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Veröffentlicht am 23.09.2021

Porträt Harlems

Harlem Shuffle
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Colson Whitehead zeichnet ein Porträt Harlems, wie es kaum ein anderer kann. Er nimmt die Leser:innen mit auf eine Reise in eine den meisten wohl fremde Welt, die zwar schon oft dargestellt wurde, aber ...

Colson Whitehead zeichnet ein Porträt Harlems, wie es kaum ein anderer kann. Er nimmt die Leser:innen mit auf eine Reise in eine den meisten wohl fremde Welt, die zwar schon oft dargestellt wurde, aber noch nie so realistisch und lebensnahe wirkte. Er schafft es zu zeigen, wie hart der Alltag in den Straßen dieses Stadtteils ist, in dem Gangs über das Leben aller herrschen und ihre Finger sogar in der Wirtschaft mit drin haben. Dabei schafft er es, dass es nicht, wie so viele andere Werke, nur schockierend und "mitleidssuchend" wirkt, sondern gleichzeitig auch positive Aspekte dieses Lebens zeigt - den Zusammenhalt unter der schwarzen Bevölkerung und vieles mehr.
Whitehead weckt mit diesem Buch gemischte Gefühle in den Leser:innen, am Ende möchte man dieses Harlem selbst erleben, gleichzeitig ist man froh, dass man all das nicht erleben muss. Eine Stimmung, die schwierig zu erreichen ist, aber umso schöner und magischer auf die Leser:innen ist. Eine Stimme, die scheint, als würde sie genau aus diesem Harlem kommen.
Harlem Shuffle schlägt vielleicht nicht so ein wie "Die Nickel Boys" und lässt die Leser:innen nicht so geschockt zurück, ist aber auf jeden Fall auch wichtig und lesenswert.

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Veröffentlicht am 18.12.2023

Innovativer Roman, der Zeit braucht

Die sieben Monde des Maali Almeida
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Maali Almeida ist tot. Weshalb er sich auf am Anfang des Romans an den Toren des Jenseits wiederfindet. Nun muss er innerhalb von sieben Monden seine letzten Angelegenheiten klären, damit er nicht für ...

Maali Almeida ist tot. Weshalb er sich auf am Anfang des Romans an den Toren des Jenseits wiederfindet. Nun muss er innerhalb von sieben Monden seine letzten Angelegenheiten klären, damit er nicht für immer und ewig als Geist auf der Erde wandeln muss.
Shehan Karunatilaka, Booker-Prize Gewinner aus Sri Lanka, entführt die Leser:innen in seinem Roman "Die sieben Monde des Maali Almeide" ganz tief in die Geschichte und Kultur Sri Lankas. Das ist an sich sehr interessant, aber komplett ohne Vorwissen etwas viel auf einmal und manchmal nur schwierig zu verstehen. Man hat (natürlich) nicht den alten, weißen Mann, der einen an der Hand nimmt und durch diese Fremde führt. Wenn man wirklich etwas mitnehmen möchte aus dem Roman, muss man eben selbst diese Extrameile gehen.
Abgesehen davon ist der Roman innovativ und spannend erzählt. Die Leser:innen werden auf Maalis Reise mitgenommen, indem sie selbst zu Maali werden. Sie werden mit "du" angesprochen und bauen so eine unglaubliche Nähe auf. Maali, also wir, versucht nicht nur, die Umstände seines Todes zu klären, sondern spricht auch mit vielen anderen Geistern, die noch auf der Erde weilen.
Ein Roman mit viel Potenzial, für den man sich aber Zeit nehmen muss.

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Veröffentlicht am 19.10.2023

Es fehlt die Empörung

Die Formel der Hoffnung
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"Die Formel der Hoffnung" ist nicht nur ein Roman über eine wichtige medizinische Entdeckung (die der Impfung gegen Kinderlähmung), sondern auch die Geschichte einer ganz besonderen Frau. Dr. Horstmann ...

"Die Formel der Hoffnung" ist nicht nur ein Roman über eine wichtige medizinische Entdeckung (die der Impfung gegen Kinderlähmung), sondern auch die Geschichte einer ganz besonderen Frau. Dr. Horstmann bekommt den Job im Krankenhaus überhaupt erst, da sie bei der Bewerbung ihren Vornamen und ihr Geschlecht verschweigt, die anderen Ärzte staunen nicht schlecht, als sie die große Frau sehen, die von nun an mit ihnen arbeiten soll.
Lynn Cullen beschreibt die Suche nach dem richtigen Impfstoff, erzählt von Fehlschlägen, verschiedenen Ansätzen und Streitigkeiten unter den Forscher:innen. Sie zeigt aber auch, welche Kämpfe Dorothy Horstmann zusätzlich austragen muss. Sie wird nicht ernst genommen, nicht respektiert und übergangen. Ihr wird nicht zugetraut, dass sie die gleiche wissenschaftliche Arbeit leisten kann, wie ein Mann. Die Autorin schafft es, diese Probleme realistisch darzustellen, jedoch weckt sie keine Gefühle. An der Stelle, wo ich als Leserin Empören und Wut empfinden sollte, bin ich zwar interessiert am weiteren Verlauf der Handlung, fühle mich aber nicht emotional bewegt.
Der Roman hätte die Möglichkeit, zu zeigen, wie schlecht der Stand der Frau war (und oft noch ist), wenn es um wissenschaftliche Erkenntnisse geht, bleibt aber zu distanziert!

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Veröffentlicht am 30.09.2023

Informativ, sonst nichts

Wie ein Stern in mondloser Nacht
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Mit "Wie ein Stern in mondloser Nacht" nimmt Marie Sand die Geschichte der Babyklappe auf und verpackt sie in einen historischen Roman, der auf zwei Zeitebenen spielt.
Wir erfahren von der Hebamme Henni, ...

Mit "Wie ein Stern in mondloser Nacht" nimmt Marie Sand die Geschichte der Babyklappe auf und verpackt sie in einen historischen Roman, der auf zwei Zeitebenen spielt.
Wir erfahren von der Hebamme Henni, die nicht nur unkonventionelle Geburtsmethoden anbietet, sondern den Frauen auch eine Möglichkeit neben Abtreibung und Adoption bieten möchte, wenn sie das Kind nicht großziehen möchten oder können. Wir lernen aber auch Klappenkind kennen, das jetzt Journalistin ist und über eben diese Hebamme schreiben möchte.
Die Babyklappe ist immer noch ein stark umstrittenes Thema und Roman, der sich der Erfindung dieser widmet, sollte auch diese Kontroverse beinhalten. Das hat mir jedoch gefehlt. Klar gab es Probleme, klar hörte man verschiedene Stimmen zu diesem Thema, aber am Ende lief es mir doch alles zu einfach, zu rund ab. Vielleicht hätte der Roman mehr Seiten vertragen, damit man dieses Thema wirklich gut behandeln kann, vielleicht hätte es ihm auch gut getan, die zweite Zeitebene wegzulassen.
Insgesamt kann man zwar eine sehr sympathische, junge Frau kennenlernen, die viel für Schwangere und unerwünschte Kinder geleistet hat, aber wirklich fesselnd war der Roman für mich nicht.

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Veröffentlicht am 31.05.2023

Geschichte festgehalten

Das Licht im Rücken
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Sandra Lüpkes erzählt in ihrem Roman "Das Licht im Rücken" die Geschichte der Fotografie. Genauer gesagt, zeigt sie, wie die Fotografie massentauglich und mobiler wurde, denn es geht um die Erfindung der ...

Sandra Lüpkes erzählt in ihrem Roman "Das Licht im Rücken" die Geschichte der Fotografie. Genauer gesagt, zeigt sie, wie die Fotografie massentauglich und mobiler wurde, denn es geht um die Erfindung der Leika, der ersten portablen Fotokamera. Doch es wird nicht nur die Geschichte der Kamera erzählt, die Leser:innen erfahren auch die Geschichte der Stadt, die durch den Erfolg der Kamera einen wirtschaftlichen Aufschwung erlebt und die Schicksale all der Menschen, die eng mit Produktion und Vertrieb der Kamera verbunden sind. Das sind aber "leider" einige und so wird der Roman schnell von Namen und Beziehungen überhäuft, am Ende werden dann zu viele Geschichten erzählt. Die Leser:innen müssen nicht nur all die Namen lernen, sie sollen es auch schaffen am besten zu allen eine emotionale Bindung aufzubauen und dass obwohl den einzelnen Personen dann doch recht wenig Platz gegeben wird, denn irgendwo muss ja auch noch die Geschichte der Kamera erzählt werden. Trotzdem ist der Roman gut gelungen und auch die historischen Hintergründe sind gut mit dem Rest der Geschichte verwoben. Manchmal hatte ich das Gefühl, dass etwas wenig erklärt wurde. Namen wie Leni Riefenstahl fallen werden aber nicht erläutert. Als Geschichtelehrerin ist das kein Problem, doch nicht alle Leser:innen gehen mit Vorwissen an solch einen Roman heran.

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