Cover-Bild Maud Martha
(5)
  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
22,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Manesse
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: Klassisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Erzählende Literatur
  • Seitenzahl: 160
  • Ersterscheinung: 29.03.2023
  • ISBN: 9783717525646
Gwendolyn Brooks

Maud Martha

Roman. Übersetzt von Andrea Ott, mit einem Nachwort von Daniel Schreiber - »Ich möchte, dass alle diesen vergessenen literarischen Schatz lesen!« Bernardine Evaristo
Andrea Ott (Übersetzer)

«In den Händen einer der bedeutendsten amerikanischen Schriftstellerinnen erhebt sich das Alltägliche zu einem hinreißenden Porträt einer Schwarzen Frau.» Claudia Rankine

Die sensationelle Entdeckung aus der US-Moderne, erstmals auf Deutsch!

Maud Martha Brown wächst in den 1920ern in der South Side von Chicago auf. Inmitten von verfallenen Kneipen und überwucherten Gärten träumt sie von New York, von der großen Liebe, von einer heiteren Zukunft. Sie schwärmt für Löwenzahn, verliebt sich das erste Mal, dekoriert ihre erste eigene Küche, bekommt ein Kind. Auch ihr hellhäutigerer Mann hat Träume: vom «Foxy Cats Club», von anderen Frauen, vom Krieg. Und dann ist da als allgegenwärtiger Begleiter noch der Rassismus dieser Zeit, angesichts dessen es nicht immer leicht fällt, Gleichmut und Würde zu bewahren.

In lakonischen Vignetten skizziert Gwendolyn Brooks den Alltag einer jungen Schwarzen Frau und erschafft dabei große Weltliteratur.

Weitere Formate

Dieses Produkt bei deinem lokalen Buchhändler bestellen

Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 19.08.2023

Ein autofiktionales Portrait

0

Maud Martha wächst in den 1940ern in Chicago auf und träumt von einem angenehmen Leben in New York. Sie überlegt, wie sie ihre erste eigene Wohnung einrichtet. Sie verliebt sich und denkt an ein gemeinsames ...

Maud Martha wächst in den 1940ern in Chicago auf und träumt von einem angenehmen Leben in New York. Sie überlegt, wie sie ihre erste eigene Wohnung einrichtet. Sie verliebt sich und denkt an ein gemeinsames Leben mit ihrem zukünftigen Mann. Sie richtet ihre erste eigene Wohnung ein. Aber nicht so wie in ihren Träumen. Die Wohnung ist klein und möbliert. In der Küche klebt eine grüne Tapete, auf der ein Schwarm kleiner roter Fische abgebildet ist. Maud Martha möchte sich ihr neues Zuhause gemütlich herrichten und eine eigene Note hineinbringen. Der Vermieter erlaubt es nicht.
Maud Martha besucht mit ihrem Mann Konzerte und Parties. Sie macht sich viele Gedanken über ihre Nachbarschaft und kennt jeden Bewohnerin des Hauses mit Namen. Maud Martha denkt aber auch oft über ihre Schwester nach. Denn diese empfindet Maud Martha viel schöner als sich selbst. Die Haut ihrer Schwester Helen ist heller als ihre. Maud Martha ist Schwarz.

Der autofiktionale Roman hat mich direkt von der ersten Seite an berührt. Die Leserschaft hat gar keine andere Wahl und muss sich einfach in Maud Martha verlieben. Wie könnten sie auch nicht. "Sie mochte Schokolinsen und Bücher und gemalte Musik (tiefblau oder zartsilbern) und den sich wandelnden Abendhimmel, von den Stufen der hinteren Veranda aus betrachtet. Und Löwenzahn. [...] Gelbe Alltagsedelsteine, mit denen das geflickte grüne Kleid ihres Hinterhofes verziert war. Sie mochte diese nüchterne Schönheit, mehr noch aber ihre Alltäglichkeit, denn darin glaubte sie ein Abbild ihrer selbst zu erkennen, und es war tröstlich, dass etwas was gewöhnlich war, gleichzeitig eine Blume sein konnte." ("Maud Martha" – Gwendoly Brooks, S. 1, Manesse Verlag)

Gwendolyn Brooks zeigt in ihrem Roman, dass sie über eine ganz besondere Feinfühligkeit und Beobachtungsgabe verfügt. So gleichen die Passagen über die Chicagoer Nachbarschaft einer feinsinnigen Sozialraumanalyse. Diese Art von Empathie ist jedoch nicht nur den Menschen vorbehalten. In dem Kapitel "Maud Martha verschont die Maus", schildert Brooks in einem treffend zusammenfassenden Text darüber, welche Gedankengänge die Protagonistin dazu bringen, eine Maus zu verschonen, welche sie zuvor noch erschlagen wollte.

