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Veröffentlicht am 15.09.2016

Fahrt ins Ungewisse

Über uns der Himmel, unter uns das Meer
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Darum geht's:
Australien 1946. Der Krieg ist zu Ende. Hunderte von Kriegsbräuten warten in Down Under auf den Bescheid an Board des nächsten Schiffes nach Großbtitannienen gehen zu können, um ihren Ehemännern ...

Darum geht's:
Australien 1946. Der Krieg ist zu Ende. Hunderte von Kriegsbräuten warten in Down Under auf den Bescheid an Board des nächsten Schiffes nach Großbtitannienen gehen zu können, um ihren Ehemännern zu folgen. Das Schiff für die letzte genehmigte Überfahrt ist allerdings kein Passagierschiff, sondern der Flugzeugträger "Victoria". Nicht nur der Kapitän ist alles andere als erfreut, bald um die 600 Frauen an Board zu haben, sondern auch die Frauen sind alles andere als begeistert. Doch es ist die letzte Möglichkeit zu ihren Ehemännern zu gelangen, die die meisten Frauen das letzte Mal vor ein oder zwei Jahren gesehen haben.....

Meine Meinung:
Nachdem ich zwar fast alle Jojo Moyes Bücher in meinem Regal stehen habe, aber bis jetzt erst "Ein ganzes halbes Jahr" gelesen habe, kann ich nicht wirklich sagen, ob es stimmt, dass dieses Buch der Autorin so gänzlich anders ist, als ihre anderen Romane. Aber eines stimmt auf jeden Fall...es spielt NICHT in der Gegenwart (bis auf den Prolog und eine Art Epilog zum Schluss des Buches), sondern im Jahre 1946. Das wird ja auch im Klappentext suggeriert, aber der Roman läuft unter "Gegenwartsliteratur" und nicht unter historischen Roman...keine Ahnung warum.

Jojo Moyes hat diesen Roman bereits 2005 geschrieben, der allerdings erst jetzt ins Deutsche übersetzt wurde. Die Autorin ist durch ihre eigene Großmutter auf das Thema aufmerksam geworden, die selbst als Kriegsbraut damals auf der MS Victorious mitgefahren ist.
Von all den sechshundert Frauen hat sich Jojo Moyes vier ganz unterschiedliche und individuelle Charaktere für ihre Hauptprotagonistinnen ausgesucht. Die Farmerstochter Margret, genannt Maggie, die nach dem Tod der Mutter ihre Brüder und den Vater versorgt, hat ihren Ehemann Joe durch ihre Brüder kennen- und lieben gelernt. Sie tritt die Reise nach England bereits hochschwanger an. Ganz anders die erst knapp 16-jährige Jean, die kaum eine Schulbildung hat und aus ärmlichen Verhältnissen kommt. Das lebenslustige und kecke Mädchen möchte einfach ihrem alten Leben entfliehen und in England neu anfangen. Die versnobte Avice ist das komplette Gegenteil der beiden Frauen. Sie hält sich für etwas Besseres und vermeidet anfangs vorallem den Kontakt zur vorlauten Jane. Frances, die verschlossene Krankenschwester, ist die Vierte im Bunde der Mädchen, die sich gemeinsam eine Kabine teilen. Doch nicht nur Francis hütet ein Geheimnis, sondern jedes der Mädchen hat so ihre eigenen Probleme, die sie vor den anderen gerne verbergen möchte, was nicht immer einfach ist. Im Laufe der sechs Wochen werden die vier Frauen zu Weggefährtinnen, die sich gegenseitig Mut und Zuversicht zusprechen, denn alle sechshundert Bräute fürchten nichts mehr als einen Brief oder ein Telegramm zu erhalten, das die Zurückweisung oder den Tod des Ehemannes enthält.
Man spürt die Ängste und die Sorgen, die die Frauen an Board haben und kann diese nur für den Mut bewundern, die sie alle aufbringen, um in eine ungewisse Zukunft zu fahren.

