Profilbild von Elchi130

Elchi130

Lesejury Star
offline

Elchi130 ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Elchi130 über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 16.09.2023

Konnte mich nicht erreichen

Sekunden der Gnade
0

Boston im Jahre 1974: Ein Gericht hat beschlossen, dass die Rassentrennung an den Schulen mit dem Beginn des nächsten Jahres aufgehoben wird. Per Losverfahren werden schwarze Schüler mit dem Bus an eine ...

Boston im Jahre 1974: Ein Gericht hat beschlossen, dass die Rassentrennung an den Schulen mit dem Beginn des nächsten Jahres aufgehoben wird. Per Losverfahren werden schwarze Schüler mit dem Bus an eine bisher rein weiße Schule gebracht und umgekehrt. In dieser angespannten Lage wird ein schwarzer Jugendlicher im Stadtteil Southie, dem Gebiet der Iren, tot neben den Bahngleisen aufgefunden. War es ein Unfall, Selbstmord oder Mord? Seit dieser Nacht ist zudem die 17-jährige Jules, die in Southie aufgewachsen ist, verschwunden. Ihre Mutter Mary Pat macht sich auf die Suche nach ihrer Tochter und trifft auf eine Mauer des Schweigens.

Ich habe mir sehr viel von dem Buch „Sekunden der Gnade“ des Schriftstellers Dennis Lehane versprochen. Vor vielen Jahren gehörte die Kenzie-Gennaro-Reihe des Autors zu meinen absoluten Lieblingsreihen. Sein Schreibstil ist brutal. Seine Figuren sind vom Leben gezeichnete Menschen, die für Gerechtigkeit kämpfen. Er legt den Finger immer genau in die Wunde.

All das findet sich auch in seinem neuen Buch. Aber trotzdem war es mir einfach zu wenig. Zum einen beschäftigt sich das Buch mit den mafiösen Strukturen innerhalb des irischen Stadtteils Southie. Alle Bewohner dieses Viertels wachsen als Teil einer Gemeinschaft auf. Sie kennen die unausgesprochenen Regeln und Gesetze, innerhalb derer die Gemeinschaft funktioniert. Zum anderen legt der Autor die Strukturen offen, nach denen Rassismus entsteht und bereits im Babyalter erlernt wird – und das auf beiden Seiten. Denn sowohl die weiße als auch die schwarze Bevölkerung Bostons hat ihre Meinungen und Vorurteile, wie die Welt der jeweils anderen funktioniert. Beides ist interessant, wirkt auf mich jedoch in Teilen zu oberflächlich. Dem Buch hätte es gut getan, wenn der Autor sich auf einen der beiden Aspekte konzentriert hätte. Besonders der Rassismus rückte meiner Meinung nach immer wieder zu sehr in den Hintergrund.

Die Story habe ich außerdem oft als eher vor sich hindümpelnd empfunden. Mir fehlte definitiv Tempo, um mich zu fesseln. Wir begleiten Mary Pat auf der Suche nach ihrer Tochter, erfahren viel über ihre Gedanken- und Gefühlswelt. Und genau das hat mir immer wieder das Gefühl gegeben, dass der Schriftsteller mit angezogener Handbremse unterwegs ist.

Dazu kommt, dass ich die Geschichte nicht als neu empfunden habe. Sowohl über die Ungerechtigkeiten, die aus Rassismus entstehen, habe ich bereits viele Bücher gelesen als auch darüber, wie die Mafia ganze Stadtteile in ihrer Hand hat und führt. Bei beiden Themen hat der Autor mir nichts Neues präsentiert.

Veröffentlicht am 03.08.2023

Die Geschichte hat viel Luft nach oben

Die Spur der Aale
0

Der Zollbeamte Lars Mathissen wird tot aus dem Main geborgen. Er war dafür bekannt, dass er hinter jedem Fund eine große Schmugglerbande witterte. Erst ein paar Tage vor seinem Tod hatte er der Frankfurter ...

Der Zollbeamte Lars Mathissen wird tot aus dem Main geborgen. Er war dafür bekannt, dass er hinter jedem Fund eine große Schmugglerbande witterte. Erst ein paar Tage vor seinem Tod hatte er der Frankfurter Staatsanwältin Greta Vogelsang eine E-Mail mit der dringenden Bitte um ein Gespräch geschickt. War er also tatsächlich einer großen Sache auf der Spur oder ist er beim Angeln im Main ausgerutscht und ertrunken?

Zu Beginn des Krimis werden mehrere Personen ausführlich eingeführt. Auch gibt es bereits zu Beginn den toten Zollbeamten Lars Mathissen, sodass die Ermittlungen umgehend hätten starten können. Doch leider werden das Geschehen und die Figuren so distanziert geschildert, dass ich über weite Teile des Krimis keinerlei Spannung empfunden habe. Die Handlung entwickelt sich unglaublich langsam, sodass ich das Buch immer wieder weggelegt habe, da ich gelangweilt war.

Dazu kommen zudem logische Brüche, bei denen ich mich gewundert habe, dass diese im Lektorat nicht verbessert wurden. Wenn plötzlich Dinge geschehen, die den vorherigen Aufbau der Handlung über den Kopf schmeißen, dann aber auf die weitere Handlung keinen Einfluss haben, ist das irritierend und macht das Geschehen unglaubwürdig.

Etwa ab der Hälfte der Geschichte, nimmt das Erzähltempo zu und es kommt Spannung auf. Die Fäden laufen langsam zusammen. Besonders die Schicksale der einzelnen Personen haben mich so sehr interessiert, dass ich unbedingt weiterlesen musste. Wer überlebt, wer stirbt, wer wird gefasst und wer kommt straffrei davon?

Der Epilog ist für meinen Geschmack wiederum viel zu lang gehalten. Ich habe irgendwann nur noch quergelesen, weil ich diesen über weite Teile wieder nur langweilig fand.

Der Autor hat einen interessanten Fall langatmig präsentiert. Für die nächsten Teile der Reihe hat er noch viel Luft nach oben gelassen.

Veröffentlicht am 20.07.2023

Deprimierende Grundstimmung

Of Thunder and Rain (Färöer-Reihe 1)
0

Louay ist erfolgreicher Schriftsteller. Dass seine Bücher nur unter einem Pseudonym veröffentlicht werden, nagt jedoch mehr und mehr an ihm. Denn er würde gerne zu seinem Erfolg stehen. Als ihm in London ...

Louay ist erfolgreicher Schriftsteller. Dass seine Bücher nur unter einem Pseudonym veröffentlicht werden, nagt jedoch mehr und mehr an ihm. Denn er würde gerne zu seinem Erfolg stehen. Als ihm in London alles über den Kopf wächst, reist er kurzerhand auf die Färöer-Inseln. Dort trifft er auf Lina, die nach dem Tod ihrer Mutter ein kleines B & B betreibt, um sich und ihren Vater über Wasser zu halten. Dabei würde sie nichts lieber tun, als die Inseln zu verlassen und in London studieren.

Unter dem Buch „Of Thunder & Rain“ von Emmy Buckley habe ich mir eine harmonische Liebesgeschichte vorgestellt. Doch von Anfang an hat mich die Stimmung des Buches eher abgeschreckt, denn von Harmonie war keine Spur zu finden. Aufgrund der verfahrenen Situationen, in denen Louay und Lina stecken, herrschte eine deprimierende, erdrückende und triste Grundstimmung. Diese zog sich leider fast durch das gesamte Buch. Die beiden Personen tragen die Unzufriedenheit mit ihrem Leben und die Machtlosigkeit gegenüber ihren Situationen wie einen dicken Panzer mit sich herum. Das hat mir die Lesefreude an der Geschichte genommen.

In Nebensätzen wird immer mal wieder erwähnt, dass die beiden sich attraktiv finden. Nur dauert es sehr lange, bis sie ihren Gedanken auch Taten folgen lassen. Die Kommunikation zwischen Lina und Louay ist eher spärlich, da sie beide keine guten Erfahrungen in der Liebe gemacht haben und Angst vor Ablehnung haben. Das hat mich schnell ermüdet, denn zwischen ihnen kam keine Spannung auf. Dazu kam, dass Louay lediglich für drei Wochen auf den Färöer-Inseln ist, die beiden gefühlt mehr Zeit damit verbringen, sich aus dem Weg zu gehen oder böse auf den anderen zu sein, als sich kennenzulernen.

Die beiden Protagonisten sind mir bis zum Ende des Buches fremd geblieben. Ich habe weder zu Louay, den ich wenigstens noch sympathisch fand, noch zu Lina, mit der ich gar nichts anfangen konnte, einen Zugang bekommen.

Insgesamt war „Of Thunder and Rain“ für mich eine nichtssagende Geschichte mit blassen Figuren auf einer Insel, auf der es ständig regnete, der Wind blies und es kalt war.

Veröffentlicht am 08.10.2023

Das war einfach nichts für mich

Die Regeln des Spiels
0

Das neue Buch von Colson Whitehead „Die Regeln des Spiels“ wird als Roman beworben. Für mich sind es jedoch drei Kurzgeschichten, die lose durch den Möbelverkäufer und Ganoven Ray Carney zusammengehalten ...

Das neue Buch von Colson Whitehead „Die Regeln des Spiels“ wird als Roman beworben. Für mich sind es jedoch drei Kurzgeschichten, die lose durch den Möbelverkäufer und Ganoven Ray Carney zusammengehalten werden. In der ersten Geschichte spielt er die Hauptrolle, in der zweiten nur eine kleine Nebenrolle, um dann in der dritten Erzählung wieder präsenter zu sein.

Kurzgeschichten können mich einfach nicht für sich gewinnen. Ich brauche meine Zeit, um mich in eine Geschichte einzulesen. Ist das geschehen, ist die Kurzgeschichte aber auch schon wieder vorbei. Daher bevorzuge ich Romane, bei denen sich der rote Faden durch das gesamte Buch zieht. Leider ist dies hier nicht der Fall.

Auch der Erzählstil des preisgekrönten Autors konnte mich nicht überzeugen. Bei der ersten Geschichte mit dem Titel „Ringolevio 1971“ war ich von der Idee, die der Erzählung zugrunde liegt, begeistert. Diese hätte sich für eine temporeiche Erzählweise angeboten, voller Action und Spannung. Leider neigt Colson Whitehead zu Abschweifungen, die immer wieder einen Bruch des Erzählten bewirken. Der rote Faden verschwindet daher laufend hinter Einschüben und alten Erinnerungen. Das nimmt Tempo, Spannung und mir auch die Lust am Geschehen. Denn das rückt so immer wieder in den Hintergrund, bis ich nur noch gelangweilt war.

Die zweite Geschichte „Nofretete T.N.T. 1973“ bestand aus vielen Längen, da immer wieder vollkommen Unwichtiges erzählt wird. Da ich ein großer Medienfan bin, hätte mich eine Erzählung darüber, wie ein Film entsteht und gedreht wird, eigentlich begeistern sollen. Aber auch hier hat mir der umständliche, weitschweifige Erzählstil des Autors das Geschriebene verleidet und ich habe mehr gelangweilt als interessiert gelesen.

Bei der dritten Kurzgeschichte „Die Abwickler 1976“ habe ich dann irgendwann die Segel gestrichen und das Buch abgebrochen. Auch hier geht es um ein Thema, welches zu meinen Interessengebieten zählt, nämlich Politik und die Spiele der Mächtigen. Doch auch hier war ich wieder nach jeder Seite ermüdet, hatte den Eindruck, schon ewig am Stück zu lesen, ohne Gefallen daran zu finden.

Als Fazit nehme ich hieraus für mich mit, dass der Autor zwar hochgelobt und preisgekrönt ist, aber ganz einfach nicht mein Fall. Das ist nicht schlimm, andere Lesende werden sich an seinen Büchern erfreuen.