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Veröffentlicht am 22.09.2025

Zerbrochene Träume

Der Absturz
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„Mein Bruder war an seinen Träumen erkrankt.“

Die Geschichte eines Absturzes. Aber kann es überhaupt ein Absturz sein, wenn man von Anfang an ganz unten ist?

Édouard Louis’ neuer Roman beginnt mit einer ...

„Mein Bruder war an seinen Träumen erkrankt.“

Die Geschichte eines Absturzes. Aber kann es überhaupt ein Absturz sein, wenn man von Anfang an ganz unten ist?

Édouard Louis’ neuer Roman beginnt mit einer Szene im Krankenhaus. Sein ältester Bruder liegt auf der Intensivstation. Die Organe haben versagt, im Magen wächst ein Tumor, die Geräte sollen abgestellt werden. Da ist der Bruder gerade mal achtunddreißig Jahre alt.

Schon früh bewegt sich sein Leben zwischen Alkohol, Drogenkonsum, Videospielen und Gewalt. In der Familie gilt er als Versager. Er behält seine Jobs nicht, schlägt seine Partnerinnen und träumt gleichzeitig von einem besseren Leben. Mehrmals erzählt er seiner Familie, er wolle einen Neubeginn wagen, Metzger werden, später Restaurateur. Aber die Träume werden von den Eltern verhöhnt. Niemand nimmt ihn ernst. Seine Träume prallen an der Lieblosigkeit der Eltern und besonders des Stiefvaters ab. Er zerbricht an den Umständen, nicht zuletzt auch an der frühen Trennung seiner Eltern.

„Frage: Ab welchem Moment wird aus Handlungen ein Schicksal?“

„Der Absturz“ ist die Geschichte einer Suche nach Glück, Liebe und Sinn, in der Tragik überwiegt. Doch es gibt auch einige wenige lichte Momente: Beispielsweise wenn Édouard seinen Bruder anruft, weil er es nicht schafft, seine Wohnung zu streichen und der Bruder sofort da ist, um zu helfen. Oder wenn der Bruder alles tut, damit Édouard am Tag der offenen Tür seiner Schule teilnehmen kann, weil er nicht will, dass der junge Bruder so endet wie er.

Und auch darin liegt Tragik: in den zwei Lebenswegen der Brüder. Denn unterschiedlicher könnten zwei Leben wohl kaum sein. Während der jüngere Brüder zur Schule geht, studiert und schließlich ein gefeierter Autor wird, findet der ältere nie einen Halt im Leben.

Nicht nur als LeserIn ist man sich diesen unterschiedlichen Bewegungen von Ab- und Aufstieg bewusst. Der Autor ist es sich sicherlich auch. Für Louis ist das Buch eine Form der Verarbeitung, eine sich Bewusstwerdung der eigenen Beziehung zum Bruder. Denn vor dessen Tod hatten sie jahrelang keinen Kontakt.

„Der Absturz“ erzählt von rauen, harten Lebensrealitäten und er tut dies in literarischer Hinsicht auf solch eine brillante Weise, dass sich mit diesem letzten Buch nicht nur die Entwicklung Louis’ als Autor abzeichnet, sondern dass man als LeserIn auch unbedingt weiterlesen möchte, trotz des Themas, trotz des Schicksals des Bruders. Wie immer also bei Louis: Ein Highlight!

Übersetzt von Sonja Finck.

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Veröffentlicht am 21.08.2025

Belanglos

Moscow Mule
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Karina und Tonya sind Studentinnen im Moskau der Nullerjahre. Es sind ihre Träume, die die beiden miteinander verbinden: Sie wollen ausbrechen und in den Westen auswandern, am liebsten nach Deutschland. ...

Karina und Tonya sind Studentinnen im Moskau der Nullerjahre. Es sind ihre Träume, die die beiden miteinander verbinden: Sie wollen ausbrechen und in den Westen auswandern, am liebsten nach Deutschland. Denn dort, glauben sie, wartet ein besseres Leben auf sie.

Vorab: Ich habe das Buch abgebrochen. Meine Einschätzung bezieht sich also nur auf das erste Drittel des Romans.

Maya Rosa reiht in "Moscow Mule" Episoden aus dem Leben ihrer beiden Hauptfiguren aneinander, die sich treiben lassen und von ihren Hoffnungen für die Zukunft beflügelt werden. Ihr Erwachsenwerden ist verknüpft mit gesellschaftlichen Strukturen, mit einem immer autokratischer werdenden Russland, mit familiären Umständen, mit dem Wunsch nach Freiheit und mit dem großen Drang nach Unbändigkeit.

All das wirkt jedoch unausgereift und wird nur oberflächlich wiedergegeben. Der Geschichte fehlt es an Tiefe, an Inhalt und auch in sprachlicher Hinsicht fehlt es meines Erachtens nach an Schliff und Finesse.

Mein Eindruck von den ersten hundert Seiten ist leider von so viel Belanglosigkeit und Langeweile geprägt, dass ich den Roman nicht weiterempfehlen kann.

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Veröffentlicht am 02.06.2025

Verbrechen auf der Autobahn

Der Stau
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Ein Stau auf einer Autobahn. Und ein toter Mann in seinem Auto. Der Mörder muss einer der anderen Autofahrer sein.

Das ist die Ausgangssituation in Jo Furniss' Roman "Der Stau". Die Autorin verlegt das ...

Ein Stau auf einer Autobahn. Und ein toter Mann in seinem Auto. Der Mörder muss einer der anderen Autofahrer sein.

Das ist die Ausgangssituation in Jo Furniss' Roman "Der Stau". Die Autorin verlegt das Verbrechen auf die Autobahn, die durch einen Terroranschlag so abgesperrt ist, dass niemand weg kann. Nicht mal zu Fuß. Als die anderen Autofahrer merken, dass ein Mann tot an seinem Steuer sitzt, übernimmt Billy Kidd das Ruder.

Billy ist Polizistin, hat sich wegen eines traumatischen Vorfalls im Dienst jedoch eine Auszeit in Australien gegönnt. Und nun, gerade erst aus Australien zurück, wird sie wieder ins kalte Wasser des Polizeialltags geworfen: Sie muss herausfinden, wer den toten Fahrer ermordet hat und warum.

"Der Stau" überzeugt mit einer spannenden Grundidee. Die einzelnen Fahrerinnen und Fahrer mit ihren Schicksalen kennenzulernen, die zunächst alle irgendwie in das Verbrechen verstrickt sein könnten, erzeugt eine Spannung, die anhält und die Geschichte vorantreibt. Im letzten Drittel des Buches hätte es meiner Meinung nach ein bisschen mehr Tempo gebraucht. Aber insgesamt ist "Der Stau" ein guter Unterhaltungsroman, den man flott weglesen kann und dabei auch noch Spaß hat.

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Veröffentlicht am 02.06.2025

Ein Schatz im Bücherregal

Unsere Wildbienen
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Dieses Buch ist ein wahrer Schatz und das nicht nur für GärtnerInnen, sondern auch für all diejenigen, die sich für die Natur und ihre Lesewesen interessieren.
"In den Medien spricht man eigentlich nur ...

Dieses Buch ist ein wahrer Schatz und das nicht nur für GärtnerInnen, sondern auch für all diejenigen, die sich für die Natur und ihre Lesewesen interessieren.
"In den Medien spricht man eigentlich nur von einer Biene - der Honigbiene."
Sarah Wyndham Lewis rückt mit "Unsere Wildbienen" eine Bienenart in den Vordergrund, die oft völlig ignoriert wird, nämlich die Wildbiene.
Sie macht ihren LeserInnen die Bedeutung der Wildbienen in unserem Ökosystem bewusst und liefert mit diesem Buch ein ansprechendes, spannendes und informatives Nachschlagewerk, das vor allem bei Garten- und InsektenfreundInnen nicht im Regal fehlen sollte.
Was sind zum Beispiel soziale Bienen? Oder Kuckucksbienen? Und was hören, sehen und schmecken Bienen eigentlich? Sind sie intelligent? Und wie nutzen sie dem Menschen (mal abgesehen vom Honig)? All diesen Fragen und noch vielen weiteren geht die Autorin nach.
Sie zeigt den LeserInnen Wege auf, den Garten bienenfreundlich zu gestalten und zu bepflanzen und stellt im Mittelteil des Buches eine ganze Reihe von Wildbienenarten mit ihren bestimmten Eigenschaften vor.
Das Buch ist übrigens wunderschön illustriert und nicht zuletzt auch deshalb ein wahrer Schatz. Eine große Empfehlung von mir an alle BienenfreundInnen und an die, die es noch werden müssen!

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Veröffentlicht am 02.06.2025

Neues Lieblingskochbuch

Sofra
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Erstmal eins vorneweg: Ich liebe dieses Buch!!
Es stimmt einfach alles: die Fotos, die Rezepte, der persönliche Bezug der Autorin zu den Gerichten... Mich macht es deshalb schon glücklich, das Buch bloß ...

Erstmal eins vorneweg: Ich liebe dieses Buch!!
Es stimmt einfach alles: die Fotos, die Rezepte, der persönliche Bezug der Autorin zu den Gerichten... Mich macht es deshalb schon glücklich, das Buch bloß in die Hand zu nehmen und durchzublättern.
Yelda Yilmaz stellt ihren Leserinnen und Lesern die türkische Küche aus pflanzlicher Perspektive vor. Und es ist so erfrischend, dass "Sofra" zeigt, wie reichhaltig die türkische Küche in veganer Hinsicht ist!
Die Rezepte teilen sich auf in Basics (z.B. Reis, Simit oder Turşu), in Salate, Suppen und Meze, in Snacks, Hauptgericht und schließlich in Desserts. Abgerundet werden sie durch einen Anhang mit Menüvorschlägen und Register.
Für mich ist ganz klar: Dieses Buch werde ich in nächster Zeit nicht nur selbst ständig nutzen, sondern auch oft verschenken. Und ich finde, ihr solltet dasselbe tun!

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