Auch das Schicksal des Kapitäns, der seine letzte Fahrt vor der Pensionierung vor sich hat, wie auch des Schiffes, das nach dieser Fahrt verschrottet werden soll, wird beleuchtet. Der Roman berichtet vom Alltag an Bord, der durch die ungewöhnliche "Fracht" gänzlich ungewohnt für die Besatzung, aber auch für die Frauen ist. Natürlich kommt es auf diesem engen Raum zu einigen Zwischenfällen, die das Zusammenleben der Kriegsbräute und der Marinesoldaten nicht unbedingt erleichtert. Die Reise von Australien nach England wird von Jojoy Moyes authentisch beschrieben, jedoch kommt es im Mittelteil zu kleinen Längen.

Schreibstil:
Der Schreibstil von Jojo Moyes ist wunderbar leicht und flüssig und lässt sich sehr gut lesen. Die Seiten fliegen nur so dahin, auch wenn es im Mittelteil zu einigen Längen kommt. Das Thema selbst fand ich wirklich interessant, das von der Autorin hervorragend umgesetzt wurde. Die einzelnen, sehr unterschiedlichen Charaktere, wurden wunderbar beschrieben. Ich konnte sie mir wirklich sehr gut vorstellen.

Fazit:
Jojo Moyes hat sich für ihren Roman ein sehr interessantes Thema ausgesucht, das auch sehr gut umgesetzt wurde. Die Geschichte der Kriegsbräute, die sich vom Ende der Welt ins Ungewisse aufmachen, ist eine wahre Begebenheit, die es verdient in Buchform wiedergegeben zu werden! Durch ein paar kleine Längen im Mittelteil kann ich allerdings keine 5 Sterne geben.

Veröffentlicht am 28.05.2024

Wären 4 1/2 Sterne statt 3 1/2 Sterne gewesen, wenn nicht dieses Ende....!! Geht gar nicht!

Der Ausflug - Nur einer kehrt zurück
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Gleich vorab möchte ich sagen, dass ich diesen Thriller wirklich toll fand - bis das Ende kam. Deshalb habe ich die Geschichte statt mit 4 1/2 Sternen nur mit 3 1/2 Sternen (abgerundet auf 3 bei anderen ...

Gleich vorab möchte ich sagen, dass ich diesen Thriller wirklich toll fand - bis das Ende kam. Deshalb habe ich die Geschichte statt mit 4 1/2 Sternen nur mit 3 1/2 Sternen (abgerundet auf 3 bei anderen Portalen) bewertet.
Der Grund: Viele von euch wissen, dass ich mit offenen Enden nichts anfangen kann und schon gar nicht bei einem Thriller.

Doch worum geht's hier?
Anwältin Anna und ihr Verlobter Henrik verbringen, gemeinsam mit Annas Freundin Milena, jeden Sommer in den Bergen Nordschwedens. Sie lieben es Stockholm hinter sich zu lassen und in der freien Natur Kraft zu tanken. Dieses Jahr mussten die drei Freunde allerdings ihren Urlaub in den September verschieben und Milena möchte erstmals ihren neuen Freund Jakob mitnehmen. Anna ist nicht wirklich begeistert davon, stimmt aber zu, was sie bald bereut. Jakob schlägt gleich zu Beginn vor, von der usprünglichen Wanderroute abzuweichen und stattdessen im eindrucksvollen, aber weitaus schwierigeren Sarek zu wandern. Obwohl er Anna und Henrik nicht kennt, wirkt er sehr überzeugend und spielt bald den Anführer der Gruppe, was vorallem Anna richtig nervt. Die Situation verschräft sich immer mehr und die Dynamik in der Gruppe ändert sich. Die anfänglichen Spannungen gehen nahtlos in Streitigkeiten über, die schlussendlich in wahre Todesangst gipfelt. Nicht nur Jakob scheint eine Gefahr darzustellen, sondern auch die Natur zeigt ihre Krallen. Ein viel zu früher Wintereinbruch bringt die vier Wanderer an ihre absoluten Grenzen. Es beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit und um Leben und Tod.

