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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 30.07.2023

Im Nachgang seltsam ungreifbar

All die Liebenden der Nacht
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Fuyuko ist als als Korrekturleserin in einem Verlag angestellt. Sie hat nicht viele soziale Kontakte, auf der Arbeit wird die Außenseiterin eher gemieden. Als ihre Kollegin Hijiri empfiehlt sich selbstständig ...

Fuyuko ist als als Korrekturleserin in einem Verlag angestellt. Sie hat nicht viele soziale Kontakte, auf der Arbeit wird die Außenseiterin eher gemieden. Als ihre Kollegin Hijiri empfiehlt sich selbstständig zu machen, folgt sie dem Ratschlag, der sie jedoch noch etwas weiter in die soziale Einsamkeit treibt. Nur die gelegentlichen Treffen mit Hijiri bringen die zurückgezogene Fuyuko aus ihrer Wohnung.
Eines Tages besucht sie die Volkshochschule, da sie mit ihrer Freizeit einfach nichts anzufangen weiß. Sie fragt sich, ob sie mit Alkohol etwas gelockerter auf die Menschen zugehen könnte, aber schnell wird aus einem abendlichen Bier eine sie stets begleitende Thermoflasche gefüllt mit Sake. So kommt es, dass sie in einem Moment schlimmster Selbstdemütigung, als sie es mit dem Alkohol übertrieben hat, im Foyer der Volkshochschule auf den Physikdozenten Mitsutsuka trifft. Die beiden sind fasziniert vom Licht, und gelegentlich treffen sie sich auf einen Kaffee, um sich auszutauschen. Bald schon stellt sich Fuyuko die Frage, ob Mitsutsuka die Leere in der Mitte ihres Lebens füllen könnte.

Kawakami knüpft mit "All die Liebenden der Nacht" an ihre Tradition an, ein Bild der japanischen Gesellschaft nachzuzeichnen. Darin liegt ihre Stärke, und doch blieb der Roman im Nachgang seltsam ungreifbar, so als ob Fuyuko geradewegs aus meiner Erinnerung in ihre Nacht spaziert.

Veröffentlicht am 30.07.2023

Wenn in Europa das geglaube Glück wohnt...

Barfuß in Deutschland
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Nach dem Tod ihrer Mutter träumt Mutoni von einem Leben in Europa. In Ruanda hält sie nichts mehr, nachdem ihre Schwester überstürzt nach Dubai aufgebrochen ist, um ihrerseits ein besseres Leben zu finden.
Durch ...

Nach dem Tod ihrer Mutter träumt Mutoni von einem Leben in Europa. In Ruanda hält sie nichts mehr, nachdem ihre Schwester überstürzt nach Dubai aufgebrochen ist, um ihrerseits ein besseres Leben zu finden.
Durch eine frühere Freundin wird Mutoni ein Kontakt mit einem wohlhabenden Mann in Deutschland vermittelt. In dem Glauben, dass Sebastian ihr Freund wird und ihr ein gutes Leben ermöglichen wird, macht Mutoni sich in den deutschen Winter auf. Kälter als das Wetter ist die gewaltvolle und ausbeuterische Situation, die Mutoni erwartet.
Sie kann sich aus ihrer Zwangslage befreien, irrt barfuß durch Hamburg und findet wie durch ein Wunder eine unerwartete Hilfe. Nur weit weg von Hamburg will sie und die schlimmen Erlebnisse vergessen. Mit der Zeit kommt Mutoni in Deutschland an, lernt Menschen und Kultur kennen. Es sieht aus, als könnten ihre Wunden heilen. Allerdings erkennt Mutoni, dass die Leute gewisse Ressentiments gegen sie haben. Der jungen Frau, die in Ruanda studiert hat und als gebildet gilt, wird in Deutschland lediglich ein Pflegejob zugetraut. Mutoni kommt an den Punkt, an dem sie sich fragt, ob Europa wirklich das Paradies ist, für das sie es gehalten hat.

