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Veröffentlicht am 16.01.2024

Das Böse in Perfektion

Vöglein schweigt
1

„Mein Handwerk ist Wiedervergeltung – Rache ist mein Gewerbe.“

„Vöglein schweigt“ ist der zweite Teil der Grimm-Thriller-Trilogie und steht dem ersten Band „Rotkäppchen lügt“ in nichts nach. Über drei ...

„Mein Handwerk ist Wiedervergeltung – Rache ist mein Gewerbe.“

„Vöglein schweigt“ ist der zweite Teil der Grimm-Thriller-Trilogie und steht dem ersten Band „Rotkäppchen lügt“ in nichts nach. Über drei Bücher erzählt Elias Haller eine vielschichtige, ineinander greifende Kriminalgeschichte. Jedes Buch endet mit einer Auflösung, dennoch entwickelt sich die gesamte Story über drei Bände und erst mit dem finalen dritten Teil werden alle bis dahin noch offenen Verbrechen aufgeklärt sein, erst dann wird die ganze Tragweite der menschenverachtenden Taten und deren Täter in Gänze sichtbar.

Aber noch sind wir mittendrin und nicht nur für Nora Rothmann, die Sonderermittlerin beim LKA Berlin, stellt sich die Frage, welch abartige Wesen für die toten „Vögel“, die durch Zufall gefunden werden, verantwortlich sind. Nora lässt nicht locker, sie hängt sich in ihre Fälle ohne Rücksicht auf ihre eigene Gesundheit. Sie geht an ihre Grenzen und darüber hinaus, ihr Hang zu Alleingängen und ihr fein ausgeprägter Spürsinn lassen ihr gar keine andere Wahl. Neben den aktuellen Ermittlungen ist sie immer noch mit ihrer Vergangenheit beschäftigt, denn die Morde an ihrer Familie sind nicht aufgeklärt. Dabei ist ihr Vorgesetzter vom LKA 34 ihr eine große Stütze und auch mit Konrad König vom Dezernat 11, KK genannt, klappt die Zusammenarbeit besser, seit sie ihn im allerletzten Moment aus einer prekären Situation gerettet hat.

Junge Frauen verschwinden, Spuren führen ins Darknet, Abgründe der schlimmsten Art tun sich auf und zwischendurch erscheint Noras Jugendfreundin Fiona. Der Autor gibt Einblicke in ein geheimes Bündnis, das sich Grimm nennt, ihre Vorbilder sind die Originalmärchen, die von ihnen angewendeten Foltermethoden sind an Grausamkeiten nicht zu überbieten. Und wenn man meint, nun einigermaßen den Durchblick zu haben, die nicht nur auf den ersten Blick Harmlosen von den anderen, den allzu gefährlichen, hinterhältigen Individuen zu erkennen, irrt man gewaltig. Elias Haller versteht es bestens, durch seine so geschickt und glaubhaft ausgelegten Fährten seine Leser komplett in die Irre zu führen.

Nur zu gerne hätte ich weitergelesen, die beiden ersten Teile habe ich sozusagen am Stück konsumiert und nun heißt es erst mal warten auf „Schneeweisschen stirbt“, den finalen dritten Band.

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Veröffentlicht am 13.01.2024

(K)eine Märchenstunde für Zartbesaitete

Rotkäppchen lügt
1

„Sei ein liebes Rotkäppchen – sagte der Wolf…“

Wer kennt sie nicht, die Märchen der Gebrüder Grimm. Auch wenn sie heute vielfach als zu grausam abgetan werden, so kennen doch viele Grimms Märchen gut. ...

„Sei ein liebes Rotkäppchen – sagte der Wolf…“

Wer kennt sie nicht, die Märchen der Gebrüder Grimm. Auch wenn sie heute vielfach als zu grausam abgetan werden, so kennen doch viele Grimms Märchen gut. So auch Elias Haller, der sich einige davon herausgepickt und sie als perfekte Grundlage für seine Thriller neu aufbereitet hat. Es ist eine Trilogie geworden. Das erste Buch, in dessen Schatten sich Rotkäppchen bewegt, habe ich gerade beendet und bin unheimlich neugierig auf die Fortsetzung, auf das Voegelchen.

Nun aber schließe ich zunächst – zumindest vorerst gedanklich - mit dem ersten Buch ab, denn man sollte es schon gelesen haben, um den Folgeband so richtig verfolgen und genießen zu können. Auch wenn in Anbetracht der Grausamkeiten, von denen ich gerade gelesen habe, dieses Genießen eher ein Schauder ob der Gräueltaten sein mag, so ist dieser Grimm-Thriller nicht nur unheimlich - und dieses Wort meine ich wirklich so – sondern auch spannend und nervenzerrend. Ja, die Handlung ist fast schon unerträglich, es ist ein knallharter Thriller und zeigt die Grenzen dessen auf, was hinlänglich als menschlich, als human, geschweige denn als gütig, verstanden wird.

Nora Rothmann ist Sonderermittlerin des LKA Berlin. Sie ist zuständig für Korruptionsfälle und gut in ihrem Job. Sie ist stets zielorientiert, sie ist geradlinig und lässt sich von nichts und niemandem aufhalten. Als der bereits pensionierte LKA-Präsident Tuchfeldt ins Visier ihrer Ermittlungen gerät, schreckt sie einen Killer auf, der eine blutrünstige Spur durch Berlin zieht.

Nora ist wie gesagt ein Charakter, der stets für das Gerechte einsteht. Dabei ist es unerheblich, wie schwerwiegend die Taten sein mögen, sie ist unerbittlich auf der Seite der Gerechtigkeit, Empathie scheint für sie ein Fremdwort zu sein. Manchmal hätte ich sie gerne an die Kandare genommen, um ihre gefährlichen Alleingänge einzubremsen. Aber was hilfts – sie lässt nicht locker, geht an ihre Grenzen und wie es mir scheint, auch darüber hinaus.

Konrad König und Manja Steinke sind es, die in all diesen Mord- und Vermisstenfällen ermitteln und in deren Arbeit Nora ihnen regelmäßig dazwischenfunkt. Auch diese Figuren sind gut gezeichnet, sie haben ihre Stärken und Schwächen. Die Handlungsstränge wechseln schnell – nüchtern betrachtet sind es zu viele Morde, die in ihrem Muster an einen Serientäter denken lassen. Ein Zusammenhang all diese Taten ist zwar lange nicht sichtbar und doch müssen sie auf welche Weise auch immer miteinander zu tun haben.

Der erste Band der Grimm-Thriller-Trilogie wartet zum Schluss mit einer Auflösung auf, die diese Mordserie für mich zu einem durchaus befriedigenden Abschluss bringt, wenngleich es weitergeht und ich äußerst gespannt dem schweigenden Vöglein entgegenblicke.

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Veröffentlicht am 09.01.2024

Spannend

Der Mädchenhenker (Thriller)
1

Es gilt, einen Serienkiller zu stoppen. Auch wenn es zunächst nach einer Einzeltat aussieht, so wird spätestens in einem zweiten Video klar, dass hier einer seine Opfer langsam und äußerst qualvoll ermordet ...

Es gilt, einen Serienkiller zu stoppen. Auch wenn es zunächst nach einer Einzeltat aussieht, so wird spätestens in einem zweiten Video klar, dass hier einer seine Opfer langsam und äußerst qualvoll ermordet und diese seine Todesinszenierung der gierenden Öffentlichkeit via Internet präsentiert. Die Echtheit dieser kursierenden Videos ist nach eingehender Prüfung nicht anzuzweifeln, das Ermittlerduo Emma Bajetzky und Alex Kuper steht noch ganz am Anfang - es ist schier zum Verzweifeln, außer diesen Videos haben sie nichts. Keine Spur von Anna, dem ersten Opfer. Kein Motiv für diese Tat. Emma und Alex graben tief, ihre Ermittlungen führen sie in die Vergangenheit.

Es ist nicht mein erster Thriller aus der Feder von Gunnar Schwarz und wird bestimmt nicht mein letzter sein. Er hat auch hier wieder alle Register gezogen.

Emma und Alex sind ein starkes Team. Sie kennen sich gut, unterstützen sich gegenseitig, wissen um ihre Stärken und Schwächen. Auch holt Emma ihr letzter Fall, in den sie persönlich viel zu sehr verstrickt war, immer wieder ein und doch ist sie Profi genug, um sich dadurch nicht ausbremsen zu lassen. Heute geht darum, diese grausamen Morde zu stoppen, denn es ist zu befürchten, dass weitere Videos auftauchen, dass weitere junge Frauen dasselbe Schicksal erleiden müssen. Das Ermittlerduo gräbt tief. Wie es den Anschein hat, geht es um Mobbing, auch könnte ein zehn Jahre zurückliegender Suizid eine Rolle spielen.

Verdächtige gibt es so einige, allesamt werden sie mir zunehmend suspekt und unsympathisch. Die nervenaufreibende Jagd nach der Täterfigur nimmt Fahrt auf, die akribische Ermittlungsarbeit führt letztendlich ans Ziel. Die beiden Ermittler sind gut charakterisiert, das Private ist sichtbar und fein dosiert, hält sich aber in Grenzen. Der Fokus liegt auf der Mordermittlung und genau das finde ich gut.

„Der Mädchenhenker“ ist spannend von Anfang an, das letzte Drittel jedoch peitscht einen dann nochmal so richtig vorwärts. Ein Thriller à la Gunnar Schwarz – mitreißend, dramatisch und äußerst fesselnd.

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Veröffentlicht am 04.01.2024

Vom Lebensende – traurig und doch wunderschön erzählt

Das späte Leben
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Bernhard Schlink hat mich wiederum voll überzeugt. Seine Texte, seine Bücher sind allesamt lesens- (bzw. wie hier in meinem Fall) hörenswert. „Das späte Leben“ erzählt von Martin, von seiner sehr viel ...

Bernhard Schlink hat mich wiederum voll überzeugt. Seine Texte, seine Bücher sind allesamt lesens- (bzw. wie hier in meinem Fall) hörenswert. „Das späte Leben“ erzählt von Martin, von seiner sehr viel jüngeren Ehefrau Ulla und von seinem sechsjährigen Sohn David. Und von der Krebs-Diagnose, die den nunmehr 76jährigen Martin an das Lebensende nicht nur erinnert, die ihn auch zwingt, sich seinem bevorstehenden Tod zu stellen. Wie damit umgehen?

Martin lässt sein Leben Revue passieren, er redet mit Ulla und auch wenn David noch zu jung ist, um die ganze Tragweite des bevorstehenden Todes seines Vaters zu verstehen, so findet Martin doch einen sensiblen Umgang mit dieser Thematik. Er will alles richtig machen, auch will er, dass sich David an ihn erinnert, vielleicht eines Tages den Brief findet, der im Schreibtisch auf ihn wartet. Und auch, wenn Ulla ihm den Rat gibt, ein Video zu drehen, so fühlt sich dieser Weg für Martin nicht richtig an. Aber nicht alles, was er meint, seinem Sohn zu hinterlassen, findet Ullas Zustimmung. Und Ulla – sie wird weiterleben, sie ist eine junge Frau…

Jedes Leben endet mit dem Tod – wir wissen es alle und doch verdrängen wir es. Es ist zu schwer, zu endgültig, als dass es zu viel Raum einnehmen sollte. Irgendwann jedoch kann man dem Thema nicht mehr ausweichen und es ist gut, wenn man sich dem stellen kann, wenn noch Zeit bleibt, Dinge, die einem wichtig sind, zu regeln.

Bernhard Schlink geht in seinem neuesten Werk „Das späte Leben“ mit dem bevorstehenden Tod seines Protagonisten sehr sensibel um. Trotz der Schwere rund um das Lebensende ist es ein tröstliches Buch, einfühlsam und sehr intensiv erzählt. Und hier kommt Ulrich Noethen, der perfekte Vorleser, ins Spiel. Für das Hörbuch hätte man keinen besseren Interpreten finden können. Er hat den genau richtigen Ton getroffen, fein nuanciert gibt er Martins Gedanken wieder. Der würdevolle Abschied von seinen Lieben scheint ihm zu gelingen. Ein großartiges (Hör)Buch, das traurig stimmt und doch so voller Leben ist.

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Veröffentlicht am 30.12.2023

Bewegend

Weil du meine Tochter bist
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Beginnend im Jahre 1939 - vor dem Hintergrund des zweiten Weltkrieges - erzählt Julia Kelly stellvertretend für die vielen evakuierten Kinder die Geschichte von Mutter und Tochter, die alles füreinander ...

Beginnend im Jahre 1939 - vor dem Hintergrund des zweiten Weltkrieges - erzählt Julia Kelly stellvertretend für die vielen evakuierten Kinder die Geschichte von Mutter und Tochter, die alles füreinander sind und sich doch trennen müssen. Wie sie in den Nachbemerkungen verrät, ist ihr Roman ansatzweise der Geschichte eines Mitglieds ihrer Familie nachempfunden.

Viv und Joshua sind nun verheiratet, das Kind wird ehelich geboren werden. Alles andere ist nicht von Belang, zumindest der äußere Schein bleibt gewahrt. Den werdenden Vater zieht es nach New York, dort sieht er seine Chance, als Musiker ganz groß rauszukommen. Derweilen bleibt Viv mit ihrer Maggie, ihrem Bärchen, zurück in Liverpool. Infolge der Luftangriffe ist die Kinderverschickung aufs Land geboten und auch wenn Viv sich nicht von ihrer Tochter trennen mag, so gibt sie sie schweren Herzens in die Obhut einer Familie. Das Band zwischen Mutter und Tochter bleibt dank Vivs gelegentlicher Besuche trotz allem eng. Bis es zur Katastrophe kommt – das Haus der Thompsons, Maggies Gastfamilie, wird bombardiert, von Maggie und ihren Gasteltern fehlt jede Spur.

Die Liebe einer Mutter ist unendlich, sie stellt das Leben und das Glück ihres Kindes vor ihr eigenes, Julia Kelly hat den Schmerz der Trennung und die nie endende Hoffnung auf ein baldiges Wiedersehen gut eingefangen. Auch spielen die religiöse Herkunft und das Zusammenleben jüdischer und katholischer Familien und die nicht überall tolerierten Mischehen mit hinein. Sie beschreibt eindrucksvoll ein trauriges Stück Geschichte, die ein Krieg mit all seinen Schrecken mit sich bringt. Ihre Figuren sind fein ausgearbeitet, jede einzelne ist individuell gezeichnet - voller Herzensgüte und Mitgefühl, aber auch Verrat, Hinterhältigkeit und Intoleranz ohne jegliches Feingefühl für die anderen kennzeichnen ihre Charaktere.

Der Autorin ist es gelungen, all die Hoffnung, die Ängste und Zweifel einer Mutter, die das Beste für ihr Kind will, hautnah zu vermitteln. Das Buch ist wie ein Sog, es zieht einen förmlich mit. „Weil du meine Tochter bist“ hat mich aufgewühlt und bis zum Schluss nicht mehr losgelassen. Ein Buch, das bewegt und lange nachwirkt.

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