Der Thriller wird aus der Sicht von Anna erzählt. Sie ist jedoch eine unzuverlässige Erzählerin. Unterbrochen werden ihre Schilderungen durch ihre Zeugenbefragung im Stil eines Protokolls, denn sie kehrt als einzige Überlebende aus dem Sarek zurück (Dies ist kein Spoiler, sondern wird gleich zu Beginn erzählt). Mit der Einvernahme durch die Polizei werden Annas Erzählungen immer wieder in Frage gestellt und lässt die Spannung ansteigen.

Ulf Kvensler versteht es von Beginn an ein beklemmendes Gefühl beim Leser zu erschaffen. Man möchte am liebsten alle Figuren schütteln und ihnen gleich zu Beginn vorschlagen diese Wanderung nicht zu machen. Die Bedrohung ist trotz der bildhaften Naturbeschreibungen immer greifbar. Wir wandern mit Anna, Henrik, Milena und Jakob mit und erleben ihre Stimmungen, ihre Verzweiflung und Wut.
Die Naturbeschreibungen sind absolut gelungen. Ich konnte die Bergwelt des schwedischen Nationalparkes bildhaft vor mir sehen.

Die Figuren sind sehr authentisch dargestellt. Nur Henrik erschien mir im Laufe des Buches wie ein völlig anderer Mensch. Er war zu Beginn sehr phlegmatisch und Anna gegenüber ziemlich lieblos. In den Rückblenden, als Anna vom Kennenlernen erzählte, war er der aufsteigende Shootingstar der Universität und ein dynamischer Mann. Jedoch bemerkt man auch, dass die Beziehung zwischen den Beiden ziemlich auf der Kippe steht.
Milena ist ein Duckmäuschen und Jakob ein Manipulator.

Das Ende ist abrupt und lässt zwei Möglichkeiten zu. Es ist jedem selbst überlassen, wie er es interpretiert und somit für mich ein offenes Ende. Und hier liegt dann leider "der Hund begraben", denn damit fiel eine sehr packende und atmosphärische Story plötzlich mit einem "Puff" in sich zusammen. So schade!

Fazit:
Ein spannender Thriller, der mich gefesselt, jedoch mit dem offenen Ende enttäuscht zurückgelassen hat.

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Veröffentlicht am 24.02.2024

Das getrennte Deutschland

Mauerträume
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Ich habe bereits einige Bücher gelesen, die sich um den Mauerbau, die Zeit der Trennung Berlins und auch dem Fall der Mauer beschäftigen.
Mit "Mauerträume" befinden wir uns in den 70er Jahren des letzten ...

Ich habe bereits einige Bücher gelesen, die sich um den Mauerbau, die Zeit der Trennung Berlins und auch dem Fall der Mauer beschäftigen.
Mit "Mauerträume" befinden wir uns in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts. Anni und ihre Schwester Paula wachsen mit ihren Eltern Marlies und Georg in Ostberlin auf. Georgs Schwester Gundula ist noch vor dem Mauerbau alleine in den Westen gegangen. Jeden Dienstag besucht sie die Familie und bringt Geschenke mit.
Anni liebt es zu zeichnen und obwohl sie Talent dazu hat und Kundstgeschichte studieren wollte, erhielt sie keinen Studienplatz. Anni arbeitet als Kellnerin in einem Restaurant am Müggelsee. Ihr Notizbuch mit ihren Skizzen und Zeichnungen hat sie jedoch immer dabei. Als sie eines Dienstags wieder zum Grenzübergang Friedrichstraße geht, um ihre Tante Gundula abzuholen, stößt sie mit dem Westdeutschen Erich zusammen. Dabei fällt ihr ihr Notizbuch aus der Tasche. Erich möchte es ihr nur unter der Bedingung zurückgeben, dass er sie zu einem Date einladen kann. Anni möchte allerdings keinen Westdeutschen näher kennenlernen.
Ihre Schwester Paula ist Klassenbeste und bekommt trotzdem keinen Platz an der EOS, weil sie den Staat kritisiert und verbotene Bücher liest, die ihr ihr Lehrer heimlich zusteckt. Da bekommt Paula vom Direktor der Schule ein Angebot. Wenn sie ihren Lehrer bespitzelt, erhält sie den gewünschten Platz am Gymnasium. Wird sich Paula darauf einlassen? Vater Georg arbeitet als einer der Letzten noch als Schuster in seiner eigenen Werkstatt, doch auch ihm wird das Leben schwer gemacht, während Marlies ihre privaten Tauschgeschäfte führt...

Annies und Paulas Familie steht für viele Familien in der ehemaligen DDR, die nicht ganz der Norm oder dem Wunsch der Obrigen entsprachen.
Als Leser begleiten wir die beiden Jugendlichen und ihre erhalten Einblicke in ihre Wünsche und Träume, die sich nicht oft mit denen des Staats vereinbaren lassen. Trotzdem fallen beide nicht wirklich auf und erst als Gundula fragt, was Glück für die Mädchen bedeutet, werden sie nachdenklich und überdenken ihr Leben. Dabei ist auch der Zusammenhalt der Familie ein großes Thema.

Kati Stephan beschreibt das Leben in der DDR sehr anschaulich und bildhaft. Der Schreibstil ist angenehm und eindringlich. Die Figuren sind sehr lebendig und trotzdem konnte ich nicht immer mit ihnen so mitfühlen, wie ich es gerne getan hätte. Leider verrät der Klappentext sehr viel bzw. hat er für mich eher den Touch einer Liebesgeschichte. Diese steht aber keineswegs im Vordergrund und bekommt erst zum Ende hin mehr Raum. Dieses letzte Viertel war mir dann auch fast etwas zu schnell abgehandelt, denn die Zeitsprünge geben ein etwas gerafftes Bild wieder.

Wer gerne mehr über die deutsch-deutsche Geschichte lesen möchte, dem empfehle ich die Trilogie von Farina Eden "Geteiltes Land".

Fazit:
"Mauerträume" erzählt vorallem über Träume und dem Zusammenhalt der Familie auf der anderen Seite der Mauer in Berlin der Siebziger Jahre. Gut rechercheirt und eindringlich erzählt, aber nicht mein Favorit der Romane, die ich bisher über die deutsch-deutsche Geschichte gelesen habe.

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Veröffentlicht am 14.02.2024

Die Suche

Der Tag, an dem du verschwindest
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Mit "Der Tag, an dem du verschwindest" geht sie in eine etwas andere Richtung als bei ihrem Roman "Solange sich die Wellen brechen", wo sie über das Surfen und dem zu sich selbst finden der Protagonistin ...

Mit "Der Tag, an dem du verschwindest" geht sie in eine etwas andere Richtung als bei ihrem Roman "Solange sich die Wellen brechen", wo sie über das Surfen und dem zu sich selbst finden der Protagonistin schreibt.

In diesem Spannungsroman ist wiederum der Ausgangspunkt Australien und die wunderschöne Byron Bay im Osten des Landes. Dort trifft Molly auf die etwa gleichaltrige Emily und freundet sich mit ihr an. Emily ist eine sehr stille und zurückgezogene junge Frau. Molly versucht sie aus ihrem Schneckenhaus zu holen und gemeinsam lernen sie drei Jungs einer Surfer Clique kennen: Shane, Buz und Alec. Letzterer ist Franzose und gerade in Australien unterwegs. Molly verguckt sich in Alec und wird eifersüchtig, als sie eine Zeichnung von Emily in seinem Skizzenbuch entdeckt. Nach einem Streit mit Emily ist diese plötzlich verschwunden, so wie auch Alec, der anscheinend das Land verlassen hat. Die Suche nach Mollys Freundin bleibt erfolglos.

Auch zehn Jahre später ist das Rätsel um Emilys Verschwinden nicht aufgeklärt, als Emily plötzlich in den Nachrichten Alec entdeckt. In Biarizz in Frankreich wurde eine Bar durch einen Molotow Cocktail verwüstet und Molly ist sich sicher, dass der Mann, der sich von der Reporterin abgewandt hat, Alec war. Sie recherchiert und findet ihn unter dem Namen Christophe Durand wieder. Er ist Inhaber einer Galerie. Überstürzt kauft sie sich ein Flugticket nach Biarizz, um sich diesen Christoph Duran näher anzusehen...

Die Handlung ist in zwei Zeitebenen aufgeteilt und erzählt die Geschichte vor dem Verschwinden von Emily in Australien und der Suche von Molly in der Gegenwart in Frankreich. Am Ende sind wir wieder in Australien und erfahren, was an dem Tag passierte, als Emily verschwand. Die meisten Kapitel sind aus der Sicht von Molly erzählt, aber auch einige aus der Sichtweise von Emily und Christophe.

Ein toller Plot und vorallem auch ein wunderbar bildhaft dargestelltes und atmosphärisches Setting. Den Strand von Bayron Bay hatte ich wirklich vor Augen, aber auch das eher kalte und stürmische Biarizz im November. Man begleitet Emily durch die Gassen des mondänen Seebads, welches außerhalb der Saison eher rauh und kalt wirkt und mir Gänsehaut bereitet hat.

Die Figuren im Roman sind reduziert und vorallem Molly und Alec sind sehr gut charakterisiert. Man erfährt so einiges über ihr Leben und ihre Gefühlswelt.
Leider fehlte es mir vorallem in der Mitte des Romans an Spannung. In Biarizz hatte ich das Gefühl genauso planlos wie Molly in der Geschichte herumzuirren. Ihre Verhaltensweisen fand ich manchmal nicht wirklich nachvollziehbar. Das begann eigentlich schon mit der sehr überstürzten Abreise nach Biarizz - ich meine Frankreich ist nicht gerade um die Ecke von Australien aus. Aber auch das weitere eher planlose Verhalten bei der Suche kam bei mir nicht richtig an.
Im letzten Drittel wurde es dann aber richtig spannend und ich war neugierig, was hinter Emilys Verschwinden steckt. Die Auflösung ist logisch und gelungen.

Noch ein Wort zum Cover:
Darauf sieht man das Cape Byron Lighthouse, welches auch in der Geschichte ein besondere Rolle spielt. Außerdem weckt es Fernweh in mir, denn ich liebe Leuchttürme.

Fazit:
Der Spannungsroman hat einen tollen Plot und die Autorin besticht durch eine sehr bildhafte und atmosphärische Beschreibung des Settings. Leider war mir die Spannung, vorallem in der Mitte, zu wenig. Im letzten Drittel wird dann richtig Gas gegeben und ich habe den Roman in einem Rutsch durchgelesen.

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Veröffentlicht am 09.02.2024

Oftmals spielt das Schicksal Überraschung

Leuchtfeuer
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Bei vorablesen habe ich in die Leseprobe reingelesen und war sofort Feuer und Flamme für diese Geschichte. So ganz gehalten hat die Euphorie leider nicht, aber im Großen und Ganzen ist der Roman über zwei ...

Bei vorablesen habe ich in die Leseprobe reingelesen und war sofort Feuer und Flamme für diese Geschichte. So ganz gehalten hat die Euphorie leider nicht, aber im Großen und Ganzen ist der Roman über zwei Familien, deren Schicksal miteinander verflochten ist, ganz nett und vorallem anders, als ich dachte.

Die Geschichte beginnt mit einem dramatischen Ereignis im Jahre 1985. Die Geschwister Theo, 15 und Sarah Wilf, 17 Jahre, verursachen einen Unfall. Der erst 15-jährige Theo ist gefahren, das Mädchen am Beifahrersitz, der er imponieren wollte, ist tot. Seine angetrunkene Schwester Sarah nimmt die Schuld auf sich.

Die Autorin erzählt die Geschichte der Familie über den Zeitraum von 1970 bis 2020. Es sind jedoch Momentaufnahmen, denn Dani Shapiro wechselt die Zeiten willkürlich. Nach dem Drama 1985 lesen wir im Jahr 2010 weiter, danach geht es zurück zur Jahrtausendwende und zum allseits erwarteten Crash zu Silvester 1999. Es geht auch ins Jahr der Pandemie, 2020 oder ganz zurück ins Jahr 1970 und zum Kennenlernen von Ben und Mimi. Dadurch entsteht ein laufender Wechsel der Zeiten und wir begleiten die beiden Familien durch die Zeit und ihr Leben.

Es gibt keine konkrete Handlung, sondern man erlebt vorallem die Gefühlswelt der einzelnen Protagonisten und den Einfluss des Unfalls im weiteren Leben. Dani Shapiro zeigt die Konsequenzen auf, mit denen die Wilfs nach dem Unglück leben müssen. Damit hatte ich allerdings so einige Schwierigkeiten...
Die Autorin lässt die darauffolgenden Jahre nach dem Unfall in ihrem Roman aus. Wie in der Familie selbst, wird über diese verhängnisvolle Nacht einfach geschwiegen. Diese Sprachlosigkeit innerhalb der Familie wird den Wilfs zum Verhängnis.
Jedes Familienmitglied geht seine eigenen Wege und versucht den schrecklichen Abend vom Sommer 1985 zu vergessen. Trotz dieses einschneidenden Erlebnisses wurde aus Sarah eine erfolgreiche Filmproduzentin, ist verheiratet und Mutter von Zwillingen. Gerade in den USA wird Alkohol am Steuer sehr radikal bestraft und Sarah müsste demzufolge einige Jahre im Gefängnis verbracht haben. Davon ist allerdings nie die Rede. Einzig ein kleines Alkoholproblem scheint sie davongetragen zu haben und natürlich auch die Schuld, mit der sie seitdem leben muss und mit der sie hadert.
Auch Theo, der eigentlich gefahren ist, hat sein Leben nach einer kleinen Auszeit im Ausland, danach wieder im Griff und eröffnet zwei erfolgreiche Szene-Lokale, die über Monate ausgebucht sind.
Diese glücklichen Wendungen fand ich nicht wirklich logisch, auch wenn die immerwährende Schuld, die Sarah, Theo und Ben in sich tragen, im ganzen Buch ein unterschwelliges Thema ist. Es geht um Alkoholsucht, Krankheit, Trauer und Einsamkeit, Untreue und Entfremdung, Alzheimer und Versagen......eben die ganze Palette des Lebens.

Dani Shapiro legt ebenfalls sehr viel Wert auf die Verbindung des Schicksals....und zwar dem zwischen den Wilfs und den später zugezogenen Shenkmans. Ben hat eine besondere Verbindung zu Waldo, dem außergewöhnlichen Jungen gegenüber, der von seinen Eltern nicht verstanden wird und anscheinend Asperger hat (mein persönlicher Eindruck). Er liebt die Astronomie und weiß alles über den Sternenhimmel. Sein Weg wird sich noch öfters mit den Wilfs kreuzen und endet in einer großen Freundschaft zwischen ihm und Ben.

Wie schon erwähnt, springen die Zeiten oftmals willkürlich hin und her. Durch die Jahreszahlen am Beginn des Kapitels kann man dem Wechsel allerdings gut folgen. Auch die Namen der Protagonisten, aus deren Sicht erzählt wird, sind über den Kapiteln vermerkt. Die Charaktere sind gut gezeichnet, nur Mimi blieb mir etwas zu blass.
Der Schreibstil ist angenehm und lässt sich gut lesen. Allerdings waren einige Dinge für mich nicht ganz logisch. Die immer wiederkehrenden mystisch angehauchten Synapsen, bei denen es um das Schicksal geht, sind vielleicht nicht jedermans Sache.


Der Sternenhimmel ist ein großes Thema im Roman und wurde auch von den meisten Verlagen in anderen Ländern für das Cover aufgenommen. Das schwedische Cover finde ich allerdings auch sehr passend und zeigt Waldo und seine Familie. Nur das deutschsprachige hat so gar keinen Bezug zum Inhalt....

Fazit:
Für mich war dieser vielfältige Familienroman einmal etwas ganz anderes. Er hat mich unterhalten, nachdenklich gemacht und ich denke er wird auch noch nachhallen. Ein Highlight war er für mich allerdings nicht.

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