So richtig weiß ich nicht, was ich im Nachgang von diesem Buch halten soll, obwohl ich es schon gut fand. Für mich kommt Mutoni vom Regen in die Taufe, was daran liegt, dass sich sich Mutonis Vorsicht zu Naivität wandelt, je näher ihre Reise nach Europa rückt. Die helfenden Hände, denen sie sich anvertraut, wägen mal mehr, mal weniger offensichtlich immer auch die Investition für ihre Bemühungen ab. Aus der Gesamtsumme dessen, was Mutoni widerfährt, zieht sie das möglichst Positive, das sie nach der letzten Seite, dem Fokus der Leser:innen entrückt, hoffentlich glücklich macht.

Veröffentlicht am 30.07.2023

Trans*sein und Familie

Detransition, Baby
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Reese hat sämtliche Beziehungsmodelle durch, die man sich nur vorstellen kann. Erst als sie Amy kennenlernt, kann sie zur Ruhe kommen. Sie leben als glückliches Paar, was den beiden trans Frauen jedoch ...

Reese hat sämtliche Beziehungsmodelle durch, die man sich nur vorstellen kann. Erst als sie Amy kennenlernt, kann sie zur Ruhe kommen. Sie leben als glückliches Paar, was den beiden trans Frauen jedoch fehlt, ist die Möglichkeit eine Familie zu sein. Doch Amy entscheidet sich dazu, wieder als Mann zu leben, die Liebe zerbricht daran.
Einige Jahre später, Amy lebt mittlerweile unter dem Namen, schwängert er seine Chefin Katrina. Doch die Aussicht ein Elternteil zu sein, so schön sie früher war, löst in Ames nun eine bange Unsicherheit aus. Reese, die für Amy zugleich Mutter und Partnerin war, kommt Ames in den Sinn und damit eine radikale Idee - das Baby als Dreiergespann großzuziehen. Doch besteht dazu eine Chance? Wird Reese überhaupt noch mit Ames reden? Würde Katrina als Kindsmutter diesen Gedanken nicht anmaßend finden? Ames muss zumindest versuchen, seine Idee an die beiden Frauen heranzutragen.

Torrey Peters wagt in ihrem Debütroman ein progressives Gedankenexperiment, mit dem sie die gängige Familienkonstellation ablöst. Das Dasein der trans Frauen, was diese umtreibt, ihre Beweggründe, ihre Sehnsüchte, das alles schildert die Autorin in einer Art, in der ich nie über das Thema nachgedacht hätte. Ich habe mir Fragen gestellt, wie wäre es nicht toll, als Kind das Beste aus beiden Welten zu bekommen? Eine Mutter, die die Antriebe und Ängste der Männer aus erster Hand kennt? Wenn es eine fiktive Maßeinheit gäbe, um wie vieles weiblicher will eine trans Frau sein, um die Rudimente ihres früheren Lebens zu überwinden, und wann ist sie für die Gesellschaft weiblich genug? Ich entschuldige mich, wenn diese Fragen unangemessen sind, was ich eigentlich ausdrücken möchte, ist dass dieses Buch über die eigentliche Geschichte hinaus etwas in mir bewegt hat.

Veröffentlicht am 30.07.2023

Bitte unbedingt lesen!

Backlash - Die neue Gewalt gegen Frauen
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In den letzten Jahrzehnten hat der feministische Kampf für mehr Gleichstellung gesorgt. Seit einigen Jahren lässt sich eine Rückwärtsbewegung beobachten; in den USA werden Abtreibungsrechte abgeschafft, ...

