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Veröffentlicht am 05.06.2020

Großes Potential nicht voll ausgeschöpft

Die stummen Wächter von Lockwood Manor
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Eine schaurige Kulisse, der herannahende Krieg, verdrängte Kindheitstraumata, ein verschlagener Patriarch und eine Liebe entgegen der gesellschaftlichen Konventionen - mehr als genug Konfliktpotential ...

Eine schaurige Kulisse, der herannahende Krieg, verdrängte Kindheitstraumata, ein verschlagener Patriarch und eine Liebe entgegen der gesellschaftlichen Konventionen - mehr als genug Konfliktpotential für einen großartigen Roman. Leider ist es der Autorin nicht gelungen, dies rundum sättigend umzusetzen.

Dies liegt überwiegend am Erzählstil, der sehr ausschweifend ist. Die Sprache entspricht der Zeit, in der die Geschichte spielt, und richtet ihr Augenmerk auf die mysthische Atmosphäre. Doch die Satzstellung ist manches Mal umständlich und die Sätze sind oftmals zu lang. So kommt die Geschichte nur sehr, sehr langsam in Fahrt. Die Autorin verlässt sich zu sehr auf die atmosphärischen Beschreibungen des düsteren Anwesens und der immer wieder auftauchenden Hinweise auf mystischen Sagen, Alpträumen, unerklärbaren Geschehnissen und vergisst die Personen. Die Nebencharaktere bleiben blass, trotz maßgeblichen Einfluss auf die Handlung, und verkommen zu Stichwortgebern. Auf Dauer passiert viel zu wenig, man scheint wochenlang nichts anderes zu tun, als durch Räume zu wandeln. Erst im zweiten Drittel kommt die Handlung in Bewegung.

Ich mochte die beiden Protagonistinnen Hetty und Lucy sehr gern. Jede für sich gesehen hat mit eigenen Dämonen zu kämpfen und trägt gleichzeitig tapfer ihr Schicksal. Durch die abwechselnde Erzählung aus beiden Perspektiven waren sie in ihrer Unterschiedlickeit wunderbar wahrnehmbar. Mir gefiel die sich ganz langsam entwickelnde Zuneigung und die Euphorie, mit der sich die Liebenden anfänglich wegtragen ließen. Später war ich einttäuscht von ihrem fehlenden Kampfgeist.

Bei der Entwicklung der Konflikte beweist die Autorin sehr viel Feingefühl und an keiner Stelle fühlen sich Ängste, Sorgen und Visionen aufgesetzt oder unpassend.

Was eindeutig fehlte war die charakterliche Entwicklung. Die Autorin lässt Hetty und Lucy trotz steigenden Leidensdruck viel zu wenig agieren, sie gehen kein Risiko ein und stecken in ihrer Komfortzone fest. Der Leser ist gefangen in der Beobachtung und bekommt nur wenig Hinweis, tappert lange Zeit in Vermutungen und hat am Ende Mühe, das Vertrauen in die Erfüllung der Prämisse aufrechtzuerhalten. Als sich dann zum Ende die Ereignisse überschlagen, verkommen die beiden Frauen zum Spielball der anderer Akteure. Und so erhält der Showdown den faden Beigeschmack eines Deus ex machina.

Fazit: Ein sehr atmosphärischen Buch mit sensibel entwickelten Konflikten aber fehlendem Handlungstempo und einem zufälligem Ende.

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Veröffentlicht am 19.04.2024

Wichtige Themen in einer oberflächlichen Geschichte

Yellowface
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Für mich ein zu Unrecht gehyptes Buch - aber vielleicht brauchte es genau diesen Hype, der die Thesen des Buches untermauert: Der Literaturbetrieb kreiert gezielt die Bestseller und füttert die Buchblase ...

Für mich ein zu Unrecht gehyptes Buch - aber vielleicht brauchte es genau diesen Hype, der die Thesen des Buches untermauert: Der Literaturbetrieb kreiert gezielt die Bestseller und füttert die Buchblase auf Social Media, die brav die Publicity verbreitet bis zum nächsten Bestseller.

Es geht um sehr brisante Themen wie Rassismus, kulturelle Aneignung und Cancelculture und den Umgang damit im Literaturbetrieb der heutigen Zeit.
Doch leider verschwinden diese Themen in einem Plot um eine gestohlene Idee zu einer Geschichte und den Kampf um Aufmerksamkeit und Umsatzzahlen.

Die Erzählstimme der neidischen und missgünstigen weißen Autorin zelebriert ihre Innensicht von Neid und Mobbing und endet in einer Choreographie einer Psychose. Sie greift gehörig meine Nerven an und an einigen Stellen blende ich die Tiraden aus wie ein blärrendes Kind, das seinen Willen nicht bekommt.

So erreicht die Geschichte nicht die gesellschaftliche und politische Brisanz und auch nicht die persönliche Betroffenheit, die ich mir erhofft hatte. Aber das Buch regt zum Nachdenken an und jeder kann für sich entscheiden, welchen Platz in der Geschichte er einnimmt.

Sehr gut gefallen hat mir das Gendern, das sich natürlich einfügt. Das Hörbuch wurde von Milena Karas glaubhaft gelesen.

Gegen all die begeisterten Stimmen mag sich meine Bewertung streng an hören, mein Maß, ist mein persönlicher Lesegeschmack.

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Veröffentlicht am 24.03.2024

Von allem zu viel

Fuchsmädchen
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Ich mag skandinavische Thriller mit ihrer düsteren Atmosphäre und auch Ermittler, die ein persönliches Päckchen zu tragen haben und mal von der Polizeiroutine abweichen und ihrer Intuition folgen.
Nachdem ...

Ich mag skandinavische Thriller mit ihrer düsteren Atmosphäre und auch Ermittler, die ein persönliches Päckchen zu tragen haben und mal von der Polizeiroutine abweichen und ihrer Intuition folgen.
Nachdem ich viele begeisterte Meinungen zum Buch gelesen habe, schien es genau das Richtige für mich.

Aber hier hat die Autorin zuviel gewollt. Das Handlungskonstrukt war weit verzweigt und viele Hinweise und Personen mussten "abgearbeitet" werden. Dies geschah leider nicht zufriedenstellend. Es blieben offen Fragen und einige Antworten wurden viel zu zufällig und teils unzufrieden stellend gegeben.

Ja, die Atmosphäre war gut, mir teils schon zu gruselig, und es war auch sehr sehr spannend.
Auf der anderen Seite war das Vorgehen der Polizei unrealistisch, jeder machte was er wollte. Die Ermittlungen wurde immer wieder wegen fadenscheinigen Argumente unterbrochen. Die beiden Protagonistinnen waren dermaßen traumatisiert und dienstuntauglich, dass sie im realen Leben freigestellt würden.

Insgesamt herrschte eine aggressive Grundstimmung sowohl innerhalb der Polizei als auch in der Bevölkerung.

Dazu erzählerische Defizite, wie Sprünge in den Perspektiven während einer Szene und die häufig abrubten Abbrüche von Szenen und Perspektiven, machten das Lesen anstrengend. Es gab viele Wendungen, die ich nicht alle vorhergesehen habe,aber manche waren so abstrus, dass ich keinen Spaß daran hatte.

Der Fall wird am Ende gelöst. Es verbleiben jedoch offene Fragen und ein persönlichen Cliffhanger.

Ich bin zwar neugierig, wie es weitergeht. Aber ich brauche jetzt definitiv etwas anderes. Mal sehen, ob ich irgendwann zur Fortsetzung greife.

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Veröffentlicht am 24.10.2023

Was für ein Ritt!

Shy
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Gefangen im Ungleichgewicht der Hirnströme. Ein Stakkato aus Gedanken- und Erinnerungsfetzen prasselt auf mich ein, durchmischt sich mit Visionen einer Psychose, schwillt an zu einem hämmernden Beat, der ...

Gefangen im Ungleichgewicht der Hirnströme. Ein Stakkato aus Gedanken- und Erinnerungsfetzen prasselt auf mich ein, durchmischt sich mit Visionen einer Psychose, schwillt an zu einem hämmernden Beat, der das Innenohr zerfetzt. Nach Orientierung suchend greife ich nach dem, was real zu sein scheint. Doch unter all dem Schlick und stinkenden Kadavern, kann ich nicht erkennen, was ich in Händen halte. Eine Rettung scheint unmöglich, ich rase durch ein Inferno. Nichts passt Ineinander, nichts ergibt Sinn, verloren in einem Meer von splittrigen Illusionen ohne Notausgang.

Am Ende falle ich in die Arme vieler. Menschen, die ich nicht kenne, umschließen mich. Sicherheit - endlich in Sicherheit.

Dieser Trip hallt nach. Und auch wenn das Ende milde ist und mich versöhnt, fehlt mir eine Erläuterung, um das Gelesene einzuordnen.

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Veröffentlicht am 30.05.2023

Spannendes Rätselraten ohne Tiefgang bis zum Ende

The Inheritance Games - Der letzte Schachzug
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Neue Mitspieler, aber wenig neue Impulse gibt es im letzten Teil der Reihe. Das Rätseln funktioniert auf bekannte Weise, die Lösungen werden immer zufälliger, und Schach spielt auch eine Rolle in diesem ...

Neue Mitspieler, aber wenig neue Impulse gibt es im letzten Teil der Reihe. Das Rätseln funktioniert auf bekannte Weise, die Lösungen werden immer zufälliger, und Schach spielt auch eine Rolle in diesem großen Spiel der Machthungrigen.
Mir waren es am Ende ein paar Geheimnisse und geheime Familienbanden zuviel. Die Charaktere und Beziehungsentwicklung blieb auf der Strecke. Und mir fehlte das Gespür dafür, dass bei Menschenleben der Spaß am Spiel aufhört.

Zum Ende wurden einige Entscheidungen getroffen, die aus dem Nichts kamen, und dafür gab es viel zu viel familiäre Animositäten und einen nicht mehr nachvollziehbaren Ehrenkodex, der die Basis allen Handelns darstellte.

Spannend war es trotzdem, alle Rätsel wurden gelöst und die losen Enden vernäht. Das ist bei einem Dreiteiler schon eine Leistung.

Wem es nur um Spannung und leichte Unterhaltung geht, der wird zufrieden sein.

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