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Veröffentlicht am 28.03.2023

Gedankenlabyrinth

Das Vorkommnis
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Eine Schriftstellerin (die wie die meisten Figuren im Buch namenlos bleibt) trifft nach einer Lesung auf die Frau, die sich als ihre Halbschwester vorstellt. Dieses Vorkommnis löst Fragen in ihr aus: über ...

Eine Schriftstellerin (die wie die meisten Figuren im Buch namenlos bleibt) trifft nach einer Lesung auf die Frau, die sich als ihre Halbschwester vorstellt. Dieses Vorkommnis löst Fragen in ihr aus: über Familie, Vergangenheit, ihr eigenes Leben.

Julia Schoch beschreibt in diesem autofiktionalen Roman gekonnt die Gedankenwelt der Ich-Erzählerin. Das meisterhafte Sprachgefühl der Autorin sorgt dafür, dass sich die knapp 200 Seiten flüssig und mit Genuss lesen lassen.

Das Buch zeigt anschaulich, was eine flüchtige Begegnung alles bewirken kann und ich bin gespannt den Gedankengängen gefolgt, nicht zuletzt weil ich selbst gerne alles bis ins kleinste Detail zerdenke.
Nach und nach wird alles immer weiter infrage gestellt und die Gedanken werden immer abstruser; es kommen Zweifel an ihr selbst, der eigenen Familie, sogar der Wahrheit an sich, auf.

Dies ist auch meine größte Kritik: Irgendwann war ich an einem Punkt, an dem ich die Protagonistin gerne durchgerüttelt hätte. Sie stand sich selbst dermaßen im Weg und statt alles jahrelang zu überdenken, hätte ich mir gewünscht, dass sie endlich mit den anderen Personen spricht und tätig wird, um ihre Fragen zu beantworten.
Und auch wenn es ein kurzweiliges Vergnügen war, mit ihr durch das Gedankenlabyrinth zu irren, hätte ich etwas mehr Handlung vorgezogen.

Dies ist der erste Teil einer Trilogie und trotz meiner Kritik werde ich die anderen Bände noch lesen - schon allein um des Schreibstils willen.

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Veröffentlicht am 20.05.2025

Humoristisch mit Anspruch

Nincshof
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Nincshof ist ein Dorf wie jedes andere. Na ja, fast. Denn während andere Dörfer versuchen Touristen anzulocken, möchten die Nincshofer vergessen werden. Da passt es natürlich überhaupt nicht in den Plan, ...

Nincshof ist ein Dorf wie jedes andere. Na ja, fast. Denn während andere Dörfer versuchen Touristen anzulocken, möchten die Nincshofer vergessen werden. Da passt es natürlich überhaupt nicht in den Plan, dass eine bekannte Filmemacherin einzieht und neugierige Fragen stellt.

Mit humorvollen Büchern ist es ja immer so eine Sache: entweder teilt man den Humor oder eben nicht. Bei mir war größtenteils zweiteres der Fall.
Ich wollte den Roman so gern mögen, doch leider hat er mich nicht wirklich überzeugt.
Der Schreibstil ist sehr angenehm literarisch und so habe ich mich schnell auf die Geschichte eingelassen, bin gern auf Johanna Sebauers Finten hereingefallen und habe sowohl Pusztafeigen als auch Irrziegen gegoogelt.
Die Figuren haben alle ihre skurrilen Eigenarten, dafür fehlt es ihnen etwas an Tiefe. Die Handlung ist teilweise etwas zäh und wird eigentlich durch den Humor getragen - der mich aber wie gesagt nicht erreicht hat. So habe ich mich stellenweise etwas gelangweilt.
Ich empfehle es allen Fans von Büchern, die zum Schmunzeln sind, aber dennoch einen gewissen Anspruch haben. ⭐️3/5⭐️

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Veröffentlicht am 05.05.2025

Wie ein oberflächlicher Actionfilm

Von hier bis zum Anfang
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“Von hier bis zum Anfang” ist ein hochgelobtes und vielfach ausgezeichnetes Buch. Es bietet viele gute Ansätze, würde meiner Meinung nach aber besser als Film funktionieren.

Erzählt wird die Geschichte ...

“Von hier bis zum Anfang” ist ein hochgelobtes und vielfach ausgezeichnetes Buch. Es bietet viele gute Ansätze, würde meiner Meinung nach aber besser als Film funktionieren.

Erzählt wird die Geschichte aus zwei Perspektiven: Walk, der beste Kindheitsfreund des Mörders, heute selbst Polizist und Duchess, Stars 15-jährige Tochter. Eigentlich zwei Erzählerinnen, die viel erlebt haben, doch leider ist deren Bericht sehr emotionslos und die Darstellung ihrer selbst eher eindimensional.

Was mich aber viel mehr gestört hat, waren folgende Punkte: Die ganze Handlung besteht aus Rache und Selbstjustiz, zwei Dingen, denen ich nicht viel abgewinnen kann und die den ganzen Raum einnehmen in einer Story, die so viel mehr geboten hätte (und nebenbei sehr glorifiziert werden).
Außerdem sind die Charaktere ziemlich eindeutig in Gut und Böse aufgeteilt (und bleiben es auch bis zum Schluss), dieses facettenlose Schwarz-Weiß-Denken zieht sich durch das gesamte Buch.
Geschmückt wird das Ganze dann noch mit völlig überbordender Dramatik, Schusswaffen, an den Haaren herbeigezogenen Zufällen und noch mehr Schusswaffen - falls jemandem noch nicht klar war, dass das Buch in den USA spielt.

