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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 10.03.2024

Herzensprojekt

Der ehrliche Finder
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Das kleine Büchlein ist ein absolutes optisches Highlight. Man spürt überhaupt, dass es ein Herzensprojekt der Autorin ist.
Jimmy und Tristan werden zufällig Freunde. Jimmy ist ein Außenseiter, der gerne ...

Das kleine Büchlein ist ein absolutes optisches Highlight. Man spürt überhaupt, dass es ein Herzensprojekt der Autorin ist.
Jimmy und Tristan werden zufällig Freunde. Jimmy ist ein Außenseiter, der gerne Dinge sammelt und einen geregelten Ablauf benötigt. Und plötzlich tritt Tristan in sein Leben. Ein geflüchtetes Kind, der die Sprache lernen und Fuß fassen will in der neuen Heimat.
An einem Tag wird die ganze Geschichte dieser Freundschaft erzählt. Tristans Schicksal wird vorsichtig angedeutet, seine Verletzungen und Ängste werden in Einzelsituationen sichtbar. Und Jimmy – der nimmt ihn so wie er ist. Endlich jemand, dem er seine Welt zeigen kann. Die beiden Jungen könnten unterschiedlicher nicht sein. Ihre Erfahrungen klaffen weit auseinander und trotzdem brauchen und helfen sie einander. Und dann kommt dieser Tag, der alles verändert….
Die Stärke des Buchs liegt im Grunde im Nicht-Ausgesprochenen. Wir erfahren das Schicksal von Tristans Familie aus kleinen Gegebenheiten und spüren die große Geschichte dahinter. Es sind einzelne Momente, die im Gedächtnis bleiben.

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Veröffentlicht am 03.03.2024

Was Heimat für einen Menschen bedeutet

Das Jahr ohne Sommer
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Das Buch lässt mich zwiegespalten zurück. Denn es besteht für mich gefühlt aus zwei sehr ungleichen Teilen.
Die Ich Erzählerin berichtet zunächst aus kindlicher Sicht, wie es ihr ergangen ist in zwei ...

Das Buch lässt mich zwiegespalten zurück. Denn es besteht für mich gefühlt aus zwei sehr ungleichen Teilen.
Die Ich Erzählerin berichtet zunächst aus kindlicher Sicht, wie es ihr ergangen ist in zwei Welten. Die Eltern sind Republikflüchtlinge, deren Flucht schief geht. Sie kommen ins Gefängnis und werden später in die BRD freigekauft. Das Kind verbleibt erst bei der Großmutter und zieht dann nach. Staunend lernt es gleichzeitig mit seinen Eltern, sich in der neuen Welt zurechtzufinden. Der Vater ist dabei überangepasst, die Mutter (gesundheitlich) überfordert. Die Stärke und gleichzeitig Schwäche dieses Teils ist dabei das reine dokumentieren des kindlichen Erlebens (und dies wirklich sehr genau – ich erkenne mich an vielen Stellen wieder!), selten jedoch seiner Gedanken. Das Mädchen wandelt zwischen den Welten, ist mal in Ost, mal in West. Hat hier die Eltern, die auf der Suche sind, da eine Großmutter, die ihr Halt und Geborgenheit gibt. Lebt den Alltag im Westen, die Ferien im Osten („Gleichzeitig passierte ich bei meinen Reisen nach Leipzig eine Grenze, die nach wie vor unüberwindlich war, …“). Und das alles sehr gleichmütig, wenig hinterfragend, eher ausweichend.
Was das bei ihr auslöst, erfahren wir erst im letzten Teil. Und das mit einer Wucht und Tiefe, die ich mir schon früher gewünscht hätte. Wir lesen von einer völlig entwurzelten Jugendlichen zur Wendezeit („Sprach ich in dieser Zeit mit Menschen aus dem Osten, hörte ich erste abschätzige Bemerkungen über Wessis. Sollte ich mich angesprochen fühlen?“). Einer Jugendlichen, deren Wertegerüst nie richtig wachsen konnte zwischen den Welten. Einer jungen Frau, die immer auf der Suche nach Heimat und Zugehörigkeit ist.

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Veröffentlicht am 31.01.2024

Spannend, irreführend und doch mit kleinen Schwächen

Gestehe
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Henri Faber ist für mich verknüpft mit überraschenden Wendungen, ungewöhnlichen Settings und einer ganz feinen Sprache. So hatte ich eine hohe Erwartungshaltung, die das Buch nicht ganz erfüllen konnte.
Gefühlt ...

