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Veröffentlicht am 15.08.2023

Reise in die Tiefen des Meeres

Weil da war etwas im Wasser
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Irgendwo in den Tiefen des atlantischen Ozeans berührt ein Riesenkalmar ein Unterwasserkabel. Und plötzlich fangen seine Arme an zu reden. Sie erzählen vom Leben in der Tiefsee, davon, was es bedeutet, ...

Irgendwo in den Tiefen des atlantischen Ozeans berührt ein Riesenkalmar ein Unterwasserkabel. Und plötzlich fangen seine Arme an zu reden. Sie erzählen vom Leben in der Tiefsee, davon, was es bedeutet, ein Kalmar zu sein. Sie erzählen aber auch von menschlichen Schicksalen, widmen sich Jules Verne ebenso wie einer Praktikantin auf einem Frosttrawler. Was dabei entsteht ist ein Mosaik an Lebensformen und an Verknüpfungen zwischen Lebewesen.

Eins zunächst mal vornweg: Erzählende Tentakel, das kann auch schnell schief gehen. Nicht selten liest man Bücher aus der Perspektive von Tieren, die einfach nicht gelungen sind. Bei Luca Kieser ist das glücklicherweise nicht der Fall. Der Anfang des Romans hat mich in seinen Bann gezogen und ich fand die Reise in die Tiefen des Meeres und in das Bewusstseins eines Lebewesens, über dessen Denken und Fühlen wir so wenig wissen, faszinierend.

Aber im Mittelteil leidet der Roman dann unter einem Zuviel an Figuren und Perspektiven. Er ist überfrachtet mit Erzählsträngen, Zeitensprüngen und Informationen. Es entsteht ein Gewirr, in dem sich vieles verliert. Vor allem leider das Potential dieses eigentlich so vielversprechenden Debüts.

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Veröffentlicht am 03.05.2023

Unterhaltungsroman mit Makeln

Die Tage in der Buchhandlung Morisaki
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Nachdem sie von ihrem Freund enttäuscht wurde, kündigt die Takako ihren Job und zieht zu ihrem Onkel. Dieser betreibt ein Buch-Antiquariat in Tokios Bücherviertel Jinbocho. Zunächst schwelgt Takako in ...

Nachdem sie von ihrem Freund enttäuscht wurde, kündigt die Takako ihren Job und zieht zu ihrem Onkel. Dieser betreibt ein Buch-Antiquariat in Tokios Bücherviertel Jinbocho. Zunächst schwelgt Takako in Gefühlen von Traurigkeit, doch schon bald gibt ihr die Zeit im Buchladen die Möglichkeit, zu sich zu kommen und zu reflektieren. Auch die Bücher, die sie dort entdeckt und liest, tragen dazu bei. Der Roman ist somit eine Geschichte des Erwachsenwerdens, eine Geschichte der Reifung.

“Das Antiquariat Morisaki lag einsam und verlassen an einer Ecke des quirligen Antiquariatsviertels. Es ist klein, alt und macht nicht besonders viel her. Viele Kunden hat es auch nicht.”

Satoshi Yagisawa schreibt in einer leichten Sprache, an die man sich gewöhnen muss und an die sich vielleicht nicht jeder Leser gewöhnen kann. Auch die Geschichte wirkt manchmal etwas zu kindlich und die Figuren erscheinen in ihrem Verhalten naiv, ja fast schon oberflächlich.
Aber dennoch verbirgt sich hinter diesen Makeln eine Geschichte, die erzählenswert ist und für Momente, in denen einem nach leichter Unterhaltung ist, auch lesenswert.

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Veröffentlicht am 15.03.2023

Ideenroman

Flauschig
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In Hanna Bervoets Roman “Flauschig” tauchen kleine flauschige Bällchen im Leben der Menschen auf. Sie fangen plötzlich an zu reden, beteuern den Menschen, dass sie für sie da sind, stellen philosophische ...

In Hanna Bervoets Roman “Flauschig” tauchen kleine flauschige Bällchen im Leben der Menschen auf. Sie fangen plötzlich an zu reden, beteuern den Menschen, dass sie für sie da sind, stellen philosophische Fragen, erzählen Geschichten und gehen auf die Psyche der Menschen ein.

Da ist zum Beispiel Maisie, eine Masterstudentin, die an Selbstzweifeln leidet, nicht genug an sich glaubt und deren Beziehung zu Florence vor Kurzem in die Brüche gegangen ist. Als Florence ihr ein Knäuel zukommen lässt, fühlt sie sich weniger einsam und “sie merkt, dass sie immer unruhiger wird, wenn das Knäuel ein paar Stunden hintereinander nichts sagt”.
Diek ist ein Mann um die sechzig, der mit seinem Hund Maxie lebt. Seine Beziehungen zu Frauen bricht er stets nach kurzer Zeit wieder ab. Er will und kann sich nicht binden. Aber “was er selbst sucht, weiß er eigentlich nicht”. Auch bei ihm landet einer der Bälle.
Im Laufe der Geschichte werden zahlreiche weitere Personen zum Besitzer der Bälle.

Der Roman erzählt von der Distanz, die zwischen den Menschen herrscht. Er erzählt von Verlust, von Trennungen, vom Vermissen und der Einsamkeit. Das Verhalten der Charaktere zeichnet sich oft dadurch aus, dass sie anderen aus dem Weg gehen, obwohl sie sich nach Nähe sehnen. Die Bälle treten in das Leben dieser Menschen ein und bringen das, was sie voneinander und von sich selbst trennt, zum Vorschein. Sie füllen die Leere und Stille, die durch fehlende oder fehlerhafte Beziehungen zu Mitmenschen entstanden sind. Sie geben ihren Besitzern das Gefühl, dass sie ihnen zuhören, dass sie sich um sie sorgen, für sie da sind und sprechen sie stets mit “Geliebtes Wesen” an.

Der Begriff des Ideenromans ist eine treffende Beschreibung für Bervoets Buch. Allerdings erweitert der Roman nicht, wie das Zitat auf dem Cover verspricht, die Grenzen der Literatur. Er bietet abwechslungsreiche Innenansichten, dringt in das Bewusstsein seiner Figuren ein, aber bleibt stets im Rahmen einer zugänglichen Literatur, die keine übermäßig hohen Anforderungen an den Leser stellt. Der Roman liest sich leicht, ist gekonnt geschrieben und macht Lust darauf, weitere Bücher der Autorin zu entdecken.

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Veröffentlicht am 15.03.2023

Nur teilweise überzeugend

Die rechtschaffenen Mörder
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Norbert Paulini wollte Leser werden...

...und das gelingt ihm auch. Er macht eine Ausbildung zum Antiquar und eröffnet kurz darauf mit den Büchern seiner verstorbenen Mutter sein eigenes Antiquariat in ...

Norbert Paulini wollte Leser werden...

...und das gelingt ihm auch. Er macht eine Ausbildung zum Antiquar und eröffnet kurz darauf mit den Büchern seiner verstorbenen Mutter sein eigenes Antiquariat in Dresden. Zuerst läuft es gut, doch nach der Wende bleiben die Kunden aus, Paulini muss sein Geschäft aufgeben, hat mit Geldsorgen zu kämpfen, sein soziales Umfeld ändert sich und er findet keinen Halt mehr im Leben.

Dieser erste Teil des Buches, also Paulinis Jugend, seine Entdeckung der Literatur, seine leidenschaftliche Betätigung als Antiquar und die Zeit der Wende waren durchaus gelungen und lasen sich leicht.

Doch in den letzten beiden Teilen wird die Geschichte plötzlich aus der Sicht des Biographen von Paulini erzählt und aus der Sicht von dessen Lektorin. Mit diesem Perspektivbruch geht auch eine Langatmigkeit einher. Die dem Leser unbekannten und neuen Figuren tragen kaum etwas bei und ziehen stattdessen die Geschichte nur unnötig in die Länge. Was schade ist, weil eine anfangs einnehmende Erzählung zu keinem ihr angemessenen Ende findet.

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Veröffentlicht am 03.03.2023

Ähnelt vielen anderen Unterhaltungsromanen

Unter Freunden
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Flora lebt mit ihrer Familie in Los Angeles. Ihr Mann Julian ist Schauspieler, sie selbst Synchronsprecherin und die Tochter Ruby hat gerade ihre Schule beendet. Als Abschlussgeschenk möchte Flora ihr ...

Flora lebt mit ihrer Familie in Los Angeles. Ihr Mann Julian ist Schauspieler, sie selbst Synchronsprecherin und die Tochter Ruby hat gerade ihre Schule beendet. Als Abschlussgeschenk möchte Flora ihr ein altes Foto einrahmen, das sie jedoch nirgendwo finden kann. Auf der Suche stößt sie plötzlich auf den Ehering Julians, den dieser vorgegeben hatte, beim Schwimmen im See verloren zu haben. Noch unter Schock und voll Angst davor, was sie nun von ihm erfahren wird, konfrontiert sie Julian.

Was Flora erfährt, stellt alles, woran sie geglaubt hatte, auf den Kopf. Denn nicht nur Julian, sondern sogar ihre beste Freundin Margot hat sie hintergangen. All ihre Erinnerungen sind plötzlich voller Makel, nichts ist mehr das, was es zuvor noch schien. Momente der Freude, der aufrichtigen Liebe und des Zusammenhalts wirken auf Flora nun wie eine Lüge und sie findet sich plötzlich an einem Scheideweg wieder. Wird sie Julian vergeben?

Cynthia D'Aprix Sweeney erzählt ihre Geschichte gekonnt und mit einem Gefühl für Rhythmus, Perspektivwechsel und Charakterisierungen. Der Wendepunkt in der Beziehung zwischen Julian und Flora steht zwar bereits ganz zu Beginn des Romans, doch durch zahlreiche Rückblenden und Erinnerungen entfaltet er trotzdem nur allmählich seine gesamte Wirkung. Der Roman lässt sich stets flüssig lesen und auch wenn ich ihn nicht, wie auf dem Cover angepriesen als besonders humorvoll empfunden habe, so ist er doch eine nette und unterhaltende Geschichte für zwischendurch. Im Übrigen hätte er durchaus das Potenzial gehabt, zu begeistern, aber thematisch ähnelt er einfach zu vielen anderen Geschichten und vermag sich deshalb in dieser Hinsicht leider nicht hervorzuheben.

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