Cover-Bild Liegen
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12,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Rohstoff
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 133
  • Ersterscheinung: 24.11.2022
  • ISBN: 9783751870047
Heike Geißler

Liegen

Eine Übung
Eine Frau liegt. Sie liegt sich durch die Tage und durch die Stadt; liegt, während sie arbeitet, zu Lesungen fährt, Freunde trifft, die Kinder zur Schule bringt, zum Arzt geht. Sie liegt in Gedanken, Büchern und Erinnerungen, liegt vor Bildern, liegt auf thailändischen Bodenmatten und Imbissbänken, in Zugsitzen und Warteräumen; liegt manchmal den Fleißigen im Weg und meistens sich selbst: Warum liegt sie? Ist das noch Widerstand, schon Resignation oder doch eher eine Krankheit? Mit Faulheit darf man das Liegen jedenfalls nicht verwechseln. Angesichts einer Welt, die so eingerichtet ist, dass sie ihre eigenen Möglichkeitsbedingungen lange erschöpft hat und doch unablässig weiter um sich in ihren Untergang kreist, zeichnet Geißlers Liegen. Eine Übung präzise das so abgründige wie manchmal schreiend komische Bild eines Verhaltens, das sich den Festlegungen entzieht. 

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 22.01.2024

So muss Literatur sein

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Bartleby der Schreiber aus der bekannten gleichnamigen Kurzgeschichte von Herman Melville weigert sich Befehle auszuführen und Arbeiten zu verrichten, indem er verkündet: "I would prefer not to".

Die ...

Bartleby der Schreiber aus der bekannten gleichnamigen Kurzgeschichte von Herman Melville weigert sich Befehle auszuführen und Arbeiten zu verrichten, indem er verkündet: "I would prefer not to".

Die Inhaltsangabe zu "Liegen" von Heike Geißler erinnerte mich an diese Kurzgeschichte. Ich dachte, das Liegen könnte eine Art "I would prefer not to" sein. Und das ist es auch. Es ist dem Schuleschwänzen erwachsen, wie die Hauptfigur selbst sagt. Es ist also ein Aufbegehren, ein sich Ausklinken, ein Bruch mit dem System, ein sich in den Weg legen. Das Liegen wird zur Störung.

Gleichzeitig ist es nicht nur desruptiv. Denn es ist auch ein Verstehen wollen. Die Liegende nimmt eine neue Perspektive ein, sie wird zur Beobachterin unserer Welt, die den Geschehnissen von unten hinaufblickend folgt.

Als Leser nehmen wir zusammen mit ihr das wahr, was unsere Welt ausmacht, das, was uns und die Gesellschaft beschäftigt. Wir stehen außerhalb der Masse, haben dank der neuen Position einen weiten Blick auf alles, so scheint es.

Geißler hat mit "Liegen" einen experimentell-essayistischen Text geschrieben, den ich als unheimlich soghaft wahrgenommen habe. Er ist nicht gradlinig, widerspricht sich mitunter scheinbar und findet letztlich doch zur Stimmigkeit. Man muss sich auf dieses Textexperiment einlassen, dann findet man in ihm viele kluge Gedanken und Sätze, die nachhallen.

"Liegen" ist ein Text, der sich abhebt, der sich etwas wagt und mutig ist. So darf, so muss Literatur immer wieder sein.

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