Henri Faber ist für mich verknüpft mit überraschenden Wendungen, ungewöhnlichen Settings und einer ganz feinen Sprache. So hatte ich eine hohe Erwartungshaltung, die das Buch nicht ganz erfüllen konnte.
Gefühlt hat das Buch für mich drei Teile. Im ersten Teil lernen wir den Helden Inspektor Jacket kennen. Großspurig, oberflächig und scheinbar mit ganz schön vielen Psychosen belastet. Er wird mit einer ironischen Art beschrieben, die mir überhaupt nicht liegt. Sein Gegenspieler ist Mo, ein junger österreichischer Polizist, der sich selbst auf sein fremdländisches Aussehen reduziert und alles aus dieser Brille wahrnimmt. Wenngleich diese einseitige Darstellung absolut ihren Zweck erfüllt, bleibt der Charakter dadurch erstmal sehr blass.
Beide bearbeiten mysteriöse Tötungsfälle, die alle irgendeinen Bezug zu Inspektor Jacket und dem Fall haben, mit dem er berühmt wurde. Das Buch nimmt im zweiten Teil richtig Fahrt auf. Und hier sind sie dann auch wieder, die Faber-typischen Sätze. Die so punktgenau Situationen beschreiben, so dass ich sie mit Begeisterung zweimal lese. Und hier tauchen auch die ersten sichtbaren Widersprüche in den Figuren auf, die mich miträtseln lassen und bei denen ich mich immer wieder frage, wer hier eigentlich wen hinters Licht führt.
Der dritte Teil des Buches lässt dann die Figuren richtig stark werden. Hintergründe werden klar und jetzt bekommt alles die Tiefe, die mir anfangs fehlte. Dennoch hadere ich mit diesem Teil ein wenig. Zu detailverliebt sind mir Ortsbeschreibungen, zu ausufernd Verfolgungsjagden.
Die Auflösung ist wieder typisch für Faber. Überraschungen bis zum Schluss, manche hatte ich im Hinterkopf, aber dann doch wieder verworfen. Manches kommt ganz ohne Vorwarnung, macht aber viel Sinn.
Mir gefällt sehr, dass die Faber-Bücher so einen hohen optischen Wiedererkennungswert haben, obwohl sie alle für sich stehen. Für mich ist das nicht das stärkste Buch von Henri Faber, aber wieder sehr lesenwert.

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Veröffentlicht am 20.11.2023

Geschichte für zwischendurch

Die Eisfischerin vom Helgasjön
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Frieda Lamberti schreibt mit einfachen und sehr umgangssprachlichen Worten eine schön zu lesende Geschichte.
Zwischen Rieke und Marco läuft es nicht mehr so richtig gut. Rieke verschließt aber noch die ...

Frieda Lamberti schreibt mit einfachen und sehr umgangssprachlichen Worten eine schön zu lesende Geschichte.
Zwischen Rieke und Marco läuft es nicht mehr so richtig gut. Rieke verschließt aber noch die Augen vor dem, was Außenstehende sicher schon erkannt haben. Ein gebrochenes Bein und ein allein verbrachter Urlaub öffnen ihr die Augen, wie stark sie durch ihre Beziehung eingeschränkt wird. Und so beginnt sie endlich, an alte Stärken anzuknüpfen und ihr Leben in die Hand zu nehmen.
Rieke ist eine schön ausgearbeitete Figur. Ihr Handeln und ihre Gedanken kann ich gut nachvollziehen. Alle anderen Personen, vielleicht mit Ausnahme ihrer zwischenzeitlichen Gastmutter, bleiben eher unscheinbar und etwas stereotyp. Die Sorgfalt, mit der Rieke beschrieben ist, hätte ich mir bei der Handlung auch gewünscht. Etwas sprunghaft geht es zwischen Deutschland und den nordischen Ländern hin und her. Da wäre einfach noch Potenzial für ein bisschen mehr Inhalt, weniger Rastlosigkeit und mehr Tiefe gewesen. So ist es recht hektisch und man hat das Gefühl, so richtig zum Innehalten kommt Rieke nie. Und hierin steckt tatsächlich ein Dilemma, denn im Klappentext wird eine andere Erwartung geweckt. Auch die Titelwahl kann ich nicht nachvollziehen. Denn Eisfischen geht Rieke nur ein einziges Mal.
Dennoch habe ich das Buch gern gelesen und mich an der gut unterhaltenden Erzählung „für zwischendurch“ erfreut.

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Veröffentlicht am 01.11.2023

Sehr unterhaltsam und überraschend

Nur eine Lüge – Zwei Familien, eine tödliche Verbindung
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Was für eine Familie! Früher einmal waren sie gut befreundet, die Nihlzéns und die Brandts. Doch dann passiert ein schrecklicher Unfall, in den die beiden Jungen der Familien verwickelt sind. Uns nichts ...


Was für eine Familie! Früher einmal waren sie gut befreundet, die Nihlzéns und die Brandts. Doch dann passiert ein schrecklicher Unfall, in den die beiden Jungen der Familien verwickelt sind. Uns nichts ist mehr wie zuvor. In den verschiedensten Konstellationen teilen sie sich Geheimnisse und Wissen über die Unfallnacht und die Zeit danach.
Und Emily, Tochter der Brandts heiratet ausgerechnet William, den Sohn der Nihlzéns. In Rückblenden und am Tag der Hochzeit erfahren wir Stück für Stück, was sich in der Unfallnacht wirklich zugetragen hat. Und es gibt einen Toten. Wer das ist bleibt lange ein Geheimnis. Und dies macht das Buch so spannend.
Ein bisschen zu stark spielt Malin Stehn damit, die Kapitel sehr kurz zu halten und immer nur ein klitzekleines Stück Erkenntnis herauszurücken. Natürlich liest man dadurch noch das nächste Kapitel, aber der Preis sind Figuren, die noch tiefgründiger hätten gestaltet werden können.
Dennoch wird der destruktive Teil von Geheimnissen und Lügen in Beziehungen extrem gut dargestellt. Wie nicht eingeweihte verzweifelt nach Schuldigen suchen und dabei Grenzen übertreten, wie Unschuldige an den Pranger gestellt werden und wie es sich anfühlt, wenn man nur die „zweite Geige“ in der Familie spielt – all dies wird jeweils aus der Ich-Perspektive der Betroffenen sehr glaubhaft und nachvollziehbar erzählt.
Spannung ist also garantiert und man mag das Buch zwischenzeitlich nicht aus der Hand legen.

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