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Veröffentlicht am 01.02.2018

Ein begabtes Kind, ein gestohlener Maserati und der Neffe macht den Moonwalk

Tante Poldi und der schöne Antonio
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Eigentlich wollte Tante Poldi in ihrem Haus in der Via Baronessa auf Sizilien mal in Ruhe über ihr Leben nachdenken und vielleicht ein paar schöne Stunden mit dem ansässigen Kriminalkommissar Montana verbringen. ...

Eigentlich wollte Tante Poldi in ihrem Haus in der Via Baronessa auf Sizilien mal in Ruhe über ihr Leben nachdenken und vielleicht ein paar schöne Stunden mit dem ansässigen Kriminalkommissar Montana verbringen. Daraus wird aber nichts, weil plötzlich ihr Ehemann John aus Tansania vor der Tür steht? Moment mal ... Ja. Die Poldi war mal verheiratet. Nicht nur Montana möchte darüber mehr erfahren. Aber nun ist ihr Schwager Thomas verschwunden und ein afrikanischer Gangsterboss möchte zu gern seinen Koffer wiederhaben. Zehn Millionen Dollar locken allerdings auch die Mafia an. Eine PS-starke Jagd kreuz und quer durch Sizilien beginnt und immerzu taucht ein schöner Antonio auf.

Mario Giordano hat mit seiner urbayerischen Poldi eine Ermittlerin geschaffen, die manchmal zwar schwer zu durchschauen ist, aber hinterher immer alle Fäden entwirrt hat. Die 60-jährige genießt die südländische Lebensart, lässt sich von Montana nicht nur erobern, sondern vor allem auch immer wieder in spannende Ermittlungen hineinziehen. Wo die Polizei nicht weiterkommt, hat garantiert Poldi eine innovative Idee. Immer dabei ist ihr Neffe, dem manche Situation gerne vermeiden würde und der Fahrstil seiner Tante sowieso zu gefährlich ist. Bekanntlich fährt Poldi ja sogar ihren Cinquecento wie einen Boliden und nun hat sie sogar einen Maserati.

In diesem dritten Band bleibt der Autor seinem Erzählstil treu. Aus Sicht des Neffen wird der Fall eingeleitet, bevor es dann schnell die erste Leiche gefunden wird. Mit jeder Seite taucht man als Leser tiefer in die sizilianische Atmosphäre ein. Es wird Wein getrunken, typische Gerichte kommen auf den Tisch und immer wieder kommt die Lebensweise ins Spiel. Einschübe in italienischer Sprache sorgen für noch mehr Lokalkolorit. Gestört wird die Idylle lediglich durch das Verbrechen. Die Jagd nach den Tätern zieht sich durch die gesamte Handlung, wobei auch die Lösung wunderbar italienisch ist. Immer wieder wird der Leser durch Wendungen auf falsche Fährten geschickt. Die Lösung kommt daher recht überraschend.

Die Krimis um die lebenslustige, manchmal auch melancholische Seniorin sind trotz Ritualmorde unblutig. Humorvoll werden die Beweise gesammelt bis aus dem Pulk von Verdächtigen der Mörder identifiziert ist. Zu den Hauptfiguren kann man schnell Sympathie aufbauen. Selbst dem Tod fehlt der Schrecken, wenn er mit seiner Liste mit am Tisch sitzt. Der Schreibstil ist temporeich, leicht und unterhaltsam. Poldi lässt auch immer wieder an ihren Lebensweisheiten und Anekdoten teilhaben. Alles in allem eignet sich die Krimiserie als Urlaubslektüre.

Veröffentlicht am 01.02.2018

Tiger landen auf den Füßen

Woman in Cabin 10
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Laura Blacklock, genannt Lo, bekommt die Chance, als Journalistin über eine Fünf-Sterne-Kreuzfahrt durch die norwegischen Fjorde zu berichten. Es ist eine Bewährungsprobe für die Mutterschutzvertretung ...

Laura Blacklock, genannt Lo, bekommt die Chance, als Journalistin über eine Fünf-Sterne-Kreuzfahrt durch die norwegischen Fjorde zu berichten. Es ist eine Bewährungsprobe für die Mutterschutzvertretung ihrer Chefin. Was sich wie eine traumhafte Chance anhört, entpuppt sich allerdings zu einer lebensgefährlichen Fahrt. Aber von Anfang an.

