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Veröffentlicht am 23.07.2025

Ein Virus verändert die Welt - Vergangenheit trifft auf Dystopie

All Better Now
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Shusterman ein Autor, der weiß wie man Dystopien schreibt und die Menschheit in eine Zukunft bringt, weit weg unserer Vorstellungskraft und auf der anderen Seite so realistisch und nah an unserer Zeit ...

Shusterman ein Autor, der weiß wie man Dystopien schreibt und die Menschheit in eine Zukunft bringt, weit weg unserer Vorstellungskraft und auf der anderen Seite so realistisch und nah an unserer Zeit wie nur möglich.

Mit All Better Now hat er eine neue Reihe geschaffen, die genauso viel Erfolg haben kann, wie er mit »Scythe« gesammelt hat. Denn was ist spannender als eine Zukunft, mit einigem aus unserer wahren Vergangenheit und einem Blick auf die derzeitige Gegenwart.

Wir werden direkt in das harte Leben von Muriel geworfen, die mit ihrer Mutter auf der Straße lebt. Von der Hand in den Mund, stehen sie vor der Herausforderung ihr Auto zurückzuerhalten und dabei nicht negativ aufzufallen. Wir erfahren früh das Muriel, mit ihren jungen Jahren schon sehr bodenständig ist und um die Probleme, die sie hat, weiß und dass es nicht immer so weiter gehen kann. Ihre Mutter leugnet die aktuelle Pandemie und hält diese für ungefährlich. Das gerade sie, mit ihrem Long Covid, eine andere Erfahrung gemacht hat sollte sie eigentlich weiser sein lassen, ist sie aber nicht.

Dann ist da Rón, als Sohn eines sehr reichen Vaters, der mit den digitalen FFP-Masken ein Vermögen gemacht hat und nicht als Vater des Jahres in die Geschichte eingehen wird. Geld ist neunmal dicker als Blut.

Dann haben wir da die junge Absolventin Morgan Willmon-Wu. Sie hat eine Einladung zu einem Praktikum bekommen, welches noch ihr Leben und von vielen anderen da draußen verändern wird.

Wir leben in einer Welt, in der die Pandemie Crown Royal nach und nach ihren Weg findet. Besonders schwer betroffen sind Menschen mit Vorerkrankungen wie Diabetes einer Farbenblindheit der Farbe Blau. Viele sterben, aber auch sehr viele genesen. Und die „Genesenen“ sind nun verändert. Sie sind glücklicher, zufriedener, hilfsbereiter. Sie sehen keinen Grund sich zu stressen, ärgern sich nicht mehr über Kleinigkeiten und erfreuen sich des Lebens und wollen Gut sein und anderen Helfen. „Warum sollte er sich in seiner hellen, schattenlosen Welt wegen irgendwas Sorgen machen?“

So erkrankt ganz am Anfang des Buches Muriels Mutter und sie bringt sie in ein Auffanglager für Erkrankte von CR. Dort trifft sie auf Ron, der sich nicht von seinem Vater zwingen lassen wollte in Isolation zu gehen. Es kommt jedoch anders als für alle erwartet. Muriels Mutter stirbt, Ron erkrankt schwer am Virus und überlebt. Er ist nun anders als vorher und Muriel, die kann gar nicht glauben, dass für sie sich nichts ändern soll. Doch das gemeinsame Leben vor Ort soll nicht lange halten. Denn schon nach kurzer Zeit wird die Jagd auf Ron durch dessen eigenen Vater gestartet. Und auch Muriel wird eine sehr tragende Rolle in der Entwicklung der Geschichte und im Bezug auf den Virus erhalten.

Die „Genesenen“ verspüren den Drang, allen zu helfen. Und das kann man ganz klar, in dem einfach alle diese Befreiung, diese Umarmung, erfahren. Also wollen diese Menschen den Virus verbreiten. Nicht weil sie böse sind, sondern weil sie nun spüren wie viel besser es ist. Und auch Ron verspürt diesen Drang. Doch Muriel muss ihn nur bitten es nicht zu tun und sofort lässt er es sein. „Denn er war eigennützig.“ Jedoch fällt ihm dies in der Geschichte nach und nach schwerer Menschen diese Hilfe nicht zu geben: „Aber der Schmerz, ihn in seiner einsamen Ecke liegenzulassen, war für Rón fast unerträglich.“