In den letzten Jahrzehnten hat der feministische Kampf für mehr Gleichstellung gesorgt. Seit einigen Jahren lässt sich eine Rückwärtsbewegung beobachten; in den USA werden Abtreibungsrechte abgeschafft, ein Anstieg häuslicher Gewalt ist zu beobachten, ebenso ein Anstieg von Femiziden, und auf TikTok gehen Tötungsphantasien an Frauen viral.
Je präsenter Frauen in hochrangigen Positionen wie Unternehmensvorständen oder der Politik sind, desto größer ist der Backlash gegen Gleichberechtigungserfolge. In der Anonymität des Internets äußert sich die Misogynie in Hate Speech. Organisierte Netzwerke aus Maskulisten kämpfen um die digitale Öffentlichkeit und machen es sich zur Aufgabe, den Feminismus zu stürzen und vielfältige Genderkategorien abzuschaffen, denn Männlichkeit ist nur in einem binären System überlegen. Jede zweite Frau traut sich nicht mehr, in den Sozialen Medien ihre Meinung zu äußern. Wer dabei aber glaubt, dass das Problem lediglich von einer proletarischen Minderheit ausgeht, der irrt: Immer mehr Akademiker zeichnen nach außen ein progressives Bild und fürchten den Erfolg ihrer aufsteigenden Partnerinnen mit weitreichenden Folgen. Susanne Kaiser hat in ihrem Buch (leider) reichlich Beispiele gesammelt. Warum das Ganze? - Es geht um Kontrolle und Kontrollverlust, um patriarchale Macht über Frauen.

Ich wünschte, ich könnte all die richtigen Worte äußern, um dieses so wichtige Sachbuch in seinen Facetten zu beschreiben. „Backlash. Die neue Gewalt gegen Frauen“ enthält so viele Informationen, Erzählungen mit so viel Wutpotenzial, es ist gar nicht möglich, die hohe Relevanz des Buches in wenige Worte zu verpacken. Jede Wort aus Kaisers Buch ist wichtig, denn jedes ist eine Warnung, unsere Gleichberechtigung und Rechte zu verteidigen!

Veröffentlicht am 30.07.2023

Superwitzig!

Quest Kids - (K)ein Auftrag für Anfänger
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Ned ist der Anführer der mäßig erfolgreichen Quest Kids. Die Gruppe besteht aus Gil, einem Zauberschüler mit angeklebtem Bart; Boulder, einer mächtig starken Felskreatur; Terra der 700 Jahre alten Elfe ...

Ned ist der Anführer der mäßig erfolgreichen Quest Kids. Die Gruppe besteht aus Gil, einem Zauberschüler mit angeklebtem Bart; Boulder, einer mächtig starken Felskreatur; Terra der 700 Jahre alten Elfe und Ash, ein niedlichen Hundschweinding. Das einzige, worin die Quest Kids bisher richtig gut sind, ist versehentlich Dörfer von gigantischen Bestien zerstören oder abfackeln zu lassen. Als nun ein Drache, den sie echt verflucht wütend gemacht haben, droht mit seinem Feueratem das Dorf zu zerstören, in dem es echt leckere Donuts gibt, haben die Quest Kids ihren ersten richtigen Auftrag: Sie werden das Dorf retten, indem sie eine Bestie mit einem goldenen Fell finden, um aus den Haaren einen stylischen Jogginganzug fertigen zu lassen, denn nur dann wird der Drache davon ablassen, das Dorf in Schutt und Asche zu legen. Und so machen sich die Quest Kids auf den Weg durch einen unsichtbaren Wald, in dem sie sich jede Menge Beulen und blauer Flecke holen, treffen den Sensenmann bei einer Überfahrt durch einen Fluss und begegnen einem eigensinnigen kleinen Volk. Die größte Überraschung ist aber vielleicht, dass die Quest Kids herausfinden, was in ihrem Hundschweinding so alles steckt!

Da hat Mark Leiknes mit seinen "Quest Kids" aber ein paar gehörige Lachsalven abgeschossen! Der Comicroman ist echt witzig, da musste auch ich ein paar Mal hörbar in mich reingrinsen. Bestimmt nicht nur für Fans von "Greg's Tagebuch" oder "Lotta-Leben", aber mit die ersten, die mir einfallen, wenn ich das Buch an eine Zielgruppe empfehlen sollte. Das Buch ist für einen Comicroman ungewöhnlich dick mit fast 330 Seiten und bietet sicher ein Erfolgserlebnis für Kinder, die sich von der Dicke mancher Bücher überfordert fühlen. Jedenfalls ist es so unterhaltsam, dass man nur so durch die Seiten rast!