Mir persönlich war das alles etwas zu drüber, Logik und literarischer Anspruch sind dafür etappenweise auf der Strecke geblieben. Als Film könnte ich es mir wie gesagt aber ganz gut vorstellen. ⭐️3/5⭐️

Übersetzt von Conny Lösch

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Veröffentlicht am 14.04.2025

Wichtiges Thema, etwas triviale Umsetzung

Das Comeback
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Teeniestar Grace Turner ist nur einen Film von ihrem großen Durchbruch entfernt.
Dann verschwindet sie für ein ganzes Jahr aus Hollywood. Niemand weiß, warum oder wohin.
Plötzlich ist sie zurück: Und sie ...

Teeniestar Grace Turner ist nur einen Film von ihrem großen Durchbruch entfernt.
Dann verschwindet sie für ein ganzes Jahr aus Hollywood. Niemand weiß, warum oder wohin.
Plötzlich ist sie zurück: Und sie will endlich selbstbestimmt arbeiten, endlich von dem Mann loskommen, der jahrelang seine Macht missbraucht und sie manipuliert hat.

Ella Berman hat mit “Das Comeback” einen Roman hingelegt, der den Puls der Zeit trifft: Eine junge Hollywood-Schauspielerin, die sich endlich aus den Fesseln des manipulativen Produzenten befreien und sie selbst sein will. Berman hatte die Idee schon 2017, kurz bevor die

MeToo-Debatte aufkam und die ganze Welt vom Machtmissbrauch hinter den Kulissen erfolgreicher Produktionen erfuhr.
Sie hat dabei einen simplen Schreibstil, der einen leichten Einstieg und eine gute Lesbarkeit des Buches garantiert und stimmig mit ihrer jungen Protagonistin ist.
Diese Protagonistin, Grace, ist allerdings auch schon mein erster Kritikpunkt: Ich finde sie nicht nahbar, auf über 400 Seiten blieb sie für mich blass wie eine Statistin und ich wurde nicht schlau aus ihr. Ihre Emotionen werden zwar lang und breit aus der Ich-Perspektive geschildert, aber fühlen kann man sie als Leserin nicht. Ihre charakterliche Entwicklung im Laufe des Buches mochte ich allerdings recht gerne.
Auch eine Spannungskurve ist nicht wirklich vorhanden. Einzelne Handlungsstränge plätschern vor sich hin, viele davon unwichtig für die Geschichte und der Höhepunkt, der große Befreiungsschlag Graces, wird künstlich hinausgezögert, sodass sich der Weg dorthin stellenweise sehr zieht.
Da der Roman 2024 erschienen ist und in der Gegenwart spielt, hätte ich mir eine Bezugnahme zu

MeToo gewünscht, auch wenn die Autorin die Idee schon davor hatte. Die Debatte gänzlich außer Acht zu lassen, halte ich für unrealistisch.
Am Ende überschlagen sich die Ereignisse ein wenig und der Schluss kommt nach dem ewigen “Davor” etwas abrupt. Dennoch ist er einigermaßen zufriedenstellend.

Insgesamt spricht “Das Comeback” wichtige Punkte an, allerdings gibt es einige Romane, die gerade das Thema Gaslighting und die damit verbundene Ambivalenz deutlich intensiver und authentischer vermitteln. Auch die Einblicke ins Showbusiness sind eher mau ausgefallen und an einigen Stellen fand ich den Text sehr leidenschaftslos niedergeschrieben. ⭐️3/5⭐️

Übersetzt von Elina Baumbach

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Veröffentlicht am 30.03.2025

Inhaltlich gut, schriftstellerisch eher weniger

Pearly Everlasting
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Tammy Armstrong hat mit “Pearly Everlasting” eine ganz besondere Freundschaft festgehalten. Schauplatz ist ein Holzfällercamp im Kanada der 1930er Jahre. Die Beschreibungen des harten, rauen Lebens im ...

Tammy Armstrong hat mit “Pearly Everlasting” eine ganz besondere Freundschaft festgehalten. Schauplatz ist ein Holzfällercamp im Kanada der 1930er Jahre. Die Beschreibungen des harten, rauen Lebens im Camp sowie die Stimmung unter den Bewohnerinnen wurde sehr lebhaft dargestellt und war für mich persönlich fast das Highlight des Buches. Später landet Pearly auf der Suche nach ihrem Bären in der Stadt und erst dann wird so richtig deutlich, wie fernab von jeglichem (technischen) Fortschritt die Waldarbeiter mit ihren Familien gelebt haben.
Den anschließenden Abenteuerpart der Handlung, also Pearlys Reise allein durch die Wälder, fand ich lediglich mittelmäßig. Er ist weder besonders spannend, noch stimmungsvoll und plätschert ein wenig vor sich hin.
Auch die Darstellung der Beziehung zwischen Pearly und ihrem “Bruder” Bruno ist für meinen Geschmack zu nüchtern. Obwohl mich Tiere in der Literatur sonst oft besonders berühren, wurde ich hier auf emotionaler Ebene nicht angesprochen. Dies gilt allerdings auch für zwischenmenschliche Beziehungen in diesem Roman.

Insgesamt bietet “Pearly Everlasting” zwar das Potential für einen spannenden Abenteuerroman, wirkt auf mich jedoch etwas leidenschaftslos niedergeschrieben. Er bietet interessante historische Einblicke, ging mir persönlich aber überhaupt nicht nahe. ⭐️3/5⭐️

Übersetzt von Peter Torberg

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