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Veröffentlicht am 27.06.2023

Ein Ort der Begegnung

Das Café ohne Namen
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Es ist das Jahr 1966 und Robert Simon arbeitet als Gelegenheitsarbeiter auf dem Wiener Karmelitermarkt. Es war schon immer sein Traum, ein eigenes Café zu führen. Als er ein leerstehendes und ziemlich ...

Es ist das Jahr 1966 und Robert Simon arbeitet als Gelegenheitsarbeiter auf dem Wiener Karmelitermarkt. Es war schon immer sein Traum, ein eigenes Café zu führen. Als er ein leerstehendes und ziemlich heruntergekommenes Café entdeckt, wagt er den Sprung in die Selbständigkeit. Bald schon ist „das Café ohne Namen“ ein Treffpunkt für Marktarbeiter und Bewohner des Viertels und ein wichtiger sozialer Treffpunkt vor allem für Menschen mit geringem Einkommen.
Das Buch schildert episodenhaft Ereignisse aus dem Leben dieser Personen. Das Buch wirft ein Schlaglicht auf einen Boxer, dessen beste Tage vorbei sind, Fabrikarbeiterinnen aus der nahegelegenen Nähfabrik, die demnächst schließt, eine etwas in die Jahre gekommene Frau, die gern für die Nacht mit dem Nächstbesten mitgeht, den hochverschuldete Vermieter des Cafés, der keine Menschenseele hat, und viele andere. Manche dieser Schicksale haben mich berührt, andere Momentaufnahmen schienen sehr willkürlich und manchmal wusste ich überhaupt nicht, wer gerade spricht.
Robert Seethalers bildhafte und poetische Sprache hat mir gut gefallen, was den Inhalt des Buchs anbelangt, bin ich etwas zwiegespalten, denn viele der Personen haben mich nicht wirklich erreicht. Auch Simon selbst lernen wir nicht gut kennen. Sein Leben besteht aus Arbeit, die ihn mit den Jahren immer mehr anstrengt, seine wenige Freizeit verbringt er mit Gesprächen mit seiner verwitweten Vermieterin. Vielleicht ist es für ihn daher gar nicht allzu tragisch, als das Gebäude, in dem sich das Café befindet, nach einigen Jahren von Spekulanten aufgekauft wird und er schließen muss.
Ich habe dieses Buch nicht ungern gelesen, doch kam beim Lesen manchmal auch etwas Langeweile auf. Ich hatte mir mehr jedenfalls davon versprochen.

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Veröffentlicht am 17.06.2023

Moralisches Dilemma, das in Wirklichkeit keines ist

In unseren Kreisen
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Familie Sandmann bekommt durch ein Erbe viel Geld sowie die Möglichkeit, in eine schöne Villa am Stadtrand zu ziehen. Bisher betrachteten sie sich als intellektuelle, gesellschaftskritische Linke, im neuen ...

Familie Sandmann bekommt durch ein Erbe viel Geld sowie die Möglichkeit, in eine schöne Villa am Stadtrand zu ziehen. Bisher betrachteten sie sich als intellektuelle, gesellschaftskritische Linke, im neuen Viertel mit lauter reichen Nachbarn fühlen sie sich daher zunächst unwohl. Doch bald erkennen sie, welche Vorteile ihnen der Geldsegen eröffnet.
Die ersten zwei Drittel des Buchs habe ich sehr genossen. Oswald schreibt mit einem ironischen Augenzwinkern und die Geschichte fängt vielversprechend an. Marie, die Tochter der Sandmanns bringt nicht die Noten nach Hause, die sie nach Meinung der Eltern bekommen sollte. Schuld ist selbstverständlich die ignorante Lehrerin, die nicht erkennt, dass das Mädchen höchstwahrscheinlich hochbegabt ist und sich lediglich unterfordert fühlt. Doch mit dem Umzug in ein anderes Viertel löst sich dieses Problem wie viele andere in Wohlgefallen auf.
Von einem kauzigen Nachbarn wird Nikolai Sandmann in Andeutungen darauf hingewiesen, dass das geerbte Haus im Dritten Reich in jüdischem Besitz war. Daraufhin überlegen Tatjana und Nikolai, ob es nicht das Beste wäre, das Haus zu verkaufen und den Erlös zu spenden. Als ob! Dafür haben sie sich schon viel zu sehr an ihr angenehmes neues Leben gewöhnt. Es kommt mir vor, als ob der Autor im letzten Drittel des Buchs nicht so richtig gewusst hätte, wie er die Geschichte zu Ende bringen soll. Handlungsstränge, von denen ich mir eine Fortsetzung erwartet hätte, werden nicht fortgeführt und das Ende bleibt offen. Schade, ich hatte mit einer Überraschung zum Schluss gerechnet, aber irgendwie endet alles äußerst unspektakulär.

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Veröffentlicht am 03.06.2023

Spannender Krimi mit schwachem Schluss

Die Wahrheit
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Der Roman „Die Wahrheit“ von Mattias Edvardsson beginnt mit einem Doppelmord an dem Kinderarzt Rytter und seiner chronisch kranken Frau.
In kurzen Kapiteln lernen wir drei Personen kennen, die alle von ...

Der Roman „Die Wahrheit“ von Mattias Edvardsson beginnt mit einem Doppelmord an dem Kinderarzt Rytter und seiner chronisch kranken Frau.
In kurzen Kapiteln lernen wir drei Personen kennen, die alle von der Polizei vernommen werden. Bill, den alleinerziehenden Vater, der aus Geldnot ein Zimmer an die Studentin Karla vermietet, die ebenfalls knapp bei Kasse ist und deshalb bei Steven und Regina geputzt hat, sowie Jennica, eine Studentin und Steven Rytters Geliebte. Zwischen den einzelnen Kapiteln, die aus der Perspektive dieser drei Personen erzählt werden, sind kurze polizeiliche Vernehmungen eingefügt, Ermittler treten nicht auf.
Das Buch ist wirklich spannend. Jede der Personen hätte ein Motiv, Eifersucht, Geldnot, Verdeckung einer Straftat. Bis zum Schluss tappt man als Leser im Dunkeln. Die Auflösung des Verbrechens erscheint mir allerdings sehr konstruiert und alles andere als glaubhaft, was den Lesegenuss für mich doch sehr relativiert hat. Ein spannendes Buch allein genügt nicht, wenn das Ende unbefriedigend ist.

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Veröffentlicht am 16.12.2022

Forever Young

Das Jungblut-Serum
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Schauplatz dieses Romans ist eine kleine schwedische Insel, auf der die Menschen als Versuchskaninchen für das Medikament Insovital dienen, das ihnen ein biblisches Alter ohne nennenswerte Einschränkungen ...

Schauplatz dieses Romans ist eine kleine schwedische Insel, auf der die Menschen als Versuchskaninchen für das Medikament Insovital dienen, das ihnen ein biblisches Alter ohne nennenswerte Einschränkungen verspricht. Das Experiment läuft schon seit 30 Jahren und es gibt tatsächlich eine große Anzahl an Senioren, denen es gesundheitlich hervorragend geht. Wären da nicht die Nebenwirkungen bei den Nachkommen der behandelten Personen. Eine außergewöhnlich große Anzahl junger Frauen auf der Insel kann nämlich keine Kinder bekommen. Die Firma, die Insovital entwickelt hat, weist einen Zusammenhang zwischen der Unfruchtbarkeit der Frauen und ihrem Präparat weit von sich und belegt dies mit Studien. Doch einige Inselbewohnerinnen wollen es nicht dabei belassen und bitten die junge deutsche Wissenschaftlerin Lena Bondroit um Hilfe.
Lenas Interesse ist geweckt und sie beschließt, auf die Insel zu fliegen und vor Ort Untersuchungen durchzuführen. Das ist allerdings vielen ein Dorn im Auge, denn die Entwicklungsfirma plant einen Börsengang und negative Presse käme zur Unzeit. Vom ersten Moment an schlägt Lena eine Welle der Ablehnung entgegen. Sie gerät von einer gefährlichen Situation in die nächste und muss sogar um ihr Leben fürchten.
Das Thema des Buchs, vor allem das Unterthema Epigenetik, fand ich sehr interessant, allerdings wurden meine Erwartungen nicht ganz erfüllt. Zu vieles war für meine Begriffe unlogisch und/oder unglaubwürdig. Man versucht, Lena auf der Insel zu halten, damit sie ihre Erkenntnisse nicht weitergeben kann. Im Zeitalter des Internets finde ich dies ziemlich abwegig. Gleichzeitig ist Lena überzeugt, dass sie nur die Insel verlassen muss, um außer Gefahr zu sein. Auch nicht gerade logisch. Am meisten hat mich allerdings gestört, dass ich bis zuletzt mit den Personen nicht warm wurde und ich ihr Handeln teilweise absolut nicht nachvollziehen konnte. Kein schlechtes Buch, aber eher Roman als Thriller.

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Veröffentlicht am 25.11.2021

Hinter der Fassade

Das Geschenk
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Kathrin und Klaus sind sehr erstaunt, als ihr früherer Freund Peter, der seit 4 Jahren Witwer ist, sie einlädt, Weihnachten mit ihm zu feiern. Früher hatten sie viel miteinander unternommen, doch jetzt ...

Kathrin und Klaus sind sehr erstaunt, als ihr früherer Freund Peter, der seit 4 Jahren Witwer ist, sie einlädt, Weihnachten mit ihm zu feiern. Früher hatten sie viel miteinander unternommen, doch jetzt haben sie sich schon lange aus den Augen verloren. Um dem armen, traurigen Witwer Weihnachten einfacher zu machen, sagen sie zu, obwohl sie eigentlich ganz andere Pläne für die Weihnachtstage hatten. Umso größer ist die Überraschung, als ihnen eine junge Frau die Tür öffnet, Peters „Neue“, wie sich herausstellt. Sharon ist nicht nur viel jünger als die anderen drei, sie könnte sich von Peters verstorbener Frau Almut auch nicht mehr unterscheiden. Der erste Eindruck ist der einer ziemlich naiven und prolligen jungen Frau mit Plüschpelz, kleinem Schoßhündchen und rosa Strähnen im blond gefärbten Haar. Als sich dann noch herausstellt, dass Sharon Krankenschwester in dem Krankenhaus ist, in dem Almut starb, sind Kathrin und Peter hellauf entsetzt. Eine Affaire mit der Krankenschwester anfangen, während die eigene Frau im Sterben liegt, wie fies ist das denn?
Dass vieles von dem, was sie annehmen, sich als falsch herausstellt, zeigt sich erst im Verlauf der Geschichte. Ebenso wie die Tatsache, dass in ihrer eigenen Ehe auch nicht alles so ist, wie es nach außen scheint…
Mir hat der erste Teil der Geschichte deutlich besser gefallen als der Schluss. Nicht nur Kathrin und Klaus, sondern auch den Lesern wird der Spiegel vorgehalten, wie schnell man sich von Äußerlichkeiten täuschen lässt. Klaus wird mir mit der Zeit immer unsympathischer, allerdings konnte ich mich mit keiner der doch ziemlich klischeehaft dargestellten Personen identifizieren. Das Ende lässt mich einigermaßen ratlos zurück. Was will uns die Autorin mit diesem Büchlein sagen, außer, dass man sich nicht vom ersten Eindruck leiten lassen soll?
Die Geschichte ist teilweise ganz amüsant zu lesen, das auf dem Klappentext angekündigte „Feuerwerk voller Wortwitz“ habe ich allerdings vermisst.

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