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Veröffentlicht am 22.09.2023

Echt und atmosphärisch

Als wir an Wunder glaubten
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Als wir an Wunder glaubten: Ein Roman, so echt und atmosphärisch, dass das Lesen wie von selbst geht. Am Ende des Buches taucht man auf und reibt sich verwundert die Augen und fragt sich: Alles lange her, ...

Als wir an Wunder glaubten: Ein Roman, so echt und atmosphärisch, dass das Lesen wie von selbst geht. Am Ende des Buches taucht man auf und reibt sich verwundert die Augen und fragt sich: Alles lange her, oder etwa doch nicht?

Ein norddeutsches Dorf wenige Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges: die Bewohner von Unnenmoor tragen noch an der Last, die der Krieg und die
Nationalsozialisten Ihnen aufgebürdet haben. Ehemänner sind im Krieg geblieben oder noch in Gefangenschaft, die Täter und Mitläufer der untergegangenen Diktatur haben sich in der neuen Zeit bereits bestens eingerichtet und Frauen beginnen, sich in der neuen Ordnung ihre Plätze zu sichern. Die alten Gewissheiten tragen nicht mehr, und so mancher bastelt sich ein neues Weltbild. Aberglaube und Religion sind gern genommene Zutaten, um das zu erklären, was den Alltag der kleinen Dorfgemeinschaft bestimmt. Dazu gehören auch die Wunder, an die man glaubt oder glauben möchte.

So auch die beiden Hauptfiguren Annie und Edith, die während des Krieges fest zusammengehalten haben. Die Männer im Krieg, die Arbeit auf den Höfen muss weitergehen. Hoffnung auf Rückkehr der Männer haben sie beide, doch nur einer kommt zurück. Annie sorgt aufopferungsvoll für ihren kriegsversehrten Mann, doch bei dem flammt ein altes Begehren auf. Nicht Annie, sondern Edith will er. Was liegt da Näher, als in Edith eine Hexe zu sehen, die Annies Mann verzaubert hat? Und wie praktisch, dass man der "Töverschen" dann auch gleich andere vermeintlich nicht erklärbare Geschehnisse anhängen kann. Das Unheil bleibt wie eine dunkle Wolke über Unnenmoor hängen, bis nichts mehr geht.

Die Autorin Helga Bürster führt den Leser:innen in Ihrem neuen Buch Als wir an Wunder glaubten authentisch und präzise den Mikrokosmos Dorf vor Augen. Dabei trifft sie den damals herrschenden Zeitgeist detailgenau. Selber aus Norddeutschland stammend, gelingt es ihr hervorragend die Lebenswelt von einst stimmungsvoll zu beschreiben. Auch die plattdeutsche Sprache, die sie ihren Protagonist:innen immer wieder in den Mund legt, tut das Übrige.
Ich habe diese Buch verschlungen. Bürsters Erzählstil ist unkompliziert, aber dadurch nicht weniger packend. Die Geschichte der Einwohner von Unnenmoor scheint lange her zu sein. Aus meiner Sicht passt sie aber sehr gut in unsere Zeit der Verschwörungserzähler und Esoterikschwurbler.
Einen kleinen Kritikpunkt habe ich aber am Buch: der Klappentext spricht von wahren Begebenheiten. Darüber hätte ich gerne mehr erfahren. Helga Bürster deutet in ihrer Danksagung etwas an, aber leider kann man damit nicht viel anfangen.
Eine große Empfehlung an Alle, die gerne in Geschichten aus Norddeutschland eintauchen. Weitere Bücher der Autorin liegen bereits ganz oben auf meinem Bücherstapel.

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Veröffentlicht am 14.04.2023

Hat meine Erwartungen nicht erfüllt

Gleißendes Licht
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Der Musiker und Komponist Marc Sinan hat mit "Geißendes Licht" seinen ersten Roman vorgelegt. Das Werk trägt viele autobiographische Züge. Kaan, der Protagonist von Gleißendes Licht, hat ebenso wie Sinan ...

Der Musiker und Komponist Marc Sinan hat mit "Geißendes Licht" seinen ersten Roman vorgelegt. Das Werk trägt viele autobiographische Züge. Kaan, der Protagonist von Gleißendes Licht, hat ebenso wie Sinan türkisch-armenische Wurzeln. Kaan begibt sich auf Spurensuche in der Heimat seiner Familie. Auf poetische (mir an vielen Stellen zu poetisch) Art und Weise wird das Leiden der durch Völkermord traumatisierten Armenier in eine Geschichte gegossen, die durch das häufige Springen in unterschiedliche zeitliche Ebenen für mich oft kaum lesbar war.

Ich hatte mir mehr erhofft von Marc Sinans Buch. Zu oft habe ich den roten Faden der Geschichte verloren. Die Handlung springt nicht nur zwischen den Zeiten, auch durch Kaans häufig wirre Träume wird es nicht leichter der Handlung zu folgen.

Über die Geschichte des Völkermords durch die Türken an den Armeniern erfährt man leider nicht sehr viel. Mich hat Gleißendes Licht leider nciht begeistern können.

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Veröffentlicht am 14.04.2023

Kompromisslos ehrlich

Keine gute Geschichte
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Es klingt fast wie eine Warnung: Sowohl der Titel "Keine gute Geschichte" als auch der erste Satz des Buches "Dies ist keine gute Geschichte" weisen ausdrücklich darauf hin, womit man es bei dem Debütroman ...

Es klingt fast wie eine Warnung: Sowohl der Titel "Keine gute Geschichte" als auch der erste Satz des Buches "Dies ist keine gute Geschichte" weisen ausdrücklich darauf hin, womit man es bei dem Debütroman der aus dem Ruhrgebiet stammenden Lisa Roy zu tun hat. Kompromisslos legt sie den Finger in die Wunden einer im Brennpunkt lebenden Gesellschaft, womit ihr aus meiner Sicht eine richtig gute Geschichte gelungen ist.

Die in prekären Verhältnissen in Essen-Katernberg aufgewachsene Arielle Freytag hat es geschafft: als Social-Media-Managerin führt sie ein finanziell unabhängiges Leben, ihre Herkunft allerdings möchte sie vergessen. Dies gelingt leider gar nicht, denn Arielles Großmutter benötigt Hilfe, sodass sie nach zwölf Jahren das erste Mal wieder in die Lebenswelt ihrer Kindheit und Jugend zurückkehren muss.
In Arielles Leben gibt es einige Geheimnisse zu lüften. Wer ist ihr Vater? Wohin ist ihre Mutter vor 24 Jahren spurlos verschwunden? Und wie hält man ein Leben in der Trostlosigkeit eines von der Politik vergessenen Stadtteils aus?
Arielle trifft auf Freundinnen aus ihrer Kindheit, für die sie anfangs nur Unverständnis und Überheblichkeit empfinden kann. Je mehr sich die "neue" raue Arielle mit dem mutter- und vaterlosen Kind Arielle von damals anfreundet, desto mehr "gesundet" die Protagonistin.

Am Ende blieb bei mir Ernüchterung, Mitgefühl und irgendwie auch Verständnis für Lisa Roys perfekt belebte Figuren. Hier weiß jemand wirklich Bescheid über das, was er schreibt. Nichts wirkt ausgedacht, alles scheint selbst erlebt zu sein. Auch wenn Roys Sprache oft holzhammermäßig daherkommt, so gehört doch alles genau so. Und: Warnungen vor dieser Geschichte gab es genug...
Lisa Roy: eine Autorin, von der ich sicherlich nicht das letze Mal gelesen habe.

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Veröffentlicht am 21.11.2022

Böse Idylle

Wenn das Böse nach Brandenburg kommt
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Herbeigesehnt und nicht enttäuscht worden: Der neue Brandenburg-Krimi Wenn das Böse nach Brandenburg kommt von Richard Brandes hält in jeder Hisicht das Versprechen auf spannende Unterhaltung, welches ...

Herbeigesehnt und nicht enttäuscht worden: Der neue Brandenburg-Krimi Wenn das Böse nach Brandenburg kommt von Richard Brandes hält in jeder Hisicht das Versprechen auf spannende Unterhaltung, welches das Debüt des Autors mit Tod in der Schorfheide gegeben hatte.

Wieder wurde als Schauplatz ein düsterer Wald in Brandenburg gewählt. Gleich das erste Kapitel hat bei mir ein Schaudern hervorgerufen. Zu gut ist die Beschreibung, wie Jugendliche mit einer Draisine durch den einsamen Wald fahren und vom Schattenmann verfolgt werden. Und das ist ja erst der Anfang. Junge Männer verschwinden und werden auf bestialische Weise getötet. Das Team um Ermittlerin Carla Stach tappt lange im Dunkeln, immer beobachtet vom mordenden Psychopathen, bis auch im privaten Umfeld der Kommissare die Angst umgeht.

Sehr gekonnt hat Richard Brandes viele lose Enden der Geschichte zu einem Ganzen zusammengefügt. Am Ende bleiben keine Fragen mehr offen. Nur Fassungslosigkeit angesichts der menschlichen Abgründe, die sich auftun.

Noch tiefer und dunkler, noch verlorener als im ersten Band, wirken Orte (sogar ein Dorf mit dem Verlorenort gibt es) und Charaktere. Nichts ist einfach in Brandenburg, möchte man denken. Die nicht mehr existierende DDR-Diktautur hat noch immer Auswirkungen auf die Lebensläufe der Menschen.

Vielen Dank dem Autor, der fast wie "nebenbei" Geschichte vermittelt und dadurch spannende Lesestunden bereitet.

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Veröffentlicht am 25.10.2022

Ich hatte mehr erwartet

Susanna
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Auf das neue Buch von Alex Capus hatte ich mich sehr gefreut, ist er doch in meinen Augen ein meisterhafter, detailverliebter Geschichtenerzähler. Susanna, so der Titel seines neuen Werkes, hat mich aber ...

Auf das neue Buch von Alex Capus hatte ich mich sehr gefreut, ist er doch in meinen Augen ein meisterhafter, detailverliebter Geschichtenerzähler. Susanna, so der Titel seines neuen Werkes, hat mich aber leider ein klein wenig enttäuscht. Der Klappentext hatte mir Abenteuer versprochen, das Eintauchen in eine untergegangene Welt. Susanna, die Protagonistin der Erzählung, die emanzipierte Heldin, blieb mir bis zum Schluss fremd.

Für mehr als ein Drittel seines Buches hat Capus als Schauplatz Basel und dann später Dortmund gewählt. Die Geschehnisse sind zeitlich in der betulichen Biedermeierzeit angesiedelt. Dieser Abschnitt des Buches hat mich stellenweise sehr gelangweilt. Zu viele Beschreibungen des Alltags und der Befindlichkeiten von Susannas Eltern. Aus dieser wohl behüteten Welt muss Susanna mit ihrer Mutter im Alter von 5 Jahren nach New York auswandern, denn die Mutter verlässt ihren Mann und die drei anderen Kinder um einer Liebe in die USA zu folgen. Fortan leben Susanna und die Mutter mit dem klugen Arzt Vincenty ein angenehmes Leben in Brooklyn. Susanna kann ihren Neigungen, wie z. B. der Malerei, nachgehen. Aus dem Hobby wird für die erwachsene Susanna ein Beruf, der sie und ihren Sohn ernährt. Susanna ist eine genaue Beobachterin, und dies macht in diesem Leseabschnitt den Reiz aus. Durch seine Heldin lässt Capus das New York und Brooklyn der damaligen Zeit lebendig werden. Und doch: zu wenig ist mir Susanna ans Herz gewachsen.

Alex Capus hat das Portrait einer emanzipierten und unabhängigen Frau gezeichnet, die ihren Weg im Leben gesucht und gefunden hat. Mir fehlte aber sozusagen der „Spirit, der das Ganze hätte lebendig machen können.

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