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Veröffentlicht am 07.05.2022

Jungle Bells

Heinz Strunk in Afrika
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Heinz Strunk schwächelt.

Strunk und sein Freund C. fahren jedes Jahr an Weihnachten weg, Hauptsache Meer, Land und Leute egal. Dieses Mal geht es jedoch ins exotische Kenia. Dabei sollte möglichst wenig ...

Heinz Strunk schwächelt.

Strunk und sein Freund C. fahren jedes Jahr an Weihnachten weg, Hauptsache Meer, Land und Leute egal. Dieses Mal geht es jedoch ins exotische Kenia. Dabei sollte möglichst wenig passieren. Der Tagesablauf ist festgelegt und gefüllt mit Strand, Lesen, Essen, Saufen, Spielcasinos und Frauen. Über Armut, Prostitution und Rassismus geht er oberflächlich hinweg. Die Handlung plätschert so dahin und der eine oder andere Herrenwitz kann mir kein Schmunzeln entlocken bis, leider erst im letzten Viertel, die Realität zuschlägt: Weihnachten 2007 finden in Kenia Präsidentschaftswahlen statt und Chaos bricht aus. 1500 Menschen in den Unruhen getötet, in die auch Strunk und C. hineingezogen werden.

Heinz Strunk kann es wesentlich besser, wie er mit "Fleisch ist mein Gemüse" und "Der goldene Handschuh" bewiesen hat.

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Veröffentlicht am 29.04.2022

Culture Clash im Familienformat

Liebesheirat
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Die angehende Ärztin Yasmin, der ganze Stolz ihrer Eltern, und Joe, ein Assistenzarzt, wollen heiraten. Zwei sehr unterschiedliche Familien treffen aufeinander. Auf der einen Seite steht Yasemins Familie, ...

Die angehende Ärztin Yasmin, der ganze Stolz ihrer Eltern, und Joe, ein Assistenzarzt, wollen heiraten. Zwei sehr unterschiedliche Familien treffen aufeinander. Auf der einen Seite steht Yasemins Familie, die Ghoramis. Die Eltern sind vor 30 Jahren aus Kalkutta nach London emigriert, wo sie nun angepasst mit Yasemin und ihrem Bruder Arif leben. Auf der anderen Seite Joes gutbürgerliche und wohlhabende Familie, die aus seiner alleinerziehenden und feministischen Mutter Harriet besteht. Doch das erste Zusammentreffen der Familie birgt keine Desaster oder Missverständnisse, sondern ist v.a. von der freundschaftlichen Annäherung beider Mütter geprägt.
Monica Ali schrieb in einem Pressetext, dass sie sich bei der romantischen Vorstellung einer interkulturellen Liebesheirat von Jane Austen inspirieren ließ.

Monica Ali schafft es nun geschickt mit jeder Seite tiefer einzutauchen, indem sie aktuelle Themen aus dem Jahr 2016, das v.a. im Zeichen des Brexits stand, wie z.B. Postkolonialismus, Rassismus, Emanzipation usw. einbezieht. Dabei verzettelt sie sich leider in der Auswahl etwas, indem sie zu viele Missstände anschneidet: Pflegenotstand, Burnout, Social Media, Online Dating, Sexsucht usw. Besonders gut gefällt mir jedoch Alis Haltung, selbst gebürtige Britin mit Migrationshintergrund, zu diesen Themen, die sie von allen Seiten sehr kritisch beleuchtet, ganz ohne erhobenen Zeigefinger. Ihre Figuren fallen aus den Rollenklischees heraus und machen Veränderungen durch.

Mich hat Monica Alis Comeback und ihr Aufruf zu mehr Toleranz sehr gut unterhalten.

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Veröffentlicht am 04.04.2022

Ein Salat ist ein Lebensstil

New York und der Rest der Welt
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Meines Erachtens geht Lebowitz Zeitlosigkeit bei diesem Buch nicht immer auf. Die Texte sind in den 70er und 80er Jahre geschrieben worden und mir fehlt zum Teil der aktuelle Bezug, auch wenn Lebowitz, ...

Meines Erachtens geht Lebowitz Zeitlosigkeit bei diesem Buch nicht immer auf. Die Texte sind in den 70er und 80er Jahre geschrieben worden und mir fehlt zum Teil der aktuelle Bezug, auch wenn Lebowitz, die selbst weder Handy noch Laptop besitzt, dies sicherlich verneinen würde. Zwischenmenschliche Beziehungen, Anschauungen, Politik und Humor können sich jedoch ändern und das ist auch gut so. Abgesehen davon ist das Lesen ihrer Texte ein Genuss. Sie schreibt auf den Punkt, entlarvt und bezieht ganz subtil Stellung, mal mit einem Augenzwinkern, mal mit einem echten Seitenhieb, der auch mal weh tut und genau dafür schätze ich sie.

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Veröffentlicht am 04.04.2022

Alles Dunkel dieser Welt

Sing backwards and weep
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Natürlich habe auch ich in den 90ern Grunge gehört, weil es neu und anders war, allerdings war ich kein großer Fan und die Destruktivität, die bei vielen Musikern in Drogenabhängigkeit und sogar Tod endete, ...

Natürlich habe auch ich in den 90ern Grunge gehört, weil es neu und anders war, allerdings war ich kein großer Fan und die Destruktivität, die bei vielen Musikern in Drogenabhängigkeit und sogar Tod endete, schreckte mich ab und widerte mich an. Auf Mark Lanegan wurde ich jedoch immer wieder aufmerksam und zuletzt aufgrund eines sehr traurigen Ereignisses, sein Tod mit 57 Jahren. Nein, er ist nicht an einer Überdosis gestorben, sondern an den Folgen einer Covid-Infektion. Erst im Dezember 2021 war "Devil in a Coma" erschienen. Darin berichtet Lanegan über seinen Kampf mit der tückischen Viruserkrankung.

Mark Lanegan ist nicht nur ein großartiger Sänger, dessen Bariton einem das Blut in den Adern gefrieren lässt, sondern auch ein genialer Songwriter.
Beeindruckt hat er mich mit seiner Interpretation des Dylan's Songs "Man in the long black coat" in der Biopic "I'm not there" oder Gastauftritte bei Nick Cave. Des Weiteren hat er drei bemerkenswert Alben mit der britischen Sägerin Isobel Campbell aufgenommen.

Ich habe die Autobiografie "Sing backwards and weep" in einem Rutsch durchgelesen, so zog sie mich in ihren Band. Lanegan hatte, im Gegensatz zu vielen Kolleg:innen, keinen Ghostwriter. In Interviews berichtet er, wie schwierig das Schreiben für ihn war, weil er diese Zeit, die v.a. von seiner Drogenabhängigkeit geprägt war, noch einmal durchleben musste. Auch der Leserin und dem Leser muss klar sein, dass das Buch v.a. über Lanegans Zeit mit den Screaming Trees handelt und von den wilden Seiten erzählt. Diese Jahre haben nun den größten Teil seines Lebens ausgemacht und er hat vermutlich so viel erlebt, um es auf mehrere Leben aufzuteilen. Das Buch hat nicht umsonst fast 500 Seiten.

Die Biografie ist auch als Hörbuch erhältlich, von Mark Lanegan selbst gelesen. Ich hab einige Kapitel auf audible gehört und kann es empfehlen. Zum einen ist es durch Lanegans Stimme sehr authentisch, zum anderen kommt die Message 1:1 an. Eine Übersetzung, und ist sie noch so gut, hat nie die gleiche Authentizität.

Eine Autobiografie für Insider und Fans, sehr lesenswert und tief beeindruckend.

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Veröffentlicht am 03.04.2022

Die Stadt der Mode

Die Muse von Dior
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Ich lese bzw. höre sehr gerne historische Romane über außergewöhnliche Frauen. Die Mischung zwischen Fiktion und Fakten macht mich neugierig, so dass ich auch immer selbst über die jeweilige Protagonistin ...

Ich lese bzw. höre sehr gerne historische Romane über außergewöhnliche Frauen. Die Mischung zwischen Fiktion und Fakten macht mich neugierig, so dass ich auch immer selbst über die jeweilige Protagonistin recherchiere.

In diesem Fall war das jedoch kaum möglich. Ich konnte nur wenige Informationen zu einer jungen Amerikanerin finden, die Christian Dior während des 2. Weltkrieges unterstützt hätte. Ich bin allerdings auf Elizabeth "Lee" Miller gestoßen, auch Lady Penrose genannt, die während dieser Zeit als amerikanische Fotojournalistin und Kriegsfotografin in Europa lebte. Sie hatte Kontakte zur Vogue und arbeitete auch kurze Zeit als Modell. Ich konnte aber keinen Zusammenhang zwischen Lee Miller und Marius Gabriels Roman feststellen.

Bei meiner Recherche bin ich auf einen weiteren Roman über eine Muse von Dior gestoßen mit dem Titel "Merci, Monsieur Dior" von Agnès Gabriel.

Beide Handlungen spielen in den 1940er Jahren, die Musen haben jedoch ganz unterschiedlicher Herkunft. Interessant ist, dass der Nachname beider Autoren Gabriel ist. Zufall?

Svenja Pages liest gekonnt und haucht Copper Leben ein. Ich bin jedoch keine Freundin von unterschiedlichen Stimmlagen und das Sprechen war gerade noch so, dass es mich nicht zu sehr störte.

Die Dialoge sind leider schwerfällig und unnatürlich, behindern dadurch den eigentlich leichten Erzählfluss.

Abgesehen davon ist "Die Muse von Dior" ein kurzweiliges (Hör)buch, das ein aussagekräftiges Bild der Zeit im gerade befreiten Paris sehr gut darstellt und dadurch weit mehr bietet als nur die Beziehung zwischen Dior und Copper.

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