"Maud Martha" von Gwendolyn Brooks erschien in den USA bereits im Jahre 1953 und kann nun erstmals in deutsche Sprache gelesen werden. Übersetzt wurde das Buch von Andrea Ott.
"Maud Martha" ist Gwendolyn Brooks einziger Roman. Die Autorin und Dichterin starb im Jahr 2000.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 18.05.2023

Ein Leben in leiser Würde

0

Chicago in den 1940er- und 1950er-Jahren: Maud Martha Brown wächst in bescheidenen, aber behüteten Verhältnissen auf. Als Heranwachsende träumt sie von Wohlstand, fremden Großstädten und der großen Liebe. ...

Chicago in den 1940er- und 1950er-Jahren: Maud Martha Brown wächst in bescheidenen, aber behüteten Verhältnissen auf. Als Heranwachsende träumt sie von Wohlstand, fremden Großstädten und der großen Liebe. Doch ganz so gut meint es das Leben nicht mit ihr. Trotz aller Widrigkeiten und Hindernisse ist sie stets darauf bedacht, ihre Würde zu behalten.

„Maud Martha“ ist der einzige Roman der verstorbenen Autorin Gwendolyn Brooks, der bereits im Jahr 1953 entstanden und nun erstmals auf Deutsch erschienen ist.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus 34 kurzen Episoden. Er spielt in Chicago und begleitet Maud Martha von der Kindheit bis ins Erwachsenenalter, mit Unterbrechungen in Form von kleineren und größeren Zeitsprüngen. Erzählt wird aus einer personalen Perspektive aus der Sicht der Protagonistin.

Die Sprache hat mich begeistert und schnell für den Roman eingenommen. Sie ist atmosphärisch und bildstark. Die Autorin beweist mit diesem Werk, dass sie mit nur wenigen Wörtern und Sätzen, sehr viel transportieren konnte. Der Stil ist zugleich reduziert und dennoch poetisch. Nur die Übersetzung von Andrea Ott weist kleinere Schwächen auf.

Wie der Titel richtigerweise vermuten lässt, steht die Figur Maud Martha im Vordergrund des Romans. Sie wird realitätsnah und mit psychologische Tiefe dargestellt. Beim Lesen kommt man der Figur nahe. Weil die Protagonistin Gemeinsamkeiten mit der Autorin aufweist, ist davon auszugehen, dass autobiografische Elemente eingearbeitet sind.

Inhaltlich ist der Roman ein Porträt einer jungen Schwarzen und gleichzeitig eine Art Gesellschaftsstudie, denn die Biografie Maud Marthas zeigt exemplarisch, wie es ist, als nicht-privilegierte Person in dieser Zeit zu leben. Einerseits nehmen der Rassismus und seine Folgen breiten Raum ein. Andererseits wird die Protagonistin nicht nur wegen ihrer Hautfarbe, sondern auch wegen ihres Geschlechts, ihres Aussehens insgesamt und ihrer gesellschaftlichen Stellung diskriminiert und abgewertet. Vor allem Situationen, in denen diese Aspekte zutage treten, werden schlaglichtartig beleuchtet. Diese Szenen sind es, die mich am meisten berührt und gedanklich beschäftigt haben. Betroffen macht die Feststellung, dass sich so manche Begebenheit auch in der heutigen Zeit so ereignet haben könnte. Obwohl die Erfahrungen sehr persönlich sind, sind sie zum Teil eben zugleich universell, was dem Roman auch in der Gegenwart Bedeutung verleiht.

Auf den knapp 140 Seiten werden die Erlebnisse verdichtet und aufs Wesentliche beschränkt. Einen klassischen Spannungsbogen und größere Überraschungen gibt es nicht. Dies tut dem Lesevergnügen jedoch keinerlei Abbruch.

