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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 20.03.2025

Spuren der ´Vergangenheit

Vor hundert Sommern
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„...Anja lenkte den Wagen durch die Mommsenstraße. Ihr Blick glitt über die kahlen Äste der Bäume, die wie filigrane Skulpturen gegen den grauen Himmel standen. Die kühle Eleganz der Nachbarschaft, gepaart ...

„...Anja lenkte den Wagen durch die Mommsenstraße. Ihr Blick glitt über die kahlen Äste der Bäume, die wie filigrane Skulpturen gegen den grauen Himmel standen. Die kühle Eleganz der Nachbarschaft, gepaart mit der Stille eines ruhigen Vormittags, verlieh dem Ort eine fast unwirkliche Atmosphäre...“

Mit diesen Zeilen beginnt ein Roman, der die Geschichte dreier Generationen erzählt. Der Schriftstil ist fein ausgearbeitet. Das widerspiegelt sich sowohl in den detaillierten Beschreibungen der Örtlichkeiten, als auch in der Verwendung passender Metapher.
In der Gegenwart begegne ich als Leser der 94jährigen Elisabeth, ihrer Tochter Anja und den beiden Enkeltöchtern Lena und Anabel. Der Strang der Vergangenheit erhält das Leben von Elisabeths Tante Clara. Ihre Geschichte beginnt mit Jahre 1924.
Elisabeth ist seit wenigen Tagen in einem Seniorenheim. Beim Ausräumen ihrer Wohnung stoßen Anja und die 19jährige Lena auf Dinge aus alter Zeit, die sie sich nicht erklären können. Bisher hat Elisabeth nur wenig über Kindheit und Jugend erzählt. Wie einschneidend die kommenden Wochen sein werden, deutet das folgende Zitat an:

„...Das Schicksal nähert sich lautlos wie ein Schatten und führt seine Veränderungen dann doch mit der Präzision eines Chirurgen durch...“

Claras Leben wird von Elisabeth Stück für Stück aufgeblättert. Als Leser hätte ich mir an der Stelle eine schnelleres Vorgehen erhofft, Immer wieder tritt die Gegenwart in den Vordergrund. Hier werden sehr viele Themen angesprochen, auf die ich aber im Rahmen der Rezension nicht eingehen möchte.
Die Parallelen zwischen Gegenwart und Vergangenheit sind zum Teil der politischen Situation geschuldet, wirken aber an anderer Stelle leicht aufgesetzt. Bei aktuellen politischen Themen überzeugt die Autorin durch die Vielschichtigkeit der Aussagen. Wertungen überlässt sie ihren Protagonisten.
Durch Clara lerne ich die Arbeitsbedingungen für junge Frauen im Jahre 1925 kennen. Die Rechtlosigkeit macht betroffen. Gleichzeitig ist es eine Zeit der Freiheit. Vieles wird ausprobiert. Das kulturelle Leben in Berlin ist vielfältig. Aleksei, eine russischer Emigrant, sieht das so:

„...Ich habe zwei Nationen in vielen Facetten kennengelernt. Der Glanz und das Elend liegen oft nah beieinander...“

Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Elisabeth hat die Geheimnisse der Vergangenheit gelüftet. Viele ihrer Generation aber haben geschwiegen.

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Veröffentlicht am 16.03.2025

Berührende Geschichte

Willst du mein Stall sein?
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„...Wenn Jesus aber dich als Mensch fragt, willst du mein Stall sein, ist das etwas ganz anders. Es bedeutet, eine lebendiger Stall zu sein. Ein unmögliches Unterfangen für den Menschen, außer der Herr ...

„...Wenn Jesus aber dich als Mensch fragt, willst du mein Stall sein, ist das etwas ganz anders. Es bedeutet, eine lebendiger Stall zu sein. Ein unmögliches Unterfangen für den Menschen, außer der Herr baut es selbst. Eine Herberge für das Licht, für die Liebe Gottes, für sein Geschenk an uns Menschen – Jesus Christus...“

Diese Gedanken durchziehen wie ein roter Faden die kurze Geschichte. Die Autorin hat darin ihr Leben erzählt, aber nicht nur das. Sie gibt Denkanstöße für ein Leben im Glauben. Außerdem sind in kursiver Schrift Auszüge ihres ersten Buches enthalten. Man muss es nicht kennen, um der Handlung folgen zu können. Ich habe es allerdings vor einigen Jahren gelesen und kann es sehr empfehlen.
Der Schriftstil lässt sich flott lesen. Während bei der Lebensbeschreibung oftmals Emotionen mitspielen, ist er für die anderen Teile sachlich gehalten.
Das Buch beginnt mit Stimmen zur Geschichte. Dem folgt eine Einleitung, die auf den Impuls für die Entstehung hinweist und einige wenige Zeilen zu ihrem ersten Buch.
Die Autorin wurde mit drei Jahren zusammen mit ihren Geschwistern von Kroatien zu den Großeltern nach Bosnien gebracht. Die Eltern gingen zum Arbeiten ins Ausland.

„...Erst als das Auto langsam anrollte, realisierte ich, dass sie wegfuhren und uns Kinder zurückließen….“

Sie lebt ab jetzt in einer Welt voller Aberglaube und okkulten Praktiken. Sie fühlt sich allein gelassen. Mit drei Jahren hört sie das erste Mal eine Stimme, die sie tröstet. Sie spricht mit niemanden darüber.
Nach diesem Bericht folgt ein Abschnitt, wo es um den Stall geht. Er beginnt mit einer Überschrift und einem Bibelzitate, unter dessen Licht sie ihre Erlebnisse betrachtet. Dabei bezieht sie weiter Aussagen aus der Bibel mit ein.
Danach folgen Fragen an mich als Leser zur Reflexion. Dieser grundsätzliche Aufbau wird auch in den nächsten Kapiteln beibehalten.
Mit sechs Jahren kommt sie zur anderen Großmutter. Dort lernt sie beten.

„...Ich durfte einfach sein und niemand quälte mich. Pila behandelte uns beide sehr liebevoll und bevorzuge keinen von uns...“

Mit neun Jahren holen sie die Eltern in die Schweiz. Die Erzählung endet in der Gegenwart.
Das Buch zeichnet eine Entwicklung auf. Es ist die Glaubensentwicklung der Autorin. Sie verläuft nicht geradlinig, führt aber immer wieder zurück zu den Wurzeln des Glaubens. Dabei versucht sie, mich als Leser mitzunehmen und dazu anzuregen, über den eigenen Glauben nachzudenken.
Die Illustrationen im Buch gefallen mir sehr gut.
Am Ende ändert die Autorin die Frage Jesu. Das beweist, wohin die Entwicklung ging.

„...Willst du ein Ausdruck meiner Liebe sein?...“

Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es hat mich berührt und zum Nachdenken gebracht
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Veröffentlicht am 09.03.2025

Humorvolles Kinderbuch

Hase, Hund, Birnen – UND?
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„...Der Hoppelhase Schnifis

und Ludovic, der Spitz,

flitzen um den Birnbaum -

flinker als der Blitz...“


Das Kinderbuch enthält mehrere solche humorvolle Verse. Die Reime wirken manchmal etwas bemüht. ...

„...Der Hoppelhase Schnifis

und Ludovic, der Spitz,

flitzen um den Birnbaum -

flinker als der Blitz...“


Das Kinderbuch enthält mehrere solche humorvolle Verse. Die Reime wirken manchmal etwas bemüht. Trotzdem ist die Geschichte kindgerecht und gut verständlich.

Hase und Hund veranstalten eine Wettrennen. Jeder behauptet, dass er gewonnen hat. Klar, sie rennen ja im Kreis. Das Ganze endet auf überraschende Weise.

Das Besondere an der Schrift ist, dass die Worte Hase, Hund und Birne stets rot geschrieben werden.

Die Geschichte ist schön illustriert. Die Bilderwirken sehr modern. Vor allem die Gesichter der Tiere haben mich immer wieder zum Schmunzeln gebracht.

Das Buch hat mir sehr gut gefallen.

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Veröffentlicht am 03.03.2025

Der Preis des Fortschritts

Der große Riss
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„...Er stieß ein Lachen aus. Es war eine lächerliche Idee, unmöglich zu glauben. Jeder Seemann und Entdecker, der je an diesem Ufer gelandet war, hatte davon geträumt, dass irgendwann Schiffe durch Panama ...

„...Er stieß ein Lachen aus. Es war eine lächerliche Idee, unmöglich zu glauben. Jeder Seemann und Entdecker, der je an diesem Ufer gelandet war, hatte davon geträumt, dass irgendwann Schiffe durch Panama hindurchreisen würden...“

Francisco ist Fischer. Er glaubt nicht an den Kanal. Er hat schon das Scheitern der Franzosen gesehen.
Die Autorin hat einen bewegenden historischen Roman geschrieben. Der Schriftstil ist fein ausgearbeitet. Im Mittelpunkt stehen Menschen, deren Leben mehr oder weniger durch den Kanalbau geprägt wurde. Die eigentlichen Arbeiten am Kanal spielen nur marginal eine Rolle.
Da ist die 16jährige Ada, die Barbados verlässt, um am Kanal eine Arbeit zu finden. Sie möchte damit die Operation ihrer Schwester finanzieren. Schon bei der Ankunft wird klar, dass es mindestens eine Zwei-Klassen-Gesellschaft gibt.

„...Der Mann in Arbeitskleidung lachte erneut. „Die sind Gold.“ Er zeigt zu den Lagern: „Wir sind Silber.“...“

Gold sind die Nordamerikaner. Sie haben das Geld und das Sagen. Die anderen haben zu arbeiten, notfalls bis zur tödlichen Erschöpfung. Das wird nicht nur billigend in Kauf genommen, sondern provoziert. Einem jungen Mann wird der Lohn verweigert, wenn er nicht eine zusätzliche Leistung erbringt. Am Ende des Tages braucht er den Lohn nicht mehr, sondern ein Grab.
Ada bekommt eine Stelle bei Mr. Oswald, um dessen kranke Frau zu pflegen. Mr. Oswald hat sich das Ziel gesetzt, die Malaria in Panama auszurotten.
Der 17jährige Omar ist einer der wenigen Arbeiter am Kanal aus Panama. Sein Vater Francisco, der Fischer, hat deshalb nicht mehr mit ihm gesprochen. Er hat eine besondere Sicht auf die Dinge.

„...Panama war im Begriff, von Nordamerika geschluckt zu werden. Francisco weigerte sich, ebenfalls geschluckt zu werden. Er weigerte sich, ins Feindesland, zur Armee der Invasoren vorzudringen...“

Valentina kehrt in ihr Heimatdorf zurück, als sie erfährt, dass ihre Schwester umgesiedelt werden soll. Das Dorf soll einem Damm Platz machen. Die Einwohner wehren sich dagegen, haben aber keine Chance.
Das Buch gibt einen Einblick in die Geschichte Panamas. Dabei wird deutlich, dass die Bewohner meist die Spielfiguren für fremde Mächte waren.

„...Unabhängig zu sein und souverän zu sein waren zwei verschiedene Dinge. Durch die Loslösung von Kolumbien hatte Panama eine vermeintliche Kehrtwende vollzogen, und sich stattdessen an due Vereinigten Staaten gebunden...“

Nordamerika verspricht Fortschritt, bringt aber unmenschliche Arbeitsbedingungen und Ausbeutung. Die einheimische Kultur hat keinen Platz mehr in der neuen Scheinwelt.
Eine Karte der Panamakanalzone und ein Steckbrief zur Suche von Arbeitskräften ergänzen das Buch.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es belegt, wer die Opfer des neuen Kanals waren.

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Veröffentlicht am 01.03.2025

blick in vergangene Zeiten

Großmütter erinnern sich
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„...Die Kindertage dieser Frauen verliefen so ganz anders als die der heutigen Jugend. Bei den meisten von ihnen war die Zeit geprägt durch bittere Armut, durch den Zweiten Weltkrieg und die Hungerjahre ...

„...Die Kindertage dieser Frauen verliefen so ganz anders als die der heutigen Jugend. Bei den meisten von ihnen war die Zeit geprägt durch bittere Armut, durch den Zweiten Weltkrieg und die Hungerjahre danach...“

Diese Zeilen stammen aus dem Vorwort des Buches. Als Leser weiß ich damit, was mich erwartet,. Es sind die Erinnerungen von 11 Frauen, die zwischen 1915 und 1950 geboren wurden. Die Herkunftsorte erstrecken sich zwischen Luxemburg und Ostpreußen. Die meisten der Frauen stammen vom Bauernhof, einzelne aus einer Stadt wie zum Beispiel Wien oder aus einem Künstlerhaushalt.
Der Schriftstil ist leicht lesbar. Er hat erzählenden Charakter. Die Geschichten berichten von der Kindheit der Frauen und enden zumeist mit der Hochzeit.

„...Meine Mutter unterhielt unterdessen eine kleine Landwirtschaft, die sie von den Eltern übernommen hatte. Wir besaßen eine Kuh, zwei Schweine und ein Dutzend Hühner...“

So erzählt Marguit aus Luxemburg. Ihr Vater arbeitet in einer Busfabrik. Sie beschreibt die kurze Zeit des Krieges, die sie als Kind erlebt hat, ihre Ausbildung und das Leben als Jugendliche.
Olga aus Stettin stammte aus einem gutbürgerlichen Haushalt.

„...Mutter hatte selbstverständlich immer ein Dienstmädchen gehabt. Wenn eines aus den Diensten ausschied, gab Mutter gleich eine entsprechende Annonce auf...“

Schwierig wurde es im Krieg, da keine deutschen Mädchen mehr zur Verfügung standen. Olga selbst träumt davon, Gutsherrin zu werden. Als sie Kind war, wurde von ihren Großeltern ein Gut bewirtschaftet. Doch der Krieg stellt die Weichen völlig anders. Ihnen gelingt die Flucht, aber das Gut der Großeltern in Ostpreußen ist für immer verloren Mit diesen zwei konkreten Beispielen möchte ich es bewenden lassen. Auch andere Geschichten zeigen, wie tief die Politik ins Familienleben eingriff. So muss sich Aloisas Mutter in Südtirol entscheiden, ob sie in Italien bleiben oder nach Deutschland gehen will.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es zeigt, wie sich das Leben in den letzten hundert Jahren verändert hat. Die Geschichten spielen in einer Zeit, wo man das Wasser vom Brunnen geholt hat und die Toilette auf dem Hof war. Elektrisches Licht kannten nicht alle. Das Leben war hart und doch strahlen die meisten Erzählungen eine tiefe Lebensfreude aus.

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