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Veröffentlicht am 14.10.2023

Netter (solider) Roman mit Luft nach oben

Der Knochenwald
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Eines muss man Christina Henry lassen: Sie hat einen unverwechselbaren Stil. Die Autorin versteht es, kurzweilige Geschichten zu erzählen. Kurzweilig ist auch die Story um Mattie, die mit ihrem gewalttätigen ...

Eines muss man Christina Henry lassen: Sie hat einen unverwechselbaren Stil. Die Autorin versteht es, kurzweilige Geschichten zu erzählen. Kurzweilig ist auch die Story um Mattie, die mit ihrem gewalttätigen Mann William einsiedlerisch in einer abgelegenen Berghütte lebt. Doch William scheint nicht die einzige Bedrohung zu sein. Aus dem Wald sind immer wieder verzerrte Schreie zu hören. Zudem macht das Paar bei einem Kontrollgang eine grausige Entdeckung...

Mit Henry und mir ist es immer eine einzige Berg-und-Tal-Fahrt. Und dieses Mal ging es ganz schön bergab. Es mangelte dem Plot an einer ordentlichen Portion Spannung. Immer dann, wenn ich dachte, jetzt kommt was, schaffte die Autorin den Sprung über diesen gewissen Punkt nicht hinaus. Viele potenzielle Szenen verpufften ungenutzt. Zwar schwingt die unbekannte Bedrohung dauerhaft mit, diese gewinnt aber nie die Überhand und wird gefühlt von jetzt auf gleich einfach unter den Tisch gekehrt. Das Ganze gipfelt zudem in einem ziemlich lahmen Ende, das jegliche Überzeugungskraft geraubt hat.

Auch die Figuren konnten mich nicht mitreißen. Vor allem Mattie und William fehlt es in ihren Persönlichkeiten an prägnanten Zwischentönen. Es gibt nur schwarz und weiß, was die beiden bei allen Konflikten mitunter langweilig wirken lässt. Vor allem vom (zwischen)menschlichen (Überlebens)Drama und dem Setting mit allen Hürden und Konsequenzen habe ich mehr erwartet. Kreative Szenen, eine schaurige Atmosphäre, Wendungen. Gerade da hätte Henry gezielt auf klassischen Horror setzen und düstere (Fantasy-)Elemente einfließen lassen können.

Fazit: Alles in allem bietet „Der Knochenwald“ einen netten Plot, mit netten Charakteren, netten Szenen und einer netten Auflösung. Das Schlüsselwort ist: nett. Mehr aber auch nicht. Zu viel sollte man hier nicht erwarten.

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Veröffentlicht am 08.10.2023

Konnte nicht ganz überzeugen

Wer das Vergessen stört
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Die Hauptprotagonistinnen sind die Psychologin Lily und ihre beiden Patientinnen Samantha, die von ihrem Mann misshandelt wird, und Vera, die unter Panikattacken leidet.

Ich muss leider gestehen, dass ...

Die Hauptprotagonistinnen sind die Psychologin Lily und ihre beiden Patientinnen Samantha, die von ihrem Mann misshandelt wird, und Vera, die unter Panikattacken leidet.

Ich muss leider gestehen, dass ich mit dem Buch nicht warm wurde. Die Story ist gut, gar keine Frage, und auch spannend. Es waren eher die Figuren und teilweise die Auflösung, die mich nicht überzeugen konnten.

Lily kämpft an ihren eigenen Fronten, und die Passagen, in denen sie alleine zu Hause ist, fand ich ziemlich langatmig. Sie reibt sich zwar auf für ihre Patientinnen, und so kam es, dass plötzlich der Fokus auf Samantha lag, aber Lily selbst blieb im Vergleich deutlich zu blass.
Dann kommt noch Vera ins Spiel, die fast eine Zeitraffer-Therapie durchläuft. Mit Vera kam ich am besten zurecht, und ihre Geschichte ist so dramatisch wie unglaublich traurig. Doch zu Veras Geschichte gehören Nebenstränge, die mich verwirrten, da ich gar nicht wusste, warum wir nun in dieses Jahr sprangen und wer die Menschen waren. Das klärt sich irgendwann auf, ich fand das insgesamt jedoch etwas schwierig nachzuvollziehen.
Lily versucht letztendlich herauszufinden, ob Vera wirklich Selbstmord begangen hat, da sie nicht daran glaubt. Plötzlich ist Samantha gar kein Thema mehr. Ich dachte schon: "Huch, was passiert da?" Man muss also konstant konzentriert bei der Sache bleiben, um nicht den roten Faden aus den Augen zu verlieren.

Zum Ende hin war ich in puncto Auflösung auf dem richtigen Weg. Diese fand ich relativ schlüssig, allerdings kam eine Passage darin vor, wo ich dachte: "Komm, nee, finde ich das jetzt mutig, unglaubwürdig oder doof?" Wahrscheinlich ein wenig von allem. Zumindest bietet der Plot genug Diskussionspotenzial.

Und lasst mich noch eben das Setting erwähnen. Canterbury, die Domstadt im Südosten Englands, mit ihren gepflasterten Straßen, dem alt-römischen Ambiente und den saftgrünen Uferlandschaften. Klingt total schön, oder? Genau das hätte ich mir an Beschreibungen gewünscht. Leider geht Tessa Duncan nur spärlich auf die Umgebung ein und verschenkt somit ein paar Punkte.

Fazit: Trotz der klug gewählten Kapitelgliederung und der eingebauten Wendungen war dieser Roman wegen der inhaltlichen und stilistischen Umsetzung nicht komplett mein Ding. Schaut am besten mal in die Leseprobe und verschafft euch einen eigenen Eindruck. Ich hoffe, euch gefällt die Story mehr als mir. Der zweite Teil wird dennoch bei mir einziehen, weil ich guter Dinge bin, dass es da besser flutscht.

/RO, Katheeer

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Veröffentlicht am 21.09.2023

Erst zum Ende hin spannend und tragisch

Die Suche
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Bundesermittler Aaron Falk besucht Freunde zu einer Taufe. Zeitgleich findet das alljährliche Weinfest der Ortschaft statt, auf dem im vergangenen Jahr Kim Gillespie verschwand. Die Ermittler gehen von ...

Bundesermittler Aaron Falk besucht Freunde zu einer Taufe. Zeitgleich findet das alljährliche Weinfest der Ortschaft statt, auf dem im vergangenen Jahr Kim Gillespie verschwand. Die Ermittler gehen von einem Suizid aus. Eine Leiche konnte jedoch nie gefunden werden. Kims ältere Tochter Zoe kann nicht glauben, dass ihre Mutter ihre Schwester, noch ein Baby, einfach allein gelassen und sich in den Tod gestürzt hat. So versucht Zoe, auf dem Fest erneut Zeugen zu finden und dadurch vielleicht auf neue Hinweise zu stoßen. Zudem findet auch Aaron Ungereimtheiten und geht der Sache ebenfalls nach.

Zitat Pos. 206:
"Es musste aufreibend sein, die Hoffnung so lange am Leben zu halten. Wie erfolgreich konnte ein Suchaufruf zwölf Monate nach dem Verschwinden einer Person schon sein? Ein guter Ausgang war jedenfalls nicht zu erwarten."

Der Schreibstil von Jane Harper ist flüssig und man findet schnell in die Story. Es gibt zahlreiche Protagonisten, die man erst sortieren muss, um zu überblicken, wer wer ist und wie was zusammenhängt. Diese Erklärungen und Zusammenhänge sind natürlich für die spätere Aufklärung nötig, wurden aber nach einiger Zeit etwas langatmig. Für meinen Geschmack verlief die Suche nach weiteren Hinweisen zu spannungslos, obwohl man da mehr hätte rausholen können. Erst ab etwa der Hälfte des Buches und einem Perspektivwechsel kommt Spannung in den Plot, der mit einer unerwarteten Wendung endet. Dieser Twist hat es zwar ganz schön in sich, kann aber nicht über vorige Defizite hinwegtrösten.

Fazit: Ein ziemlich langatmiges Prozedere, das unerwartet und ziemlich tragisch endet. Wer Zeit mitbringt und ausführliche Stories mag, die sich am Ende authentisch aufklären, ist mit diesem Thriller sicher gut beraten.

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Veröffentlicht am 21.08.2023

Zu viel Luft nach oben

Das Gästezimmer
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Wie wichtig ist euch der Schreibstil?
Mit ihm kann für mich alles kippen, denn er ist wichtig, um in die Geschichte reinzufinden. Wenn der Schreibstil also nicht überzeugt, dann kann der Plot noch so gut ...

Wie wichtig ist euch der Schreibstil?
Mit ihm kann für mich alles kippen, denn er ist wichtig, um in die Geschichte reinzufinden. Wenn der Schreibstil also nicht überzeugt, dann kann der Plot noch so gut sein, man wird mit dem Buch nicht wirklich warm.

Und leider war genau dies hier der Fall. Für mich total gewöhnungsbedürftig: die sogenannte Du-Perspektive. Sie hat mich herausgezogen, verwirrt und war einfach nur störend. Von der mangelnden Spannung dadurch mal abgesehen. Daher war ich mehr als einmal kurz davor abzubrechen.

Die Charaktere waren in Ordnung, aber mehr auch nicht. Ich konnte keinerlei Sympathie aufbauen. Vielleicht lag es an der gewählten Perspektive, aber Rachel beispielsweise wirkte langweilig und ein wenig zu sehr in den Hintergrund gerückt. Sie kam nicht authentisch rüber und hätte mehr ausgearbeitet werden können. Auch bei den Nebenprotagonisten gab es Schwächen. So wirkten sie stumpf, naiv und nicht unbedingt einprägsam. Schade. Ich habe die Bindung zu den einzelnen Charakteren vermisst, gerade zu unserer oben erwähnten Hauptprotagonistin.

Und innerhalb des geschichtlichen Werdegangs konnte man auch erkennen, dass alles nicht stimmig und gut genug ausgearbeitet wurde. Die Spannung ließ lange auf sich warten und kaum etwas konnte mich wirklich überraschen. Gegen Ende des Buches zog es ein wenig an, doch das war mir viel zu spät. Ich brauche nicht unbedingt Tempo und Adrenalin von der ersten Minute an, doch eine Spannungskurve sollte erkennbar sein - oder zumindest Höhen und Tiefen, sprich überraschende Szenen und auch ruhigere hin und wieder. Aber wenn man sich durch die Storyline kämpfen muss und dabei beinahe einschläft, dann wurde der Sinn und Zweck des Buches/Genres verfehlt.

Fazit: Für mich war das Buch leider kein gelungener Pageturner. Ein äußerst komischer Schreibstil, nur ein Hauch von Spannung und eher flache Charaktere sind Gründe, weswegen ich "Das Gästezimmer" nicht weiterempfehlen kann.

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Veröffentlicht am 26.07.2023

Potenzial nicht ausgeschöpft

Refugium
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Von Prologen kann man halten, was man möchte. Für die Einen ebnen sie den Weg des weiteren Verlaufs, für Andere sind sie eher sekundär. Ich würde sagen: Wenn mich ein Prolog catcht, ist das schon die halbe ...

Von Prologen kann man halten, was man möchte. Für die Einen ebnen sie den Weg des weiteren Verlaufs, für Andere sind sie eher sekundär. Ich würde sagen: Wenn mich ein Prolog catcht, ist das schon die halbe Miete. Der Auftakt in diesem Band ist stark. Er bietet Action, Nervenkitzel, versetzt den Leser direkt in eine angespannte Position. Nun liegt es am Autor oder der Autorin, die Spannung beizubehalten. Leider ist es in diesem Fall nicht gut gelungen.

Zwar hat Lindqvist ein Gespür für die richtigen Formulierungen, punktet mir Ausdruck und definitiv mit einer klug gewählten Figurenausarbeitung, jedoch ist letzteres auch der Knackpunkt. Der Autor hat den Fokus klar auf die Charaktere gelegt. Und zwar so sehr, dass alles andere fast schon nebensächlich wirkt. An einigen Stellen zog sich der Plot unnötig in die Länge, sodass man guter Dinge sein muss, um trotzdem weiterzulesen.

Hinzu kommt die Tatsache, dass wir es eher mit klassischen Elementen eines Krimis zu tun haben, nicht mit denen eines Thrillers. Wer sich jetzt freut, weil er gern die Ermittlungen mitverfolgt und Hintergründe serviert bekommt, sollte sich lieber etwas bremsen. Denn auch diese Aspekte werden nur bröckchenweise thematisiert. Da mich insbesondere politische, wirtschaftliche und unternehmerische Handlungen in Büchern nicht sonderlich interessieren, war es so, dass ich öfter Zeilen übersprungen habe. Das ist natürlich Geschmackssache und könnte dem einen oder anderen Leser durchaus bedeutend besser gefallen als mir. Für mich las sich die Story dadurch zu nüchtern und trocken. Hier und da hätte man ruhig kürzen und das Ganze auflockern können.

Bei Fehlern bin ich zwar im Allgemeinen recht kleinlich, ich finde jedoch, dass sich der Nachname einer Figur während des Verlaufs nicht ändern darf. Sicher, kann passieren. Ist trotzdem ärgerlich, wenn aus Julia Malmros plötzlich Julia Ribbing wird. Apropos Ribbing: Der Nachname gehört eigentlich Kim. Kim Ribbing. Für mich der coolste Charakter seit Längerem. Er ist faszinierend, ihn umgibt eine düstere Aura, man kann ihn nur schwer einschätzen. Und das macht ihn unglaublich interessant. Er ist niemand, der in der Masse untergeht, sondern sich ins Gedächtnis brennt.

Im Großen und Ganzen hat mich Lindqvist mit REFUGIUM etwas enttäuscht, muss ich gestehen. Vor allem wegen des aufreibenden Prologs. Ob ich dem zweiten Teil der Trilogie eine Chance geben werde, weiß ich noch nicht. Ich würde schon gern wissen, wie es weitergeht, wie sich Julia und Kim weiterentwickeln. Und ein klitzekleines bisschen hege ich die Hoffnung, dass der erste Teil dazu dient, eine solide Basis aufzubauen, damit es danach ordentlich kracht. Mal sehen!

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