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Veröffentlicht am 25.06.2023

Gut recherchierter Roman über die Anfänge der Leica

Das Licht im Rücken
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Ernst Leitz, genannt der „Zweite“, 40 Jahre alt und Witwer, lebte mit seinen drei Kindern und dem Vater in einer Villa in Wetzlar. Dort gab es im Jahr 1914 eine Versammlung von Konstrukteuren der Firma ...

Ernst Leitz, genannt der „Zweite“, 40 Jahre alt und Witwer, lebte mit seinen drei Kindern und dem Vater in einer Villa in Wetzlar. Dort gab es im Jahr 1914 eine Versammlung von Konstrukteuren der Firma Leitz und ein neues Mikroskop wurde vorgestellt. Ein Binokluarmikroskop. Zeitgleich lag in der Nachbarschaft Frau Gabriel in den Wehen und gebar eine gesunde Tochter. Und dann war auch noch der „Tüftler“ Oskar Bernack in Wetzlar unterwegs. In seiner Tasche ein schwarzes, recht unscheinbares Kästchen, welches schon bald Weltruhm erlangen sollte. Wenn nicht der erste Weltkrieg geheime Wünsche zunächst unerfüllt gelassen hätte.

Auf die Idee für diesen Roman kam die Autorin bei der Recherche für „Die Schule am Meer“. Die vielen Fotos aus Alben dieser Schule wurden nämlich mit einem sehr frühen Modell einer LEICA gemacht. Sie reiste nach Wetzlar und begab sich dort auf die Spuren der Familie Leitz. Auch hier fand sie Fotos, die zum Teil in diesem Buch zu sehen sind. Aus diesen und aus Briefen der Tochter Leitz namens Elsie formte sie den Roman. Elsie war eine selbstbewusste, junge Frau, die leider ihre Intelligenz nicht richtig ausleben, bzw. zeigen durfte.

Der Roman basiert auf Tatsachen. Wie etwa die Anfänge der Judenverfolgung. Erste Überfälle auf Geschäfte, die von Juden geführt wurden und diese Qual der jungen Menschen, wie sie sich als Juden verhalten sollen. Es wurden ihnen viele Steine in den Weg gelegt und je näher der Beginn des Zweiten Weltkriegs kam, desto härter wurden die Schikanen gegen sie. Fragen nach der Zukunft, mal ängstlich, mal entschlossen, kamen auf. Soll ich auswandern? Soll ich meine Herkunft verleugnen? Kann ich mich dauerhaft verstecken, oder „So schlimm wird es schon nicht werden.“

Die Autorin zeigt ebenfalls, dass kein Mensch in eine Schublade passt. Es gibt nicht nur schwarz oder weiß, viele Graustufen liegen dazwischen. So auch bei den Anhängern der Nationalsozialisten. Auf den letzten Seiten gibt es ein Personenregister mit sehr ausführlichen Charakterisierungen der Hauptpersonen. Das Cover gehört zu den Fotos aus damaliger Zeit und bildet eine harmonische Einheit zum Inhalt des Romans. Klare Leseempfehlung von mir.

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Veröffentlicht am 07.06.2023

Beeindruckendes Debüt

Josses Tal
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Beim Aufräumen findet Helen eine Ansichtskarte aus Norwegen. Geschrieben an ihre Großmutter und unterschrieben von einem Mann namens Josef. Voll Entdeckerfreude macht sie sich auf die Suche nach diesem ...

Beim Aufräumen findet Helen eine Ansichtskarte aus Norwegen. Geschrieben an ihre Großmutter und unterschrieben von einem Mann namens Josef. Voll Entdeckerfreude macht sie sich auf die Suche nach diesem Josef und reist dafür sogar bis nach Norwegen. Dort, im „Jessetal“ trifft sie ihn und erfährt, welche Schuld er auf sich lud und warum es so geschah.

Josef ist ein uneheliches Kind und erfährt weder von Mutter noch Großeltern Liebe. Im Gegenteil. Der Großvater schlägt und drangsaliert ihn. Als sie in eine andere Stadt ziehen und ein junger Mann hört, wie der Großvater mal wieder auf den Kleinen losgehen will, hören alle Beteiligten folgende Worte: „Es hat einen Namen, das Kind. Es hat unser aller Aufmerksamkeit verdient und keine Schläge.“ Das erste Mal in seinem kurzen Leben interessiert sich jemand für Josef und hat damit sein Herz erobert.

Es gibt ja viele Romane, die im Zusammenhang mit dem Zweiten Weltkrieg stehen. „Josses Tal“ ist aber so ganz anders. Erstens ein Debüt und zweitens wird ein Thema angesprochen, das für mich neu ist. Wie werden Kinder zu dem, was sie später auszeichnet? Also, bevor geurteilt wird, warum Menschen handeln, wie sie es momentan tun, immer auch die Beweggründe dafür suchen. Der kleine Josef hat endlich einen Menschen gefunden, der sich für ihn interessiert. Dass es ein Anhänger des „Führers“ ist, versteht der Junge erst viel später.

Für mich die beeindruckende Erstveröffentlichung einer talentierten Autorin. Ich denke, dass wir von ihr noch viel lesen werden. Lebendige Sprache und viele bildhaften Beschreibungen machen diese Lektüre so unterhaltsam.

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Veröffentlicht am 07.06.2023

Ein beeindruckendes Buch

Über Israel reden
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Nominiert für #DeutscherSachbuchpreis wurde „Über Israel reden“ von Meron Mendel. Er schreibt hier, wie er die unterschiedlichen Debatten über sein Heimatland sieht. Kaum ein anderer Konflikt auf der Welt ...

Nominiert für #DeutscherSachbuchpreis wurde „Über Israel reden“ von Meron Mendel. Er schreibt hier, wie er die unterschiedlichen Debatten über sein Heimatland sieht. Kaum ein anderer Konflikt auf der Welt bringt so viele Emotionen hervor, wie jener im nahen Osten. Woran liegt es? Dürfen wir Deutsche uns überhaupt ein Urteil über das Vorgehen der Israelis oder der Palästinenser erlauben? Wir leben weit weg, haben keine Shoah oder Nakba erleben müssen.

„Über Israel reden“ ist so viel mehr, als ein Sachbuch. Geboren in Israel, lebt der Autor seit Jahren in Deutschland und ist Leiter der Bildungsstätte „Anne Frank“. Er verfolgt die hitzigen Debatten zwischen den unterschiedlichen Meinungen und fragt sich oft, welchen Grund diese hitzigen Diskussionen haben. Und ja, obwohl in Israel geboren, übt auch er Kritik an den Verantwortlichen dort. Wie soll man zum Beispiel damit umgehen, wenn bekannt ist, dass ein rechtsextremer Anwalt als Minister in der Knesset agiert? Wen es interessiert, sein Name ist Itamar Ben-Gvir.

Herr Mendel gibt klar zu verstehen, dass es im Nahostkonflikt kein Schwarz oder Weiß gibt. Und nicht jede Kritik an Israel ist zwingend Antisemitismus. Wer allerdings als Partei den Staat Israel hervorhebt, um damit gegen Muslime zu hetzen, der hat ganz andere Ambitionen. Das Buch ist unterhaltsam und für jeden verständlich geschrieben. Mir hat es die Augen geöffnet und mein zuweilen einfältiges Denken zurechtgerückt. Darf ich schreiben, dass ich einen Sternenregen schicke? Für ein Sachbuch zu diesem ernsten Thema? Ich mache es jetzt einfach.

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Veröffentlicht am 23.05.2023

Ein aufwühlendes Buch mit Tiefgang

Die Kinder von Beauvallon - Der Spiegel-Bestseller nach wahren Begebenheiten
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Lily war gerade mal 9 Jahre alt, als es plötzlich an der Türe schellte. Dunkle Gestalten forderten die Menschen im „Judenhaus“ auf, ihre Sachen zu packen und zu einem Sammelplatz zu kommen. Sämtliche Juden ...

Lily war gerade mal 9 Jahre alt, als es plötzlich an der Türe schellte. Dunkle Gestalten forderten die Menschen im „Judenhaus“ auf, ihre Sachen zu packen und zu einem Sammelplatz zu kommen. Sämtliche Juden des kleinen Ortes nahe Freiburg, werden in Fahrzeuge gequetscht und abtransportiert. Gerade noch kann die kleine Agnes, eine Freundin von Lily, ihr ein „auf Wiedersehen“ hinterherrufen. Das war im Jahr 1940.

1965 reist Agnes, eine Moderatorin des SWR Freiburg, nach Frankreich. Sie recherchiert unter anderem in Dieulefit, einem Dorf, das sich gegen die Nazis stellte und viele Juden vor dem Tod rettete.

Es war im Jahr 1929 als zwei Frauen am Ortsrand von Dieulefit eine Internatsschule gründeten. Und hier, etwa ab 1940, wurde das „Wunder von Dieulefit“ erschaffen. Diese Schule ist Grundlage des neuesten Romans von Bettina Storks. Und immer dann, wenn sie ein Buch veröffentlicht ist gewiss, dass es ein Bestseller wird. Warum ist das so?

Die Autorin schreibt in zwei Zeiträumen. Einmal ab 1940, wie es der kleinen Lily erging und zum anderen ab 1965, wo die Recherche der Agnes beginnt. Neben Größen der Résistance lernt der Leser auch widerwärtige Menschen kennen. Klaus Barbie war einer von ihnen, der in Lyon sein Unwesen trieb.

Neben vielen Fakten gibt es spannende Elemente und auch eine Liebesgeschichte darf nicht fehlen. Die Sprache ist gewohnt bildhaft und viele Unterhaltungen lockern das ernste Thema ein wenig auf. Zwei Erkenntnisse für mich, die ich beim Lesen erlangte:

- Die Traumata der Überlebenden kann niemand nachvollziehen und wir dürfen nicht schweigen.
- Nein, das Leid ist nie vorbei und der Satz „Einmal muss doch mal Schluss sein“, darf nicht gelten.

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Veröffentlicht am 22.05.2023

Der Gespensterwald Nienhagen ist eine Reise wert

Das Glück in den Wäldern
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Die „Sehnsuchtswald-Reihe“ besteht aus vier Bänden und „Das Glück in den Wäldern“ ist das zweite Buch der Reihe. Dieses Mal ist Franzi die Hauptperson. Sie lebt mit ihrem Partner auf Rügen und beide zusammen ...

Die „Sehnsuchtswald-Reihe“ besteht aus vier Bänden und „Das Glück in den Wäldern“ ist das zweite Buch der Reihe. Dieses Mal ist Franzi die Hauptperson. Sie lebt mit ihrem Partner auf Rügen und beide zusammen führen ein kleines, gemütliches Café. Eigentlich könnte Franzi rundum glücklich und zufrieden sein. Wäre da nicht ihre ältere Schwester, mit der sie seit Jahren keinen Kontakt mehr hat. Als sie schwanger wird, macht sie sich auf die Suche zu einem Gegenstand, den ihr Vater vor vielen Jahren für sie und die Schwester Luna anfertigte. Sie möchte unbedingt, dass dieser Glücksbringer überm Bett ihres Kindes hängt. Die Suche danach wird zu emotionalen Reise in die Vergangenheit.

Auch Teil zwei der Reihe zeigt, wie eindringlich sich die Autorin mit den Bäumen befasste. Aber nicht nur das. Sie weist ebenfalls darauf hin, wie Urteile getroffen werden, nur weil die Situationen nicht hinterfragt sind. So viele Jahren gehen ins Land und Kontakte brechen ab, weil den Beteiligten der Mut fehlt. Dabei ist das Leben der Menschen so endlich. Im Gegensatz zu den Bäumen. Ließe man sie in Ruhe wachsen, würden sie hunderte Jahre alt und älter.

Dieses Mal ist der Gespensterwald Nienhagen das Sujet. Er liegt nahe bei Rostock. Auch wenn ich die Gegend nicht kannte. Nach dem Lesen dieses Buches fühlt es sich an, als sei ich dort gewesen. So bildhaft ist die Sprache. Dabei möchte ich das Cover noch hervorheben. Es ist stimmig und zeigt die einzigartige Kombination zwischen Wald und Meer. Wunderschön. Einige Menschen aus dem ersten Band der Reihe begegneten mir wieder, aber die Bücher können auch unabhängig voneinander gelesen werden.

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