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Veröffentlicht am 29.05.2025

Die Abgründe der Liebe

Wut und Liebe
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Ein junger Künstler, talentiert aber erfolglos. Seine schöne Geliebte, ehrgeizig und nach Höherem strebend. In dieser Ausgangslage entrollt sich die neue Geschichte von Martin Suter, eine Konstellation, ...

Ein junger Künstler, talentiert aber erfolglos. Seine schöne Geliebte, ehrgeizig und nach Höherem strebend. In dieser Ausgangslage entrollt sich die neue Geschichte von Martin Suter, eine Konstellation, die schon aufgrund der Zeichnung ihrer Figuren Reibung, Entwicklung und Konflikte verspricht. Und dieses Versprechen einlöst.
Denn Noah ist verzweifelt. Camilla liebt zwar ihn aber nicht das gemeinsame Leben. Sein finanzieller Misserfolg überschattet ihr Glück. Als Camilla ihn schließlich verlässt, ist Noah am Boden zerstört und in seiner Orientierungs- und Haltlosigkeit zu allem bereit, um seine große Liebe zurückzugewinnen. Die Begegnung mit Betty, einer schwerkranken und durchaus vermögenden Witwe, bietet Chance und Wendepunkt in seinem Leben. Doch lassen sich moralische Grundsätze und Werte auch in Zeiten der eigenen Not und Verzweiflung willentlich abstreifen? Und welchen Preis ist Noah bereit zu zahlen?
Was dann folgt, ist ein Suchen und Ringen und eine Irrfahrt der Gefühle. Und letztendlich auch ein Spiel verschiedenster Interessen, in welchem Noah und Camilla zu Schachfiguren und Instrumenten von Rache und Vergeltung werden. Die Wendungen und Enthüllungen sind dementsprechend zahlreich und überraschend. Und der Plot konstruiert mit Scharfsinn und mit viel Humor für die menschlichen Leidenschaften und Abgründe.
„Wut und Liebe“ habe ich für mich gegen „Bewunderung und Anerkennung“ für einen Autor eingetauscht, der mit Intelligenz und Leidenschaft erzählt, Figuren zum Leben erweckt und Geschichten mit Tiefe und von hohem Unterhaltungswert entwickelt. Nichts ist, wie es scheint – für Noah und Camilla. Neu und verlässlich – so erfüllt dagegen Suter unsere Erwartungen.

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Veröffentlicht am 16.05.2025

Vier Frauen, vier Leben, ein großer Roman

Dream Count
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Was ist es, was Gemeinsamkeit im Leben schafft? Was trennt, verbindet und begleitet über Jahre und Jahrzehnte hinweg? Und was Kontinente nur einen Herzschlag entfernt erscheinen lässt? Der uns nah sein ...

Was ist es, was Gemeinsamkeit im Leben schafft? Was trennt, verbindet und begleitet über Jahre und Jahrzehnte hinweg? Und was Kontinente nur einen Herzschlag entfernt erscheinen lässt? Der uns nah sein lässt. Wie mit seinem Lieblingsmenschen gleich von nebenan und Hand in Hand.
„Dream Count“ ist aufregend und so sehr faszinierend. Denn der Roman gibt uns Einblicke, ein Einfühlen und Verstehen in ein Beziehungsgeflecht von vier Frauen. Von vier sehr eigenen Persönlichkeiten. Vier Leben, die ineinander verwoben sind. Und dabei ist das Band, was sie verbindet, mal dick und beständig. Und dann wieder flüchtig und porös. Und reißt doch nie ab.
Vor allem übersteht es ein Streben, Ziehen und Zerren in ganz unterschiedliche Richtungen, immer den eigenen Hoffnungen und Träumen, den eigenen Sehnsüchten und dem Suchen hinterher. Und dass auf Kontinenten und in Ländern Männer das Ziel des eigenen Verlangens zu sein scheinen, mag nicht erstaunlich sein. Doch ist es ebenso die berufliche Erfüllung, die lockt. Oder die wissenschaftliche Bildung und Forschung im akademischen Kreise. Wir können uns gesehen fühlen, liebe Frauen!
Und doch ist es ein Schicksal, das besonders das Herz rührt. Das heraussticht und zugleich im Zentrum des gemeinsamen Geflechts steht. Und letztendlich im Lockdown der Pandemie alle zusammen in die Videokonferenzen , in ein gemeinsames Sprechen, Hoffen und Bangen bringt. Und schließlich den Glauben an Gerechtigkeit für einen Moment verlieren und ein Scheitern im Angesicht männlicher Machtpositionen eingestehen lässt. Im Nachwort allerdings zu erfahren, dass es sich bei aller Fiktion hierbei um ein reales Schicksal, tatsächlich erfahrenes Leid handelt, gibt der Geschichte eine zusätzliche Dimension. Eine Bedeutung, die sich in den Köpfen festsetzt.
Voller Aufregung und grenzenloser Vorfreude das neue Werk einer der ganz großen Autorinnen in den Händen zu halten, kann einen Roman unter Druck und Zugzwang setzen. So nicht „Dream Count“, der all meine Erwartungen lässig erfüllt. Und Nähe und Gemeinsamkeit über hunderte von Buchseiten entstehen lässt.

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Veröffentlicht am 19.04.2025

Eine Zeitreise, die ein Pageturner ist

Das Ministerium der Zeit
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Aus dem ewigen Eis direkt nach London, aus dem viktorianischen England ins Hier und Jetzt – hört sich unglaublich an? Vor allem klingt es nach ganz viel Spaß und einer richtig originellen Geschichte! Nach ...

Aus dem ewigen Eis direkt nach London, aus dem viktorianischen England ins Hier und Jetzt – hört sich unglaublich an? Vor allem klingt es nach ganz viel Spaß und einer richtig originellen Geschichte! Nach Stoff, der fasziniert und mitreißt und nach Fantasie und Fantasy vom Feinsten. Und das trifft so und noch viel mehr zu! Und hat mich „Das Ministerium der Zeit“ lieben und verschlingen lassen.
Für die junge Ministeriumsangestellte und Dolmetscherin ändert sich das Leben radikal als sie den Job als „Brücke“ annimmt. Sie ist damit persönliche Assistentin und Begleiterin eines Zeitreisenden. Der gerade noch auf der „Erebus“ in der Arktis festssaß und nun durch ein geheimnisvolles Portal zu uns gelangt ist. Und damit ist er nicht allein. Auch weitere Expats wurden vom Ministerium auserkoren, ihr Leben unter Bedingungen fortzusetzen, die nicht nur radikal anders sondern für sie auch radikal unverständlich und furchteinflößend sind. Ein Kulturschock, der für beide Seiten erheblich ist.
Doch damit nicht genug. Das Universum lässt sich selten in die Karten schauen oder durch selbsterschaffene Portale austricksen. Das Reisen durch die Zeit hat also Nebenwirkungen. Und Folgen. Und da wir spätestens seit Star Trek wissen, dass Zeit keine Einbahnstraße ist, kommt auch die Zukunft ins Spiel. Erst nur ganz in Andeutungen, schemenhaft, dann futuristisch im Auftreten und erschreckend in den Konsequenzen.
Und noch etwas anderes entsteht über die Jahrhunderte hinweg. Zart und überraschend. Erst kaum zu glauben, dann doch geschehen. Und macht die Geschichte neben all der Spannung, Action und einem großen Showdown zu einer, die ans Herzen geht. Ganz tief. Und damit gleich doppelt schön.
Damit ist der Roman für mich so viel: ein Feuerwerk an Fantasie und Kreativität, das fasziniert, fesselt und bitte nicht enden soll. Eine Zeitreisegeschichte, neu, anders und so besonders. Und vor allem ein neues Lieblingsbuch. Das ganz nebenbei auch optisch überraschend – schaut auf den Buchdeckel! – und ein absolutes Highlight ist.

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Veröffentlicht am 05.04.2025

Wenn Alkoholismus eine Traurigkeit ein

Das Schwarz an den Händen meines Vaters
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Intensiv in der Geschichte, klar und ausdrucksstark in der Sprache und von einer Deutlichkeit und Prägnanz in Aussage und Thematik, die mit Tiefgang und doch ganz ungezwungen den Weg zu den Leser*innen ...

Intensiv in der Geschichte, klar und ausdrucksstark in der Sprache und von einer Deutlichkeit und Prägnanz in Aussage und Thematik, die mit Tiefgang und doch ganz ungezwungen den Weg zu den Leser*innen findet – „Das Schwarz an den Händen meines Vaters“ hat mich beeindruckt. Sehr.
Doch der Reihe nach. Motte, die junge Ich-Erzählerin, ist mit der Erfahrung und dem Erleben aufgewachsen, dass Alkohol mehr ist als der Genuss und die gute Stimmung – auf der Feier zum Geburtstag, zu besonderen, ausgewählten Anlässen. Alkohol kann zerstören. Den Vater, dessen Wesen und Geist zunehmend verschwinden, seinen Körper, nachhaltig und tödlich. Und auch die Familie, die unter der Sucht leidet. Diese weitergibt. Über Generationen. An die Kinder selbst, in ihrer Partnerwahl.
Doch Alkoholismus ist eine Krankheit. Kein Vergehen. Kein Verbrechen. Und somit ist Schuld auch kein Motiv, welches Lena Schätte wählt oder Klischee, welches sie bedient. Denn trotz der dramatischen, desaströsen Auswirkungen des unkontrollierten Trinkens, immerfort, des Vaters, ist ihre Beschreibung der Figur frei von Verurteilung, geprägt von der Liebe der Kinder ihrem Vater gegenüber, dem Ringen der Mutter um das eigene Überleben und das ihrer Partnerschaft und Ehe.
Es ist vielmehr die Traurigkeit, die sich durch die Erzählung zieht, eine Traurigkeit darüber, dass die Dinge so sind, wie sie eben sind. Dass Kindheit und Jugend geprägt und möglicherweise zerstört wurden. Dass Traumatisierungen Alltag sind und das eigene Leben auffressen und begrenzen. Und dass sich nichts mehr ungeschehen machen lässt.
Und ebenso eindringlich wie die Geschichte selbst, kommt auch die Sprache daher. Sie ist schnörkellos und direkt, klar und schonungslos. Die Sätze sind kurz, pointiert, die Worte treffend. Oftmals das Herz. Und genau da bleibt die Erzählung für mich auch, lang über die letzte Seite hinaus. Schmerzt und hat zugleich so viel Schönes. Und ist so groß wie einzigartig.

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Veröffentlicht am 22.03.2025

Eine zarte Liebe – ausdrucksvoll und fesselnd erzählt

Für Polina
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Eine Liebesgeschichte der sanften, leisen Klänge, die sich in Deinen Kopf und tief in Dein Herz spielt. Und dort weiterklingt. So ist „Für Polina“. Und Polina für Hannes. Vom allerersten Tag an.
Und dies ...

Eine Liebesgeschichte der sanften, leisen Klänge, die sich in Deinen Kopf und tief in Dein Herz spielt. Und dort weiterklingt. So ist „Für Polina“. Und Polina für Hannes. Vom allerersten Tag an.
Und dies ist in dem Fall wörtlich zu verstehen. Denn die Begegnung der jungen Mütter Fritzi und Güneş im Krankenhaus prägt nicht nur das Leben der beiden Frauen, sondern verflechtet auch ihre Kinder und deren Lebenswege miteinander. Und lässt ein Band entstehen, das Zeit und Raum überdauert, das stärker ist als Wut, Verlust und Traurigkeit und die Suche nach dem eigenen Selbst und Sinn.
So wie Polina zu Hannes‘ Zentrum, zu seinem Grundton im Leben wird, so ist es auch die Musik, die für ihn klingt, immer da ist. Schon ganz früh, erst ausschließlich in seinem Kopf, später auf dem alten Klavier in der verfallenen Villa im Moor, welche Hannes mit seiner Mutter und dem Einzelgänger Heinrich bewohnt. Und in welcher er seine Kindheit und Jugend verbringt. Gemeinsam mit Polina. Zwischen den Blättern der Rhabarberpflanzen im Garten. Im Abendlicht auf der Steintreppe vor dem Haus. In der Sonnenwärme auf dem alten, staubigen Teppich im lichtdurchfluteten Raum.
Als zu Nähe und Vertrautheit Liebe und Begehren hinzukommen, lässt Hannes diese Gefühle in einer Komposition aufgehen, die all das enthält, was Polina für ihn ausmacht. Sie verkörpert und ihr Wesen in einer Melodie vereint, die für Polina Offenbarung, Verstehen und Geschenk zugleich sein soll.
Doch ein Schicksalsschlag verändert alles, schafft Distanz und Veränderung und Leben, die sich voneinander entfernen. Polinas Melodie jedoch spielt in Hannes weiter und sucht sie, die Frau, die sein gesamtes Leben ausmacht. Und erobert dabei die Herzen unzähliger.
Und auch mein Herz zählt dazu, denn Takis Würger hat es wieder vermocht, was ich mir so sehr erhofft habe: „Für Polina“ hat mich ab den ersten Klängen in seinen Bann gezogen, mich durch die Strophen und Kapitel getragen und mit der Klimax die Geschichte zu einem wunderbaren Abschluss geführt. Ein Meisterstück, erneut!

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