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Maimouna19

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Veröffentlicht am 05.06.2025

Manipulation und die Unzuverlässigkeit von Erinnerungen

Sag mir, was ich bin
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Deena lernt auf einem Kostümfest in Philadelphia den um einige Jahre älteren Lucas kennen, sie werden schnell ein Paar und bekommen eine Tochter, Ruby. Ihre Schwester Nessa und ihre Freundin Molly misstrauen ...

Deena lernt auf einem Kostümfest in Philadelphia den um einige Jahre älteren Lucas kennen, sie werden schnell ein Paar und bekommen eine Tochter, Ruby. Ihre Schwester Nessa und ihre Freundin Molly misstrauen Lucas von Anfang an und ihr erster Eindruck bestätigt sich schnell. Lucas gelingt es, die labile Deena, die auch mit Depressionen zu kämpfen hat, völlig zu beherrschen und auch den Kontakt zu ihrer Familie weitestgehend zu unterbinden. Nach einigen Jahren schafft es Deena, sich aus dieser toxischen Beziehung zu befreien, sie zieht mit Ruby zu ihrer Schwester Nessa. Doch eines Tages verschwindet Deena spurlos und Lucas zieht mit Ruby in die ländliche Abgeschiedenheit von Vermont. Hier wächst sie mehr oder weniger abgeschirmt mit ihrem Vater und ihrer Großmutter auf. Erst als die Behörden aufmerksam werden, muss Lucas sie in eine Schule gehen lassen. Er kontrolliert sie auf Schritt und Tritt, will immer wissen, wo sie ist und was sie macht. Er unterbindet Freundschaften so weit wie möglich, erlaubt nur eingeschränkte Mediennutzung und erzählt ihr nichts über ihre Mutter. Kontakt zur Familie ihrer Mutter gibt es überhaupt nicht.
Deenas Schwester Nessa glaubt nicht, dass Deena ihre Tochter einfach im Stich gelassen hat, sie ist fest davon überzeugt das Lucas für ihr Verschwinden verantwortlich ist und sie getötet hat. Auch über die Jahre gibt sie nicht auf, Lucas den Mord an Deena doch noch beweisen zu können und Ruby seinem Einfluss zu entziehen.
Die Geschichte ist großartig erzählt, durch verschiedene Perspektiven (die Handlung wird aus Sicht von Ruby und Nessa erzählt) und Zeitsprünge wird eine unglaubliche Spannung erzeugt.
Nach und nach ergibt sich das Bild einer toxischen und gewalttätigen Beziehung zwischen Deena und Lucas. Neben Manipulation geht es auch um Wahrnehmung und die Unzuverlässigkeit von Erinnerungen. Ruby spürt, dass irgendetwas in ihrer Familie nicht stimmt, kann aber dank der Manipulation ihres Vaters nicht festmachen, was es ist.
Dieser Roman ist so intensiv und fesselnd geschrieben, ich konnte nicht aufhören, zu lesen. Sehr eindringlich, psychologisch dicht – einfach klasse. Klare Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 03.06.2025

außergewöhnlicher, absolut spannender Krimi

HEN NA E - Seltsame Bilder
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HEN NA E – Seltsame Bilder‘ ist ein Krimierlebnis der anderen Art und kommt ganz ohne Polizei oder Ermittlerduo aus. In der Geschichte entdecken zwei Journalisten einen unheimlichen Blog und versuchen, ...

HEN NA E – Seltsame Bilder‘ ist ein Krimierlebnis der anderen Art und kommt ganz ohne Polizei oder Ermittlerduo aus. In der Geschichte entdecken zwei Journalisten einen unheimlichen Blog und versuchen, dem Geheimnis dahinter auf die Spur zu kommen.
Nach dem ersten Kapitel war ich leicht verwirrt, da das zweite Kapitel auf den ersten Blick nichts mit der vorherigen Geschichte zu tun hat. Doch je weiter ich gelesen habe, hat sich die Handlung nach und nach zusammengefügt und ein Gesamtbild ergeben.
Trotz der erstaunlich ruhigen Erzählweise wurde eine absolut packende und fesselnde Spannung erzeugt. Der Aufbau des Romans mit Zeichnungen, bildlichen Erklärungen lädt geradezu ein, mitzurätseln und zu analysieren, so dass ich mich als Leserin als Teil des Geschehens fühlte. Ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen, so hat es mich gepackt.
Es ist wirklich ein Buch, das in keine Schublade passt – außergewöhnlich und eigenwillig, einfach genial. Ein echtes Highlight, dass sich von der Masse abhebt. Ich fiebere jetzt schon dem Erscheinen des nächsten Buches von Uketsu (HEN NA IE - Das seltsame Haus) entgegen.

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Veröffentlicht am 03.06.2025

Humorvoller Beitrag zur Flüchtlingsdebatte

Ausgerechnet Deutschland
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In „Ausgerechnet Deutschland“ erzählt Wladimir Kaminer Geschichten von „unseren neuen Nachbarn“, überwiegend syrische Flüchtlinge auf der Flucht vor dem Krieg in ihrem Heimatland und auf der Suche nach ...

In „Ausgerechnet Deutschland“ erzählt Wladimir Kaminer Geschichten von „unseren neuen Nachbarn“, überwiegend syrische Flüchtlinge auf der Flucht vor dem Krieg in ihrem Heimatland und auf der Suche nach einer neuen Heimat. Und so sind sie auf der Suche nach dem „Paradies“ in einem kleinen brandenburgischen Ort gelandet.
Ich mag Kaminers Erzählstil schon seit „Russendisco“ und auch „Ausgerechnet Deutschland“ hat mich nicht enttäuscht. Selbst aus Russland geflohen, kann er die Sicht der Geflüchteten und die Schwierigkeiten im Umgang mit der deutschen Mentalität sicher besser nachvollziehen als der durchschnittliche deutsche Bürger.
Entstanden ist ein Buch mit skurrilen, komischen, manchmal auch bissigen Kurzgeschichten, die mich zum Schmunzeln gebracht haben. Der Humor, aber auch die Herzenswärme Kaminers sind großartig. Und eine Prise Humor tut auch der Flüchtlingsdebatte gut – auf jeden Fall besser, als ständig zu lamentieren und Flüchtlingen die Schuld an allem zu geben, was in Deutschland schief läuft. Die unterschiedlichen Mentalitäten und auch Sprachprobleme führen natürlich zu Missverständnissen, etwas mehr Toleranz und Offenheit für andere Lebenswelten könnte da durchaus hilfreich sein. Das Buch liefert hoffentlich dem einen oder anderen ein paar Denkanstöße – absolut lesenswert!

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Veröffentlicht am 25.04.2025

Wohnst du noch oder lebst du schon

Wohnen
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„Wohnen“ von Doris Dörrie ist in der Essayreihe „Leben“ des Hanser Verlags erschienen. Der Hanser Verlag hat bekannte deutschsprachige Autor:innen gebeten, sich Gedanken zu den wesentlichen Themen des ...

„Wohnen“ von Doris Dörrie ist in der Essayreihe „Leben“ des Hanser Verlags erschienen. Der Hanser Verlag hat bekannte deutschsprachige Autor:innen gebeten, sich Gedanken zu den wesentlichen Themen des Lebens (Altern, Streiten, Lieben, Schlafen, Arbeiten, Wohnen, etc.) zu machen. Doris Dörrie hat sich mit dem Thema „Wohnen“ befasst und herausgekommen ist ein ganz wunderbares Essay.
Die Sesshaftigkeit der Eltern der 1955 in Hannover geborenen bekannten Filmemacherin und Autorin ist nichts für sie - sie wollte nie für immer an einem Ort leben. Auch wollte sie nicht das Schicksal ihrer Mutter teilen, deren Reich das Haus und besonders die Küche waren.
Doris Dörrie nimmt den Leser mit in die Wohnräume ihres Lebens, beschreibt das Elternhaus, die diversen Studentenbuden, Wohngemeinschaften, Wohnungen, in denen sie gelebt hat. Auf ihren vielen Reisen nach Japan, Mexiko, Marokko, Amerika und Südeuropa sieht sie, wie sehr das Wohnen mit der Kultur des jeweiligen Landes verbunden ist. Wohnen ist ein Menschenrecht, doch wie man wohnt und wieviel Platz man beansprucht, ist von Zivilisation zu Zivilisation unterschiedlich. Auch die Vorstellungen vom eigenen „Wohnparadies“ sind äußerst unterschiedlich.
„Wohnen“ ist durchaus eine Art Selbstporträt Dörries, sie beleuchtet aber auch politische und gesellschaftliche Aspekte des Wohnens und hinterfragt u.a., welche Räume wem zustehen (auch heute noch haben die wenigsten Frauen einen eigenen Raum in einer Wohnung) oder wieviel Raum/Platz wir wirklich benötigen (fehlender oder nicht mehr bezahlbarer Wohnraum, weil wir immer größer wohnen wollen), sind unsere Wohnvorstellungen (das große Eigenheim mit Garten) für die Zukunft noch geeignet, usw.
„Wohnen“ ist ein sehr kluges, lesenswertes Buch, lebendig und unterhaltsam geschrieben und regt durchaus zum Nachdenken ein. Klare Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 16.04.2025

Schon mal was von Selbstbestimmung gehört?

Nie, nie, nie
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„Nie, Nie, Nie“ – die namenlose Ich-Erzählerin in Linn Strømsborgs Roman hat sich entschieden – sie will keine Kinder („Ich will keine Kinder, nicht mit ihm, mit niemandem. Schon gar nicht mit mir selbst.“). ...

„Nie, Nie, Nie“ – die namenlose Ich-Erzählerin in Linn Strømsborgs Roman hat sich entschieden – sie will keine Kinder („Ich will keine Kinder, nicht mit ihm, mit niemandem. Schon gar nicht mit mir selbst.“). Die 35jährige Protagonistin hat diese Entscheidung für sich getroffen und bleibt dabei.
Linn Strømsborg erzählt auf humorvolle Weise von den Gedanken einer Frau, die sich gegen Kinder entschieden hat. Sie berichtet von ihrem Alltag mit Freunden, die Familien gründen und der Mutter, die gerne Oma werden würde. Auch von ihrer Beziehung erfahren wir, die daran zerbricht, dass ihr Partner irgendwann mit dieser Entscheidung doch nicht mehr klar kommt.

Nach wie vor ist der gesellschaftliche Druck auf Frauen, Kinder zu bekommen, sehr hoch und auch heute noch müssen sich Frauen ständig dafür rechtfertigen, wenn sie keinen Kinderwunsch verspüren und sich bewusst gegen Kinder entscheiden. Schon traurig, dass die Gesellschaft immer noch nicht in der Lage ist, zu akzeptieren, dass Frauen selbst bestimmen, was die für sie richtige Lebensweise ist!

Linn Strømsborg hat mit „Nie, Nie, Nie“ einen erfrischend ehrlichen und humorvollen Roman zum Thema Lebensfragen und –modellen geliefert. Das Buch regt zum Nach- und vielleicht auch Umdenken an!

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