Cover-Bild Revanche
20,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Frankfurter Verlagsanstalt
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Erzählende Literatur
  • Seitenzahl: 192
  • Ersterscheinung: 30.08.2019
  • ISBN: 9783627002688
Claire Beyer

Revanche

Tobias Ristow lebt allein in einer komfortablen Terrassenhauswohnung, die er nach dem Abitur von seinem Vater, wie er dachte, generös zur Verfügung gestellt bekommen hat. Dabei war sein Vater ihm gegenüber immer abweisend, bevorzugte die beiden älteren Halbbrüder. Als Ristow damals Unterschriften unter einige Formulare und Verträge setzte, ahnte er nicht, dass dies weitreichende Folgen haben würde. Anders als seine Halbbrüder muss er nicht gleich in der väterlichen Firma antreten, er genießt als »Träumer« der Familie Freiräume, die er weidlich nutzt, bevor er dann doch schließlich Arbeit beim Vater aufnimmt. Beziehungen zu Frauen scheitern an seiner Unentschlossenheit in Lebens- und Liebesdingen, bis er die attraktive, aber kapriziöse Lea Berner kennenlernt und sich eine neue Chance eröffnet. Doch die Sehnsucht nach seinem geliebten Onkel Fritz und die Suche nach den eigenen Wurzeln lässt ihn tiefer in die rätselhaften Verflechtungen der eigenen Familiengeschichte vordringen: Der Bruder seines Vaters verschwand spurlos im selben Moment, in dem seine Mutter bei einem mysteriösen Autounfall ums Leben kam; Ristow war damals sieben Jahre alt. Der Mutterverlust war schrecklich, man sperrte ihn weg in ein Internat, die Suche nach Onkel Fritz hat er dennoch nie aufgegeben. Jetzt, kurz vor seinem 50. Geburtstag, reist er an den Ort, an dem er den Onkel wähnt, um ihm die Frage zu stellen, die ihn seit Jahren umtreibt: War sein Vater sein leiblicher Vater, oder doch vielleicht Fritz?

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 31.10.2019

Väter und Söhne

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Claire Beyers Debütroman Rauken im Jahr 2000 und zuletzt Refugium 2012 haben mich begeistert. Wie immer trägt auch das neueste ihrer sechs Bücher, Revanche, passend zum präzisen, knappen Stil nur ein Wort ...

Claire Beyers Debütroman Rauken im Jahr 2000 und zuletzt Refugium 2012 haben mich begeistert. Wie immer trägt auch das neueste ihrer sechs Bücher, Revanche, passend zum präzisen, knappen Stil nur ein Wort als Titel. Warum alle Titel mit „R“ beginnen, will sie uns erst beim zehnten Buch verraten.

Drei Männer aus drei Generationen der Familie Ristow, Großvater, Vater und Sohn, stehen im Mittelpunkt. Meine Sympathien waren schnell verteilt. Am meisten bewegt hat mich das Schicksal des Großvaters August und dessen Kriegserinnerungen, die er 1952 für seine Söhne Wilhelm und Fritz zu Papier gebracht hat. Den Ersten Weltkrieg verbrachte der junge Bauernsohn aus Pommern als Meldereiter im Frankreich-Feldzug, einer der „kleine[n] Kaiser, die in den Krieg zogen und als zerlumpte Verlierer zurückkehrten…“, kriegsversehrt. Für seine Liebesgeschichte zur Unzeit im Feindesland kann es kein Happy End geben und er erfährt die „absurde Logik des Krieges“ in ihrer schlimmsten Ausprägung. Gerne hätte ich von ihm noch mehr gelesen und bedauere sehr, dass Claire Beyer seinen Teil in der überarbeiteten, nun erschienenen Version gekürzt hat.

Sein Enkel Tobias kommt auch mit knapp 50 „noch immer nicht mit dem Leben zurecht“. Die Mitschuld am Tod eines Freundes, der Unfalltod seiner Mutter und das zeitgleiche plötzliche Verschwinden seines Onkels münden in einem einjährigen Aufenthalt in der Kinder- und Jugendpsychiatrie. Das zutiefst problematische Verhältnis zum Vater, der ihn einem der wenigen vertrauten Momente um das Erbe der Mutter betrogen hat, gefiel mir ebenfalls sehr gut. Als Sohn eines Selfmade-Mannes wie Wilhelm Ristow, der es vom Schlosserlehrling zum erfolgreichen Unternehmer gebracht hat - Motto „mutig, fleißig, unbeugsam“ - und mit zwei älteren Halbbrüdern vor der Nase, hatte Tobias von Geburt an kaum eine Chance. Kein Wunder also, dass er sich den verschwundenen Onkel als Vater herbeifantasiert und dessen Spuren auf Madeira aufnimmt, seine Beziehungen zum weiblichen Geschlecht scheitern und Rachepläne gedeihen. In Raphael, dem pubertierenden Sohn seiner aktuellen Freundin, glaubt er sich in der Einsamkeit seiner Jugend und in seiner schwierigen Vaterbeziehung wiederzuerkennen.

Wäre es bei diesen beiden Themen und Handlungssträngen geblieben, es wäre mir genug gewesen und Revanche hätte wieder das Potential zum Lieblingsbuch gehabt. Mit dem ein oder anderen weiteren Thema scheint mir der Roman mit seinen nur 191 Seiten dann aber doch überfrachtet, sei es die Reise von Tobias und Raphael zu den Schlachtfeldern Nordfrankreichs mit den Ressentiments der Franzosen gegen die Deutschen, die ich selbst so nie erlebt habe, sei es die Idee, die Kriegserlebnisse des Großvaters zum Stoff für ein Computerspiel umzufunktionieren, womit die Brücke vom Meldereiter des Jahres 1916 zum digitalen Nerd der Gegenwart geschlagen wird. Was mir aber wieder sehr gut gefallen hat, ist Claire Beyers leise, einfühlsame Erzählweise und die ebenso pinselstrichartigen wie messerscharfen Beschreibungen von Personen, Begebenheiten oder Natur.