Die Geschichte gibt einem das Gefühl, dass viele Monate vergehen, da verschiedene Charaktere ihre eigene Perspektive schildern, mehrere Erzählstränge gleichzeitig spielen und wir verschiedene Seiten des Virus sehen. Wir sehen, wie glücklich die Menschen werden, wie ängstlicher die, welche um keinesfalls eine Ansteckung erleben wollen. Wir erleben den Kampf der Genesenen Ihr Glück zu verbreiten und sehen die andere Seite, welche es beenden will. Sie ist auf eine besondere Art Actionreich und hat zugleich so viele Momente mit langen Dialogen, wo man zum Nachdenken angeregt wird. Wir erleben Rückblicke in Gesprächen und Erinnerungen wie hart Corona die Welt getroffen hat und wie die neue Pandemie das Leben erneut verändert. Wie viel schneller die Welt nun reagiert und zugleich, wie offen viele für die Geschehen sind.

Die Charaktere sind von Grund auf verschieden, sind tiefschichtig und man entdeckt immer neue Seiten an ihnen und man weiß nie, ob man sie wirklich sieht oder auf ihre digitale Maske, welche ein Lächeln vortäuscht, und dahinter ist ein Wutverzerrtes Gesicht oder die Trauer in den tiefhängenden Mundwinkeln.

Shusterman sticht aber auch ins Fleisch der Leser, in dem er ihnen die Chance gibt zu entscheiden, ob sie ein Leben mit der breiten Palette an Gefühlen haben wollen oder das Glück und die Leichtigkeit erleben wollen. Wo selbst der Verlust eines geliebten Menschen ohne Tränen hingenommen wird, denn es wird schon richtig so sein.

Ich finde das Buch trotz seiner Länge und gewissen Wiederholungen als wirklich gut und werde auch den zweiten Teil lesen. Wer keine Angst hat, sich mit dem Thema Verlust, Pandemie, Veränderung und Tod auseinander zu setzten und auch mit dem Blick in eine Zukunft wo ein Virus wie Crown Royal, wenn auch in anderer Wirkung wiederkommen könnte, solle diese Dystopie unbedingt lesen.

Zu guter Letzt, so gab es eine Aussage, die mich sehr hart mitgenommen hat und zeigt mir auch, wie sehr er ein Kritiker gegenüber derer ist, welche Corona zu einfach hingenommen haben und als einfache Grippe abgestempelt haben:

„Am Ende sind es nicht sie (die Genesenen / die Toten), die leiden, denn in der Pandemie trifft das große Leid die Hinterbliebenen. Jene, die trauern müssen.“


Veröffentlicht am 17.05.2025

Auf Ebbe und Flut folgt Täuschung und Tod

The Island - Auf der Flucht
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„Keeper Island, eine paradiesische Insel, mit einem Luxusresourt. Hier kannst du dir alle Träume erfüllen lassen und dich von morgens bis abends in einer extrem seriösen Kulisse verwöhnen lassen“ So, oder ...

„Keeper Island, eine paradiesische Insel, mit einem Luxusresourt. Hier kannst du dir alle Träume erfüllen lassen und dich von morgens bis abends in einer extrem seriösen Kulisse verwöhnen lassen“ So, oder so ähnlich würde man für die reichsten der reichen Werbung machen, um diese auf diese abgelegene Insel Urlaub machen zu lassen. Für die Angestellten ist es eher „Stell dich drauf ein, Kindermädchen zu spielen, von morgens bis abends. Die Sonderwünsche zu erfüllen, wie z.B. ein McDonalds Menü, welches zwei Stunden mit dem Boot pro Strecke entfernt ist.
Lola lebt derzeit noch in Hongkong und managt dort ein teures Hotel, doch von dort aus soll es nach Keeper Island gehen. Wir erfahren von ihrem ehemaligen Chef und guten Freund Moxham, welcher von Hongkong nach KI gewechselt ist, und schwärmt von der Arbeit dort. In Rückblenden erfahren wir, welche Probleme in Asien vorlagen. Das Moxham dort mit Drogen dealte und den Hotelbesuchern spezielle Wünsche erfüllte. Sollte dies nun auf KI so weitergehen? Aber auch ein viel schwerwiegenderes Problem lässt Lola zurück. Eine regelrechte Flucht findet daher für sie statt.
Nach nur sehr kurzer Zeit stirb Mox auf der Insel. Doch niemand will so wirklich wissen was passiert ist und es heißt nur: „Und wenn es kein Unfall war, werden sie es als einen bezeichnen.“ Nach und nach versucht sie hinter die Fassade zu schauen und herauszubekommen was wirklich passiert ist. Doch das fällt nicht so leicht, wenn Geld Macht ist und Leute schweigen oder lügen und die Wahrheit verdrehen.
Die Geschichte ist flott und zeigt das Lola schon sehr viel Negatives im Leben hinter sich bringen musste. Mit Gedanken in Hongkong und auch in England, sind die Sorgen immer präsent und auch vor Ort ist es nicht besser. Die Stimmung ist angespannt, man erwartet ständig neue „Unfallopfer“, neue Enthüllungen und rätselt mit wer lügt und wo die Wahrheiten sind. Das spezielle Klientel, was vor Ort Urlaub macht, tut ihren Teil mit dabei und man vermutet um jede Ecke auf der Insel mehr als ein Faultier, sondern der Tod, der dich von der Klippe befördert.
Das Cover ist wunderbar passend mit seinen Rottönen zum Buch und spielt auf ein Opfer an. Der Schreibstil spült einen von Kapitel zu Kapitel und selbst auf den letzten Seiten, hat der Leser noch nicht das rettende Ufer erreicht, bevor ihn die nächste Erkenntnis wegspült.

