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Veröffentlicht am 10.05.2025

Unterhaltsam, aber schöpft das eigene Potenzial nicht aus

The Wind Weaver (Wind Weaver 1)
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Die Handlung fängt spannend an mit dem Tag der Hinrichtung der Protagonistin. In Rhyas Heimat werden magische Wesen aller Art gejagt, sie selbst ist als Halb-Fae in ständiger Angst aufgewachsen und sieht ...

Die Handlung fängt spannend an mit dem Tag der Hinrichtung der Protagonistin. In Rhyas Heimat werden magische Wesen aller Art gejagt, sie selbst ist als Halb-Fae in ständiger Angst aufgewachsen und sieht sich nun am Ende. Natürlich kommt es aber anders und plötzlich ist sie in der Gewalt des Generals Scythe, der sie nach Norden verschleppt…
Das erste Kapitel fand ich etwas holprig zu lesen, doch auf den folgenden Seiten wird es angenehmer und flüssiger. Besonders die Kampfszenen waren lesenswert, allerdings kam für mich beim Lesen keine Atmosphäre auf und das Worldbuilding allgemein ist unterentwickelt, aber dazu später mehr.
Die Bezeichnung Enemies to Lovers trifft nicht wirklich zu. Auch Slow Born kommt mir irreführend vor. Die Beziehung beginnt zunächst mit rein physischer Anziehung, das ist zwar nicht mein Ding, aber es kommt in Romantasies häufig vor und mir hat es gereicht, dass es zumindest nicht toxisch ist. Dachte ich. Denn in der zweiten Hälfte verhält sich der männliche Hauptcharakter derart kindisch, überemotional-eifersüchtig, dass ich es schwer zu ertragen fand, besonders wenn man bedenkt, dass er locker 70 Jahre mehr Lebenserfahrung als die Protagonistin hat. Die Protagonistin Rhya ist als Kontrast zur zynischen Art ihrer Flamme eine idealistische Person. Leider mangelt es ihr an einem Ziel, auf das sie hinarbeiten könnte. Den Großteil der Handlung verbringt sie damit, auf irgendetwas zu reagieren oder in Selbstmitleid zu versinken. Dadurch entstehen immer wieder langatmige Strecken. Es wäre so schön gewesen, sie aktiver zu sehen. Das Potenzial dazu ist in der geschriebenen Welt durchaus vorhanden: Man hätte das Schicksal ihres Vaters unklar lassen können, und ihr somit einen Grund gegeben, von General Scythe entkommen zu wollen. Das hätte einen netten Anlass für Konflikt gegeben. Oder die vage Warnung vor ihren Kräften verschärft, indem sie innerhalb einer gewissen Zeit lernen muss, damit umzugehen oder es würde sie von innen heraus verzehren. Irgendwie sowas. Stattdessen lässt sie sich ohne größere Gefahr einfach nur von der Handlung treiben, was nicht sonderlich spannend zu lesen ist.
Bei den Nebencharaktern finde ich es langweilig, wie sehr man von der Beschreibung ihrer Attraktivität daraus schließen kann, ob sie zu den Guten oder Bösen gehören. Was auch noch damit übereinstimmt, ob sie freundlich zu der Protagonistin sind oder nicht. Das ist mir einfach ein zu simples Weltbild. Stichwort Welt: Rhyas Welt ist von Hunger und Krieg geprägt, hinzu kommen Krankheiten und Probleme bei der Geburt von Kindern. Hier hätte man richtig schön ein anderes Wertesystem aufbauen können, aber es ist eine klassische Fantasywelt, wo Edelsteine Reichtum spiegeln und (abgesehen von einer namenlosen Generalin) klassische Geschlechterrollen herrschen. Das ist aber nicht mein Kritikpunkt, sondern lediglich ein was hätte sein können. Was mich konkret gestört hat, ist: Rhya wuchs also mit Not auf, reagiert aber kaum auf den Überfluss, der ihr später begegnet. Besonders ihr Umgang mit Essen wirkt ziemlich unglaubwürdig, so würde niemand handeln und verschwenden, für den Hunger jahrelang ein Thema war.
Alles in allem ist es ein Fantasyroman für Leser, denen die Liebesgeschichte am wichtigsten ist. Für mich war es nett zu lesen, aber nicht sonderlich erinnerungswürdig.

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Veröffentlicht am 13.11.2024

Interessante Idee, aber Umsetzung mit Lücken

Mondia-Dilogie 1: Silent Secrets
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Silent Secret, der erste Band der Mondia-Dilogie von Alexandra Flint, entführt uns nach Paris. Dort gerät das Leben der 19-jährigen Remy aus den Fugen, als ein mysteriöses Kästchen in ihren Besitz gelangt. ...

Silent Secret, der erste Band der Mondia-Dilogie von Alexandra Flint, entführt uns nach Paris. Dort gerät das Leben der 19-jährigen Remy aus den Fugen, als ein mysteriöses Kästchen in ihren Besitz gelangt. Plötzlich ist sie Teil einer geheimen Welt, die mit ihren unbekannten leiblichen Eltern zusammenhängt und muss eine magische Gabe meistern, um die Weltenbibliothek zu retten. Ihr zur Seite steht Sim, einer der Beschützer der Bibliothek. Doch auch die Feinde der Bibliothek sind nicht untätig…
Die Grundidee des Romans ist spannend und hat Potenzial: eine geheime Bibliothek, durch deren Schädigung die gesamte Welt beeinträchtig wird. Mit Remy ist eine durchaus sympathische Protagonistin gegeben und Roman führt schnell in die Handlung ein. Die Chemie zwischen Remy und Sim stimmt, der erste Kuss zwischen den beiden ist wirklich schön geschrieben. Doch an vielen Stellen hackte es. So werden bei einer Schnitzeljagd, um benötigte Gegenstände aufzufinden, Informationen so vergeben, dass man als Leser nicht miträtseln kann bzw. die Rätsel unmittelbar gelöst werden. Auch entsteht eine gewisse Distanz zum Geschehen, da man an mehreren Stellen nicht miterlebt, sondern im Nachhinein durch Dialoge o.ä. über das zuvor passierte informiert wird. Mir persönlich erschließt sich nicht, wieso Natur- und Kulturkatastrophen durch die Bibliothek ausgelöst werden. M.E. wäre es sinnvoller und würde besser zum Thema der Bibliothek als Hort des menschlichen Wissens passen, wenn die Katastrophen allesamt mit menschlichen Errungenschaften/Geräten/etc. zu tun hätten. Gebäude könnten weiterhin einstürzen, aber eben ohne Erdbeben oder Vulkanausbrüche. Während des Lesens habe ich darauf gewartet, mehr über die Antagonisten zu erfahren. Doch ihre Beweggründe und Möglichkeiten bleiben sehr vage, wodurch sie für mich nicht sonderlich bedrohlich wirkten. Die Stärke des Romans ist eindeutig die Beziehung der Charaktere untereinander, die Handlung verblasst daneben zu einer netten, aber etwas altbekannten Kulisse. Das Potenzial der Grundidee wird nicht genügend ausgeschöpft.
Die französischen Begriffe, die sich durch den gesamten Roman ziehen, sind wohl Geschmackssache. Ich habe mich nach einer Weile daran gewöhnt.
Alles in allem konnte mich der Dilogie-Auftakt nicht überzeugen. Aber Lesern, denen Figurenkonstellationen wichtiger sind als die Handlung würde es wohl anders gehen.

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Veröffentlicht am 27.09.2024

Konnte mich nicht fesseln

Ich fürchte, Ihr habt Drachen
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Ich wollte das Buch mögen. Das letzte Einhorn ist ein fester Bestandteil meiner Kindheit, die Drachen auf dem Cover sprachen mich durch ihr leicht skurriles Aussehen an und der Klappentext schien mir ein ...

Ich wollte das Buch mögen. Das letzte Einhorn ist ein fester Bestandteil meiner Kindheit, die Drachen auf dem Cover sprachen mich durch ihr leicht skurriles Aussehen an und der Klappentext schien mir ein humorvolles Märchen zu versprechen. Und tatsächlich sind Ansätze von all dem vorhanden, aber irgendwie stellte sich bei mir nach einer Weile Langeweile ein. Der Schreibstil ist sparsam mit Beschreibungen, grade die so wichtigen Drachen sind leider oftmals gar nicht oder nur unter Verweis auf die Schuppenfarbe beschrieben. Was nützt es dem Leser, wenn Robert, der Drachenkammerjäger, die Arten und Spezies benennt, deren Unterschiede und Merkmale allerdings völlig unklar bleiben. Die Erzählperspektive nutzt headhopping, wovon ich zwar kein Fan bin, doch es stört auch nicht sonderlich. Bezüglich der romantischen Handlungen kommen zwei love triangles vor, deren Charakterschema und Auflösung ebenfalls gedoppelt ist. Gut, man könnte es als gespiegeltes Erzählen sehen, aber für mich war es langweilig und unnötig, mehr noch weil zwei der Subplot von zwei beteiligten Nebenfiguren überflüssig war und der einzig relevante Moment offscreen vorfand und nur knapp von einem der Hauptcharakter zusammengefasst wird. Insgesamt sind die Charaktere durchschnittlich gut ausgearbeitet, das passt meiner Meinung nach gut zu einem Roman mit märchenhaften Zügen. Aber ein richtiges Mitfiebern und -fühlen gab es nicht.
Auf der positiven Seite: es gibt eine Vielzahl von sehr schönen, bildlichen Formulierungen bspw. S. 256: […] trotzdem traf es ihn, als stürzte der Nachthimmel ein, um ihn unter Scherben von Sternen und Mond zu begraben.
Alles in allem bin ich mir nicht sicher, ob ich zu kritisch bin und zu hohe Erwartungen hatte oder es tatsächlich am Buch lag. Es war okay.

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Veröffentlicht am 18.09.2023

Ein Buch für angehende Wikinger

Wikinger
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Wohl jeder der jüngeren Generationen hat sich heutzutage irgendwo (seien wir ehrlich, zumeist online) Berufsberatung oder Karrierebibeln angesehen. Überaus passend also, dass nun endlich auch ein Karriereführer ...

Wohl jeder der jüngeren Generationen hat sich heutzutage irgendwo (seien wir ehrlich, zumeist online) Berufsberatung oder Karrierebibeln angesehen. Überaus passend also, dass nun endlich auch ein Karriereführer zur berühmtberüchtigen Wikingertätigkeit erscheint. Von A bis Z wird hier nicht nur das blutige Handwerk, sondern auch der dahinterstehende Alltag, von Wiege bis zur Bahre (und darüber hinaus) thematisiert. Detaillierte Übersichten von u.a. lohnender Dienstreiseziele bieten konkrete Hilfestellung für ehrgeizigen Wikingernachwuchs.
Haptisch und optisch macht dieses humorvoll als Karriereführer gestaltetes Sachbuch einen guten Eindruck. Die Kapitel sind mit Sinn und Verstand gegliedert und verweisen locker aufeinander. Zugegeben, mir persönlich erschien die Kombination aus salopp-sarkastischen Kommentaren und gleichzeitigem Siezen des Lesers etwas sperrig, doch man gewöhnt sich daran. Ein besonderes Highlight bilden oftmals die Beschreibungen von eingefügten Bildern (z.B. von historischen Stätten oder dem, was wir heute Artefakte nennen) und vielfältige Zitate aus Chroniken und anderen zeitgenössischen Texten.
Leider gibt es einige technische Mängel: Neben Trennungs- und Rechtschreibefehlern und Dopplungen sind die fehlenden Bilder am Schwersten zu verkraften. Die zugehörigen Beschreibungen sind vorhanden, wecken Interesse – und dann fehlt die Abbildung. Vermutlich ist dies auf die Änderung des Formates von der ursprünglichen gebundenen Fassung hin zur Taschenbuchausgabe zurückzuführen, aber letztendlich spielt der Grund keine Rolle. Was bleibt, ist ein unschöner, unfertiger Eindruck.
Dem gegenüber fällt meine inhaltliche Kritik geringer aus. Zum einen wird relativ am Anfang erwähnt, dass man zum Thema Berufe für Frauen ein späteres Kapitel zu Rate ziehen solle – doch dort wird dies kaum angesprochen und wenn, dann indirekt aus der Perspektive der Männerwelt. Da hätte man sich den fadenscheinigen Verweis auch sparen können. Zum anderen missfällt mir bei der Methodik des Erzählers, wie stark er bei dem Wert, den er erzählenden historischen Texten, insbesondere Sagas, für die Realität der Wikinger zuschreibt, schwankt. Mal entsprechen sie klar nicht der Wirklichkeit, dann doch wieder, oder sind sie vielleicht doch eher nur unerreichbare Inspirationsquellen? Entweder wird ein angehender Wikinger hier haltlos verwirrt, oder aber die Illusion des Karriereführers wird durchbrochen. In letztem Fall wären wir bei Ansätzen geschichtswissenschaftlicher Quellenkritik, dann aber ist es wohl legitim zu bemängeln, dass das Buch inhaltlich nicht auf dem aktuellen Stand der Forschung ist bzw. an vielen Stellen veraltete Konzepte rezipiert.
Alles in allem ein spannend aufgemachtes Sachbuch, das für Laien geeignet ist, aber durch Abbildungen und zitierter Textpassagen auch über interessante Impulse für Kenner verfügt. Es sollte allerdings noch einmal überarbeitet werden.

