Ein spannender Roman, der zwischen Krimi, Schauerliteratur und Buchliebhaberei changiert
Inhalt: Leipzig 1933. Nachdem der Polizeikommissar Cornelius Frey auf Druck der Nationalsozialisten von seinem Dienst suspendiert worden ist, arbeitet er als Nachtwächter im Graphischen Viertel. Auf seinem ...
Inhalt: Leipzig 1933. Nachdem der Polizeikommissar Cornelius Frey auf Druck der Nationalsozialisten von seinem Dienst suspendiert worden ist, arbeitet er als Nachtwächter im Graphischen Viertel. Auf seinem Weg zur Arbeit entdeckt er eine junge Frau, die sich das Leben nehmen möchte, doch es gelingt ihm, sie von dem Gegenteil zu überzeugen. Beim Abschied flüstert sie ihm die rätselhaften Worte “Sie weinen alle im Keller ohne Treppen” zu. Kurze Zeit später stößt er auf die Leiche der jungen Frau, die mit einem Kopfschuss ermordet wurde. Neben ihr liegt - ebenfalls tot - ein ehemaliger Kollege von Cornelius. Um den Fall zu klären, kehrt Cornelius widerwillig in seinen alten Beruf zurück - und entdeckt Unglaubliches…
1914. Paula, Lektorin bei einem Leipziger Verlag, befindet sich gemeinsam mit ihrem Verlobten Jonathan auf dem Weg ins Baltikum, um dort das neuste Manuskript des erfolgreichen Schriftstellers Aschenbrand, das bereits vor Monaten eingereicht worden sein sollte, einzusehen. Dort angekommen erwarten sie ein nahezu verlassenes Herrenhaus, wirre Träume und ein merkwürdiger Schriftsteller…
Persönliche Meinung: “Das Haus der Bücher und Schatten” ist ein Roman von Kai Meyer. Es handelt sich um den dritten Band der “Die Geheimnisse des Graphischen Viertels”-Reihe. Die Handlung der einzelnen Romane ist in sich abgeschlossen, sodass man die Bände der Reihe unabhängig voneinander lesen kann. Die Reihe ist aber sehr gelungen, weshalb ich sie jedem ans Herz legen möchte; außerdem finden sich immer mal wieder schöne, kleine Easter Eggs, die auch auf die anderen Romane verweisen. “Das Haus der Bücher und Schatten” lässt sich schwerlich einem Genre zuordnen. Während der 1933 spielende Handlungsstrang eher einem Kriminalroman ähnelt - Cornelius deckt nach und nach ein Netz aus Intrigen auf, wobei es mehrere unerwartbare Wendungen gibt -, erinnert der im Baltikum spielende Handlungsstrang an einen Schauerroman. Hier entführt Kai Meyer - gekonnt atmosphärisch erzählend - in einen andersweltlichen Raum: Das Herrenhaus ist abgelegen, die Bewohner undurchsichtig und die Zahl der schlummernden Geheimnisse groß, wodurch eine hohe Spannungskurve entsteht (diese wird durch die Ich-Erzählerin Paula auf die Spitze getrieben, da sie Züge einer unzuverlässigen Erzählinstanz besitzt). Beide Handlungsstränge eint ihr Hang zum Phantastischen, denn mehrfach finden sich Dinge, die nicht “einfach so” zu erklären sind. Schön gemacht ist auch, wie sich die beiden Handlungsstränge mehr und mehr bis zum großen Finale vermengen - hierzu möchte ich zwecks Spoilergefahr aber nichts weiter ausführen. Auch der historische Hintergrund kommt in dem Roman nicht zu kurz: Das Erstarken des Nationalsozialismus spielt ebenso eine wichtige Rolle wie der sich intensivierende Antisemitismus und völkerrechtliche Fragen im Baltikum. Wie von Kai Meyer gewohnt, ist auch “Das Haus der Bücher und Schatten” sehr dicht, bildgewaltig und anschaulich geschrieben - ein Fabulieren im besten aller Sinne. Insgesamt ist “Das Haus der Bücher und Schatten” ein spannender Roman, der zwischen Krimi, Schauerliteratur und Buchliebhaberei changiert.