Unterhaltsam, aber schöpft das eigene Potenzial nicht aus
The Wind Weaver (Wind Weaver 1)Die Handlung fängt spannend an mit dem Tag der Hinrichtung der Protagonistin. In Rhyas Heimat werden magische Wesen aller Art gejagt, sie selbst ist als Halb-Fae in ständiger Angst aufgewachsen und sieht ...
Die Handlung fängt spannend an mit dem Tag der Hinrichtung der Protagonistin. In Rhyas Heimat werden magische Wesen aller Art gejagt, sie selbst ist als Halb-Fae in ständiger Angst aufgewachsen und sieht sich nun am Ende. Natürlich kommt es aber anders und plötzlich ist sie in der Gewalt des Generals Scythe, der sie nach Norden verschleppt…
Das erste Kapitel fand ich etwas holprig zu lesen, doch auf den folgenden Seiten wird es angenehmer und flüssiger. Besonders die Kampfszenen waren lesenswert, allerdings kam für mich beim Lesen keine Atmosphäre auf und das Worldbuilding allgemein ist unterentwickelt, aber dazu später mehr.
Die Bezeichnung Enemies to Lovers trifft nicht wirklich zu. Auch Slow Born kommt mir irreführend vor. Die Beziehung beginnt zunächst mit rein physischer Anziehung, das ist zwar nicht mein Ding, aber es kommt in Romantasies häufig vor und mir hat es gereicht, dass es zumindest nicht toxisch ist. Dachte ich. Denn in der zweiten Hälfte verhält sich der männliche Hauptcharakter derart kindisch, überemotional-eifersüchtig, dass ich es schwer zu ertragen fand, besonders wenn man bedenkt, dass er locker 70 Jahre mehr Lebenserfahrung als die Protagonistin hat. Die Protagonistin Rhya ist als Kontrast zur zynischen Art ihrer Flamme eine idealistische Person. Leider mangelt es ihr an einem Ziel, auf das sie hinarbeiten könnte. Den Großteil der Handlung verbringt sie damit, auf irgendetwas zu reagieren oder in Selbstmitleid zu versinken. Dadurch entstehen immer wieder langatmige Strecken. Es wäre so schön gewesen, sie aktiver zu sehen. Das Potenzial dazu ist in der geschriebenen Welt durchaus vorhanden: Man hätte das Schicksal ihres Vaters unklar lassen können, und ihr somit einen Grund gegeben, von General Scythe entkommen zu wollen. Das hätte einen netten Anlass für Konflikt gegeben. Oder die vage Warnung vor ihren Kräften verschärft, indem sie innerhalb einer gewissen Zeit lernen muss, damit umzugehen oder es würde sie von innen heraus verzehren. Irgendwie sowas. Stattdessen lässt sie sich ohne größere Gefahr einfach nur von der Handlung treiben, was nicht sonderlich spannend zu lesen ist.
Bei den Nebencharaktern finde ich es langweilig, wie sehr man von der Beschreibung ihrer Attraktivität daraus schließen kann, ob sie zu den Guten oder Bösen gehören. Was auch noch damit übereinstimmt, ob sie freundlich zu der Protagonistin sind oder nicht. Das ist mir einfach ein zu simples Weltbild. Stichwort Welt: Rhyas Welt ist von Hunger und Krieg geprägt, hinzu kommen Krankheiten und Probleme bei der Geburt von Kindern. Hier hätte man richtig schön ein anderes Wertesystem aufbauen können, aber es ist eine klassische Fantasywelt, wo Edelsteine Reichtum spiegeln und (abgesehen von einer namenlosen Generalin) klassische Geschlechterrollen herrschen. Das ist aber nicht mein Kritikpunkt, sondern lediglich ein was hätte sein können. Was mich konkret gestört hat, ist: Rhya wuchs also mit Not auf, reagiert aber kaum auf den Überfluss, der ihr später begegnet. Besonders ihr Umgang mit Essen wirkt ziemlich unglaubwürdig, so würde niemand handeln und verschwenden, für den Hunger jahrelang ein Thema war.
Alles in allem ist es ein Fantasyroman für Leser, denen die Liebesgeschichte am wichtigsten ist. Für mich war es nett zu lesen, aber nicht sonderlich erinnerungswürdig.