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Veröffentlicht am 16.12.2017

Südstaatengeheimnisse

Das Flüstern der Magnolien
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Nachdem ihr 8-jähriger Sohn Michael vor Jahren verschwand und dieser Schicksalsschlag sie ziemlich aus der Bahn warf, hat Julia Presley gemeinsam mit ihrer Schwester Valery und einer Frühstückspension ...

Nachdem ihr 8-jähriger Sohn Michael vor Jahren verschwand und dieser Schicksalsschlag sie ziemlich aus der Bahn warf, hat Julia Presley gemeinsam mit ihrer Schwester Valery und einer Frühstückspension in der Südstaatenvilla Peach Orchard an der Magnolienallee in der kleinen Stadt Honey Ridge in Tennessee einen neuen Lebensinhalt gefunden und sich etwas aufgebaut. Als Julia ein altes Kutscherhaus umbauen möchte, meldet sich Eli Donovan für die nötigen Handwerksarbeiten bei ihr. Eli ist gerade erst in die Gegend gezogen, um ebenfalls neu anzufangen. Er saß eine Weile im Gefängnis, und nach seiner Entlassung wurde er von jetzt auf gleich zum Vater des kleinen Alex, mit dessen verstorbener Mutter Eli für kurze Zeit zusammen war. Bei den Renovierungsarbeiten finden Julia und Eli ein Bündel alter Briefe, die aus der Zeit des Bürgerkriegs um 1864 stammen. Durch die Briefe kommen sich die beiden nicht nur näher, sondern erfahren auch von einer Liebesgeschichte, die schon einige Jahrhunderte zurückliegt…
Linda Goodnight hat mit ihrem Buch "Das Flüstern der Magnolien" einen unterhaltsamen und gleichzeitig fesselnden, teilweise historischen Roman vorgelegt, der sich über zwei Zeitebenen erstreckt. Der Schreibstil ist flüssig und gefühlvoll, der Leser wird schnell in die Handlung hineingesogen und findet sich in Honey Ridge wieder, um die Renovierungsarbeiten, aber auch die Begegnungen zwischen Julia und Eli mitzuerleben, ihre geheimen Gedanken und Gefühle mit zu verfolgen sowie von einer alten Liebesgeschichte fasziniert zu werden. Die Geschichte ist unterteilt in zwei Handlungsstränge, wobei der Hauptteil die Gegenwart wiederspiegelt und der andere das vergangene Leben an der Magnolienallee und dem Peach Orchard im Besonderen wiederauferstehen lässt. Die Landschaftsbeschreibungen sind bildgewaltig und farbenfroh, der Leser kann sich die wunderschöne alte Südstaatenvilla und deren Umgebung gut vorstellen. Auch die Umstände zur Zeit des amerikanischen Bürgerkrieges werden von der Autorin sehr gut dargestellt, wobei dieser Handlungsstrang allerdings etwas zu kurz kommt.
Die Charaktere sind liebevoll skizziert und in Szene gesetzt. Ihre persönlichen Eigenheiten verleiten den Leser dazu, mitzufühlen und zu leiden, so real und authentisch wirken sie. Julia ist eine junge Frau, die schon einen herben Schlag in ihrem Leben einstecken musste und sich so sehr zurückzog. All ihre Kraft und eine gehörige Portion Mut musste sie aufbringen, um wieder ein normales Leben zu führen. Doch sie lässt niemanden näher an sich heran, um auf keinen Fall wieder einen solchen Verlust zu erleben. Eli ist ein sympathischer Mann, der ebenfalls schon die rauen Seiten des Lebens kennengelernt hat und auch noch plötzlich zum Vater wurde in einer Zeit, wo er eigentlich erst einmal sein eigenes Leben in eine normale Richtung lenken muss. Die zusätzliche Verantwortung für seinen Sohn nötigt ihm eine Menge Kraft ab, doch er will es unbedingt schaffen. Dazu gehört eine geregelte Arbeit und ein neues Zuhause. Auch er ist eher zurückhaltend und vorsichtig seinen Mitmenschen gegenüber. Charlotte ist Engländerin und mit Edgar verheiratet. Ihre Ehe ist kein Zuckerschlecken, denn Edgar wird oft gewalttätig und macht ihr das Leben schwer. Captain Will ist ein netter Mann, der schnell Charlottes Gefühle in Wallung bringt.
„Das Flüstern der Magnolien“ ist ein unterhaltsamer teils historischer Roman, der neben einem Geheimnis auch zwei Liebesgeschichten miteinander vereint. Liebhaberinnen dieses Genres werden hier kurzweilige Lesestunden erleben. Gut als Urlaubslektüre geeignet.

Veröffentlicht am 14.12.2017

Spannende Familiengeschichte

Bewahrt den Traum
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Inzwischen ist die Patriarchin Emma Harte fast 80 Jahre alt und möchte ihr Imperium ihren Nachkommen hinterlassen. Natürlich erhoffen sich alle, das erfolgreiche Unternehmen zu leiten, doch am Ende bekommt ...

Inzwischen ist die Patriarchin Emma Harte fast 80 Jahre alt und möchte ihr Imperium ihren Nachkommen hinterlassen. Natürlich erhoffen sich alle, das erfolgreiche Unternehmen zu leiten, doch am Ende bekommt Enkelin Paula von ihrer Großmutter den Vorzug, bevor diese sich auf Weltreise mit ihrem alten Jugendfreund Blackie O’Neill begibt. Fortan muss Paul an allen Fronten kämpfen, denn nicht nur ihre Verwandtschaft versucht, ihr immer wieder in die Suppe zu spucken und Steine in den Weg zu legen, sondern auch in ihrer Ehe mit Jim sind immer öfter Misstöne an der Tagesordnung. Bei einer Geschäftsreise trifft Paula Blackies Enkel Shane wieder, mit dem sie schon als Kind befreundet war. Nach und nach kommen Shane und Paula sich immer näher, aber auch die Intrigen innerhalb des Unternehmens nehmen zu, so dass Paula alle Hände voll zu tun hat, um sowohl ihr geschäftliches als auch privates Glück in den Griff zu bekommen.

Barbara Taylor Bradford hat mit ihrem Buch „Bewahrt den Traum“ nahtlos an den ersten Teil „Des Lebens bittere Süße“ angeknüpft und einen spannenden und sehr unterhaltsamen Roman vorgelegt, der dem ersten Band in Nichts nachsteht. Handelte der erste Teil hauptsächlich von Emma Harte, so spielt diese hier nur eine Nebenrolle, während Enkelin Paula im Mittelpunkt steht. Der Handlungszeitraum erstreckt sich von 1969 bis zum Jahr 1971. Der Schreibstil ist flüssig und bildhaft, schnell taucht der Leser in eine glamouröse Welt der oberen Zehntausend, wobei er auch die Kehrseite der Medaille kennenlernt, denn hier sind Intrigen, Missgunst. Taktieren und Neid regelrecht an der Tagesordnung. Unsichtbar an die Seite von Paula gestellt, erlebt der Leser ihre Gedanken und Gefühle hautnah mit sowie ihre Kraftanstrengungen, an allen Fronten zu kämpfen. Der Spannungsbogen steigert sich während der Handlung immer mehr, durch geschickte Wendungen der Autorin erlebt der Leser manche Überraschung.

Die Charaktere sind sehr vielfältig angelegt und mit individuellen Eigenheiten versehen. Sie wirken lebendig und sehr real, der Leser kann seine Sympathien gleichmäßig verteilen. Emma Harte ist eine knallharte Geschäftsfrau, die sich nun aus dem Unternehmen zurückziehen will. Mit ihrer Entscheidung, das Geschäft auf ihre Enkelin zu übertragen, weiß sie genau um die Brisanz und den Kampf innerhalb der eigenen Familie, wenn sie ihre eigenen Kinder übergeht. Emma will sich damit nicht auseinandersetzen und überlässt das Feld und die Schwierigkeiten Paula, damit diese sich beweisen kann. Paula ist eine sympathische Protagonistin, die genau weiß, in was für einem Wespennest sie sitzt und welche Fallstricke lauern. Sie ist fleißig, intelligent und mit genügend Herz ausgestattet. Paula ist geschäftstüchtig, insgeheim sehnt sie sich aber nach Harmonie, Glück und einem Menschen, an den sie sich anlehnen und auch mal loslassen kann. Ehemann Jim denkt nur an sich selbst und geht zu wenig auf sie ein. Die Verwandtschaft macht ihr das Leben zur Hölle und versucht mit aller Macht, dass Paula scheitert. Shane ist ein netter Mann mit dem Herz am rechten Fleck, er ist verständnisvoll, warmherzig und intelligent. Ebenso verleihen die Mitglieder der O’Neills und der Hartes der Handlung durch ihre verschiedenen Geschichten Spannung und Unterhaltungswert.

„Bewahrt den Traum“ ist eine opulente und spannende Familiensaga, die man kaum aus der Hand legen kann. Ein tolles Buch für den Urlaub, wobei es empfehlenswert wäre, die Bände der Reihe nach zu lesen, um die Geschichte besser verfolgen zu können. Auf jeden Fall eine Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 08.12.2017

Die Farben des Lebens

Mein irischer Sommer
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Kati lebt in Frankfurt und schlägt sich als Übersetzerin gerade so durch, deshalb muss sie nebenbei noch Messejobs annehmen. Bei einer Routineuntersuchung wegen ständiger Bauchschmerzen bekommt sie die ...

Kati lebt in Frankfurt und schlägt sich als Übersetzerin gerade so durch, deshalb muss sie nebenbei noch Messejobs annehmen. Bei einer Routineuntersuchung wegen ständiger Bauchschmerzen bekommt sie die niederschmetternde Diagnose Bauchspeicheldrüsenkrebs. Weitere Untersuchungen bestätigen die schlimmsten Befürchtungen, Kati hat nicht mehr viel Zeit. So packt sie ein paar Sachen und reist Hals über Kopf nach Irland, um dort das Leben noch etwas zu genießen und sich von der Situation etwas abzulenken. Doch sie hat nicht damit gerechnet, dass sie sich verlieben wird. Als sie dem Gourmetkoch Jordan begegnet, ist es schnell um beide geschehen. Sie verbringen jede freie Minute miteinander, jedoch verschweigt Kati ihre Krankheit. Lange kann sie dies allerdings nicht mehr verbergen, und so muss Kati sich entscheiden…
Joy Renner hat mit ihrem Buch „Mein irischer Sommer“ einen anrührenden Roman vorgelegt. Der Schreibstil ist flüssig und gefühlvoll, teilweise melancholisch. Die Handlung wird in der Ich-Form erzählt, so dass der Leser von Beginn an an der Seite von Kati steht und direkten Einblick in ihre Gedanken- und Gefühlswelt bekommt und diese hautnah miterlebt. Die Landschaftsbeschreibungen von Irland sind so bildgewaltig beschrieben, dass man die zerklüftete grüne Insel mit ihren liebenswerten Bewohnern regelrecht vor Augen hat. Die Autorin gewährt dem Leser einen sehr realen Eindruck, wie es ist, eine lebensbedrohliche Diagnose zu erhalten und mit dieser umgehen zu müssen. Hier reagiert jeder Mensch auf seine eigenen Art und Weise: von Verdrängung bis Verleugnung, von Selbstaufgabe bis zu „Jetzt erst recht“. Auch die Gedanken an Familie und Freunde, wie man es ihnen erzählen soll, oder ob überhaupt, werden sehr wirklichkeitsnah dargestellt. Vor allem aber wird hier vorangestellt, dass es wichtig ist, sein Schicksal anzunehmen, den Kampf aufzunehmen und das Beste aus seinem Leben zu machen und jede Möglichkeit und Chance zu nutzen.
Die Charaktere sind sehr authentisch konzipiert worden und machen es dem Leser leicht, sich mit ihnen zu identifizieren, sie zu begleiten und mit ihnen zu leiden oder mitzufiebern. Kati ist eine recht pragmatische Frau, die nach der Diagnose erst einmal völlig hilflos und verschreckt wirkt. Sie hält ihre Krankheit geheim und muss erst selbst damit klarkommen, dass ihr Leben auf einmal ein Endlichkeitsdatum hat. Doch sie ist auch eine starke und mutige Frau, die sich die noch verbleibende Zeit so schön wie möglich gestalten will, die genießen und alles in sich aufsaugen will. Es ist sehr bewegend, ihre Gedanken und ihre Gefühle mitzuerleben. Jordan ist ein sympathischer Mann, der sehr einfühlsam und liebenswert daher kommt, allerdings bleibt er neben Kati leider etwas zu blass.
„Mein irischer Sommer“ ist ein Roman, der ans Herz geht, der sowohl Mut macht als auch nachdenklich stimmt und gleichzeitig eine Botschaft vermittelt. Hier gibt es auf jeden Fall eine Empfehlung, denn die Autorin hat einen schönen Erzählstil und behandelt die Thematik sehr einfühlsam und realistisch.

Veröffentlicht am 25.11.2017

Die eine tiefe und wahre Liebe

Geh aus, mein Herz
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Mathilde lebt allein mit ihrer Mutter in Kassel, seit der Vater im Krieg gefallen ist. Die Wochenenden verbringt sie bei ihrer Oma, die auf dem Land wohnt und die immer nach Zitrone und etwas Nivea riecht. ...

Mathilde lebt allein mit ihrer Mutter in Kassel, seit der Vater im Krieg gefallen ist. Die Wochenenden verbringt sie bei ihrer Oma, die auf dem Land wohnt und die immer nach Zitrone und etwas Nivea riecht. Dort trifft sie schon als junger Teenager auf den gutaussehenden gleichaltrigen und recht schüchternen Fred, der auf dem Nachbargrundstück lebt und dessen Familie keinen guten Ruf hat. Doch schon als Mathilde ihn zum ersten Mal sieht, hat sie Schmetterlinge im Bauch, so sehr ist sie von seinen blauen Augen und seinen feingliedrigen Händen fasziniert. Leider hat auch die schöne Gerda einen Blick auf Fred geworfen. Und da Mathilde immer nur am Wochenende da ist, kann Gerda ihm den Kopf verdrehen. Aber Fred liebt eigentlich Mathilde und Mathilde liebt Fred. Bei einem erneuten Besuch bei ihrer Oma erfährt Mathilde, dass Gerda schwanger ist von „ihrem“ Fred. Mathilde kehrt Fred den Rücken und wendet sich ihrem Studium in Marburg zu. Dort trifft sie auf den Theologiestudenten Johannes, mit dem sie nach einiger Zeit eine Familie gründet. Doch die Gefühle für Fred begleiten sie ein Leben lang, bis sie ihn zufällig wiedertrifft….
Alexa Hofmann hat mit ihrem Buch „Geh aus, mein Herz“ einen sehr gefühlvollen und unterhaltsamen Roman geschrieben. Der Schreibstil ist flüssig und lässt den Leser vollumfänglich an Mathildes Leben teilhaben. Die Handlung wird in wechselnden Zeitebenen erzählt. Die eine handelt von der Nachkriegszeit in den frühen 50er Jahren, in denen das Leben auf dem Dorf noch von einfachen Dingen geprägt war, die man zu schätzen wusste. Die andere Ebene berichtet von der Gegenwart, die hier die 90er Jahre wiederspiegeln und das Eheleben von Mathilde und Johannes beleuchten. Die Autorin versteht es gut, dem Leser die vergangenen Zeiten nahe zu bringen, ob es nun das Leben auf dem Dorf ist oder die alten Sichtweisen der Menschen damals.
Die Charaktere sind sehr differenziert ausgearbeitet und individuell in Szene gesetzt worden. Sie haben alle ihre Eigenheiten und wirken gerade deshalb sehr lebensecht und authentisch. Man kann sich in sie hineinversetzen und ihre Gedanken und Gefühle gut nachvollziehen. Mathilde ist eine eher zurückhaltende und schüchterne Frau, denn sie findet sich nicht sehr attraktiv. Sie hat ein besonders gutes Verhältnis zu ihrer Oma und verbringt gern die Wochenenden bei ihr. Sie ist hilfsbereit und harmoniesüchtig, dabei vergisst sie oftmals ihre eigenen Bedürfnisse, was ihr regelmäßig Bauchschmerzen bereitet, doch sie begehrt nicht auf. Fred ist ein ruhiger Mann, der einen Schlag bei den Frauen hat, doch eigentlich nur Mathilde wirklich liebt. Johannes ist ein übereifriger und besserwisserischer Mann, der immer sehr laut wirkt und allen seine Meinung aufdrängt. Er wirkt völlig weltfremd, wenn es um Mathilde oder Gefühlsdinge geht. Alles hat nach seinen Wünschen zu funktionieren. Außerdem fehlt Johannes oft die nötige Empathie und das gewisse Einfühlungsvermögen. Er benimmt sich ständig wie ein Elefant im Porzellanladen. Auch die anderen Protagonisten passen gut in das Setting und bereichern die Handlung durch ihr Erscheinen.
„Geh aus, mein Herz“ ist ein wirklich passender Titel für diesen tiefgründigen Roman über das Thema Liebe und bezieht sich nicht nur auf die Liebesgeschichte zwischen Fred und Mathilde, sondern auch auf die Liebe zur Familie. Alle, die gern etwas kompliziertere Liebesromane lesen, sind hier gut aufgehoben. Auf jeden Fall eine Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 05.11.2017

Märchenmorde

Grimms Morde
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1821 Kassel. Als Freiin von Bachros, die ehemalige Mätresse des Landesfürsten, grausam ermordet aufgefunden und bei der Leiche ein Zitat aus der Märchensammlung der Gebrüder Grimm gefunden wird, geraten ...

1821 Kassel. Als Freiin von Bachros, die ehemalige Mätresse des Landesfürsten, grausam ermordet aufgefunden und bei der Leiche ein Zitat aus der Märchensammlung der Gebrüder Grimm gefunden wird, geraten Jakob und Wilhelm Grimm ins Visier der Polizeit. Doch das Märchen stammt eigentlich von Annette von Droste-Hülshoff, die sofort mit ihrer Schwester Jenny nach Kassel reist, als sie von dem Mord und den Umständen erfährt und mit den Gebrüdern Grimm, die sie seit langen Jahren kennt, auf eigene Faust versucht, den Mörder zu finden und den Grimmschen Ruf wieder herzustellen. Aber während sie noch um den ersten Mord rätseln und nach Verdächtigen suchen, gibt es einen weiteren Toten, der ebenfalls ein Zitat bei sich hat und auf die Grimm-Brüder hinweist. Ein Wettlauf mit der Zeit beginnt…
Tanja Kinkel hat mit ihrem Buch „Grimms Morde“ einen sehr spannenden und unterhaltsamen historischen Roman vorgelegt, der sich nicht nur mit der Aufklärung von drei Todesfällen beschäftigt, sondern auch die Beziehung zwischen den Geschwisterpaaren Jakob und Wilhelm Grimm auf der einen Seite und Annette von Droste-Hülshoff nebst Schwester Jenny auf der anderen beleuchtet. Die Autorin hat ihren Erzählstil ganz der damaligen Zeit angepasst, so dass die Geschichte noch authentischer wirkt, und der Leser völlig in die Vergangenheit eintauchen kann, um die beiden Geschwisterpaare bei ihrem Handeln und Tun zu beobachten. Die Dialoge besonders zwischen Jakob und Annette sprühen vor Wortwitz und Intelligenz und machen das Lesen zu einem besonderen Vergnügen. Der historische Hintergrund wurde akribisch recherchiert und mit der Handlung verwebt. Der Leser erfährt nicht nur viel über die gesellschaftliche Stellung der Frau zur damaligen Zeit, sondern auch einiges über die politische Lage, intrigante Machenschaften, harte moralische Ansprüche sowie Standesdünkel. In einem aussagekräftigen Nachwort stellt die Autorin zudem heraus, was in ihrer Geschichte der Wahrheit entspricht und was der Phantasie. Sie hat beides sehr gut miteinander verflochten, so dass der Eindruck einer durchaus wahren Geschichte entsteht und die Protagonisten dem Leser als ganz reale Personen zum Anfassen erscheinen.
Die Charaktere wurden sehr detailliert und individuell herausgearbeitet, sie wirken authentisch und sehr lebendig, es ist fast so, als hätte Tanja Kinkel sie mit ihren Worten wieder zum Leben erweckt. Annette ist eine intelligente Frau, die recht selbstbewusst und nahezu respekteinflößend wirkt. Sie kaschiert damit eigene Unsicherheiten, die sie aufgrund einer unglücklich verlaufenden Liaison hegt. Doch das tut ihrer Cleverness keinen Abbruch. Sie hat ein schnelles und scharfes Mundwerk, doch trifft sie immer genau auf den Punkt. Annette ist mutig und sagt, was sie denkt, deshalb bekommt sie auch immer wieder abwertende Kommentare zu hören. Annettes Schwester Jenny steht ein wenig in ihrem Schatten. Sie ist von eher zurückhaltender Natur und heimlich in Wilhelm Grimm verliebt. Doch diese Liebe hat keinerlei Zukunft. Jakob Grimm ist ein etwas arrogant wirkender Mann, der recht selbstsicher und von sich eingenommen ist. Doch auch er ist ein intelligenter Mann, der die Spurensuche sehr ernst nimmt, vor allem, da er sich reinwaschen will. Auch die anderen Protagonisten bringen durch ihr Erscheinen der Handlung zusätzliche Spannung und gleichzeitig tragen sie auch zu einigen Verwicklungen bei.
„Grimms Morde“ ist ein sehr gelungener, spannender historischer Roman, der sowohl einige Kriminalfälle als auch das gesellschaftliche Miteinander beleuchtet und zudem eine skandalöse Liebesgeschichte offenbart. Doch noch interessanter ist die Darstellung der beiden Geschwisterpaare, die zwar jeder auf die eine oder andere Weise „kennt“, hier jedoch sehr gut kennenlernt. Eine Leseempfehlung für einen außergewöhnlichen Roman!