Veröffentlicht am 16.05.2025

Glaubst du an dich oder an die Sterne?

Stars
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„Stars“ ist das Roman-Debüt der Autorin Katja Kullmann, welche bisher Bücher im Sachbuchbereich publiziert hat. In ihrer Geschichte spielt die Endvierzigerin Carla Mittmann, welche in einem Teilzeitjob ...

„Stars“ ist das Roman-Debüt der Autorin Katja Kullmann, welche bisher Bücher im Sachbuchbereich publiziert hat. In ihrer Geschichte spielt die Endvierzigerin Carla Mittmann, welche in einem Teilzeitjob ihre Stunden absitzt und nebenbei unter der Hand Geld mit der Astrologie verdient.

In einer kleinen Altbauwohnung lebt sie ihr, für ihr Empfinden gutes Leben, mit wenig Arbeit und Geld, was gerade so zum Leben reicht. Das Philosophiestudium hat sie unfreiwillig nicht abgeschlossen und hat für sich keine weiteren Ziele, welche sie im Leben noch erreichen will.

Doch dann steht eines Tages ein Paket mit Geld vor ihrer Tür und sie sieht für sich die Chance etwas an ihrem Leben zu ändern. Sie orientiert sich an den Sternen, welche sie sonst immer nur für andere Menschen nimmt und selbst kaum dran glaubt, und sieht in diesen ihre Möglichkeit mit dem Thema eine Veränderung in ihrem Leben zu bewirken.
Schnell wird aus dem kleinen Seitenhobby ein richtiges Geschäft und Carla erfährt in ihrem Leben das erste Mal den Zuspruch, den sie sich lange gewünscht hat.

Das Coming of Age mit einem späterem Alter, als es üblich in den Büchern ist, wird sehr unterhaltsam erzählt. So hat man immer das Gefühl das Carla noch recht jung sein muss, aber durch die lange Zeitspanne bei dem Arbeitgeber und einzelnen Hinweisen, erfährt man mehr über ihr Alter. Sie erlebt für sich ein ganz neues Leben, wo sie das woran sie ihre Freude hat mit ihrem Arbeitsleben verbinden kann. Lernt neue Menschen kennen und erfährt einen neuen Lebensstil, der wieder gesünder ist und sie auch körperlich positiv verändert.

Das alles passiert immer mit der Weisung der Sterne. Egal was es ist, es wird vorher gefragt, wie das eigene Sternezeichen in welchem Aszendenten steht und ob sie lieber an dem Tag Taxi fährt oder mit der Bahn. Es wirkt amüsant und das ist es auch für den außenstehenden Leser, zu sehen wie viel Geld die Menschen für den Glauben an die Sternkonstellationen zahlen. Wie groß das Geschäft dahinter ist, von den jungen auf den Social-Media-Kanälen, bis hin zum öffentlich-Rechtlichen.

Man muss sich darauf einlassen können, dass Carla zum Anfang der Geschichte in ihrer Routine eingefahren ist. Das sie sich mit dem Zustand wie er ist angefreundet hat und nicht daran interessiert ist es zu ändern. Es sind jedoch die kleinen Umstände, die es im Leben ändern können. Bei ihr waren es eher die 10.000 Euro vor Ihrer Tür, aber es zeigt wieso Projekte wie das „Bedingungslose Grundeinkommen“ Menschen ermutigen können, ihr Leben zu verändern und mehr aus diesem zu machen.

Ich fand die Geschichte war schnell erzählt und zeigt das unsere Gesellschaft sich an gewissen Glaubenssätze klammert, um Entscheidungen zu treffen oder sich eine Sicherheit zu holen. Man darf den Roman nicht zu ernst sehen. Ich persönlich kann ihn weiterempfehlen, auch ohne mein Sternzeichen zu checken.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 05.05.2025

Ein Gedankenspiel wie es nur Shusterman beherrscht. Ruhig, tiefsinnig, verändernd.

Game Changer – Es gibt unendlich viele Möglichkeiten, alles falsch zu machen
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Ash, Namentlich Ashley, ist ein Cis-Junge (männliches Geschlecht mit Empfindung als Junge) im Teenageralter und lebt in Amerika. So wie auch für andere Kids seines Alters spielt der Sport eine große Rolle. ...

Ash, Namentlich Ashley, ist ein Cis-Junge (männliches Geschlecht mit Empfindung als Junge) im Teenageralter und lebt in Amerika. So wie auch für andere Kids seines Alters spielt der Sport eine große Rolle. Bei ihm es der Football. Neben der Schule und dem Sport verbringt er Zeit mit seiner Clique und dort am meisten mit seinem Kumpel Leo. Dieser hat es mit einem Stipendium auf die Schule von Ash geschafft und ist einer der eher wenigen dunkelhäutigen Schüler. Ansonsten ist die Schule auch sehr bunt gemischt mit Menschen aus den verschiedensten Ländern.

Ash führt ein normales Leben. Seine Eltern verdienen nicht übermäßig gut und müssen recht viel arbeiten. Aber es geht ihnen doch um einiges besser als anderen Menschen. So ist Ash auch in seiner persönlichen Blase unterwegs und merkt gar nicht, wie rassistisch und unsozial es um ihn herum in seinem Alltag abgeht. So versteht er es auch nicht, wenn Leo ihm sagt das er erneut einem rassistischen Übergriff, wenn auch „nur“ verbal, ausgesetzt gewesen ist.

So soll sich aber die Seifenblase von Ash verändern, als er beim Football bei einem Zusammenstoß das Gefühl hat, dass die Welt gekippt ist. Von jetzt auf gleich, ist nichts mehr wie davor. Es beginnt im Kleinen, dass die Ampeln nicht mehr rot- gelb- grün, sondern blau-gelb-grün sind. Er kann es sich nicht erklären und findet dafür auch im Internet keine Begründung. Mit jedem Footballspiel verändert sich sein Leben. Er fährt einen teuren Wagen, sein Vater hat doch Karriere im Football gemacht. So weit so gut, sein Leben verbessert sich. Aber das der anderen nicht. Er stellt fest, immer wenn sich die Welt gefühlt auf den Kopf gestellt hat, verändert es ins negative das der anderen. Leo ist nicht mehr auf seiner Schule, seine Schwester tot. Es beginnt im Kleinen und geht immer weiter. So weit, dass die Rassentrennung wieder da ist.

Er findet Menschen um sich herum, die fühlen das es nicht die Wirklichkeit sein kann, denn diese sind ein wichtiger Teil der Metawelt und spüren die Veränderung bzw. haben selbst kleine Erinnerungen an diese. Zudem trifft er auf drei „Personen“ welche ihm erklären was die Grundlage für das ganze Geschehen ist.

Ash versucht nun, gegen die Zeit und dem Kampf der weiteren Verschlechterung für seine Umwelt, den Prozess umzudrehen.

Ein Buch welches ein Coming-of-Age ist, in einer Welt der Science-Fiction, und ein Stück weit ein Drama ist. Denn die Vorstellung wie sehr die Welt anders sein könnte, wenn jeder genau hinschaut und hilft gegen das Unrecht anzukämpfen ist hier umgesetzt wurden. Wären die Sprünge anders verlaufen, wenn er von Anfang an, an Leos Seite gegen den Rassismus gekämpft hätte? Das Buch stellt Fragen an Ash, an den Leser, an das Universum.

Eine Lektüre die nicht von Spannung beherrscht wird, sondern zum denken anregt. Wie hätten wir an seiner Stelle reagiert? Würden wir versucht eine Änderung herbeizuführen in der wir bleiben würden oder würden wir versuchen zurück in die „Ausgangssituation“ zu kommen und verändert es uns, so dass wir den Blick auf die Welt ändern?

Ein Buch welches anregt zu überlegen, zu hinterfragen, zu reagieren.

Ein Shusterman, wie wir ihn kennen, aus Reihen wie „Vollendet“ und „Scythe“. Gesellschaftskritisch und für immer neue Überraschungen zu haben.

Veröffentlicht am 05.05.2025

Psychologische Kriegsführung in einer toxischen Schwesternbeziehung

SCHWEIG!
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Wie ein Zuschauer in einem Theater sehen wir das Drama zwischen zweien Schwestern, welche beide das ihre Leben als das perfekte ansehen.

Da wäre Esther, welche in der Kindheit „die Hübsche“ gewesen ist ...

Wie ein Zuschauer in einem Theater sehen wir das Drama zwischen zweien Schwestern, welche beide das ihre Leben als das perfekte ansehen.

Da wäre Esther, welche in der Kindheit „die Hübsche“ gewesen ist und hat heute ihren Mann und die zwei Kinder hat. Sie müssen viel arbeiten um ihre Wohnung zu bezahlen und einmal im Jahr einen überschaubaren Urlaub zu schaffen. Da ist der Neid auf die Schwester Sue, mit ihrem villenartigen Haus mitten im Wald, weit weg vom Stress der Arbeit, der Autobahn und den Schulaufführungen.

Aber auch das Mitleid. Sie ist Single, hat keine Kinder. So möchte Esther dann doch nicht leben. Und somit ist klar, dass sie ihre Schwester zu Weihnachten mit nach Hause nehmen möchte. Immerhin soll sie doch sehen, wie eine perfekte und überaus glückliche Familie sein kann, wenn sie diese schon nicht hat.

Sue, als Kind „die Kluge“, liebt ihr Leben. Ihr Haus, mitten im Wald. Keine Nachbarn, kein Lärm, die Stille die sie genießt. Ihre Küche, sauber und nur mit dem nötigsten bestückt. Sie vermisst nichts.

Doch da steht dann Esther vor ihrer Tür und will sie mit aller Gewalt zu sich holen. Denn wer möchte denn Weihnachten schon alleine sein. So trinkt man Tee, redet und beide wünschen sich die Szene und das Kammerspiel dieser beenden zu können. Denn Sue möchte ihre Ruhe und Esther, Esther ist besonders. So sehr sie ihre Schwester mitnehmen will, flüchten von diesem komischen Ort, mit in ihre chaotische aber liebevolle Wohnung. Zu ihren tollen Kindern und ihren tollen Mann. Ja, da gibt es nur ein Problem. Die Gedanken an das Weihnachtsfest aus dem Vorjahr….

Das Buch beginnt im Wechsel mit Sue und Esther, wir erleben zwei Schwestern mit vollkommen unterschiedlichen Lebensstilen und Ansichten wie sie die Feiertage und ihr Leben generell verbringen möchten. Der Neid, der Frust, die Aggressionen, das Unausgesprochene von der Kindheit bis heute soll sich nach und nach zeigen. So springt der Leser gerade im ersten drittel des Buches immer zwischen den beiden Frauen hin und her und überlegt welche nicht psychisch angeknackst ist und in ihren Gedankengang noch normal erscheint. So wechselt auch die Sympathie von Kapitel zu Kapitel.

Mit dem mittleren Teil erfährt der Leser die Ansichten von Martin und rutscht immer tiefer in das Familiendrama, welches schon in der Kindheit der beiden damaligen Mädchen begonnen hat. Doch es ist alles, aber nicht schwarz und weiß. Denn immer neue Geheimnisse und Geständnisse führen zu einem immensen Druck im Buch, bis es zum großen Knall kommen musste.

Es ist sehr schnell und flüssig zu lesen, die Kapitel teilweise nur zwei Seiten lang, so dass man durch die damit verbundene Spannung und der Neugier der Entwicklung dies kaum aus den Händen geben will. Alles in allem ist es eine tolle und spannende Geschichte, wie weit die toxische Beziehung zweier Schwestern gehen kann. Aber ein Thriller ist es leider nicht. Hierfür fehlen die nötigen Aspekte. Ich kann dennoch eine Leseempfehlung aussprechen, denn Mord und Misshandlung, welche oftmals Teil eines Thrillers sind, können auch auf psychologischer Ebene stattfinden und dies hat die Autorin hier sehr gut rübergebracht.