Als gelungen empfinde ich auch das Nachwort von Daniel Schreiber („Eine Ballade gelebten Lebens“). Er ordnet den Roman ins Gesamtwerk von Gwendolyn Brooks ein, skizziert die Biografie der Autorin und legt ihr Anliegen dar.

Die unaufdringliche, aber ansprechende, zeitgemäße und durchdachte Aufmachung des Hardcovers passt sehr gut. Erfreulicherweise hat der Manesse-Verlag beim deutschen Titel auf Experimente verzichtet und sich am Original orientiert.

Mein Fazit:
Mit „Maud Martha“ hat Gwendolyn Brooks ein sprachlich beeindruckendes und inhaltlich intensives Leseerlebnis geschaffen. Ein Roman, der an Relevanz leider nicht eingebüßt hat und daher uneingeschränkt empfehlenswert ist.

Veröffentlicht am 26.04.2024

Die Schönheit in den kleinen Dingen

0

„Sie mochte Schokolinsen und Bücher und gemalte Musik (tiefblau oder zartsilbern) und den sich wandelnden Abendhimmel, von den Stufen der hinteren Veranda aus betrachtet.
Und Löwenzahn. Sie hätte auch ...

„Sie mochte Schokolinsen und Bücher und gemalte Musik (tiefblau oder zartsilbern) und den sich wandelnden Abendhimmel, von den Stufen der hinteren Veranda aus betrachtet.
Und Löwenzahn. Sie hätte auch Lotosblumen gemocht oder Sommerastern oder Japanische Iris oder Wiesenlilien - ja, auch Wiesenlilien, weil sie schon bei dem Wort «Wiese» begann, tiefer zu atmen, entzückt die Arme hochriss oder gern hochgerissen hätte, je nachdem, wer bei ihr war, hinauf zu dem, was da womöglich vom Himmel aus zuschaute. Aber hauptsächlich sah sie Löwenzahn. Gelbe Alltagsedelsteine, mit denen das geflickte grüne Kleid ihres Hinterhofs verziert war. Sie mochte diese nüchterne Schönheit, mehr noch aber ihre Alltäglichkeit, denn darin glaubte sie ein Abbild ihrer selbst zu erkennen, und es war tröstlich, dass etwas, was gewöhnlich war, gleichzeitig eine Blume sein konnte.“

So zauberhaft beginnt „Maud Martha“ von Gwendolyn Brooks, die als erste Schwarze für ihre Lyrik mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet wurde, und so einzigartig und poetisch geht es in ihrem einzigen Roman auch weiter. Bereits 1953 erschienen, hat der Manesse Verlag diesen nun zu unserem großen Glück von Andrea Ott ins Deutsche übersetzen lassen.

Maud Martha ist Schwarz und ein Mädchen zuerst, dann eine Frau; keine allzu guten Vorraussetzungen im rassistisch durchtränkten Amerika der 1950er-Jahre. In kleinen Anekdoten entfaltet sich ihr Leben vor uns, ein enges Leben, dem Begrenzungen aufgezwungen werden und an dem sie sich immer wieder stößt. Doch was ist das Besondere an diesem schmalen Buch, worin besteht der Zauber? Ich glaube, es ist die übersprudelnde Lebenskraft der Protagonistin, ihre innere Selbstsicherheit, die bewegt und inspiriert, und ihrer Zeit weit voraus ist. Deren Verweigerung, sich an Regeln zu halten, an den Rand der Gesellschaft drängen und klein halten zu lassen. Maud Marthas Fähigkeit, dem Alltag Poesie abzuringen, die Schönheit in den kleinen Dingen und in sich selbst zu sehen, wirklich zu sehen, wirklich zu fühlen. Ich behaupte, wer Jaqueline Woodson gerne liest, wird „Maud Martha“ lieben. Und alle anderen auch.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 22.05.2023

Porträt einer Schwarzen Frau

0

In 34 Kapiteln, die kleine Momentaufnahmen sind, gewährt uns Brooks einen Einblick in das Leben Maud Marthas. Es gibt auf den 140 Seiten keine zusammenhängende Handlung, die einen mitreißen würde, dennoch ...

In 34 Kapiteln, die kleine Momentaufnahmen sind, gewährt uns Brooks einen Einblick in das Leben Maud Marthas. Es gibt auf den 140 Seiten keine zusammenhängende Handlung, die einen mitreißen würde, dennoch schafft sie es, diese Fragmente zu einem Gesamtbild werden zu lassen.
Maud Martha, geb. 1917, entstammt einfachsten Verhältnissen und wächst in der South Side Chicagos auf. Die liebt Bücher, Schokolinsen und Löwenzahn.

»Gelbe Alltagsedelsteine, mit denen das geflickte Kleid ihres Hinterhofs verziert war.« S.7

Sie träumte von New York, denn was sie träumte, ging niemanden etwas an. Doch das Leben als Schwarze Frau in den 20ern bis 40ern war geprägt von Diskriminierung und Ghettoisierung. Sie hadert mit der tiefen dunklen Farbe ihrer Haut. Selbst ihr Mann würde sie nicht hübsch nennen, für ihn wäre »ein kleines cremefarbenes Ding mit krausen Haaren« hübsch. Und obwohl er von einer großartigen Wohnung träumt, reicht es nur für eine Kitchenette – eine winzige, möblierte Einheit mit Küchenzeile.
Von all diesen Dingen erzählt uns die Protagonistin, die ihre sie umgebende Welt als grau bezeichnet, sich damit arrangiert, sich nicht desillusionieren lässt und ihre Würde bewahrt. Es geht um Anstand und Selbstbestimmung, auch wenn das von der Gesellschaft für Menschen wie sie nicht vorgesehen ist. Der Alltagsrassismus ist auf jeder Seite gegenwärtig.
Es ist ein leises, aber intensives Buch, das eine enorme Kraft entwickelt. Mal humorvoll, dann nachdenklich, poetisch und sehr berührend. Ich freu mich, dass es im Manesse Verlag erstmalige auf Deutsch erschienen ist, und habe es sehr gern gelesen.
Brooks hat es 1953 geschrieben, drei Jahre nachdem sie als erste Schwarze Frau den Pulitzer Preis für Lyrik bekommen hat. Und doch blieb ihr zu Lebzeiten die große Anerkennung versagt. Mehr über die Autorin und ihr autofiktionales Werk erfahren wir in einem Nachwort von Daniel Schreiber.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 27.04.2023

Kleiner Roman über das Leben einer Schwarzen Frau Anfang des 20. Jh.

0

„Maud Martha“ ist der 1953 erstmals veröffentlichte und einzige Roman der Pulitzer Preisträgerin aus dem Jahre 1950, der Lyrikerin Gwendolyn Brooks. Mittlerweile kann er als moderner Klassiker eingeordnet ...

„Maud Martha“ ist der 1953 erstmals veröffentlichte und einzige Roman der Pulitzer Preisträgerin aus dem Jahre 1950, der Lyrikerin Gwendolyn Brooks. Mittlerweile kann er als moderner Klassiker eingeordnet werden und ist nun glücklicherweise auch erstmals auf Deutsch erschienen.

Der Roman, welcher in kurzen Vignetten verfasst ist, beschreibt das Aufwachsen und Leben einer jungen Schwarzen Frau, besagte Maud Martha, in der South Side von Chicago. Die Handlung setzt Anfang der 1920er Jahre ein, Maud Martha ist, wie auch die Autorin selbst, 1917 geboren. Schon ihre Eltern hatten nicht viel Geld, jedoch ein kleines Haus, mit ihrer Heirat zieht sie mit ihrem Mann in eine heruntergekommene Kleinstwohnung, eine sogenannte „Kitchenette“, und wir begleiten sie nun durch ihr Leben, welches geprägt ist von den drei großen, soziologischen Variablen für Verarmung und Ausgrenzung: Rasse, Klasse und Geschlecht. Wir lernen aber auch die Wohngegend kennen, das soziale Umfeld der Protagonistin, ebenso zwischendurch auch kleine alltägliche Szenarien ihres Lebens. Klar wird: Maud Martha hat ganz andere intellektuelle Ambitionen als ihr Ehemann, steckt allerdings fest ist den determinierenden Gegebenheiten der Zeit.

Gwendolyn Brooks Schreibstil merkt man an, dass sie eigentlich eine Dichterin gewesen ist. Die Beschreibungen von Natur als Parabel auf Empfindungen Maud Marthas können direkt von der ersten Seite an überzeugen. Weiterhin weisen die sehr kurzen Kapitel, die eigentlich viel besser „Geschichten“ genannt werden könnten, auf die lyrische Form hin, welche hier in eine prosaische Form gebracht wurde. Mit einigen wirklich perfekten Sätzen formt sie Ereignisse zu mitunter brillanten Betrachtungen. Ihre Beschreibung der Geburt von Maud Marthas Tochter ist so lebendig und unmittelbar beschrieben, wie auch ein Vorfall, bei dem das N-Wort in einem von Schwarzen geführten Schönheitssalon verwendet wird. Diese Szenen gehen definitiv unter die Haut. Trotzdem konnten mich mitunter diese einzelnen Momentaufnahmen/Vignetten nicht unbedingt der konkreten Person Maud Martha näher bringen. Als Figur wirkte sie immer recht fern auf mich, ich hätte mir ihr noch mehr psychologische Tiefe gewünscht. Das Buch fängt zwar quasi die Essenz des Lebens als Schwarze Frau ein, aber als Roman hat es mich nicht so richtig hineinziehen können. Mir fehlte ein wenig die emotionale Bindung an die Figur Maud Martha sowie ihrer Konflikte. Manchmal konnte ich den Vignetten in ihrem Sprung von einer Szenerie in die nächste nicht ganz folgen und fragte mich auch ab und an, warum jetzt gerade diese Momentaufnahme im Roman auftaucht.

Ich muss zugeben, dass diese ganz besondere Kürze der Kapitel sowohl inhaltlich als auch sprachlich, sowie die Sprünge zwischen ihnen doch sehr gefordert haben. Ich hätte mich gern Maud Martha näher gefühlt, dafür hätte der Roman eben auch gern noch umfangreicher sein dürfen.

Sehr gut hat mir beim (Be-)Greifen des Werkes und seiner Relevanz das Nachwort von Daniel Schreiber geholfen, welches noch einmal die Entwicklung der nach außen hin vertretenen Ansichten Gwendolyn Brooks zum Thema Bürgerrechtsbewegung, die Parallelen zwischen Maud Marthas und ihrem eigenen Leben als auch auf soziologischer Seite die Entstehung von Ghettos in den Großstädten der USA und einige andere, wichtige Punkte herausarbeitet. Die Übersetzung von Andrea Ott hat mir über weite Strecken gefallen, wenngleich sie gleich auf Seite 10 aus der Frisur „pompadour“ im Deutschen eine „Elvis-Tolle“ macht, die Handlung in dem Moment aber Anfang der 1920er Jahre angesiedelt ist. Nicht nur zum Handlungszeitpunkt war Elvis noch gar kein Thema, sondern selbst bei Verfassen des Romans 1953 konnte er Brooks noch nicht einmal bekannt gewesen sein, begann er seine Karriere doch erst im darauffolgenden Jahr. ;)

Insgesamt finde ich die Aufmachung des Buches wirklich sehr gelungen. Ein ganz großes Lob an den Verlag, dass er sich bei diesem Buch dafür entschieden hat, die Anmerkung direkt als Fußnoten auf die entsprechenden Seiten im Roman zu drucken. Kein Blättern, kein Suchen. Die Gestaltung finde ich auch sehr schön und stimmig. Bis hin zum Vorsatzpapier, welches im Aussehen der beschriebenen Tapete aus Maud Marthas Kitchenette gleicht und damit den Rahmen um das Erwachsenenleben der Protagonistin widerspiegelt, stimmt hier alles und gibt auch den perfekten optischen Rahmen für den Roman vor.

Es ist wichtig und richtig, dass dieses Buch nun auch den deutschsprachigen Leser:innen zugänglich gemacht wird. Es handelt sich, wie besonders durch das Nachwort klar wird, um einen zu unrecht vergessenen, modernen Klassiker und relevanten Roman von einer äußerst interessanten Autorin. Eine Lektüre des Gesamtpakets des Manesse Verlags lohnt sich auf jeden Fall.

3,5/5 Sterne

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere