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Veröffentlicht am 15.02.2024

Willkommen zu einem mörderischen Escape Game!

Die Burg
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Der Milliardär Nevio will demnächst sein neuestes Projekt eröffnen: die Burg. Eine grandiose Escape Room-Welt, deren Räume und Rätsel durch eine Künstliche Intelligenz (KIsmet) gesteuert und entworfen ...

Der Milliardär Nevio will demnächst sein neuestes Projekt eröffnen: die Burg. Eine grandiose Escape Room-Welt, deren Räume und Rätsel durch eine Künstliche Intelligenz (KIsmet) gesteuert und entworfen werden. So kann jeder Spieler seinen eigenen Escape Room erschaffen. Ob Vampire, Drachen, Mittelalter - alles ist möglich. Für einen letzten Testlauf werden der Historiker Lothar Melerski, die Influencerin Yvonne, Maxim als Inhaber einer Escape Room-Kette, der Promi Emil und Petra als Gewinnerin einer Verlosung für ein Wochenende auf die Burg eingeladen.
Was als unterhaltsame Auszeit vom Alltag geplant war, wird bald zum Horrorerlebnis, das nicht jeder unbeschadet überstehen wird.

Poznanski hat unglaublich spannende Charaktere erschaffen, die an diesem Testlauf beteiligt sind. Während die einen nur der horrenden Vergütung wegen im Nachhinein positiv über den Escape Room berichten wollen, haben andere tiefergehende Absichten. Schon die Dialoge und Unterhaltungen, mit denen die Gruppe ins Wochenende startet, sind kurzweilig, denn noch ahnt niemand etwas Böses. Es deuten sich jedoch bereits Schwachstellen in der Programmierung der KI an, die auch das Überwachungsteam verunsichern.

Zitat S. 96:
»Und dann auch noch merkwürdige Unterstellungen? Das müssen wir uns ansehen, von wegen Persönlichkeitsrechte und Datenschutz. Wäre unangenehm, wenn KIsmet beim Familienausflug irgendeinen RDC ausplaudern lässt, dass Papa die Sekretärin bumst.«

Nachdem sie allerdings in die Katakomben der Burg aufgebrochen sind, ändert sich bereits nach kurzer Zeit die Atmosphäre und etwas Bedrohliches schwingt mit. Alle Türen sind verschlossen, die Temperatur fällt, die Luft ist erfüllt von Tod und die RDC (randomly designed characters) werden zunehmend beängstigender und zeigen grausame Szenarien an den riesiegen LED Wänden, die man fast bildlich vor Augen hat. Mir stellten sich so einige Male die Härchen an den Armen auf.

Zitat S. 83:
»Ich kann mir nicht helfen«, sagte sie, »und ich finde es selbst albern, aber ich habe das Gefühl, dieses Spiel hasst uns. Ganz persönlich.« Sie schüttelte den Kopf. »Ist natürlich totaler Blödsinn.«

Während die Situation für die Gruppe immer brenzliger wird, versuchen sie von innen und außen die KI dazu zu bringen, das Spiel zu beenden. Doch dafür müssen sie erst das Rätsel lösen, welches am Ende überrascht und gut durchdacht ist.

Fazit: Eine gruselige Vorstellung, was mit künstlicher Intelligenz alles möglich ist. Beängstigend, spannend und unterhaltsam. Ihr sucht einen Pageturner? Hier habt ihr ihn!

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Veröffentlicht am 15.02.2024

Wunderschön geschrieben, tolle Illustrationen

Und die Welt, sie fliegt hoch
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Es sind Sommerferien. Die schönste Zeit im Jahr für alle Jugendlichen. Doch Juri nutzt die Zeit, um sich in seinem Zimmer zu verkriechen, statt im Freibad oder mit Freunden abzuhängen. Dabei kommt er in ...

Es sind Sommerferien. Die schönste Zeit im Jahr für alle Jugendlichen. Doch Juri nutzt die Zeit, um sich in seinem Zimmer zu verkriechen, statt im Freibad oder mit Freunden abzuhängen. Dabei kommt er in Kontakt mit Ava, die notgedrungen zu Hause gefangen ist, da sie Hausarrest hat. Die beiden kennen sich aus der Grundschule und fangen zunächst eine normale Unterhaltung an. Diese weitet sich immer mehr aus und behandelt letztendlich Themen, die emotionaler nicht sein könnten…

Jeweils auf einer Doppelseite verfolgen wir einen Chat zwischen zwei Teenagern, die sich zwar aus der Grundschulzeit kennen, jedoch aus den Augen verloren haben. Ob Hobbies, Familiengeschichten, Zimmereinrichtung oder die bevorstehende Sommerabschlussparty: Die beiden kommen von einem Thema ins andere und vertrauen sich ab einem gewissen Punkt ihre dunkelsten Geheimnisse an. Ava zum Beispiel spricht über die Trennung ihrer Eltern, die ihr zu schaffen gemacht hat. Juri kommt auch aus seinem Schneckenhaus und erzählt von seinen Angststörungen, die ihn ans Haus fesseln. Mit diesen Geständnissen stoßen beide auf so viel Verständnis vom jeweils anderen, und es war deutlich spürbar, wie gut ihnen das getan hat.

Der von Jäger gewählte kindliche Schreibstil passt hervorragend zur Konversation und hat mich ebenjene noch emotionaler erleben lassen. An dieser Stelle müssen wir unbedingt auf die wundervollen Illustrationen von Sarah Maus eingehen, die das Buch so einzigartig machen. Wow, einfach nur wow! Jeder Seite verleiht sie mit ihren Bildern und Abbildungen eine ganz besondere Note. Dass der Text dabei mit in die Illustrationen einfließt, fand ich einfach großartig.

Fazit: Eine herzzerreißende Geschichte zweier Jugendlicher, die mir ans Herz ging, weil sie einfach so wunderschön und authentisch ist. Die Botschaft ist eindeutig: Man braucht Freunde, die einen aufbauen und für einen da sind. Keiner sollte sich jemals alleine fühlen müssen. Danke, für diesen emotionalen und unvergesslichen Roman!

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Veröffentlicht am 11.02.2024

Historisch spannender und eindringlicher Roman

Die Hexen von Cleftwater
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Die Hexen von Cleftwater ist ein Roman mit wahrem Hintergrund und bezieht sich auf die Hexenverfolgung 1645 in East Anglia.

Die stumme Dienerin Martha muss mit ansehen, wie der Hexenjäger Makepeace in ...

Die Hexen von Cleftwater ist ein Roman mit wahrem Hintergrund und bezieht sich auf die Hexenverfolgung 1645 in East Anglia.

Die stumme Dienerin Martha muss mit ansehen, wie der Hexenjäger Makepeace in ihr Dorf Cleftwater kommt und sämtliche Frauen als Hexen betitelt. Direkt als eine der ersten wird das junge Dienstmädchen Prissy aus Marthas Haushalt beschuldigt.

Zitat S. 38:
«Es scheint, als gäbe es doch Hexen in unserer Mitte. Und Prissy ist bloß eine von ihnen, wie Master Makepeace behauptet.»

Die Autorin schockiert mit den damals gängigen "Untersuchungen" und "Prüfungen", denen diese Frauen unterzogen wurden.
Unter anderem wurden Hautwucherungen (Teufelszitzen) und auffällige Muttermale gestochen, die Frauen mussten stundenlang in Bewegung bleiben, mussten hungern und wurden am Ende gehängt, wenn sie nicht vorher bereits verstarben. Doch Martha hat von ihrer Mutter einen Atzmann - eine kleine Hexenpuppe - geerbt, mit der sie nun versucht, sich selbst und die anderen Frauen zu schützen.

Zitat S. 198:
«Tu für sie, was du kannst. Jawohl. Sie hatte getan, was sie konnte, aber das reichte bei Weitem nicht aus. Das Böse war nach Cleftwater gekommen und hatte Kummer mitgebracht, mehr, als sie geahnt hatte.»

Ich habe dieses Buch regelrecht verschlungen. Es ist fast schon erschreckend, wie authentisch und kraftvoll Meyer die soziale Dynamik beschreibt, gegen diese Frauen vorzugehen, und wie auf einmal alle überzeugt sind, es tatsächlich mit Hexen zu tun zu haben. Die entsetzlichen Grausamkeiten der Hexenprozesse beschwört die Autorin auf unheimliche Weise herauf und schafft gekonnt eine Atmosphäre schleichender Angst. Mir lief regelmäßig ein Schauer über den Rücken. All diese unschuldigen Frauen, die gequält und vorgeführt wurden und sterben mussten, weil ein einzelner Mann Lügen und Gerüchte gesät hat.

Fazit: Ein historisch spannender und eindringlicher Roman, der einem vor Augen hält, wie schlimm es werden kann, wenn Gerüchte und Lügen eine Eigendynamik entwickeln. Eine tiefgehende Geschichte über eine paranoide Gesellschaft, erzählt aus der Perspektive einer stillen Frau. Hat mich vollkommen in ihren Bann gezogen. Wow!

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Veröffentlicht am 04.02.2024

Phänomenaler Auftakt

Godkiller
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Nachdem Erzählungen um Götter momentan wieder im Trend sind, war mir klar, dass neben den Büchern von Madeline Miller das Debüt von Hannah Kaner stehen muss. Auch wenn die Genres unterschiedlicher nicht ...