Ruth Ware hat ihre Protagonistin in ihrem zweiten Thriller als sperrige Person angelegt. Sie beschreibt darin die letzten beiden Septemberwochen in Los Leben. Noch vor Beginn der Reise wird die Journalistin nachts in ihrer Wohnung von einem maskierten Einbrecher überrascht. Schon hier bekommt man den Eindruck von der bildhaften Sprache der Autorin. Man hört das leise Knarzen der Schritte auf dem Fußboden, während sich der in Los Wohnung zu schaffen macht. Ebenso nah ist man dabei, als Lo verletzt wird, sich nur schwer aus einem kleinen Raum befreien kann und sie das Adrenalin wach hält. Allerdings wird nun auch schon klar, dass Lo noch weitere Probleme hat. Ihr Charakter wirkt damit labil und sprunghaft.

Der Hauptstrang der Geschichte spielt auf dem Boot, das für zehn Passagiere eine luxuriöse Unterkunft auf See darstellt. Zu Beginn der Jungfernfahrt lässt Ware einen Steward die Anordnung der Decks und die wichtigsten Gäste beschreiben. Die Zeit auf See wird von Lo in Ich-Form erzählt. Dass es sicher nicht so beschaulich bleibt, lassen zwei Mails erahnen, die nur wenig später in Los Postfach unbeantwortet bleiben. Die Vorausschau wird hier als Spannungselement eingesetzt. Bis man selber allerdings an den Punkt kommt, wo man sich alles zusammenreimen kann, dauert es noch ein paar Abschnitte.

Die Idee, nur eine überschaubare Menge an Verdächtigen für ein Verbrechen zur Verfügung zu haben, ist so alt wie der Krimi selbst. Trotzdem finde ich es immer wieder spannend, wie in einer so kleinen Gruppe so viele Windungen entstehen können, dass sich ein unbedingt Verdächtiger doch wieder als unschuldig erklärt. Wie Lo traut man bald niemandem mehr. Ein versierter Leser wird vielleicht eher auf die einzig mögliche Lösung kommen. Ich habe mich aber von den Wellen tragen lassen und mich auf die Führung durch die Autorin eingelassen. Manche Stellen hätten nicht ganz so ausführlich sein müssen oder sich gar wiederholen, um zu verstehen, wie bedrückend und gleichzeitig aufwühlend die Situation sein muss. Da die Filmrechte bereits verkauft sind, dürfen wir uns auch auf einen Actionfilm im Stil von Die Hard freuen. Beim Lesen habe ich mich jedenfalls gerne auf die Planken der Aurora Borealis begeben und mich von den 350 Seiten gut unterhalten lassen.

Veröffentlicht am 26.09.2017

Oma Ilse behält den Überblick

Vorübergehend verschossen
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Nelli und Tim wollen heiraten. Die Vorbereitungen sind schon fast fertig. Es fehlt eigentlich nur noch ein standesgemäßer Junggesellenabschied. Tim möchte es nochmal so richtig krachen lassen und wird ...

Nelli und Tim wollen heiraten. Die Vorbereitungen sind schon fast fertig. Es fehlt eigentlich nur noch ein standesgemäßer Junggesellenabschied. Tim möchte es nochmal so richtig krachen lassen und wird daher von seiner besten Freundin Doro nach Las Vegas entführt. Es kommt, wie es kommen muss und die beiden kommen nicht mehr pünktlich zurück zur Trauung. Was für jeden anderen das Aus für die Zeremonie bedeutet hätte, wird von Tim durch seinen Zwillingsbruder Felix gerettet. Das Double schafft es, nicht nur die Familie sondern auch Nelli zu täuschen. Nur Oma Ilse durchschaut die Aktion. Aber wer hört schon auf die betagte Dame, die so offensichtlich ein Problem mit den Augen hat.

Anke Maibergs zweiter Roman vermittelt schon beim Anblick des Erdmännchen-Cupidos auf dem blassrosa Cover den richtigen Eindruck der Handlung. Es ist ein turbulenter Liebesroman, in dem die Paare erstmal viele Hürden überwinden müssen, bevor sich alles fügt. Erschwert wird das ganze, indem selbst die Protagonistin die Zwillinge nicht auseinanderhalten kann. Dabei sind sie eigentlich so verschieden in ihrem Verhalten. Ihre Figuren sind stereotyp und lassen leider schon früh ahnen, wie sich die Geschichte entwickelt. Diese fehlende Spannung wird allerdings durch humorvolle Situationen ersetzt, weswegen sich das Lesen lohnt.

Die kurzen Kapitel werden jeweils aus den Perspektiven der vier Hauptakteure beschrieben, wobei der Fokus auf Nelli liegt. Um sie und ihre Gefühle geht es ja schließlich auch. Sie ist die bedauernswerte Person, der schon auf der Hochzeit der Bräutigam ausgetauscht wurde. Hat man anfangs noch Verständnis für Tim, dass er seine Nelli nicht enttäuschen will, kommen immer mehr Zweifel, ob diese Ehe denn überhaupt eine so gute Idee war. Je tiefer man in die Gedankenwelt der Akteure eindringt, desto deutlicher wird es, dass die innerlich gesetzte und vor allem sicherheitsliebende junge Frau keinen spontanen Träumer als Partner braucht. Viel eher wäre der geläuterte Felix der Mann an ihrer Seite, was jedoch mit einem derartigen Vertrauensbruch kaum mehr möglich ist. Es ist ein wirkliches Dilemma.

Der Erzählstil betätigt sofort den Ein-Schalter fürs Kopfkino. Nelli lässt die Leser durch die rosarote Brille blicken, der selbstlos handelnde Felix bedient diesen romantischen Teil, während Tim und Doro das wilde Leben einbringen. Der rote Faden in diesem Buch ist die Suche nach Liebe. Die Umsetzung ist gelungen. Der temporeichen Handlung kann man sich bald nicht mehr entziehen und lässt sich auch gerne treiben. Emotional berührt das Schicksal der getäuschten Braut und man muss wissen, ob sie irgendwann zurücktauschen. Nelli wird hier übrigens erstaunlich realistisch und reift altersgerecht. Alles zusammen ergibt humorvollen Lesespaß.

Veröffentlicht am 23.11.2016

Schatzsuche in Cherringham

Cherringham - Die Nacht der Langfinger
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Die Handlung des vierten Krimis aus der Serie »Cherringham - Landluft kann tödlich sein« ist schnell erzählt. Zwei Dorfbewohner finden eine antike römische Servierplatte. Laut Gesetz müssen sie die Belohnung ...

Die Handlung des vierten Krimis aus der Serie »Cherringham - Landluft kann tödlich sein« ist schnell erzählt. Zwei Dorfbewohner finden eine antike römische Servierplatte. Laut Gesetz müssen sie die Belohnung mit dem Besitzer des Grundstücks und dessen Bewohner teilen. Um den Wert zu ermitteln, wird ein Experte des Britischen Museums hinzugerufen. Der ansässige Archäologe bietet bis dahin seinen Tresor als sicheren Ort vor Diebstahl an. Doch so sicher ist der Schatz dort nicht aufgehoben. Am nächsten Tag muss die Polizei eingeschaltet werden, um die Schale wiederzufinden.

Sarah und Jack sind diesmal nicht auf der Suche nach einem Mörder, sondern nach einem Dieb. Die Polizei ermittelt schnell gegen eine Diebesbande, die schon öfters in der Gegend Wertgegenstände entwendet hat. Aber den beiden Ermittlern fällt noch eine andere Ungereimtheit auf. Für den Leser werden außerdem noch ein gewiefter Professor, eine Vermieterin mit Geldnöten und das Farmerpaar, denen die Ausgaben über den Kopf gewachsen sind, präsentiert. Dadurch bleibt die Lösung lange unklar, sodass sich die Spannung bis zum Ende hält.

Das Autoren-Duo Matthew Costello und Neil Richards lassen erneut das fiktive Dorf Cherringham in den beschaulichen Cotswolds zum Ort des Verbrechens werden. Wie in einer Serie üblich, tauchen bereits bekannte Figuren auf und es kommen neue dazu. Auch die Entwicklung der Hauptfiguren liest sich interessant. Dennoch setzt das Lesen dieses Buchs keine Kenntnisse aus den Vorgängern voraus. Notwendige Informationen fließen in Nebensätzen immer mit ein.

Das Genre Cosy Crime folgt stets dem klassischen Stil. Die Tat erfolgt im ersten Kapitel und danach wird sich durch Ausschlussverfahren an die Lösung herangetastet. Grausame Szenen sucht man vergeblich. Die beiden Drehbuchautoren zeigen hier ihr Können, mit wenigen Worten eine hohe Erzählgeschwindigkeit zu erreichen. Mit eben diesem Erzählstil taucht der Leser auch in die „very british“ Umgebung ab, wird mit typischen Verhaltensweisen konfrontiert und darf sich wohlfühlen. Die Serie wird mit „Letzter Zug nach London“ fortgesetzt. Die gut 100 Seiten umfassenden Krimis haben wirklich Suchtpotential.

Veröffentlicht am 23.11.2016

Eine schwierige Entscheidung

Die Assistentinnen
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Tina ist Assistentin bei Robert, dem wohlhabenden Chef einer Medienfirma. Sie verdient trotz ihres Studiums an der New Yorker Universität nicht so viel, dass sie schuldenfrei leben könnte. Das Leben in ...

Tina ist Assistentin bei Robert, dem wohlhabenden Chef einer Medienfirma. Sie verdient trotz ihres Studiums an der New Yorker Universität nicht so viel, dass sie schuldenfrei leben könnte. Das Leben in der Metropole ist einfach zu teuer. Als sie eines Tages für ihren Chef einen Flug auslegen muss, der hinterher storniert wird, erhält sie die Rückzahlung von der Fluggesellschaft und wegen der firmeninternen Abrechnung außerdem den Scheck über die Auslage. Der Flugpreis ist exakt so hoch wie die Tilgung ihres Studienkredits. Tina ist eigentlich ein ehrlicher Mensch, aber hier kommt sie doch ins Grübeln. Nach drei Wochen löst sie den Scheck ein und bringt so eine Flut aus größeren und kleineren Betrügereien ins Rollen.

Camille Perri hat sich vermutlich aufgrund ihrer Erfahrung als Assistentin so genau in den Alltag ihrer Protagonistin versetzen können. Tina arbeitet hart und hat ständig vor Augen, wie ihr Chef Summen mal eben so ausgibt, die ihr jährliches Gehalt übersteigen. Das wissen, dass es genug Geld gäbe, veranlasst sie, den Scheck einzulösen und damit ihren Studienkredit zu tilgen. Etwas später bekommt sie aber einen Anruf von Emily, die ihr zu verstehen gibt, dass sie weiß, was Tina getan hat. So zwingt sie Tina, weiterhin Belege doppelt abzurechnen. Es stellt sich unweigerlich die Frage, ob ein Betrug entschuldbar ist, wenn damit Ausbildungskosten zurückgezahlt werden oder wenn man sich eine ganze Woche im Spa gönnen möchte. Sicher trägt auch die Erholung anschließend zur guten Arbeitsleistung bei.

Die Autorin lässt Tina zwischen den Stühlen agieren. Sie ist bestrebt, ihr Fehlverhalten nicht zu wiederholen, muss sich aber auch unter dem Druck der Kolleginnen beugen, damit davon nichts bekannt wird. Obendrein stellt Perri ihr den jungen Anwalt Kevin an die Seite, der unverschämt gut aussieht und Interesse an einer Partnerschaft hat. Auch das Verhältnis zu Robert wird persönlicher, sodass es immer schwieriger wird, wenn irgendwann die Wahrheit herauskommt. Die emotionalen Verstrickungen tragen außerdem zu Tinas innerer Zerrissenheit bei. Das Dilemma wird mit viel Humor aus Tinas Sicht erzählt.

Der Schreibstil ist passend zum Thema recht rasant gewählt. Die 240 Seiten des eBooks sind viel zu schnell gelesen, wobei die Geschichte nicht hätte länger sein dürfen. Die Figuren werden je nach Nähe zu Tina mehr oder weniger detailliert beschrieben, sodass ein lebendiges Bild entsteht. Die Konsequenzen sind jeweils plausibel und doch bieten sie noch Platz für Wendungen. Das Debüt der amerikanischen Autorin ist humorvoll unterhaltend und findet daher einen Platz in meinem Bücherregal.