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Veröffentlicht am 23.05.2023

Philosophische Abhandlung über das Übersetzen meets Sachbuch über Kolonialismus

Babel
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Das neuhochdeutsche Wort „verraten“ bedeutete ursprünglich „durch falschen Rat irreleiten“, und damit mir das keiner vorwerfen kann, sei hier vorneweg gesagt, dass das Buch wirklich gut geschrieben ist, ...

Das neuhochdeutsche Wort „verraten“ bedeutete ursprünglich „durch falschen Rat irreleiten“, und damit mir das keiner vorwerfen kann, sei hier vorneweg gesagt, dass das Buch wirklich gut geschrieben ist, mit einem schönen, bildlichen Schreibstil und vielschichtigen Charakteren. Mit dem Silberwerkt, das aus irgendeinem unerfindlichen Grund nicht im Klappentext erwähnt wird, schafft Kuang ein interessantes pseudo-wissenschaftliches Magiesystem, welches auf Sprachwissenschaft fußt.
Die Einführung in das alternative Oxford der späten 1830er und die Handlung an sich ist verständlich geschrieben. Tatsächlich ist dies einer der wenigen Romane, die zu Recht „dark academia“ genannt wird, da die Etymologie und Übersetzungstheorie einen großen Bestandteil ausmachen. Es ist definitiv keins der Bücher, die willkürlich eine Uni als setting verwenden, das Studium des Protagonisten Robin Swift ist gewissermaßen Dreh- und Angelpunkt der Handlung. Allerdings wirken die Passagen, die sein Leben und seine Beziehung zu seinen Freunden während der Studienzeit erzählen seltsam gerafft. Es finden Zeitsprünge statt, aber das entschuldigt nicht, dass Vieles lediglich zusammengefasst und dem Leser zu oft die Möglichkeit des Miterlebens genommen wird. Beispielsweise hätten konkrete Szenen, in denen der Zusammenhalt und eventuell ein gemeinsames Problemlösen der vier Hauptcharakter zum Ausdruck kommt einiges dazu beigetragen, die Freundschaft glaubwürdiger und plastischer zu machen. Aus den Figuren und Figurenkonstellationen hätte man deutlich mehr herausholen können. Richtige Spannung kam für mich erst im letzten Drittel auf.
Vielleicht aber ist genau das mein Problem mit dem Roman: im Mittelpunkt stehen nicht die Figuren oder das Silberwerk sondern die Themen Imperialismus und Rassismus (mit Spuren von Feminismus). Ein Fan historischer Fantasy kommt nicht auf seine Kosten, aber eine alternative Geschichte ist es auch nicht und erst recht kein historischer Roman. Tatsächlich sind historische Sachverhalte stark vereinfacht und dadurch öfters fehlleitend verzerrt. Gleichzeitig werden bspw. rassistische Mikro- und Makroaggressionen mit nur dargestellt, sondern so ausgiebig reflektiert dass man sich fragt, ob die Autorin die Leserschaft für begriffsstutzig hält. Da hätte ich mir etwas mehr Subtilität gewünscht.

Alles in allem ein durchaus lesenswerter Genremix, der mich allerdings nicht überzeugen konnte.

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