Nachdem Erzählungen um Götter momentan wieder im Trend sind, war mir klar, dass neben den Büchern von Madeline Miller das Debüt von Hannah Kaner stehen muss. Auch wenn die Genres unterschiedlicher nicht sein könnten, finde ich die Geschichten, die um Götter gewoben werden, spannend.

„Es war schwer, einen Gott in seinem Element zu töten.“ Dieser Satz hat mich sofort gefangen genommen. Inara benötigt die Hilfe von Kyssen, der Göttertöterin. Sie ist an einen Gott gebunden, den Kyssen bisher nicht töten konnte. Nun müssen sie einander helfen. Ich möchte auch gar nicht allzu viel vom Plot verraten oder den Klappentext wiederholen. Es geht um viel Repräsentation, Freundschaft und wichtige Entscheidungen.

Die Idee, dass das Schicksal der Menschen beziehungsweise ihre Wünsche Götter entstehen lässt und deren Kräfte nährt, ist nicht neu, aber wenig vertreten und hier sehr gut ausgearbeitet. Generell ist der Plot mit dem Ideenkonstrukt klug durchdacht. Hier merkt man, dass die Autorin über zehn Jahre an diesem Buch gearbeitet hat. Wahnsinn, oder? Andererseits erkennt man das auch an der Erzählung, denn die Geschichte läuft langsam an und lässt sich insgesamt reichlich Zeit. Das passt allerdings auch, denn die verschiedenen Sichtweisen, aus denen die Story erzählt wird, brauchen nun mal Zeit, um zusammenzufinden.

Der Schreibstil wurde von den Übersetzern super eingefangen und wiedergegeben, denn auch im Original merkt man nicht, dass es sich um ein Erstlingswerk handelt. Kaner schreibt souverän und beschreibt die fiktive Welt, die sie erschaffen hat, mit einer Liebe zum Detail, die trotzdem nicht ermüdend ist. Die erdachten Eigennamen passen wunderbar in das Universum.

Fazit: Ich kann es kaum erwarten, den zweiten Teil in den Händen zu halten. Ich bin mir jetzt schon sicher: Das Warten wird sich lohnen! Nach diesem phänomenalen Auftakt liegt die Messlatte hoch. Freunde der Fantasy-Literatur sollten hier unbedingt reinschauen.

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Veröffentlicht am 28.01.2024

Ein Ereignis jagt das nächste

Trust Me – Ein Kind. Eine unmögliche Entscheidung. Wem traust du?
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Stellt euch vor, eine fremde Frau drückt euch im Zug ihr Baby in den Arm und bittet euch, einen Moment aufzupassen. Kurz darauf verlässt die Frau den Zug und überlässt euch eurem Schicksal. Klingt verrückt? ...

Stellt euch vor, eine fremde Frau drückt euch im Zug ihr Baby in den Arm und bittet euch, einen Moment aufzupassen. Kurz darauf verlässt die Frau den Zug und überlässt euch eurem Schicksal. Klingt verrückt? Ist es auch - und damit die perfekte Basis für einen nervenaufreibenden Thriller, den T.M. Logan uns hier auftischt.

Die Geschichte startet rasant, denn schon nach wenigen Seiten überschlagen sich die Ereignisse und fesselten mich direkt an die Handlung. Sei es die ausweglose Situation von Ellen, ihre Flucht mit dem Baby oder ihre verzweifelte Suche nach der Wahrheit – Logan hat den Spannungsbogen konstant oben gehalten und mir kaum Zeit zum Atmen gelassen. Er erzählt die Geschichte hauptsächlich aus Sicht von Ellen, wechselt aber immer mal wieder die Perspektiven, um den Leser die Handlung noch intensiver erleben zu lassen.

Mit Ellen hat der Autor eine großartige, mutige und liebenswerte Protagonistin erschaffen. Das Schicksal legt ihr und ihrem unerfüllten Kinderwunsch einfach so ein Baby in die Arme. Ohne zu zögern, beschützt sie die kleine Mia und würde ihr Leben für sie geben. Dabei hat mich ihre Entfaltung wahnsinnig fasziniert. Von der traurigen Ehefrau entwickelt sie sich nach und nach zu einer starken Persönlichkeit, die vor nichts und niemandem Angst hat. Doch auch sie ist nicht davor gefeit, dass es Menschen gibt, denen man nicht vertrauen sollte…

Zum Schluss hin gab es für mich kein Halten mehr. Atemlos fieberte ich der Auflösung entgegen und wurde am Ende selbst getäuscht. Logan macht dem Buchtitel alle Ehre und hat mir damit wieder bewiesen, dass man auf keinen Fall jedem blind vertrauen sollte.

Fazit: Ein grandioser Thriller, der mich kaum zum Atmen kommen ließ. Ein Ereignis jagt das nächste, und ich fühlte mich mittendrin bei der Verfolgungsjagd um Ellen und Baby Mia. Nervenkitzel pur und damit absolute Leseempfehlung!

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