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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.02.2025

Hüter des Kelches

Campion. Tödliches Erbe
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Albert Campion ist wohl das, was man am besten als Universaldilettant bezeichnet. Wohlhabend genug, um nicht arbeiten zu müssen, setzt er sein außergewöhnliches Gehirn ein, um außergewöhnliche Fälle zu ...

Albert Campion ist wohl das, was man am besten als Universaldilettant bezeichnet. Wohlhabend genug, um nicht arbeiten zu müssen, setzt er sein außergewöhnliches Gehirn ein, um außergewöhnliche Fälle zu lösen. Manchmal sogar, bevor ein Verbrechen geschieht, wie es im Falle der Familie Gyrth scheint. Seit vielen hundert Jahren ist diese Familie Hüter eines besonderen Kelches und auf den hat es eine ungewöhnliche Verbrecherbande abgesehen. Campion tut sich mit dem Sohn und der Tochter des Hauses zusammen, um dieses Verbrechen zu verhindern. Dabei helfen ihm nicht nur seine grauen Zellen, sondern auch Verbündete in allen Teilen des Landes und aus allen Schichten.

Das ist kein Krimi, wie man ihn heutzutage noch zu lesen bekommt, dennoch fand ich ihn sehr unterhaltsam und kurzweilig. Erstaunlich modern sind hier alle, obwohl das Buch in den 30igern des 20. Jahrhunderts geschrieben wurde. (Für Leute, die damit kognitive Probleme haben: Das ist etwa 90 Jahre her.) Gut gefallen hat mir, dass Frauen hier keine Nebenrolle spielten und nicht nur ihren eigenen Kopf hatten, sondern auch ihr eigenes Ding machten. Eher ungewöhnlich sind die Ermittlungsmethoden unseres Helden, aber andererseits ist so ein Netzwerk aus Leuten das, was wir heute übers Internet regeln und ich fand es einfach nur mega. Ein bisschen zu schnell ging mir die Auflösung, aber alles in allem ist das eine Wiederentdeckung, bei der ich gegen weitere Fälle überhaupt nichts einzuwenden hätte.

Veröffentlicht am 08.02.2025

Kulinarisches Nordafrika

Tunesisch vegan
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Malek M'hiri hat nicht nur tunesische, sondern auch arabische und jüdische Wurzeln. Und Malek kocht gern - seit einigen Jahren auch vegan. Was liegt da näher, als ein Kochbuch zu schreiben, in dem die ...

Malek M'hiri hat nicht nur tunesische, sondern auch arabische und jüdische Wurzeln. Und Malek kocht gern - seit einigen Jahren auch vegan. Was liegt da näher, als ein Kochbuch zu schreiben, in dem die Erfahrungen und Traditionen der Familie einfließen? Malek nimmt uns mit auf eine kulinarische Reise.

Ich habe hier einiges gelernt und es gab Speisen, die zwar interessant waren, aber die ich nicht unbedingt noch mal probieren muss - ich schaue zu dir, Weizenpudding! Was mich aber wirklich umgehauen hat, waren zum Beispiel die Kichererbsenplätzchen. Wer hätte gedacht, dass die so unschuldig langweilig wirkenden Kichererbsen so gut schmecken können? Was mir auch sehr gut gefällt, ist die Kombination von Gewürzen, die zumindest ich selten verwende, jetzt aber wohl auch öfter hernehmen werde. Kreuzkümmel zum Beispiel riecht megagut, wenn er angebraten ist und gibt dem Essen eine richtig orientalische Note.

Ich mochte auch, dass es Malek einfach fiel, Fleisch und Tierisches zu ersetzen, ohne auf Ersatzprodukte und allgegenwärtiges Tofu zurückzugreifen. Wobei ich nichts gegen Tofu habe, aber das steht auf einem anderen Blatt. Ab und zu hätte ich mir zu einzelnen Rezepten Bilder gewünscht, denn diese exotischen Speisen sind ja nun nicht allgemein bekannt. Stattdessen gab es dann manchmal einen vollen Einkaufskorb voller Gemüse oder ein stilisiertes Bild. Auch hätte ich gern etwas mehr Abwechslung gehabt anstatt mehrere Abwandlungen desselben Gerichts, denn das wird man irgendwann selbst machen, schon allein, weil man vielleicht nicht immer alle Zutaten zuhause hat.

Dennoch hat mir dieser Abstecher in die vegane Küche Tunesiens gefallen und es gibt noch das ein oder andere Rezept, das ich ausprobieren muss.

Veröffentlicht am 03.02.2025

Die Mitternachtshändlerin

Der Sternenstaubdieb
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Vor Jahren wurde der Stamm von Layla von Dschinn-Jägern ausgelöscht und sie überlebte nur, weil der Dschinn Quadir ihr das Leben rettete. Jetzt nennt sie sich Loulie al-Nazari und ist als Mitternachtsjägerin ...

Vor Jahren wurde der Stamm von Layla von Dschinn-Jägern ausgelöscht und sie überlebte nur, weil der Dschinn Quadir ihr das Leben rettete. Jetzt nennt sie sich Loulie al-Nazari und ist als Mitternachtsjägerin bekannt, die verbotene Artefakte verkauft. Dann lässt sie der Sultan verhaften und er lässt ihr nur die Wahl, für ihn ein verschollenes Artefakt zu finden oder zu sterben. Zusammen mit Quadir, von dem außer ihr niemand weiß, dass er ein Dschinn ist, der Dschinn-Jägerin Aisha und dem unerfahrenen Prinz Mazen macht sie sich auf eine gefährliche Reise, bei der jeder seine verborgene Agenda hat.

Das Buch liest sich ein bisschen wie eine Geschichte aus 1001 Nacht, und es kommen auch bekannte Elemente vor wie der Sultan, der seine Ehefrauen hinrichten lässt, bis die eine erscheint, die ihn durch ihre Geschichten fasziniert, den vierzig Räubern und magischen Lampen. Auch die Dschinns und Ghule, die regelmäßig auftauchen, sowie das Setting führen tief in eine abenteuerliche Märchenwelt. Dabei ist das Mindset der Charaktere durchaus modern und ich sollte die Ewiggestrigen warnen: Hier wird gegendert, das wird euer eigenes kleingeistiges Mindset wohl nicht verkraften. Dass es nicht die vollen fünf Punkte wurden, lag zum Teil an Loulie selbst, die mir manchmal zu zickig wurde und der Tatsache, dass durch die Dschinn-Magie doch sehr viel geregelt wurde und mir das manchmal etwas zu viel wurde. Alles in allem haben wir hier bis auf ein paar gemächliche Passagen eine abenteuerliche Geschichte vorliegen, die orientalische Märchenvibes versprühte und zum Glück mit kitschiger Liebesgeschichte nichts am Hut hatte.

Veröffentlicht am 27.01.2025

Ödlandweh

Handbuch für den vorsichtigen Reisenden durch das Ödland
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Die einzige Chance, das Ödland lebend zu durchqueren, ist der gepanzerte, riesige Zug der Company. Das Ödland ist Sibirien, ist ein paar Tagesreisen hinter Moskau alles bis China. Seltsame Pflanzen und ...

Die einzige Chance, das Ödland lebend zu durchqueren, ist der gepanzerte, riesige Zug der Company. Das Ödland ist Sibirien, ist ein paar Tagesreisen hinter Moskau alles bis China. Seltsame Pflanzen und Tiere existieren dort, es gibt verstörende Farben und Formen und wer zu lange aus dem Fenster sieht, erlebt von Halluzinationen bis Ödlandweh alles. Nach einem Vorfall ist der Zug ein halbes Jahr ausgefallen, doch jetzt setzt er sich wieder in Bewegung und alle sind in ihm für fast drei Wochen gefangen: Das Mädchen, das im Zug geboren wurde. Das Mädchen, das unter einem falschen Namen reist. Das Mädchen, das keines ist. Der Naturforscher, die Angestellten, die Passagiere, die zwei Companyvertreter, genannt "die Krähen". Sie alle haben ihre eigene Agenda, Wünsche, Träume - doch am Ende der Reise wird nichts mehr sein wie zuvor.

Gleich vorneweg: Es handelt sich hier um eine Mischung aus Ökofantasy, Dystopie und Reisebericht im Stil des 19. Jahrhunderts, inklusive Metaebene der Ausbeutung der Natur und der schlussendlichen Erkenntnis, die wir auch schon aus Jurassic Park kennen: Das Leben findet immer einen Weg. Ich fand den Einstieg (ins Buch, nicht in den Zug) etwas langatmig, aber als sich dann sowohl Zug als auch Handlung in Bewegung setzten, konnte mich die Geschichte gut mitnehmen. Schlussendlich handelt es sich hier um eine Art Märchen, vielleicht sogar ein typisch russisches Märchen, etwas schwermütig, etwas öldandwehmütig, aber doch auch mit einer Art Happy End. Mal etwas anderes.

Veröffentlicht am 13.01.2025

Trick 17

Wackelkontakt
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Franz Escher ist introvertiert und puzzelt gern. Dennoch muss endlich mal seine Steckdose repariert werden, die seit Ewigkeiten kaputt geht, deshalb wartet er jetzt auf den Elektriker. Der jedoch lässt ...

Franz Escher ist introvertiert und puzzelt gern. Dennoch muss endlich mal seine Steckdose repariert werden, die seit Ewigkeiten kaputt geht, deshalb wartet er jetzt auf den Elektriker. Der jedoch lässt auf sich warten und um sich die Zeit zu vertreiben, puzzelt Escher ausnahmsweise nicht, sondern liest ein Buch. In dem Buch geht es um Elio, der als Kronzeuge gegen die Mafia ausgesagt hat und jetzt ins Zeugenschutzprogramm kommt. Auf dem Weg in sein neues Leben liest er ein Buch über Franz Escher, der ein Buch liest und auf den Elektriker wartet ... Gastauftritte: eine Frau, die keine Fragen stellt, eine Frau, die zu viele Fragen stellt, die Mafia und diverse Puzzles.

Mich haben die ersten Seiten gleich reingezogen, obwohl es gar nicht mein Genre ist. Wir haben hier einen originellen Plot innerhalb eines Plots, und auch wenn das Ganze natürlich nicht sehr logisch ist, so ist es doch angenehm geschrieben. Obwohl es keine Kapitel und Absätze gibt (okay, doch, genau zwei: On/Off) und die Geschehnisse der beiden Stränge fließend ineinander übergehen, ist es kein Problem, dran zu bleiben und der Geschichte zu folgen. Ist natürlich auch keine Raketentechnik, aber so in der Art habe ich eine Story zum ersten Mal gelesen. Je mehr sich die Stränge einander näherten, desto mehr verlor sich auch die Originalität, fand ich. Die ganze Mafia/Millionen-Sache samt Entführung und Gino-der-Pate hätte ich nicht mehr gebraucht. Und ich mag es auch nicht, wenn Sätze in Dialogen gelacht werden und das kommt hier überraschend oft vor. Trotzdem haben wir hier eine unterhaltsame und kurzweilig Geschichte vorliegen, die Spaß macht zu lesen.