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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.06.2025

Die Moral von der Geschicht‘

Verbrannte Wörter
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„Verbrannte Wörter“ ist ein Wörterbuch, das darüber aufklärt, welche Begriffe aufgrund ihrer Verwendung durch die Nazis heute gemieden werden sollten und welchen dieser Ruf zu Unrecht anlastet.
Schon die ...

„Verbrannte Wörter“ ist ein Wörterbuch, das darüber aufklärt, welche Begriffe aufgrund ihrer Verwendung durch die Nazis heute gemieden werden sollten und welchen dieser Ruf zu Unrecht anlastet.
Schon die Einleitung beleuchtet die Methoden, die Menschen im Nationalsozialismus zu einem „einheitlichen Denken“ bewegen sollten. „Dieser Metaphernüberfluss ist es, der den ‚Schwulst’ ausmacht, den schon die Zeitgenossen dem faschistischen Stil nachgesagt haben und den die Forschung der vergangenen sieben Jahrzehnte zu definieren versucht hat.“
Matthias Heine analysiert Wort für Wort von A wie „Absetzbewegung“ (unbedenklich) bis Z wie „zersetzen“ (bedenklich) dessen Gebrauch in der Geschichte der deutschen Sprache, das mitunter schon von den Dichtern und Denkern geprägt und schließlich erst später mit einer anderen Bedeutung belegt wurde. Nach der weiteren Verwendung in Ost und West folgt ein Fazit zur Einstufung jedes Wortes für die heutige Zeit.
Es ist interessant und schockierend zugleich zu lesen, mit welchem Aufwand und wie perfide „Propaganda“ (unbedenklich) betrieben wurde, um die Bevölkerung zu manipulieren. Ein Wermutstropfen waren für mich die Schlussfolgerungen, die teilweise so flapsig wirkten, dass sich ihr Sinn nicht erschloss oder die Wissenschaftlichkeit der Erörterung gemindert wurde. Ich halte es für wichtig, dass wir Sprache aufgeklärt und bewusst einsetzen, dabei hilft dieses Buch.

Veröffentlicht am 08.06.2025

Bühnenreif

Sputnik
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Bereits zum dritten Mal macht Christian Berkel die Geschichte seiner Familie zum Inhalt eines Romans. Diesmal spielt er selbst die Hauptrolle, und auch „Der Apfelbaum“ und „Ada“ sind wieder mit von der ...

Bereits zum dritten Mal macht Christian Berkel die Geschichte seiner Familie zum Inhalt eines Romans. Diesmal spielt er selbst die Hauptrolle, und auch „Der Apfelbaum“ und „Ada“ sind wieder mit von der Partie.
„An Sonntagen stellte ich bei schönem Wetter ein paar Stühle unter dem Apfelbaum auf. Wer den Apfelkuchen meiner Mutter genießen wollte, musste zuerst meine Vorstellung besuchen.“ Mit dieser Szene wird das Fundament für die Theater-Begeisterung gelegt, die ihn im weiteren Leben begleiten wird.
Wir erleben den Ich-Erzähler in seiner Sturm-und-Drang-Phase, in der er Mädchen, ein anderes Land und Drogen kennenlernt. Insbesondere seine Frankreichaufenthalte prägen seine Identität, muss er sich doch als Außenseiter behaupten, bevor er den Weg zur Schauspielerei beschreitet.
Das Buch beginnt aus der Sicht des Fötus, die eigene Geburt beobachtend, und endet mit einer Wiedergeburtserfahrung bei einer Schauspielübung, was eine gelungene Klammer bildet. Zwar gibt es einige eher langatmige Passagen, doch insbesondere die Selbstfindung in Paris wird authentisch dargestellt.
Für Reihenverfolger und Schauspielbegeisterte ist „Sputnik“ die passende Lektüre, die Einblicke in die Bühnenkunst gewährt und eine gute Ergänzung zu den Vorgängern darstellt. Im Vergleich wirkt dieser Teil inhaltlich etwas blasser, auch wenn der Autor ihn sprachlich ansprechend verfasst hat.

Veröffentlicht am 18.05.2025

Die Behandlung

Trost
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Madeleine Hofmann hat ein Buch über Trost geschrieben, das durch ihre eigene Krebsbehandlung inspiriert wurde.
So steht ihr Leidensweg im Mittelpunkt des Essays, was trotz eines flüssigen Schreibstils ...

Madeleine Hofmann hat ein Buch über Trost geschrieben, das durch ihre eigene Krebsbehandlung inspiriert wurde.
So steht ihr Leidensweg im Mittelpunkt des Essays, was trotz eines flüssigen Schreibstils gar nicht so leicht zu lesen ist, weil er erst einmal das Gegenteil von Trost ist. Die Kapitel entwickeln sich schließlich derart weiter, dass von einem persönlichen Impuls zu einer Form von Trost geschwenkt wird.
„Dass Essen - in Maßen - trösten, glücklich machen kann, ist eine dieser Tatsachen, über die alle Bescheid zu wissen glauben, ohne sie erklären zu können.“ Die anfänglichen Gedankenspiele dazu, was alles unter den Begriff fallen könnte, lassen eine Vielfalt von Blickwinkeln vermuten. Von Berührungen bis Religion sind einige vertreten, und genau davon hätte ich mir mehr gewünscht.
Während die Schwere der Erkrankung in vielen Facetten zum Ausdruck gebracht wird und mich mit dem Text kämpfen ließ, kam mir das eigentliche Thema fast zu kurz. Mir gefiel, wie die Autorin selbst ihre Trosterkenntnisse anwendet und wie sie Liedzeilen in ihre Analyse einbaut. Somit wäre „Leid und Trost“ als Titel passender zum Inhalt gewesen.

Veröffentlicht am 04.05.2025

Mit oder ohne Plan

Zuhause ist das Wetter unzuverlässig
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Die Protagonistin der heutigen Zeit lebt auf ihr geplantes Ende hin, während die Frauen früherer Generationen mit unterschiedlichen Herausforderungen kämpfen.
Ihre Krise fasst die Tagebuchschreiberin für ...

Die Protagonistin der heutigen Zeit lebt auf ihr geplantes Ende hin, während die Frauen früherer Generationen mit unterschiedlichen Herausforderungen kämpfen.
Ihre Krise fasst die Tagebuchschreiberin für mich am besten mit diesem Satz zusammen: „ich bin verloren gegangen und weiß nicht mehr, wo ich hingehöre.“ Die eigentlichen Beweggründe für einen Selbstmord konnte ich aus ihren Zeilen nicht herauslesen. Stattdessen berichtet sie von belanglosen Begegnungen oder Mahlzeiten eher oberflächlich in der Zeit bis zum Tag X und erwähnt berühmte Selbstmorde des jeweiligen Tages.
Da werden die weiteren Handlungsebenen konkreter, was die Probleme angeht. Was tun mit einem Kind, wenn man sich kaum selbst ernähren kann? Wie leben in einem Land, das durch eine Mauer getrennt ist? Anstrengend dabei ist jedoch, dass hier sehr viele Frauen eingeführt werden, die schwer auseinanderzuhalten sind.
Ich kann mir vorstellen, dass der Stil besser funktioniert hätte, wenn die Abschnitte mit Figuren und Jahreszahlen gekennzeichnet und dem Roman mehr als 200 Seiten Raum gegeben worden wären. In der vorliegenden Form wirkte er zu vollgepackt, was Vieles nur angedeutet und den Überblick verlieren ließ. Trotz schöner Momente habe ich mit diesem Buch gehadert.

Veröffentlicht am 27.04.2025

Der Untergrund

ENDLICH EIFEL – Band 9
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„Endlich Eifel“ ist der Name einer Buchreihe, vielmehr „Bugazin“ genannt, eine Mischung aus Buch und Magazin. Jeder Band enthält Beiträge zu einem bestimmten Thema, in diesem 9. Band soll es um die „Geheimnisse ...

„Endlich Eifel“ ist der Name einer Buchreihe, vielmehr „Bugazin“ genannt, eine Mischung aus Buch und Magazin. Jeder Band enthält Beiträge zu einem bestimmten Thema, in diesem 9. Band soll es um die „Geheimnisse der Eifel“ gehen.
Auf der Karte im Inhaltsverzeichnis wird sichtbar, wo wir uns auf die Suche danach begeben können, schließlich handelt es sich um ein Gebiet von mehr als 5.000 Quadratkilometern.
Die Artikel wurden von unterschiedlichen Personen verfasst, die auch Einblicke in ihre Erkundungen gewähren, denen manchmal der Zufall zum Gelingen verhalf. „Steffi stieg einfach zu mir in den Wagen, obwohl wir uns gerade erst kennengelernt hatten.“
Nicht in jedem Fall wirkte der Inhalt besonders geheimnisvoll, aber die Vielfalt macht das Bugazin zu einer unterhaltsamen Lektüre. Wir lesen alte Sagen, aussterbende Sprachen und einen Kurzkrimi, erhalten Einblicke in einen Bunker oder über die Landesgrenze hinaus, und können schließlich sogar ein typisches Rezept nachkochen. Den Machern ist es damit gelungen, mir wieder einmal Lust auf einen Abstecher in die Eifel zu machen. Doch wo fange ich bloß an?