Profilbild von Schnuppe

Schnuppe

Lesejury Star
offline

Schnuppe ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Schnuppe über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 04.10.2023

Holocaust-Zeugnis

Gebranntes Kind sucht das Feuer
0

"Es war zu viel und doch zu wenig, es wurde vom Feuer gesprochen, aber über die Asche geschwiegen."

Cordelia Edvardson ist die Tochter der Schriftstellerin Elisabeth Langgässer, einer glühenden Katholikin ...

"Es war zu viel und doch zu wenig, es wurde vom Feuer gesprochen, aber über die Asche geschwiegen."

Cordelia Edvardson ist die Tochter der Schriftstellerin Elisabeth Langgässer, einer glühenden Katholikin mit einem jüdischen Elternteil und des jüdischen Staatsrechtlers H. Heller. Das Mädchen gilt somit zu NS Zeiten als Dreivierteljüdin.

Aber auch schon vor der Judenverfolgung hat das Mädchen keine einfache Zeit. Die Familienkonstellation ist für die Zeit ungewöhnlich und sie wird ausgegrenzt. Die Mutter bietet keinen wirklichen Rückhalt in ihrem Wunsch nach Selbstverwirklichung, Sicherheit und dem Wunsch sich durch eine Ehe besser zu stellen. Es fehlt an Liebe und Zuwendung. Als die Zeiten immer bedrohlicher werden, versucht die Mutter die Tochter ins Ausland zu schaffen. Als sie bei der Gestapo vorgeladen werden, muss sich das Mädchen entscheiden: entweder wird die Mutter des Verrats angeklagt oder sie unterwirft sich den Rassegesetzen. "...nichts musste gesagt werden, es gab keine Wahl..." Durch ihre Unterschrift besiegelt Cordelia ihr Schicksal. Sie wird nach Auschwitz deportiert, erlebt dort den blanken Horror und muss für Josef Mengele als Schreibkraft arbeiten. Gerade die kleinen Episoden, die hier so distanziert geschildert werden, transportieren spürbar das Grauen. Cordelia überlebt und wird vom Roten Kreuz nach Stockholm gebracht. Der Kontakt, den sie ein Jahr nach der Rettung zu der Mutter sucht, verläuft unsäglich schlecht. Sie bleibt in Schweden und übersiedelt 1973 nach Israel.

Dieser Überlebensbericht ist gerade mal 134 Seiten stark, aufgrund der Inhaltsschwere jedoch nicht schnell gelesen. Die Autorin berichtet überaus distanziert von ihrem Leben, dabei geht sie nicht chronologisch vor. Sie nennt sich: das Mädchen, die Tochter, die Frau und bleibt damit konsequent ohne Namen und in der dritten Person. Sie ist für die Freiheit der Mutter nach Auschwitz gegangen und hat dort ganz andere Liebesbeweise von Müttern erlebt. Es sind kleine Begebenheiten, die sie so eindringlich schildert, das man meint man wäre mit dabei. Die Betroffenheit, die das auslöst, hinterlässt lange Zeit Erschütterung. Es ist beeindruckend, wie emotional die Auswirkungen eines so distanziert geschriebenen Textes ist.

Ein unglaublich beeindruckendes Zeitzeugnis, das nicht in Vergessenheit geraten sollte. Durch das Nachwort von Daniel Kehlmann werden nochmal Fakten angereichert und Dinge gut erläutert.

Lesenswert

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 03.10.2023

Den Wald mit allen Sinnen erleben

Frederick und seine Freunde - Komm, wir erkunden den Wald
0

Ein schönes Bilderbuch für die Jüngsten, das dazu animiert, den Wald mit allen Sinnen zu erleben.

Die Illustrationen sind in "Frederick-Manier" gehalten und wunderschön. Es gibt viel zu sehen, die Bilder ...

Ein schönes Bilderbuch für die Jüngsten, das dazu animiert, den Wald mit allen Sinnen zu erleben.

Die Illustrationen sind in "Frederick-Manier" gehalten und wunderschön. Es gibt viel zu sehen, die Bilder unterstützen den Text sehr gut, aber sie sind nicht zu überladen, so dass alles gut wahrgenommen werden kann. Der Text ist in die Bilder eingebettet. Teils ist der Text gereimt, so dass er sich leicht einprägt.

Frederick erkundet mit seinen Freunden den Wald. Es geht um das Riechen, Sehen, Hören, Schmecken und Fühlen. Zu jedem Sinnesorgan bzw. Sinneseindruck gibt es Beispiele, die man mit den Kindern auch im Wald erleben kann. Es wird etwas über den Wald und die Tiere, die darin leben vermittelt und natürlich gibt es Informationen über Mäuse.

Ein tolles Sachbuch für die Kleinsten, das auch neben der Lektüre noch viel Anregung bietet. Wir sind mit unseren Lütten in den Wald gegangen, haben Situationen aus dem Buch nachgestellt und auf unsere Sinne geachtet. Die besondere Gestaltung der Bilder regt zum nachbasteln bzw. nachgestalten von Bildern an.

Uns gefällt das Buch ausgezeichnet.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 01.10.2023

Lilous Welt

Innerlich bin ich aus Lakritze
0

Lilou hat Synästhesie, d.h. sie nimmt vieles zugleich wahr und vermischt diese Sinneseindrücke. Außerdem lebt sie mit ihrer alleinerziehenden Mutter in Berlin in bescheidenen Verhältnissen. Das Café der ...

Lilou hat Synästhesie, d.h. sie nimmt vieles zugleich wahr und vermischt diese Sinneseindrücke. Außerdem lebt sie mit ihrer alleinerziehenden Mutter in Berlin in bescheidenen Verhältnissen. Das Café der Mutter ist aber ein fröhlicher Ort, der Rückhalt bietet. Der Schulalltag ist nicht ganz so einfach, aber sie möchte sich über ihr Mischmaschi, wie sie ihre Wahrnehmung nennt, niemanden einweihen. Sie hat Angst vor Mobbing.

Als eines Tages der Großvater verunglückt und zur Pflege bei ihnen einquartiert wird, ändert sich etwas im Leben. Lilo hat den Mann noch nie gesehen, die Familie war zerstritten. In den nächsten Wochen geschieht viel, Lilou wird mutiger, nähert sich dem Großvater aber auch Klassenkameraden an. Die neuen Beziehungen stärken sie und verändern einiges im Leben.

Wir begleiten hier die kleine Lilou für eine Zeit, das Buch endet mit einem schönen Moment, aber auch offenen Strängen. Das ist sehr passend für die Geschichte und die Entwicklung, die die Figuren durchleben. Nicht alles ist schön, aber Glück ist manchmal auch, was man draus macht.

Die Sprache ist bildhaft, kinderecht und eignet sich zum Selbstlesen bzw. zum gemeinsamen Lesen. Aufgelockert wird der Text durch gelegentliche Illustrationen von Lilou. Gerne malt sie sich ihre Wunsch- bzw Traumwelten auf, diese sind hier zu sehen. Die einzelnen Figuren aber auch Situationen sind toll beschrieben, im Kopf entstehen beim Lesen viele Bilder.

Eine wunderschöne Geschichte über Normalität und Anderssein, Freundschaft und Familienbeziehungen. Empfehlenswert

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 30.09.2023

Vorschnelle Urteile

Der war's
0

Trouble in der 6a. Immer wieder wird die beliebte Klassensprecherin Marie Opfer eines Diebes. Die besonderen Supersandwiches, die ihre Mutter immer für sie macht werden gestohlen. Die Kinder sind empört, ...

Trouble in der 6a. Immer wieder wird die beliebte Klassensprecherin Marie Opfer eines Diebes. Die besonderen Supersandwiches, die ihre Mutter immer für sie macht werden gestohlen. Die Kinder sind empört, aber auch neugierig, was hinter all dem steckt. Wer ist der Dieb? Es dauert gar nicht lange, da machen Gerüchte die Runde und der Neue in der Klasse wird als Täter abgestempelt. Ehe man sich versieht, bricht über die sozialen Medien ein Shit Storm über den Jungen herein. Die spannende Geschichte spiegelt den Alltag der Kinder gekonnt und authentisch wieder. Ein etwas verpeilter Klassenlehrer sorgt immer wieder für eine Prise Humor. Die Kinder besinnen sich aber und wollen die Situation erwachsen klären. Sie möchten ein Gerichtsverfahren nachspielen und die Wahrheit ergründen. Hierzu bereiten sie sich gut vor, sie haben Spaß daran alles möglichst echt zu gestalten. Dabei werden einige Rollen neu verteilt. Die Stillen werden mutig, redselig und übernehmen Verantwortung. Nicht jeder ist so wie man ihn eingeschätzt hat. Auch die Lösung des Falls ist eine gelungene Überraschung.

Die spannende Geschichte ist mit etwas Humor durchsetzt und macht Spaß zu lesen. Hier können Kinder sich wiederfinden und etwas dazu lernen. Die Themenvielfalt ist gekonnt in die Geschichte eingebettet und wird im Anhang nochmals aufgegriffen. Auf den letzten knapp 30 Seiten werden alle Fragen rund um ein Strafverfahren super erklärt. (Wer ermittelt?, Wer entscheidet?...)

Freundschaft, Mobbing, Hilfsbereitschaft, Gerechtigkeit und Verfahrensfairness sind die wichtigsten Themen, die hier aufgegriffen werden.
Die Illustrationen sind farblich zurückhaltend in grau, braun, orange und gut gelungen. Sie unterstützen die Geschichte und die Figuren sind klar zu erkennen und zuzuordnen. Die kurzen Kapitel und die übersichtliche Textmenge pro Seite sind für Erstleser sehr geeignet und bieten Anreize zum Weiterlesen.
Ein klasse Kinderbuch, das wir gerne weiterempfehlen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 28.09.2023

Spannung im alten Korea

Der Rote Palast
0

Dieser Roman bewegt sich innerhalb mehrerer Genres: Fantasy, historisches, Krimi und Infos zur koreanischen Kultur werden hier gut gemixt und verbinden sich zu einem spannenden Roman, der bestens unterhält. ...

Dieser Roman bewegt sich innerhalb mehrerer Genres: Fantasy, historisches, Krimi und Infos zur koreanischen Kultur werden hier gut gemixt und verbinden sich zu einem spannenden Roman, der bestens unterhält.


1758 ist das Leben in Korea nicht einfach für Frauen, insbesondere für uneheliche Töchter. Das Mädchen Hyeon hat hart gearbeitet und viel gelernt, um eine Stelle als Palast Krankenschwester zu erhalten. Sie möchte gerne die Anerkennung ihres Vaters erhalten, der sie nur abfällig beachtet. Doch ehe sie sich versieht, wird sie in Intrigen und Geheimnisse involviert. Als in einer Nacht vier junge Frauen ermordet werden, wird ihre ehemalige Mentorin schnell als Tatverdächtige verhaftet. Im alten Korea wurde noch Folter angewandt und Hyeon möchte dieses Schicksal gerne von der Lehrerin abwenden. Sie beginnt insgeheim zu ermitteln. Schon sehr bald ist der junge Mann Eojin mit von der Partie, der für die Polizei arbeitet, was Hyeon zunächst nicht weiß. Beide Protagonisten müssen vorsichtig sein und ihr Tun verbergen, weil sie sonst in Schwierigkeiten geraten würden.


Ein spannendes Abenteuer mit einem Schuss Romantik, das immer wieder mit verschiedenen Wendungen überrascht. Die Figuren sind bis in die Nebenschauplätze gut ausgearbeitet und machen teilweise eine nachvollziehbare Entwicklung durch. Der Erzählstil ist flüssig und mitreißend. Die sympathische Hyeon hat einiges auszuhalten und es hat mir Spaß gemacht, sie zu begleiten. Informationen über Korea und das Machtgefüge im Königspalast werden nebenbei vermittelt ohne die Geschichte trocken zu machen oder zu verlangsamen. Der Spannungsbogen im Kriminalfall ist hoch und am Ende werden alle Fragen zufriedenstellend geklärt.


Empfehlenswert

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere