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Veröffentlicht am 12.10.2025

Das Buch hätte länger sein dürfen.

Anti
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Maja lebt eine alternative Kindheit in den 70er Jahren. Sie wird von ihren Studi-Eltern antiautoritär erzogen, Verbieten ist verboten; sie geht nicht nur mit ihren Eltern auf Demos, sondern da auch manchmal ...

Maja lebt eine alternative Kindheit in den 70er Jahren. Sie wird von ihren Studi-Eltern antiautoritär erzogen, Verbieten ist verboten; sie geht nicht nur mit ihren Eltern auf Demos, sondern da auch manchmal verloren; und Maja besucht einen Hort, in dem die Kinder selbstständiges Handeln lernen, indem sie ihre eigene Währung drucken und den Kapitalismus durch Tauschgeschäfte nachahmen und verstehen.
Dass diese antiautoritäre Erziehung aneckt, merkt Maja dann erstmals, als sie in die Schule kommt. Ihre Mutter bereitet sie bereits darauf vor, dass es in der Schule anders, konservativ zugeht, dass Maja sich aber nichts gefallen lassen soll. Mit diesem Zuspruch lässt sie sich auch nicht unterkriegen, nicht von den Gehorsam fordernden Lehrkräften und auch nicht von den anderen Kindern in der Klasse, welche die „Schmuddelkinder“ abzuwerten und auszugrenzen versuchen.
Und dann kommt für Maja und ihre antiautoritäten Freund:innen der Tag, an dem sie auch gegen ihre Eltern aufbegehren, als es um eine Hausbesetzung geht.

In simpler Sprache, die Majas Lebensalter nachempfinden soll, ist der Roman schnell erzählt. Zu schnell für meinen Geschmack. Klar, alles ist irgendwie aus Majas kindlicher Realität erzählt, nur manchmal waren mir die Sprünge in der Geschichte zu ruckartig, und insgesamt hätte ich mir die Geschichte etwas länger gewünscht, weil sie mir auch zu abrupt endet. Wäre die Schriftart des Buches etwas kleiner gewählt, hätte bei selber Seitenanzahl noch ein wenig mehr von Majas Leben aus späteren Jahren gepasst. Denn nicht nur einen Einblick in Majas erste Lebensjahre, sondern wie sich das weitere Leben unter autoritärer Erziehung gestaltet, das hätte mich auch noch sehr interessiert.
Abschließend kann ich sagen: Ich fand das Buch gut, hätte es aber mit späteren Perspektiven der Protagonistin noch besser gefunden.

Veröffentlicht am 12.10.2025

Nicht zuende gelesen

Zu viele Männer
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Puh, ja, ich hänge mit meinen Rezensionen ja momentan massiv hinterher, und eigentlich wird dies auch gar keine wirkliche Rezension, weil ich das Septemberbuch des feministischen Buchclubs nicht fertig ...

Puh, ja, ich hänge mit meinen Rezensionen ja momentan massiv hinterher, und eigentlich wird dies auch gar keine wirkliche Rezension, weil ich das Septemberbuch des feministischen Buchclubs nicht fertig gelesen habe. Das hing zum einen mit vorangegangenen Terminfindungsschwierigkeiten zusammen, und dann hatte ich zu spät mit dem Lesen begonnen, um noch eine reelle Chance zu haben, es auch zu beenden.
Es ging um Lily Bretts „Zu viele Männer“. Es ist 1989, die Berliner Mauer fällt, die Sowjetunion zerbricht, und die New Yorkerin Ruth möchte zusammen mit ihrem alten Herrn Papa Edek nach Polen, um ihre jüdischen Wurzeln zu erkunden und Antworten auf viele ungelöste Fragen ihres Lebens zu finden.
Ruth und Edek kommen in Polen an, ihr erstes Ziel Lodz, und mit ihrer Ankunft taucht in Ruths Ohr die Stimme eines Fremden auf, der sich als Geist eines Funktionärs aus dem Dritten Reich vorstellt.

Bis ungefähr zu jener Stelle habe ich gelesen, bis unser Buchclubtreffen anstand. Was ich an dem Buch mochte, waren vor allem die Momente, die Ruth mit ihrem Vater Edek in den Speisesälen der Hotels verbracht hat; der Vater, der nie wirklich Hunger hatte und dann doch mehrmals das Büfett aufsuchte; der jeden Teller sorgsam aufgegessen hat und das Essen als „nicht von dieser Welt“ pries. Eigentlich eine schöne Redewendung, „nicht von dieser Welt“. Hat mir so gut gefallen, dass ich sie öfter verwenden möchte.
Die anderen Buchclubteilnehmerinnen (die anders als ich das Buch auch beendet hatten) haben sich noch über weitere Inhalte unterhalten. Ich habe mich allerdings schon entschieden, das Buch nicht zu beenden, mich hat die dahinplätschernde Erzählweise dann doch nicht so eingefangen. Die überwiegende Meinung über das Buch war, dass die Erzählung sehr zum Nachdenken anregt. Wir haben uns darüber unterhalten, ob wir uns mal vorstellen könnten, eine Reise nach Auschwitz zu machen und uns das Lager anzusehen. Keine von uns konnte sich vorstellen, einen so eindringlichen Einblick in unser geschichtliches Erbe auszuschlagen.

Veröffentlicht am 12.10.2025

Asa Kolberts Geschichte - fesselnd und spannend!

Asa
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Asa ist aus dem Gefängnis raus, und nun ist es Zeit, an denen Rache zu nehmen, die ihr Leben verliehen, geprägt und zerstört haben.
Doch zurück zum Anfang. Noch vor Asas Geburt und der Geburt ihres Vaters, ...

Asa ist aus dem Gefängnis raus, und nun ist es Zeit, an denen Rache zu nehmen, die ihr Leben verliehen, geprägt und zerstört haben.
Doch zurück zum Anfang. Noch vor Asas Geburt und der Geburt ihres Vaters, nämlich bei ihrem Ururgroßvater nimmt Asa Kolberts Geschichte ihren Anfang.
Aus den Bedrohungen des Ersten Weltkrieges erwächst in den schlesischen Wäldern für den Patriarchen Marten Kolbert die Notwendigkeit, sich gegen Gefahren äußere Gefahren zu stählen. Dieser wunderliche Mann, der über die Natur und das Leben sinniert, ist es, der aus einem Dorf eine Gemeinschaft macht. Jeder einzelne muss durch Disziplin stärker werden, damit die Familie als Ganzes stärker wird. Die Familie formt eine Tradition, welche die Gemeinschaft übernimmt. Diese Tradition erfährt im Laufe der Zeit eine Transformation hin zu einem brachialen Ritus, der seine Mitglieder formt und an dem sie wachsen. Ein Ritus, der über die grenzen der Gemeinde hinaus bekannt ist und übernommen wird.
Auch Asa wird durch die Traditionen ihrer Familie geprägt, bis sie dahinterkommt, dass diese Tradition kalkuliert das Leben unschuldiger Menschen fordert. Sie lässt ihre Familie hinter sich und baut sich ein eigenes solides Leben auf. Sie blüht auf und scheint fähig, den Verlust ihrer Familie hinter sich zu lassen. Doch die Traditionen der Kolberts finden einen Weg, Asas Leben zu zerstören und sie komplett zu entwurzeln. Zeit, abzurechnen...

An „Asa“ von Zoran Drvenkar habe ich beim Lesen zwei Dinge besonders geschätzt. Zum einen gibt es unheimlich (willens-)starke weibliche Charaktere, aus denen die Protagonistin hervorgegagnen ist, die nochmal eins draufsetzt, weil sie ihren eigenen Weg geht. Zum anderen liebe ich die ausladenden Beschreibungen der Wälder, in denen ein großer Teil von Asas Familiengeschichte stattfindet. Die Darstellungen sind so opulent ausgedrückt, dass es mir das Gefühl vermittelte, beim Lesen im Bus Waldbaden in einem entlegenen Forst zu betreiben. Story, Setting, Suspense, hier hat für mich alles gepasst und mich auch mal nach diesem etwas dickeren Buch greifen lassen.

Veröffentlicht am 12.10.2025

Trotz der Kürze eines umfangreichen Themas: Interessant!

Sexarbeit
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Ach, umfangreicher hätte es schon sein können, „S*xarbeit. Feministische Perspektiven“ aus dem Unrast-Verlag. Mit 104 Seiten war es für mich ein bisschen zu schnell zuende, denn so viel mehr hätte noch ...

Ach, umfangreicher hätte es schon sein können, „S*xarbeit. Feministische Perspektiven“ aus dem Unrast-Verlag. Mit 104 Seiten war es für mich ein bisschen zu schnell zuende, denn so viel mehr hätte noch gesagt und geschrieben werden können.
Beleuchtet wird, und das darf auch nicht fehlen, das seit 2017 in Kraft getretene Prostituiertenschutzgesetz, die damit verbundene Meldepflicht, die Frage nach dem Datenschutz und Stigmatisierung. Bei aktuellen Diskussionen um Prostitution kommt man nicht umhin, das Nordische bzw. Schwedische Modell mitzudiskutieren.
Was ich besonders interessant finde, ist das Verständnis von S€xarbeit als Care-Arbeit im Gegenlicht der Stigmatisierung und moralische Ablehnung für eine Arbeit, die Prostituierte sich monetär entlohnen lassen, die nach gesellschaftlichen und romantischen Vorstellungen unentgeltlich erfolgen sollte.
Das Büchlein nimmt migrantische, queere und männliche Stimmen auf, so dass man eine etwas vielfältigere Sicht auf die Motive unterschiedlicher Menschen aus der S€xarbeit bekommt.
Es gibt zwar am Ende vieler Kapitel weiterführende (Online-)Literaturverweise, aber, wie gesagt, Ich hätte dieses Büchlein doch lieber etwas umfangreicher gehabt. Nichts desto trotz: Ausnehmend interessant!

Veröffentlicht am 12.10.2025

Ein schweigsames Mädchen, die Fibronacci-Folge und eine erste Liebe

Lisa mit einem Herz drum rum
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Lisa ist ein bisschen anders als andere. Die Mädchen in ihrer Klasse mögen Jungs, Lisa mag ihr Kaninchen Hypatia. Alle mögen Jonas, Lisa mag Zahlen. Hypatia ist Lisas einzige Freundin, denn Lisa hat lange ...

Lisa ist ein bisschen anders als andere. Die Mädchen in ihrer Klasse mögen Jungs, Lisa mag ihr Kaninchen Hypatia. Alle mögen Jonas, Lisa mag Zahlen. Hypatia ist Lisas einzige Freundin, denn Lisa hat lange keine Freund:innen in der Klasse gefunden, weil sie so anders ist. Ihre Schwester Vera findet das peinlich und feige. Nicht mal sie versteht, wie schwer es der schüchternen Lisa fällt, Worte zu formulieren.
Trost findet Lisa zu Hause dann, wenn Vera nicht da ist und sie spüren lässt, dass sie gerne eine andere Art von Schwester hätte. Wenn ihre Mutter anruft von ihren Auslandsreisen und sie aufmuntert, und wenn ihr Vater anfängt zu erzählen und Lisa bei seinen mathematischen Erklärungen immer ganz ruhig wird. Er erklärt ihr, was es mit der Fibronacci-Folge auf sich hat, eine einfache mathematische Regel, die sich überall in der Natur finden lässt.
Jonas aus Lisas Klasse scheint der einzige zu sein, der Lisa ein bisschen versteht. Mit ihm redet sie seit dem Kindergarten aber nicht mehr so wirklich, weil es irgendwann auch schwer fiel, Jonas gegenüber Worte zu formen. Doch als er ihren Namen in sein Heft schreibt, Lisa mit einem Herz drum rum, da ist er plötzlich wieder mittendrin in ihren Gedanken. Lisa versteht nicht, warum er das getan hat. Sie würde es aber gerne verstehen, nicht zuletzt, weil sie sich schuldig fühlt, dass nicht mehr nur sie das Ziel des Spotts ihrer Mitschüler:innen ist, sondern Jonas durch sie nun auch geärgert wird. Als Lisa ihren gewohnten Weg verlässt und Jonas im Wald an einem Ort findet, an dem er ganz er selbst sein kann wie Lisa mit Hypatia, kommen die beiden sich näher. Mit Jonas kann Lisa Worte formen oder auf eine gute Weise schweigen.