung wird davon selbstverständlich nicht beeinflusst.

Aufmachung:
Wie auch schon bei den beiden Vorgängerbänden kann ich die Gestaltung von „With You I Heal“ nur loben! ♥
Ich liebe das hoffnungsvolle Orange, die durchscheinenden Blütenblätter, die an eine Tulpe erinnern, und den weißen geschwungenen Titel darüber. Ein tolles Detail sind dazu die goldglitzernden Sprengsel um den Titel herum, die den Gesamteindruck abrunden und das Buch zu einem wahren Hingucker machen.
In der vorderen Innenklappe findet man wieder ein zu den Protagonisten und Belmont Bay passendes Moodboard mit dem Zitat „Liebe kann nichts heilen. Wir können uns nicht gegenseitig helfen. Aber wir können füreinander da sein. Und ich werde für dich da sein.“, was die Stimmung und die Thematik des Buches gut widerspiegelt.


Meine Meinung:
Bereits der erste Band hat mir ja sehr gut gefallen und nach dem zweiten Band war ich überzeugt davon, dass er nicht getoppt werden könnte – und dann kam „With You I Heal“!
Schon auf den ersten Seiten habe ich gemerkt, dass dieses Buch etwas ganz Besonderes sein, dass es mich tief berühren würde, auch wenn inhaltlich da vielleicht noch gar nicht so viel passiert ist.

Das liegt einfach an dem wunderschönen, leichten und romantischen Schreibstil der Autorin, mit dem sie nicht nur die träumerische Kleinstadtstimmung von Belmont Bay perfekt einfängt, sondern auch mit Leichtigkeit immer den richtigen Ton für ihre Protagonisten trifft.
Man merkt schnell, dass sowohl Arin als auch Sophia schwere Päckchen zu tragen haben, wobei man ja zumindest Arin bereits ein wenig aus den Vorgängerbänden kennt. Aber auch Sophias Last wird einem schnell klar, und auch wenn natürlich noch nicht absehbar ist, wohin die Reise der beiden führen wird oder wie ihre gemeinsame Vergangenheit ausgesehen haben mag, fühlt man doch bereits sehr früh, dass einen die Schicksale der beiden Protagonisten sehr mitnehmen werden.


Ich bin eigentlich kein besonders großer Fan von Second Chance-Romances (sie können mich oft einfach nicht begeistern), spürt man hier doch sehr stark das Feuer zwischen Sophia und Arin und sieht die Funken regelrecht sprühen. Das liegt an der hervorragenden Chemie zwischen den beiden Protagonisten, die nicht nur für sich genommen großartig geschriebene Figuren sind, sondern sich auch zusammen super ergänzen und einander helfen, zu heilen, zu lernen und zu wachsen, und zwar ohne voneinander abhängig zu werden. An dieser Stelle fällt dann auch auf, dass der Titel einfach perfekt auf Sophias und Arins Geschichte passt!
Die Rückblenden, die die gegenwärtige Handlung zwischendurch unterbrechen, allerdings ohne zu stark aus dem Kontext zu reißen, zeigen, wie stark sich Arin und Sophia nicht nur in den inzwischen vergangenen Jahren verändert haben, sondern auch wie sehr sie im Laufe der Handlung wachsen und sich entwickeln.
Kurz gesagt: Die Protagonisten sind einfach ausgezeichnet ausgereifte Figuren!

„Kompliziert. Das trifft es. Zwischen uns ist alles kompliziert, alles voller Funken und voller Angst vor den heißen Flammen, die uns am Ende nur noch mehr Schmerz bereiten – aber manchmal kann Feuer auch etwas Gutes sein, oder? Etwas, das einen wärmt, einem Kraft gibt und all den kitschigen Scheiß, den Shakespeare noch über Liebe schreibt. Wenn ich an Liebe glaube, dann nur, weil es Sophia gibt.“ (S. 153/384)


Neben Sophia und Arin können aber auch die Nebenfiguren hier wieder sehr begeistern! Gerade in so mehrbändigen Romance-Reihen, bei denen es in jedem Band um ein anderes Paar geht, finde ich es immer sehr schade, wenn auf die Protagonisten der früheren Bände kaum noch Bezug genommen wird – dann brauche ich auch keine Reihe, sondern kann einfach Einzelbände lesen.
Justine Pust integriert aber auch hier wieder alle bereits bekannten Figuren in die Handlung, wobei ich es in diesem Fall besonders bemerkenswert finde, wie bunt alle Nebenfiguren selbst neben den beiden ebenso lebendigen Protagonisten sind. Auch wenn es hier primär natürlich um Sophia und Arin geht, nehmen vor allem Sophias Großvater, der alte Bennett, die beiden Rain-Schwestern, Chris und Conner viel Raum in der Handlung ein – jedoch ohne, dass der Fokus auf den Haupthandlungsstrang verlorengeht. Dabei haben vor allem Chris und Conner, aber auch Mia eine gemeinsame Vergangenheit mit Arin, von der man in den Vorgängerbänden (insbesondere „With You I Dream“) bereits ein wenig erfährt, und die nun weiter ausgebaut wird. Man bekommt durch Arins Perspektive noch einmal einen ganz anderen Blick auf das Geschehene, und sein Heilungsweg hilft auch den anderen Figuren bei ihrer Heilung und Entwicklung. Das hat die Autorin hier sehr schön gemacht, finde ich. Die ehemaligen Protagonisten sind hier zwar „nur“ Nebenfiguren, aber dadurch stagnieren ihre Charaktere nicht, sondern werden im Gegenteil nur noch lebendiger.

Vor allem jegliche Handlung rund um den alten Bennett hat mir hier sehr gefallen. Während man die anderen genannten Figuren ja bereits ein wenig kennt, ist einem Bennett bisher nur als etwas grummeliger alter Mann, der am Waldrand wohnt, über den Weg gelaufen. Dadurch, dass er Sophias Großvater ist und sie bei ihm wohnt, lernt man aber natürlich viel mehr Seiten an ihm kennen und er wächst einem schnell sehr ans Herz.
Ein bisschen Sehr traurig bin ich allerdings darüber, dass Chris jetzt gar nicht seine eigene Geschichte bekommen hat, die hätte ich soooo gerne gelesen!!!


Zuletzt kann ich auch den sehr sensiblen Umgang der Autorin mit den ernsten Themen der Drogensucht, HIV, Stigmatisierung, Traumata verschiedener Art sowie Missbrauch loben. Beim Lesen merkt man anhand der erforderlichen Gründlichkeit, mit der Justine Pust da herangeht, dass sie sich ausführlich damit befasst und gut recherchiert hat. Es handelt sich um schwere, bedrückende Themen, aber trotzdem zieht einen das Buch nicht herunter, eher im Gegenteil. Nicht nur durch das traumhafte Kleinstadtsetting ist auch „With You I Heal“ ein wunderschöner Wohlfühlroman, sondern vor allem auch wegen der Wahrhaftigkeit, mit der die Autorin über Sophias und Arins Leben erzählt. Sie schafft es, die Balance zwischen Ernsthaftigkeit und Leichtigkeit, zwischen dunklen und fröhlichen Momenten, zwischen Trauer und Romantik zu halten, und dadurch wird „With You I Heal“ echt.

„‚Eine der unglaublichsten Sachen am Leben ist, dass es immer weitergeht. Egal, wie schlimm es aussieht und wie verzweifelt man ist. Es geht weiter. Bis zu unserem letzten Tag haben wir die Chance weiterzumachen.‘“ (S. 242/384)


Fazit:
„With You I Heal“ ist ein wunderschöner Abschluss der „Belmont Bay“-Trilogie, der mich sogar noch stärker berühren konnte als die beiden Vorgängerbände – ich habe zum Schluss doch einige Tränchen verdrückt!
Die Autorin spricht wieder einmal ernste Themen auf besonders sensible Art an und schafft es dabei, die Balance zwischen dunklen und fröhlichen Momenten zu halten, sodass „With You I Heal“ trotz teilweise sehr schweren Situationen niemals herunterzieht, sondern stattdessen bewegt und mitfühlen lässt.
Zusammen mit den beiden vielschichtigen Protagonisten, den lebendigen Nebenfiguren, die man alle bereits aus den Vorgängern kennt und die hier noch weiter entwickelt werden, sowie dem traumhaften Setting Belmont Bays erhält man hier ein großartiges Highlight, das ich nur weiterempfehlen kann!
Ich hätte jetzt aber trotzdem gerne noch Chris‘ Geschichte, bitte.
5/5 Lesehasen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere