Platzhalter für Profilbild

Leseigel

Lesejury Star
offline

Leseigel ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Leseigel über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 04.05.2024

Eine starke Frau und die Geburt eines Weltunternehmens

Café Alba
1

Piemont 1946 Die Menschen leiden schwer unter den Nachwirkungen des Krieges. Der Mangel regiert. Da ist jede Familie froh, wenn es ein Maul weniger zu stopfen gilt. Das bedeutet für die 16jährige Francesca, ...

Piemont 1946 Die Menschen leiden schwer unter den Nachwirkungen des Krieges. Der Mangel regiert. Da ist jede Familie froh, wenn es ein Maul weniger zu stopfen gilt. Das bedeutet für die 16jährige Francesca, dass ihre Familie sie in die große Stadt Alba schickt, damit sie dort eine Stelle antritt. Francesca hat Glück und landet bei der Familie Milani, die ein gut gehendes Cafe betreibt und kommt unter die Obhut der mütterlichen Köchin Antonella. Aus heiterem Himmel trifft das Schicksal die Familie Milani hart, als Francesca gerade mal 4 Monate dort ist. Der Patriarch stirbt und hinterlässt einen Berg Schulden. Der Erbe Matteo ist überfordert und findet in Francesca die Liebe seines Lebens und eine junge Frau, die sich zu helfen weiß. Aus der Not heraus erfindet sie ein Mus aus Nüssen, Fett und Schokolade. Es wird zum Verkaufsschlager und das ist auch heute noch so. Doch der Erfolg ruft auch Neider auf den Plan und Francesca lernt, sich zu wehren.

Meine Sympathie hatte Francesca von der ersten Seite an. Ich fand es grausam, sie aus der Familie zu reißen und in die große Stadt zu fremden Leuten zu schicken. Wer hätte gedacht, dass in dem einfachen Mädchen vom Land so viel Neugierde, Empathie und Unternehmensgeist steckt ? Francesca passt sich an, nimmt Probleme an, um sie zu lösen und erobert Matteo, dessen Mutter die Verbindung ablehnt. Ich war beeindruckt, wie pragmatisch und auf das Machbare fokussiert Francesca an die Dinge herangeht. Sie mischt ihre praktischen Erfahrungen mit - wie man heute so schön sagt - mit Visionen. Dabei wird sie von allen unterschätzt und auf Küche, Kinder, Kirche reduziert. Das wird besonders deutlich, als sie gezwungen ist, die Leitung des aufstrebenden Unternehmens in die eigenen Hände zu nehmen. Francesca ist eine Kämpferin und bleibt sich trotz Rückschlägen treu.

Die Autorin schildert. die damaligen gesellschaftlichen Verhältnisse und das städtische Leben sehr anschaulich. Ich habe manchmal geglaubt, ich höre den Straßenlärm, rieche die vielfältigen Gerüche des Marktes oder die der Backstube. In Francesca konnte ich mich gut hinein versetzen und war entsetzt, wie herabwürdigend ihr manche Männer gegenüber traten. Ich verlasse Francesca zu einem Zeitpunkt, an dem sie die Weichen für ihr weiteres Leben neu stellen muss und bin gespannt, wie es sich im 2. Band entwickeln wird.

  • Einzelne Kategorien
  • Handlung
  • Erzählstil
  • Charaktere
  • Cover
  • Atmosphäre
Veröffentlicht am 02.05.2024

Drei Frauen - eine Leidenschaft

Die Kranichfrauen
0

Der Roman spielt 1947 am Ammersee und schildert den entscheidenden Sommer im Leben von drei jungen Frauen.

Paula möchte studieren und Lehrerin werden. Ihre Eltern wollen sie schnell mit einem vermögenden ...

Der Roman spielt 1947 am Ammersee und schildert den entscheidenden Sommer im Leben von drei jungen Frauen.

Paula möchte studieren und Lehrerin werden. Ihre Eltern wollen sie schnell mit einem vermögenden Mann verheiraten, um ihr Unternehmen zu retten. Anna soll eine Ausbildung zur Schneiderin machen, träumt aber davon Boote zu bauen. Hedy wartet auf die Heimkehr ihres Mannes aus Kriegsgefangenschaft. Alle drei sind begeisterte Seglerinnen. Diesen Sport auszuüben war unter der Naziherrschaft nicht möglich. Sinnbild ihrer Träume und Hoffnungen ist die Segelyacht Kranich.

Der Sommer 1947 ist eine Mischung aus hoffnungsvollen Träumen und kalter Realität. Die Amerikaner planen auf dem Gelände des Segelvereins Ammersee, der früher Paulas Familie gehörte, eine Art Freizeitclub für Jugendliche und Kinder zu betreiben. Paula und Anna sollen als Betreuerinnen fungieren. Beide stürzen sich mit Eifer und vielen guten Ideen auf die Aufgabe. Es soll Segel-und Schwimmkurse geben. Ein herrlicher Sommer liegt vor ihnen. Das ändert sich, als zwei junge Männer eingestellt und die beiden Mädchen mit hauswirtschaftlichen Aufgaben betraut werden. Noch schlimmer wird es , als Anna zufällig mit anhört, dass die Kranich, ihr Hoffnungsträger, als Kriegsbeute nach Amerika verschleppt werden soll.

Von der ersten Seite an bin ich völlig in die Geschichte eingetaucht. Ich mochte alle drei Frauen und fand es spannend, dass ich drei unterschiedliche Lebenssituationen hatte und dadurch zahlreiche Aspekte der damaligen gesellschaftlichen Verhältnisse kennenlernen konnte. Was mich traurig und wütend gemacht hat, war, dass alle drei ihre Träume nicht leben dürfen, weil sie Frauen sind. Von Paula wird erwartet, dass sie sich für die Familie opfert. Anna kann keine Bootsbauerlehre machen, weil Frauen kein handwerkliches Geschick haben. Hedy muss sich auf Küche, Kinder, Kirche beschränken und auf die Heimkehr ihres Mannes warten. Auch die Amerikaner halten sich an diese Klischees, als sie den beiden Mädchen einfach die beiden Männer vor die Nase setzen. Das hat mich besonders geärgert, weil die beiden schon bewiesen hatten, dass sie es alleine schaffen.

Die Ereignisse rund um die Kranich waren sehr emotional und spannend. Es ist ein Aufbegehren gegen die passiven Rollen, die ihnen zugedacht sind. Am Ende des Sommers treffen die drei weitreichende Entscheidungen. Besonders mutig fand ich Anna, die in meinen Augen ein hohes Risiko eingeht, besonders wenn man über die historischen Gegebenheiten Bescheid weiß.

Der Roman ist ein tolles Lebeerlebnis. Auf der einen Seite konnte ich das Gefühl von Freiheit und eines unbeschwerten Sommers erleben. Zum anderen gab es interessante Informationen über die damalige Zeit , ins besonders über die Situation der Frauen. Und es gab Hoffnung. Man kann sich wehren, seine eigenen Entscheidungen treffen. Man muss sich nur trauen.

Lesezeichen setzen Inhalt melden

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 26.04.2024

Gelungener Auftakt einer neuen Krimireihe mit dem Journalisten Steffen Baumann

Die Toten vor der Tür
0

Als Steffen Baumann von der Arbeit nach Hause kommt, liegt eine tote Frau vor seiner Wohnungstür. Mit dieser makaberen Entdeckung beginnt für den Journalisten und den Leser die packende Suche nach dem ...

Als Steffen Baumann von der Arbeit nach Hause kommt, liegt eine tote Frau vor seiner Wohnungstür. Mit dieser makaberen Entdeckung beginnt für den Journalisten und den Leser die packende Suche nach dem Mörder. Die Tote lag nicht zufällig vor Steffens Tür . Der Mörder schickt ihm Emails und spricht ihn darin persönlich an, wobei er weitere Morde ankündigt. Da die Gefahr besteht, dass Personen aus Steffens unmittelbaren Bekanntschaft ins Visier des Mörders geraten könnten, ziehen seine Kollegin Svenja und seine Bekannte Charlie vorübergehend bei ihm ein. Da herrscht nun oftmals Zickenkrieg, der an Steffens Nerven zerrt. Zudem macht sein neuer Chef bei der Zeitung erheblichen Druck. Er erwartet reißerische Artikel von Steffen, die die Auflage steigern sollen. Etwas, das Steffen als seriöser Journalist verabscheut. Nur gut, dass nach anfänglichen Schwierigkeiten die Zusammenarbeit mit Kommissar Jacobsen in beinahe kameradschaftlicher Weise möglich ist. Ich war zuerst skeptisch, ob ein Journalist als Hauptfigur mich für sich einnehmen kann. Ich bin kein Fan von die Polizei ist unfähig und der Journalist weiß alles besser. Zu meiner Freude war es hier nicht so. Steffen trägt den Hauptteil der Handlung, weil er persönlich betroffen ist und deshalb oft mehr weiß und durch den Täter zuerst erfährt, wann er wieder gemordet hat. Sein Gegenpart Kommissar Jacobsen ist sympathisch und begegnet Steffen auf Augenhöhe. Beide sind aufeinander angewiesen und bilden ein kompetentes Duo. Es gibt eine ganze Anzahl von weiteren Morden, die teilweise sehr anschaulich geschildert werden, was mich persönlich nicht abgeschreckt hat. Auch kommt der Täter in einigen Kapiteln selbst zu Wort und man erfährt etwas über seine Motivation, was bei mir die Spekulationen ins Kraut hat schießen lassen. Überhaupt kann man wunderbar mit rätseln. Für etwas Entspannung sorgen die Szenen mit Charlie und Svenja, die ich sehr sympathisch fand. Die Person des Täters war gegen Ende keine wirkliche Überraschung, weil sich die Verdachtsmomente gegen ihn verdichtet hatten. Das fand ich gut und überzeugend, weil ich es nicht mag, wenn ein Täter am Schluss mehr oder weniger aus dem Hut gezaubert wird. Den Serienauftakt fand ich gelungen und freue mich auf weitere Fälle.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 25.04.2024

Eine packende Geschichte brillant erzählt

Evas Rache
0

Der Krimi hat einige Handlungsstränge, die auf den ersten Blick keine Verbindung miteinander zu haben scheinen. In Leipzig ist Inspektor Stainer in einer Lebenskrise, trinkt mehr als ihm gut tut .Er jagt ...

Der Krimi hat einige Handlungsstränge, die auf den ersten Blick keine Verbindung miteinander zu haben scheinen. In Leipzig ist Inspektor Stainer in einer Lebenskrise, trinkt mehr als ihm gut tut .Er jagt mit seinen Kollegen einen Frauenmörder, dessen Opfer all zu sehr den Frauen ähneln, die Stainer am Herzen liegen.

In München versucht die junge Eva-Maria Dorn wieder mehr gemeinsame Zeit mit ihrem Ehemann zu verbringen, der sie nicht ernst nimmt und versucht, sie im Hause zu halten. Als Eva herausfindet, dass er sie mit einer anderen betrügt, schmiedet sie einen Racheplan und reist ihm nach Leipzig zur Messe hinterher, auf die er sie nicht mitnehmen wollte.

Nun beginnen sich die Ereignisse zu überschlagen. Stainer muss sich um weitere Mordfälle an Männern kümmern . In Leipzig angekommen verschwindet Eva spurlos. Ist sie ein weiteres Opfer des Frauenmörders ? Sie passt perfekt in sein Beuteschema. Während Stainer versucht, die Fälle zu lösen, gewinnt sein alter Widersacher Inspektor Heinze, ein Mann der ersten Stunde in der NSDAP, immer mehr an Einfluss.

Ich schätze die unaufgeregte Erzählweise des Autors sehr. Auch in diesem Fall werden die Personen in ihrem eigenen Umfeld vorgestellt. Ich erfahre viel über ihre Lebensumstände und Befindlichkeiten. Vieles , was beim ersten Hinsehen eher banal erscheint, erhält im Verlauf der Ereignisse unerwartet Gewicht.

Sehr gelungen finde ich, wie der Autor die verschiedenen Fälle miteinander verbindet. Dabei spielt oft der Zufall eine Rolle, ist dabei aller völlig nachvollziehbar. So ist das Leben eben. Der Krimi ist fesselnd und gelegentlich gibt es Szenen unerwarteter Brutalität, die ein Schlaglicht auf einzelne Personen werfen. Erneut spielen die damaligen politischen Verhältnisse eine wichtige Rolle, ohne den Kriminalfall in den Hintergrund zu drängen. Meine Zu-und Abneigung war auf beide Seiten verteilt. Stainer ist ein kompetenter Ermittler, der sehr empathisch ist und an der Ungerechtigkeit der Welt leidet. Ich habe die Krimis mit ihm geliebt, verstehe aber, dass er nicht mehr weiter machen kann. Mein Zorn und Abneigung trifft Heinze und die anderen Emporkömmlinge, die den Polizeiapparat unterwandern und damit das Recht mit Füssen treten. Auf der Täterseite gab es eine Person, die ich mochte, weil sie für mich ein Opfer war und der ihre Taten aufgezwungen wurden.

Für mich erneut ein sehr spannender Krimi aus der Feder des Autors, dem es gelingt einen komplexen Fall unterhaltsam zu erzählen und dabei die damalige Stimmung perfekt einzufangen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 16.04.2024

Unterhaltsame Lesereise in die Anfänge der Bundesrepublik

Die Zeit der Hoffnung
0

Das ist der 2. Band der die Lebensgeschichte von Katharina, die in Stuttgart lebt , erzählt und die Handlung im Jahr 1957 aufnimmt. Ich kenne den 1. Band nicht und kann deshalb mit Überzeugung sagen, dass ...

Das ist der 2. Band der die Lebensgeschichte von Katharina, die in Stuttgart lebt , erzählt und die Handlung im Jahr 1957 aufnimmt. Ich kenne den 1. Band nicht und kann deshalb mit Überzeugung sagen, dass dies dem Verständnis und dem Lesevergnügen keinen Abbruch tut.

Die Autorin beginnt Katharinas Lebensweg mit deren Hochzeit und endet in den frühen 60ziger Jahren. Katharina kann endlich ihre große Liebe Moritz heiraten, nachdem sie von ihrem 1. Mann geschieden wurde. Damit Katharina die Ablehnung ihrer Schwiegermutter gewonnen. Eine geschiedene Frau und vermutlich nicht in der Lage, Kinder zubekommen, so sah zu dieser Zeit ganz sicher keine Traumschwiegertochter aus. Als Katharina doch schwanger wird, überwiegt zwar die Freude, aber der Wermutstropfen, ihre geliebte Arbeit aufzugeben, bleibt trotzdem. Nun erfahre ich viel über das Frauenbild der damaligen Zeit und die herrschenden Rollenerwartungen. Das lässt mich mal wieder dankbar sein, nicht in dieser zeit gelebt zu haben

Aus beruflichen Gründen ihres Mannes Moritz zieht die kleine Familie für ein Jahr nach Berlin. Katharina schließt eine enge Freundschaft mit Lisa, die im Osten der Stadt lebt und in der Buchhandlung ihrer Schwester Marion im Westen arbeitet. Dies gibt der Autorin die Möglichkeit, die unterschiedlichen Lebensverhältnisse zu beschreiben. Was die Stellung der Frauen anbetrifft, liegt der Osten vorn. Dann im Sommer 61 der Berliner Mauerbau, der alles ändert. Marions Schicksal lässt erahnen, was das für die Bevölkerung in beiden Teilen Berlins bedeutet hat.

Zurück in Stuttgart würde Katharina gerne wieder arbeiten und stößt damit in ihrem sozialem Umfeld auf Unverständnis. Zumal sich ihr Mann Moritz ein weiteres Kind wünscht.

Ein weiterer Handlungsstrang widmet sich dem Schicksal von Lisa, die ein uneheliches Kind bekommt und damit von der Gesellschaft fast auf die Stufe mit einer Prostituierten gestellt wird. Vor Gericht, Unterhalt vom Kindesvater einzuklagen, ist eine Fahrt ins Ungewisse. Lisas Schicksal hat mich stark bewegt. Hier wurde Himmel schreiendes Unrecht geübt.

Neben diesen gesellschaftlichen und politischen Eindrücken finden sich viele kleine Erinnerungsstücke. So findet der Hawaii -Toast, die Hollywood-Schaukel oder die Krimiserie "Das Stahlnetz" Erwähnung, was ich noch aus meiner Kindheit kenne.

Das Buch hat mir viel Spaß beim Lesen bereitet. Es war unterhaltsam, berührend und lässt einen Abschnitt der deutschen Gegenwartsgeschichte lebendig werden.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere